L 4 KR 2321/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 456/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2321/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte verpflichtet ist, über die Kosten für Umrüstungsmaßnahmen (Einbau von Lenkerschalthebeln beidseits bei verlängerten Lenkergriffen) hinaus die gesamten Kosten für ein Liegedreirad mit Elektrohilfsmotorantrieb zu übernehmen.

Die am 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet an einer Neuropathie ungeklärter Ätiologie, an einer Skoliose mit Spondylodese Th 4 bis L5, an einem Bandscheibenvorfall Halswirbelkörper (HWK) 6/7, an einer erheblichen muskulärer Schwäche im Halswirbelsäulenbereich und an einer Lungenfunktionsstörung mit der Notwendigkeit nächtlicher Beatmung. Sie ist von der Beklagten unterschenkelorthetisch, womit sie in der Lage ist, maximal 80 bis 100 Meter frei zu gehen, und neben einem Aktiv-Rollstuhl (mit Greifreifenantrieb E-Motion) mit einem Elektrorollstuhl (E-Rollstuhl) versorgt. Bei ihr werden regelmäßig zweimal pro Woche krankengymnastische Behandlungen zur Lockerung der Muskulatur und zur Verhütung von Kontrakturen durchgeführt. Die an der Universität K. studierende Klägerin besitzt auch einen PKW und bezieht Sozialhilfe.

In dem am 07. August 2000 bei der Beklagten eingegangenen Attest vom 03. August 2000 empfahl der Arzt für Orthopädie/Chirotherapie B., die Klägerin mit einem klappbaren Liegedreirad des Typs "Lepus" der Firma H. zu versorgen. Dieses Dreirad habe die Klägerin auf einer Messe ausprobiert; durch dessen Benutzung könne, abgesehen von der sich ergebenden Erweiterung der Mobilität, das muskuläre Training erheblich verbessert werden. Gleichfalls sei im Hinblick auf die Atmung und die Kreislaufsituation eine deutliche Verbesserung und Anregung möglich; im Übrigen sei die Koordinationsfähigkeit bei der Benutzung des Dreirads gefordert und auch dadurch werde sich bei der Klägerin eine Verbesserung des Status quo ergeben. Das Dreirad weise im Heckteil auch eine Ladefläche auf, die für Transporte beim Studium wichtig sei. Aufgrund der topographischen Situation an der Universität K. sei ein Antrieb mittels Elektrohilfsmotor notwendig. Dem Attest waren ein Angebot der Firma BICI vom 13. Juli 2000 über das genannte Liegedreirad einschließlich elektrischem Hilfsantrieb sowie Lenkerendschalthebeln und verlängerten Lenkergriffen über insgesamt 8.674,- DM (= 4.434,97 EUR), ein Prospekt über das faltbare Liegedreirad "Lepus" sowie einen Erfahrungsbericht aus dem Internet der C. S. beigefügt. Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Dr. S. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in H. vom 30. August 2000 ein, die zu dem Ergebnis gelangte, als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens falle das Dreirad nicht in die Leistungszuständigkeit der Beklagten. Nach telefonischer Mitteilung der ablehnenden Stellungnahme des MDK am 01. September 2000 lehnte die Beklagte mit schriftlichen Bescheid vom 15. September 2000 die Kostenübernahme ab, da es sich bei dem Dreirad um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand handle. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass Aufwendungen im Bereich der Gebrauchsgüter des täglichen Lebens, die wegen einer Krankheit angeschafft würden, nicht in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fielen. Mit dem dagegen am 12. Oktober 2000 eingelegten Widerspruch trug die Klägerin vor, aufgrund der bei ihr fehlenden Hand- und Fingerfunktionen sowie der Rumpfinstabilität sei es ihr nicht möglich, ein Zweirad oder ein Satteldreirad zu benutzen. Wegen dieser fehlenden Funktionen scheide auch die Alternative aus, sich mit dem Handrollstuhl mehr Bewegungsmöglichkeit zu verschaffen. Deshalb leide sie auch an ständiger Gewichtszunahme; die Möglichkeit der Gewichtsabnahme bestehe allein durch Benutzung des Dreirads; ein geringeres Körpergewicht würde sich positiv auf ihre Gelenke und auch auf die beeinträchtigte Atmung auswirken. Im Sinne einer gezielten Therapie könnten durch die Verwendung des Dreirads auch ISG-Blockaden vermindert oder sogar verhindert werden. Das begehrte Dreirad müsse in ihrem Fall als therapeutisches Hilfsmittel anerkannt werden. Das Liegedreirad "Lepus" sei speziell für Menschen mit wenig Kraft entwickelt worden; es werde in der Fachwelt als Behindertenfahrrad angesehen. Mithin könne wegen der bei ihr erforderlichen Zweckbestimmung nicht von einem allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens gesprochen werden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 21. Februar 2001).

Am 12. März 2001 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Konstanz. Sie benannte die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und machte unter Wiederholung ihres Vorbringens geltend, das Dreirad sei erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Allein dadurch sei die Möglichkeit gegeben, die Muskulatur zu trainieren. Durch die Ausstattung mit einem Elektrohilfsmotor werde die Möglichkeit der Überanstrengung vermieden. Bei der Art ihrer Erkrankung stelle das Dreirad ein typisches Hilfsmittel dar. Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Arztes für Allgemeinmedizin, Chirotherapie/Sportmedizin Dr. L. vom 25. Juni 2001 und des Orthopäden B. vom 03. Juli 2001. Ferner holte es die Auskunft der Firma BICI (S. P.) vom 08. September 2001 ein, die auch Unterlagen über Dreiräder des Herstellers H. mit vorlegte, und erhob das orthopädisch-schmerztherapeutische Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie, physikalische Therapie Dr. St. vom 01. Februar 2002 ein, der die Klägerin am 15. Oktober 2001 untersucht hatte.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und Einreichung einer Veröffentlichung über Liegeräder entgegen. Dem Grundbedürfnis auf Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums könne die Klägerin mittels der vorhandenen Unterschenkelorthese und des E-Rollstuhls nachkommen; insoweit bestehe keine Notwendigkeit für die Versorgung mit einem Liegedreirad. Dieses Dreirad sei auch nicht notwendig, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Etwaige durch die Nutzung des Dreirads entstehende positive Wirkungen stellten therapeutische Nebeneffekte dar, die durch krankengymnastische Übungen sowie durch gesunde Ernährung erreicht werden könnten. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verwendung eines Dreirads Vorteile gegenüber den genannten Maßnahmen biete bzw. bestimmte Wirkungen nur mittels dieses Dreirads erreicht werden könnten. Ihre Auffassung werde durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) insbesondere im Urteil vom 19. September 1999 (B 3 KR 9/98 R) gestützt. Soweit Dr. St. auf die therapeutischen Ziele bei der Benutzung des Liegedreirads hinweise, könne dies nicht zu ihrer Leistungsverpflichtung führen. Die angestrebten therapeutischen Wirkungen, wie eine muskuläre Stabilisierung, eine Stabilisierung des Herz-Kreislauf-Systems sowie eine Erhaltung der muskulären Funktionen könnten auch durch günstigere Alternativen erreicht werden. Dies seien u.a. krankengymnastische Übungen, welche die Klägerin in Eigeninitiative durchführen könne. Demgegenüber sei das Liegedreirad im Hinblick auf die Witterungseinflüsse nicht ganzjährig für ein regelmäßiges Training nutzbar.

Mit Urteil vom 28. Mai 2002, dem Prozessbevollmächtigen der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 24. Juni 2002 zugestellt, änderte das SG den Bescheid vom 15. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2002 ab und verurteilte die Beklagte, die Kosten für Umrüstungsmaßnahmen (Einbau von Lenkerendschalthebeln beidseits bei verlängerten Lenkergriffen) an einem Liegedreirad (z.B. der Fa. H. Modell "Lepus" - mit Elektrohilfsantrieb) zu übernehmen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Es führte aus, das Liegedreirad selbst sei ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der von der Beklagten nicht zur Verfügung zu stellen sei. Lediglich die Umrüstungsmaßnahmen seien zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung erforderlich. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das Urteil des SG hat die Klägerin am 27. Juni 2002 beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Klägerin verfolgt damit den Anspruch auf Übernahme der gesamten Kosten für ein Liegedreirad einschließlich des Elektrohilfsmotors weiter. Sie hat verschiedene Unterlagen vorgelegt und macht geltend, aus diesen Unterlagen ergebe sich, dass Liegedreiräder mit elektrischem Hilfsantrieb speziell für behinderte Menschen bestimmt seien, weshalb sie keine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens darstellten. Dies gelte beispielsweise für die Liegedreiräder der Firmen Draisin und Wulfhorst. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass bei ihr das begehrte Dreirad zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung erforderlich sei. Dies ergebe sich aus der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme. Dazu müsse ein Sachverständigengutachten erhoben werden. Sie wolle, abgesehen von der Möglichkeit, mit dem Dreirad zur Universität zu fahren, um dort dann auf den E-Rollstuhl umzusteigen, täglich damit 30 Minuten trainieren. Sie begehre das Dreirad nicht, um das Grundbedürfnis der elementaren Bewegungsfreiheit zu befriedigen. Mithin sei auch das Urteil des BSG vom 23. Juli 2002 (B 3 KR 2/02 R) in ihrem Fall nicht einschlägig. Sie wolle das Dreirad nur zu Trainingszwecken nutzen, und zwar nach Möglichkeit auf ebenen Strecken. Zur Überwindung von Über- bzw. Unterführungen oder anderen Steigerungen benötige sie den Elektrohilfsmotor. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der größte Teil des Stadtgebiets von Konstanz und der Umgebung eben sei. Die einzige wirkliche Steigung stelle die Strecke zur Universität dar.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Mai 2002 abzuändern und die Beklagte unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 15. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2001 zu verurteilen, ihr auch ein Liegedreirad der Firma H., Modell "Lepus", mit elektrischem Hilfsantrieb (Heinzmann), hilfsweise ein entsprechendes Liegedreirad der Firma AnthroTech oder der Firma Draisin, weiter hilfsweise einer anderen Firma zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Dem Grundbedürfnis der Klägerin hinsichtlich der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums sei dadurch Rechnung getragen, dass sie mit einem E-Rollstuhl versorgt sei. Da der vorherige E-Rollstuhl nicht mehr reparabel gewesen sei, habe sie die Klägerin im April 2002 mit einem neuen E-Rollstuhl versorgt. Auch sei die Versorgung mit einem Dreirad zur Durchführung therapeutischer Übungsbehandlungen oder zu Trainingszwecken nicht notwendig. Eine Maßnahme, die nicht primär auf die medizinische Bekämpfung der Krankheit abziele, sondern lediglich dazu diene, den allgemeinen körperlichen Zustand des Versicherten günstig zu beeinflussen, löse keine Leistungspflicht der GKV aus.

Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 10. Januar 2003 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Dazu hat sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 15. Januar 2003 geäußert.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden hat, wobei auch der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigen der Klägerin vom 15. Januar 2003 keine Notwendigkeit ergeben hat, einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Soweit das SG die Klage abgewiesen hat, ist dies zu Recht erfolgt. Die angegriffenen Bescheide sind, soweit die Beklagte die Gewährung eines Liegedreirads mit Elektrohilfsmotor abgelehnt hat, rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung eines entsprechenden Liegedreirads, ohne Rücksicht auf das Fabrikat. Über die Frage, ob das SG die Beklagte zu Recht zur Übernahme der Kosten für Umrüstungsmaßnahmen an einem Liegedreirad mit Elektrohilfsmotor verurteilt hat, war hier nicht zu entscheiden. Insoweit ist das SG-Urteil rechtskräftig geworden.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Der Senat lässt dahingestellt, ob das begehrte Liegedreirad mit Elektrohilfsmotor ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ist oder ob es als Sonderanfertigung nur für Kranke und Behinderte in Betracht kommen kann (vgl. dazu allgemein BSG, Urteil vom 21. November 2002 B 3 KR 8/02 R - unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 28, 32). Das Modell "Lepus" der Firma H. findet nach der von der Firma BICI und der Klägerin vorgelegten Produktbeschreibung "auch im Reha-Bereich viele Freunde". In der von der Klägerin eingereichten Produktbeschreibung der dort hergestellten Räder wird allgemein hervorgehoben, dass "wir Räder für fast jede Art von Behinderung bauen" für eine "Therapie, die Spaß macht". Insoweit wird auch das dort angebotene Liegedreirad als "Therapie-Dreirad" bezeichnet. Gleichzeitig wird im Hinblick auf die Fahrräder aber auch eine "Mobilität, die beflügelt", hervorgehoben, weshalb diese "auch für Nichtbehinderte, die einfach Spaß am Radeln haben", bestimmt seien.

Der Anspruch der Klägerin scheitert nämlich bereits daran, dass für die Klägerin ein Liegedreirad mit Elektrohilfsmotor nicht erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Die Klägerin macht geltend, es gehe ihr bei der Benutzung des Liegedreirads ausschließlich um den Erfolg der therapeutischen Krankenbehandlung, denn sie wolle damit jeden Tag mindestens 30 Minuten in ihrem Wohnumfeld in K. trainieren. Der Senat geht auch im Hinblick auf die sich bei den Akten befindenden Produktbeschreibungen davon aus, dass ein Liegedreirad der Sache nach in erster Linie dazu dient, durch die Form der Fortbewegung die Mobilität zu erweitern; diese Funktion hat bei Nichtbehinderten das Fahrrad. Insoweit ergibt sich beispielsweise aus der von der Klägerin vorgelegten Produktbeschreibung der Firma Draisin, dass deren spezielle Fahrräder, mithin auch das Liegedreirad, es den Behinderten ermöglichten, "ihren Bewegungskreis um ein vielfaches zu erweitern" bzw. es um "mehr Bewegungsfreiheit und einen erweiterten Aktionsradius" gehe. Insoweit hat die Klägerin selbst geltend gemacht, das Liegedreirad auch zur Fahrt zur Universität benutzen zu wollen, um dort auf ihren E-Rollstuhl umzusteigen. Zwar wird in der Produktbeschreibung der Firma Draisin allgemein hervorgehoben, dass deren Spezialfahrräder "auch in der Rehabilitation immer mehr an Bedeutung gewinnen dürften". Deren Liegedreirad vom Typ "Relax" wird auch als Therapie-Dreirad bezeichnet ebenso wie das Modell "Lepus" der Firma H ... Dieser neben dem Fortbewegungszweck allgemeine Therapiezweck erscheint jedoch lediglich als Nebeneffekt der Benutzung des Liegedreirads. Ein solcher therapeutischer Nebeneffekt vermag den geltend gemachten Anspruch nicht zu rechtfertigen. Solche therapeutischen Nebeneffekte, beispielsweise hinsichtlich der Stärkung der Muskulatur und des Herz-Kreislauf-Systems, können nicht nur ausreichend, sondern sogar gezielter und vielseitiger durch eine unter regelmäßiger Kontrolle durchzuführende Krankengymnastik erreicht werden (vgl. auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 32; Urteil vom 21. November 2002 - B 3 KR 8/02 R). Dies wird gerade auch durch die Schilderung der Klägerin bestätigt, wonach sie regelmäßig zum Training der Muskulatur des Rumpfes, des HWS-Bereichs, der Arme und der Schultern Physiotherapie in Anspruch nimmt. Der Senat berücksichtigt weiter, dass eine derartige Krankengymnastik bzw. Physiotherapie, wie sie bei der Klägerin zweimal pro Woche stattfindet, witterungsunabhängig durchgeführt werden kann. Soweit der Sachverständige Dr. St. zu dem Ergebnis gelangt, dass die Benutzung des Liegedreirads erforderlich sei, um aktives Muskeltraining durchzuführen, weil ärztliche Behandlungen insoweit nicht geeignet seien, ein kontinuierliches aktives Muskeltraining zu gewährleisten, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. St. hält zwar eine gezielte kontinuierliche Physiotherapie zur Durchführung eines aktiven Muskeltrainings für geeignet, verlangt aber, dass gewährleistet sein müsse, dass die Klägerin bei entsprechender Ermüdung nach zehn Minuten eine Pause einlegen könne, was aber mit den Gegebenheiten eines ambulanten physiotherapeutischen Betriebs nicht vereinbar sei. Dieser Beurteilung steht jedoch das Vorbringen der Klägerin selbst entgegen. Sie hat insoweit angegeben, dass sie während der bei ihr durchgeführten Physiotherapie, jeweils abhängig von der Tagesform, nach zehn bis 20 Minuten eine Pause von zwei bis drei Minuten einlege. Diese Pausen finden demnach unter der Kontrolle des Behandlers statt. Gerade kontrollierte Pausen dürften auch im Hinblick auf die Störungen der Atmung mit ventilatorischer Insuffizienz, wobei bei der Klägerin nächtliche Beatmung durchgeführt werden muss, geboten sein. Auch der von Dr. St. für die Klägerin allgemein betonte erhebliche gesundheitsrelevante Faktor des Radfahrens begründet die Leistungspflicht der Beklagten nicht. Andernfalls hätte die Beklagte jedem Versicherten ein für ihn geeignetes Fahrrad zur Verfügung zu stellen, um ihm zu ermöglichen, täglich beispielsweise eine halbe Stunde Rad fahren zu können. Für die Bejahung der Hilfsmitteleigenschaft des Fahrrads genügt es nicht, dass dessen Benutzung allgemein gesundheitsfördernd ist oder dafür als geeignet angesehen wird (BSG SozR 3-2200 § 182 Nr. 86). Die Möglichkeit der Benutzung eines Fahrrads ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht erforderlich, um eine Behinderung im Sinne der Wahrnehmung von Grundbedürfnissen bei der Fortbewegung auszugleichen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 32; Urteil vom 21. November 2002 - B 3 KR 8/02 R). Die 1969 geborene Klägerin ist von der Beklagten u.a. mit einem funktionstüchtigen E-Rollstuhls versorgt, mit dem sie sich ihren Nahbereich erschließen kann. Mit dem E-Rollstuhl wird im Übrigen eine herz-kreislaufmäßige Überforderung vermieden und gewährleistet, im Nahbereich Steigungen beispielsweise bei Unter- oder Überführungen zu überwinden. Die Frage, ob ein Liegedreirad mit Hilfsmotor kostengünstiger wäre als ein E-Rollstuhl stellt sich daher hier nicht. Die Erhebung weiterer Sachverständigengutachten war nicht geboten.

Danach war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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