Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 02142/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 134/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juni 2001 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen nicht sichergestellter Erreichbarkeit der Klägerin abgelehnt hat.
Die 1961 geborene, erstmals 1991 und danach wiederholt arbeitslose und im Leistungsbezug der Beklagten stehende Klägerin meldete sich nach rund zehnwöchiger Zwischenbeschäftigung und anschließender dreiwöchiger Arbeitsunfähigkeit mit Wirkung zum 22.01.2000 beim Arbeitsamt K. (AA) erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg), das ihr für eine Restanspruchsdauer von zwölf Tagen bewilligt und bis zur Erschöpfung des Anspruches am 02.02.2000 gezahlt wurde (Weiterbewilligungsbescheid vom 21.02.2000).
Den am 01./02.02.2000 erfolgten Umzug von ihrer bisherigen Wohnung in P. in die neue Wohnung A. S. W. 6 in O.-R. zeigte die Klägerin dem AA zeitnah unter Vorlage einer Meldebestätigung an. Bei der neuen Wohnung handelt es sich um eine von der Klägerin gekaufte Eigentumswohnung in einem Hochhausgebäude, die sie zwar mit einem beschrifteten Klingelschild versah, es aber (zunächst) versäumte, den seitlich des Gebäudes angebrachten Briefkasteneinwurfschlitz ebenfalls mit einem Namensschild zu versehen; lediglich an der im Treppenhaus des Gebäudes gelegenen Postentnahmestelle war ein solches angebracht.
Unter dem 24.01.2000 beantragte die Klägerin die Bewilligung von (Anschluss-)Alhi, wobei anlässlich der Einreichung des Antragsformulars am 07.02.2000 die Anschrift nachträglich korrigiert wurde. Durch ihre Unterschrift bestätigte die Klägerin u.a., das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Der wegen einer Alg-Überzahlung vom 15.10. bis 26.10.1999 erlassene und an die neue Anschrift der Klägerin gerichtete Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15.02.2000 gelangte als erste Postsendung am 21.02.2000 mit dem Vermerk "unbekannt" an das AA zurück. Nachdem ein Anruf des AA bei dem Bediensteten B. des Einwohnermeldeamtes von O.-R. ergeben hatte, dass die Klägerin dort noch unter der angegebenen Anschrift gemeldet war, lehnte das AA den Alhi-Antrag mit Bescheid vom 28.02.2000 ab, weil die Klägerin seit 03.02.2000 nicht erreichbar, infolgedessen nicht verfügbar und somit nicht arbeitslos sei.
Am 28.02.2000 gelangten gleich vier Postsendungen (u.a. der Alg-Bewilligungsbescheid und Leistungsnachweise), drei davon mit dem Vermerk "unbekannt" und einer mit dem Vermerk "unbekannt verzogen", und schließlich am 02.03.2000 der erwähnte Ablehnungsbescheid ebenfalls mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" an das AA zurück. Weitere Anrufe beim Einwohnermeldeamt O.-R. jeweils am Tag der Postrückläufe ergaben das selbe Ergebnis wie der erste Anruf, worauf sich der Kommunalbedienstete B. gegenüber dem AA bereit erklärte, den Amtsboten vorbeizuschicken um festzustellen, ob Klingel- und Briefkastenschilder mit dem Namen der Klägerin angebracht seien; der noch am 02.03.2000 erfolgte Rückruf bestätigte die oben bereits getroffenen Feststellungen.
Am 15.03.2000 sprach die Klägerin von sich aus beim AA vor, meldete sich erneut arbeitslos und erhielt auf ihren Antrag ab dem genannten Datum Alhi im Höhe von 44,15 DM täglich (Bewilligungsbescheid vom 21.03.2000), nachdem sie die unterbliebene Beschriftung des Briefkastens mit einem Versehen entschuldigt und unverzügliche Abhilfe angekündigt hatte.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.02.2000 wandte die Klägerin mit ihrem Widerspruch ein, sie sei jeden Tag persönlich unter der neuen Anschrift zu erreichen gewesen. Ihrer Meinung nach hätte sich der Briefträger, der auf dem Weg zu den Briefkästen ohnehin am Hauseingang vorbei komme, vergewissern müssen, ob ihr Name schon auf dem Klingelschild zu finden sei. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg, denn maßgeblich sei, dass der Briefkasten auf der Einwurfseite so beschriftet sei, dass die Mitarbeiter der Post Briefsendungen dem jeweiligen Adressaten zuordnen könnten (Widerspruchsbescheid vom 15.05.2000).
Deswegen hat die Klägerin am 15.06.2000 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorgetragen hat, sie sei bei ihrem Einzug davon ausgegangen, dass nur die Briefkästen im Treppenhaus des Gebäudes bestünden und der Postbote dementsprechend das Gebäude zur Verteilung der Post betreten müsse; gleichzeitig hat sie allerdings eingeräumt, dass Post nur von außen eingeworfen werden könne.
Mit Urteil vom 19.06.2001 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, indem es entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung auf Anregung des Gerichts gestellten Antrag der Klägerin die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt hat, der Klägerin ab 02.03.2000 Alhi zu gewähren. Der von der Beklagten gegebenen Begründung ist es nur für den Zeitraum bis 01.03.2000 gefolgt. Ab 02.03.2000 habe die Beklagte aber von der problematischen Erreichbarkeit der Klägerin Kenntnis gehabt, insbesondere davon, dass diese versehentlich vergessen habe, ihren Briefkasten zu beschriften; andere Gründe als ein Versehen seien für ein solches leistungsschädliches Verhalten kaum denkbar. Aufgrund der aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Fürsorgepflicht habe die Beklagte daher ab dem 02.03.2000 nicht untätig bleiben dürfen, vielmehr die Klägerin umgehend auf die unterbliebene Beschriftung des Briefkastens hinweisen müssen. Zwar könne fehlende Erreichbarkeit als tatsächliches Anspruchselement nicht über das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches geheilt werden, diese Einschränkung könne hier jedoch nicht gelten, weil zum einen die Beklagte den Amtsboten des Einwohnermeldeamtes O.-R. nicht nur heimlich, sondern ebenso dazu hätte einsetzen können, bei der Klägerin zu klingeln und sie auf ihre fehlende Erreichbarkeit hinzuweisen bzw. ein entsprechendes Schreiben an der Klingel zu befestigen. Zum anderen sei der Fall der Klägerin mit dem eines Arbeitslosen zu vergleichen, der umziehe und einen Nachsendeantrag bei der Poste stelle; in einem solchen Fall akzeptiere die Beklagte ausweislich der hierzu erlassenen Dienstanweisungen die Erreichbarkeit ohne weiteres, wenn der Umzug innerhalb des AA-Bezirks erfolge. Aus der Regelung, dass im Falle eines Umzugs in einen anderen AA-Bezirk die Beklagte sich selbst verpflichte, den Arbeitslosen zu informieren, dass er Leistungen erst ab dem Zeitpunkt einer erneuten persönlichen Meldung beim neuen AA erhalten könne, folge aus Gründen der Gleichbehandlung die Verpflichtung der Beklagten, Verfügbarkeitsmängel durch Hinweise an den Arbeitslosen zu beseitigen.
Das Urteil ist der Beklagten am 17.07.2001 zugestellt worden.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die der Senat auf die am 31.07.2001 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 13.01.2003 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat.
Die Beklagte beruft sich zur Begründung des Rechtsmittels auf das im Zulassungsbeschluss des Senats erwähnte Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 01.08.1996 - 11 RAr 9/96 -. Der dort zur zeitlichen Eingrenzung der Schadenminderungspflicht gezogene Rahmen von drei Monaten für ein Tätigwerden der Beklagten zur Behebung vom Arbeitslosen durch eigenes Fehlverhalten geschaffener Leistungshindernisse mute diesem leistungsrechtliche Nachteile jedenfalls in diesem zeitlichen Rahmen zu. Im Falle der Klägerin sei jedoch nur der Zeitraum vom 02.03. bis 14.03.2000 streitig, wodurch die Zumutbarkeit nicht tangiert werde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juni 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ihr seien keinerlei Nachteile zuzumuten, sofern die Beklagte, was hier der Fall sein, in der Lage gewesen sei, Nachteile durch eigenes Handeln abzuwenden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts haben dem Senat vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie der Schriftsätze der Beteiligten wird zur näheren Darstellung des Sachverhalts verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- ), ist kraft ausdrücklicher Zulassung durch Beschluss des Senats vom 13.01.2003 statthaft und auch sonst zulässig. Einer Zulassung des Rechtsmittels hat es bedurft, weil der angefochtene Bescheid nur noch insoweit im Streit ist, als mit ihm auch für die Zeit vom 02.03. bis 14.03.2000 Alhi abgelehnt worden ist; bei einem an sich zustehenden täglichen Leistungssatz von 44,15 DM wird damit der (damals) maßgebende Wert des Beschwerdegegenstandes von 1.000 Deutsche Mark (vgl. § 144 Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG a.F.) klar erkennbar nicht überstiegen. Die Berufung ist auch in der Sache begründet, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Ablehnungsbescheid insgesamt rechtmäßig.
Materiell-rechtlicher Ausgangspunkt der Prüfung ist § 190 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), der regelt, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Alhi haben. Mit Ausnahme der Arbeitslosigkeit (vgl. § 190 Abs. 1 Nr. SGB III) sind im Falle der Klägerin sämtliche dieser Voraussetzungen erfüllt, was keiner näheren Erläuterung bedarf. Ob jemand arbeitslos im Sinne des Alhi-Rechts ist, richtet sich aufgrund der Verweisungsnorm des § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III nach den für das Alg maßgebenden Bestimmungen, wonach dieses Anspruchsmerkmal nach dem abgestuften Schema der §§ 117 ff. SGB III u.a. durch die sich auseinander herleitenden Merkmale der Beschäftigungssuche (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III), der Verfügbarkeit (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) und der Arbeitsfähigkeit (vgl. § 119 Abs. 2 SGB III) gekennzeichnet ist. Arbeitsfähig ist danach nur der Arbeitslose, der Vorschlägen des Arbeitsmarktes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (vgl. § 119 Abs. 2 Nr. 3 SGB III). Daran hat es im Falle der Klägerin gefehlt, denn sie hat es während des hier streitigen Zeitraumes pflichtwidrig versäumt sicherzustellen, dass das AA sie persönlich an jedem Werktag an ihrem Wohnsitz unter der von ihr benannten Anschrift durch Briefpost hat erreichen können, wie es § 1 Abs. 1 Satz 2 der aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 152 Nr. 2 SGB III erlassenen Erreichbarkeits-Anordnung vom 23.10.1997 erfordert. Entgegen der Belehrung im Merkblatt für Arbeitslose (vgl. Stand April 1999, S. 20), dessen Erhalt sie bestätigt und außerdem versichert hat, von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, hat die Klägerin ihre postalische Erreichbarkeit unmittelbar nach erfolgtem Umzug nicht sichergestellt, weil sie zwar die Klingel und die im Gebäudeinnern befindliche Postentnahmestelle, jedoch nicht den seitlich außerhalb des Gebäudes befindlichen Briefeinwurfschlitz mit ihrem Namensschild versehen hat. Dieses Versäumnis geht zu ihren Lasten. Da im Grundsatz gilt, dass die nach dem Recht des SGB III im Gegensatz zu dem des vorhergehenden Rechts des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) allein maßgebende postalische Erreichbarkeit erfordert, dass Postsendungen dem Arbeitslosen unmittelbar, d.h. ohne Verzögerungen durch Nachforschungen, ohne Einschaltung dritter Personen und ohne Abhängigkeit von Zufällen zugestellt werden können (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, in SozR 3-4300 § 119 Nr. 3), ist die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nicht erreichbar und damit nicht arbeitslos gewesen.
Eine abweichende Beurteilung der Rechtslage ist entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch nicht wegen der Gefahr einer verzögerlichen Reaktion der Beklagten auf die Kenntnis von der unterlassenen Beschriftung des Briefeinwurfschlitzes durch die Klägerin geboten. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch angesichts des Umstandes, dass die Beklagte, legt man die oben beschriebenen Maßstäbe an, aufgrund überobligatorischer Nachforschungen zum Teil unter Einschaltung einer anderen Behörde, positive Kenntnis von der Ursache der mangelnden postalischen Erreichbarkeit der Klägerin erlangt hat. Zwar hat das BSG in einer Entscheidung vom 29.11.1989 (in SozR 4100 § 103 Nr. 47 = BSGE 66,103) eine (damals) zur Ausübung von Ermessen verpflichtende Atypik für den Fall eines der Beklagten bekannt gewordenen, vom Arbeitslosen jedoch nicht mitgeteilten Umzugs bejaht und u.a. ausgeführt, die Beklagte dürfe sich in solchen Fällen nicht darauf beschränken, die Leistungen einzustellen, vielmehr sei ihr zuzumuten, erkennbare Vermittlungshemmnisse zu beseitigen, sofern dies mit zumutbarem Verwaltungsaufwand möglich sei; allerdings komme es darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt der Beklagten unter Berücksichtigung der Belange sachgerecht möglichen Verwaltungshandelns eigene Maßnahmen zumutbar gewesen seien. Letzterer Punkt hat zur Zurückverweisung an die Vorinstanz geführt und ist daher vom BSG selbst nicht entschieden worden.
In anderem Zusammenhang (nicht mitgeteilte Zwischenbeschäftigung) hat sich das BSG ebenfalls mit der Problematik der sog. Schadensminderungspflicht auseinandergesetzt und diese einer früheren Rechtssprechung folgend aus der dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Pflicht hergeleitet, sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffendem Schaden zu bewahren, die nicht schon dadurch entfalle, dass die schadensgeneigte Lage durch eigenes Fehlverhalten des Arbeitslosen entstanden sei. Die nach §§ 15 Abs. 3, 132 Abs. 1 Satz 3 AFG geforderte Meldung des Arbeitslosen, die drei Monate nicht überschreiten sollte, könne die Gefahr von Nachteilen für den Arbeitslosen weitgehend mildern (vgl. das bereits im Tatbestand zitierte Urteil des BSG vom 01.08.1996).
Wenngleich diese Meldeaufforderung in bestimmten zeitlichen Abständen nach hier anzuwendendem Recht nicht mehr besteht, entnimmt der erkennende Senat der bisherigen Rechtssprechung des BSG, dass die Beklagte entgegen der Annahme der Klägerin keineswegs verpflichtet ist, sofort nach Bekanntwerden eines Leistungshindernisses von sich aus tätig zu werden und auf dessen Beseitigung hinzuwirken. Primär und grundsätzlich ist es nämlich Aufgabe und Verpflichtung des Arbeitslosen als demjenigen, der einen Leistungsanspruch geltend macht, die dafür erforderlichen Voraussetzungen nachzuweisen, d.h. im konkreten Fall, seine Erreichbarkeit sicherzustellen. Nach Auffassung des Senats kann die Beklagte in einem Fall wie dem der Klägerin auch nach Bekanntwerden eines Leistungshindernisses jedenfalls zunächst erwarten, dass ein Antragsteller von sich aus an die Behörde herantritt, wenn er von dort keine Nachricht z.B. in Form eines Bescheides auf seinem Antrag erhält, und solange eigene Nachforschungen zurückstellen. Dies gilt nach hier vertretener Auffassung prinzipiell auch für den Fall, dass das Leistungshindernis für die Beklagte erkennbar auf ein Versehen des Arbeitslosen zurückzuführen ist, wobei die Annahme des Sozialgerichts, die unterbliebene Beschriftung des Posteinwurfschlitzes mit dem Namen der Klägerin könne praktisch nur auf einem Versehen beruhen, mit der Lebenswirklichkeit nicht übereinstimmt und daher vom Senat in dieser Ausschließlichkeit nicht geteilt wird.
Zu bedenken ist ferner, dass Nachforschungen Dritter von der Beklagten nicht ohne weiteres beansprucht werden können und im konkreten Fall nur deswegen angestellt worden sind, weil sich die örtliche Meldebehörde, ohne dazu verpflichtet zu sein, bereit erklärt hat, den Amtsboten mit der Feststellung der äußeren Verhältnisse zu betrauen. Zumindest in diesem zeitlichen Stadium war es der Beklagten auch nicht zuzumuten, ihren eigenen Außendienst mit weiteren Nachforschungen zu beauftragen auf die Gefahr hin, die Klägerin auf Klingelzeichen in ihrer Wohnung nicht anzutreffen und deswegen unter Umständen diesen Vorgang einmal oder gar mehrmals wiederholen zu müssen.
Nach Auffassung des Senats kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ab welchem Zeitpunkt die Beklagte im Rahmen ihrer Schadenminderungspflicht von sich aus hätte weiter tätig werden müssen, um die fehlende Erreichbarkeit der Klägerin zu beseitigen, denn jedenfalls hat eine solche Verpflichtung nicht bereits für den hier streitigen Zeitraum vom 02.03. bis 14.03.2000 bestanden. Im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist es der Klägerin zuzumuten, den auf eigenem Fehlverhalten beruhendem Leistungsausfall im streitigen Zeitraum hinzunehmen, denn zum einen hat es nahe gelegen, gerade den für die Postzustellung bestimmten Briefeinwurfschlitz mit dem Namensschild zu versehen, und zum anderen hat sie nicht erwarten können, dass ein Postzusteller zumal in einem Hochhausgebäude mit einer Vielzahl von Wohnungen anhand des Klingelschildes den Adressaten ermittelt, das Klingelzeichen betätigt und Post persönlich übergibt. Außerdem hat ihr entgegen früheren Einlassungen auch bewusst sein müssen, dass mit der Anbringung des Namensschildes an der im Inneren des Gebäudes gelegenen und nicht für den Einwurf von Briefen geeigneten Postentnahmestelle ihre postalische Erreichbarkeit generell nicht sichergestellt war, was sie anlässlich ihrer Anhörung vor dem Sozialgericht dann auch eingeräumt hat.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ergibt sich aus den Dienstanweisungen der Beklagten zur Frage der Erreichbarkeit nach einem Umzug (DA 3.4.1) keine abweichende Beurteilung. Sofern dort nämlich für den Fall eines Umzugs des Arbeitslosen innerhalb der Wohngemeinde oder in eine Nachbargemeinde bei rechtzeitig gestelltem Nachsendeantrag die Erreichbarkeit als sichergestellt angesehen wird, geht die Beklagte davon aus, dass an den Arbeitslosen gerichtete Post diesen auch tatsächlich (und ohne Verzögerung) erreicht, was bei der Klägerin gerade nicht der Fall gewesen ist. Der Fall eines Zuständigkeitswechsels des Arbeitsamtes infolge eines Umzugs, für den die Dienstanweisungen eine unverzügliche Information des Arbeitslosen verlangen (vgl. DA 3.4.1 Abs. 5), regelt einen Fall, der mit dem der Klägerin nicht vergleichbar ist. Abgesehen davon ist die Informationspflicht der Beklagten im Falle eines Zuständigkeitswechsels deswegen geboten, weil es sich dabei (auch) um eine Änderung auf Seiten des Leistungsträgers handelt und somit seinen Verantwortungsbereich betrifft.
Die Berufung der Beklagten hat damit Erfolg, weshalb das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen nicht sichergestellter Erreichbarkeit der Klägerin abgelehnt hat.
Die 1961 geborene, erstmals 1991 und danach wiederholt arbeitslose und im Leistungsbezug der Beklagten stehende Klägerin meldete sich nach rund zehnwöchiger Zwischenbeschäftigung und anschließender dreiwöchiger Arbeitsunfähigkeit mit Wirkung zum 22.01.2000 beim Arbeitsamt K. (AA) erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg), das ihr für eine Restanspruchsdauer von zwölf Tagen bewilligt und bis zur Erschöpfung des Anspruches am 02.02.2000 gezahlt wurde (Weiterbewilligungsbescheid vom 21.02.2000).
Den am 01./02.02.2000 erfolgten Umzug von ihrer bisherigen Wohnung in P. in die neue Wohnung A. S. W. 6 in O.-R. zeigte die Klägerin dem AA zeitnah unter Vorlage einer Meldebestätigung an. Bei der neuen Wohnung handelt es sich um eine von der Klägerin gekaufte Eigentumswohnung in einem Hochhausgebäude, die sie zwar mit einem beschrifteten Klingelschild versah, es aber (zunächst) versäumte, den seitlich des Gebäudes angebrachten Briefkasteneinwurfschlitz ebenfalls mit einem Namensschild zu versehen; lediglich an der im Treppenhaus des Gebäudes gelegenen Postentnahmestelle war ein solches angebracht.
Unter dem 24.01.2000 beantragte die Klägerin die Bewilligung von (Anschluss-)Alhi, wobei anlässlich der Einreichung des Antragsformulars am 07.02.2000 die Anschrift nachträglich korrigiert wurde. Durch ihre Unterschrift bestätigte die Klägerin u.a., das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.
Der wegen einer Alg-Überzahlung vom 15.10. bis 26.10.1999 erlassene und an die neue Anschrift der Klägerin gerichtete Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15.02.2000 gelangte als erste Postsendung am 21.02.2000 mit dem Vermerk "unbekannt" an das AA zurück. Nachdem ein Anruf des AA bei dem Bediensteten B. des Einwohnermeldeamtes von O.-R. ergeben hatte, dass die Klägerin dort noch unter der angegebenen Anschrift gemeldet war, lehnte das AA den Alhi-Antrag mit Bescheid vom 28.02.2000 ab, weil die Klägerin seit 03.02.2000 nicht erreichbar, infolgedessen nicht verfügbar und somit nicht arbeitslos sei.
Am 28.02.2000 gelangten gleich vier Postsendungen (u.a. der Alg-Bewilligungsbescheid und Leistungsnachweise), drei davon mit dem Vermerk "unbekannt" und einer mit dem Vermerk "unbekannt verzogen", und schließlich am 02.03.2000 der erwähnte Ablehnungsbescheid ebenfalls mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" an das AA zurück. Weitere Anrufe beim Einwohnermeldeamt O.-R. jeweils am Tag der Postrückläufe ergaben das selbe Ergebnis wie der erste Anruf, worauf sich der Kommunalbedienstete B. gegenüber dem AA bereit erklärte, den Amtsboten vorbeizuschicken um festzustellen, ob Klingel- und Briefkastenschilder mit dem Namen der Klägerin angebracht seien; der noch am 02.03.2000 erfolgte Rückruf bestätigte die oben bereits getroffenen Feststellungen.
Am 15.03.2000 sprach die Klägerin von sich aus beim AA vor, meldete sich erneut arbeitslos und erhielt auf ihren Antrag ab dem genannten Datum Alhi im Höhe von 44,15 DM täglich (Bewilligungsbescheid vom 21.03.2000), nachdem sie die unterbliebene Beschriftung des Briefkastens mit einem Versehen entschuldigt und unverzügliche Abhilfe angekündigt hatte.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 28.02.2000 wandte die Klägerin mit ihrem Widerspruch ein, sie sei jeden Tag persönlich unter der neuen Anschrift zu erreichen gewesen. Ihrer Meinung nach hätte sich der Briefträger, der auf dem Weg zu den Briefkästen ohnehin am Hauseingang vorbei komme, vergewissern müssen, ob ihr Name schon auf dem Klingelschild zu finden sei. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg, denn maßgeblich sei, dass der Briefkasten auf der Einwurfseite so beschriftet sei, dass die Mitarbeiter der Post Briefsendungen dem jeweiligen Adressaten zuordnen könnten (Widerspruchsbescheid vom 15.05.2000).
Deswegen hat die Klägerin am 15.06.2000 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorgetragen hat, sie sei bei ihrem Einzug davon ausgegangen, dass nur die Briefkästen im Treppenhaus des Gebäudes bestünden und der Postbote dementsprechend das Gebäude zur Verteilung der Post betreten müsse; gleichzeitig hat sie allerdings eingeräumt, dass Post nur von außen eingeworfen werden könne.
Mit Urteil vom 19.06.2001 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, indem es entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung auf Anregung des Gerichts gestellten Antrag der Klägerin die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt hat, der Klägerin ab 02.03.2000 Alhi zu gewähren. Der von der Beklagten gegebenen Begründung ist es nur für den Zeitraum bis 01.03.2000 gefolgt. Ab 02.03.2000 habe die Beklagte aber von der problematischen Erreichbarkeit der Klägerin Kenntnis gehabt, insbesondere davon, dass diese versehentlich vergessen habe, ihren Briefkasten zu beschriften; andere Gründe als ein Versehen seien für ein solches leistungsschädliches Verhalten kaum denkbar. Aufgrund der aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Fürsorgepflicht habe die Beklagte daher ab dem 02.03.2000 nicht untätig bleiben dürfen, vielmehr die Klägerin umgehend auf die unterbliebene Beschriftung des Briefkastens hinweisen müssen. Zwar könne fehlende Erreichbarkeit als tatsächliches Anspruchselement nicht über das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches geheilt werden, diese Einschränkung könne hier jedoch nicht gelten, weil zum einen die Beklagte den Amtsboten des Einwohnermeldeamtes O.-R. nicht nur heimlich, sondern ebenso dazu hätte einsetzen können, bei der Klägerin zu klingeln und sie auf ihre fehlende Erreichbarkeit hinzuweisen bzw. ein entsprechendes Schreiben an der Klingel zu befestigen. Zum anderen sei der Fall der Klägerin mit dem eines Arbeitslosen zu vergleichen, der umziehe und einen Nachsendeantrag bei der Poste stelle; in einem solchen Fall akzeptiere die Beklagte ausweislich der hierzu erlassenen Dienstanweisungen die Erreichbarkeit ohne weiteres, wenn der Umzug innerhalb des AA-Bezirks erfolge. Aus der Regelung, dass im Falle eines Umzugs in einen anderen AA-Bezirk die Beklagte sich selbst verpflichte, den Arbeitslosen zu informieren, dass er Leistungen erst ab dem Zeitpunkt einer erneuten persönlichen Meldung beim neuen AA erhalten könne, folge aus Gründen der Gleichbehandlung die Verpflichtung der Beklagten, Verfügbarkeitsmängel durch Hinweise an den Arbeitslosen zu beseitigen.
Das Urteil ist der Beklagten am 17.07.2001 zugestellt worden.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die der Senat auf die am 31.07.2001 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 13.01.2003 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat.
Die Beklagte beruft sich zur Begründung des Rechtsmittels auf das im Zulassungsbeschluss des Senats erwähnte Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 01.08.1996 - 11 RAr 9/96 -. Der dort zur zeitlichen Eingrenzung der Schadenminderungspflicht gezogene Rahmen von drei Monaten für ein Tätigwerden der Beklagten zur Behebung vom Arbeitslosen durch eigenes Fehlverhalten geschaffener Leistungshindernisse mute diesem leistungsrechtliche Nachteile jedenfalls in diesem zeitlichen Rahmen zu. Im Falle der Klägerin sei jedoch nur der Zeitraum vom 02.03. bis 14.03.2000 streitig, wodurch die Zumutbarkeit nicht tangiert werde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. Juni 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ihr seien keinerlei Nachteile zuzumuten, sofern die Beklagte, was hier der Fall sein, in der Lage gewesen sei, Nachteile durch eigenes Handeln abzuwenden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts haben dem Senat vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie der Schriftsätze der Beteiligten wird zur näheren Darstellung des Sachverhalts verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- ), ist kraft ausdrücklicher Zulassung durch Beschluss des Senats vom 13.01.2003 statthaft und auch sonst zulässig. Einer Zulassung des Rechtsmittels hat es bedurft, weil der angefochtene Bescheid nur noch insoweit im Streit ist, als mit ihm auch für die Zeit vom 02.03. bis 14.03.2000 Alhi abgelehnt worden ist; bei einem an sich zustehenden täglichen Leistungssatz von 44,15 DM wird damit der (damals) maßgebende Wert des Beschwerdegegenstandes von 1.000 Deutsche Mark (vgl. § 144 Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG a.F.) klar erkennbar nicht überstiegen. Die Berufung ist auch in der Sache begründet, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Ablehnungsbescheid insgesamt rechtmäßig.
Materiell-rechtlicher Ausgangspunkt der Prüfung ist § 190 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), der regelt, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Alhi haben. Mit Ausnahme der Arbeitslosigkeit (vgl. § 190 Abs. 1 Nr. SGB III) sind im Falle der Klägerin sämtliche dieser Voraussetzungen erfüllt, was keiner näheren Erläuterung bedarf. Ob jemand arbeitslos im Sinne des Alhi-Rechts ist, richtet sich aufgrund der Verweisungsnorm des § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III nach den für das Alg maßgebenden Bestimmungen, wonach dieses Anspruchsmerkmal nach dem abgestuften Schema der §§ 117 ff. SGB III u.a. durch die sich auseinander herleitenden Merkmale der Beschäftigungssuche (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III), der Verfügbarkeit (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) und der Arbeitsfähigkeit (vgl. § 119 Abs. 2 SGB III) gekennzeichnet ist. Arbeitsfähig ist danach nur der Arbeitslose, der Vorschlägen des Arbeitsmarktes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (vgl. § 119 Abs. 2 Nr. 3 SGB III). Daran hat es im Falle der Klägerin gefehlt, denn sie hat es während des hier streitigen Zeitraumes pflichtwidrig versäumt sicherzustellen, dass das AA sie persönlich an jedem Werktag an ihrem Wohnsitz unter der von ihr benannten Anschrift durch Briefpost hat erreichen können, wie es § 1 Abs. 1 Satz 2 der aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 152 Nr. 2 SGB III erlassenen Erreichbarkeits-Anordnung vom 23.10.1997 erfordert. Entgegen der Belehrung im Merkblatt für Arbeitslose (vgl. Stand April 1999, S. 20), dessen Erhalt sie bestätigt und außerdem versichert hat, von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, hat die Klägerin ihre postalische Erreichbarkeit unmittelbar nach erfolgtem Umzug nicht sichergestellt, weil sie zwar die Klingel und die im Gebäudeinnern befindliche Postentnahmestelle, jedoch nicht den seitlich außerhalb des Gebäudes befindlichen Briefeinwurfschlitz mit ihrem Namensschild versehen hat. Dieses Versäumnis geht zu ihren Lasten. Da im Grundsatz gilt, dass die nach dem Recht des SGB III im Gegensatz zu dem des vorhergehenden Rechts des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) allein maßgebende postalische Erreichbarkeit erfordert, dass Postsendungen dem Arbeitslosen unmittelbar, d.h. ohne Verzögerungen durch Nachforschungen, ohne Einschaltung dritter Personen und ohne Abhängigkeit von Zufällen zugestellt werden können (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, in SozR 3-4300 § 119 Nr. 3), ist die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nicht erreichbar und damit nicht arbeitslos gewesen.
Eine abweichende Beurteilung der Rechtslage ist entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch nicht wegen der Gefahr einer verzögerlichen Reaktion der Beklagten auf die Kenntnis von der unterlassenen Beschriftung des Briefeinwurfschlitzes durch die Klägerin geboten. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch angesichts des Umstandes, dass die Beklagte, legt man die oben beschriebenen Maßstäbe an, aufgrund überobligatorischer Nachforschungen zum Teil unter Einschaltung einer anderen Behörde, positive Kenntnis von der Ursache der mangelnden postalischen Erreichbarkeit der Klägerin erlangt hat. Zwar hat das BSG in einer Entscheidung vom 29.11.1989 (in SozR 4100 § 103 Nr. 47 = BSGE 66,103) eine (damals) zur Ausübung von Ermessen verpflichtende Atypik für den Fall eines der Beklagten bekannt gewordenen, vom Arbeitslosen jedoch nicht mitgeteilten Umzugs bejaht und u.a. ausgeführt, die Beklagte dürfe sich in solchen Fällen nicht darauf beschränken, die Leistungen einzustellen, vielmehr sei ihr zuzumuten, erkennbare Vermittlungshemmnisse zu beseitigen, sofern dies mit zumutbarem Verwaltungsaufwand möglich sei; allerdings komme es darauf an, ob und zu welchem Zeitpunkt der Beklagten unter Berücksichtigung der Belange sachgerecht möglichen Verwaltungshandelns eigene Maßnahmen zumutbar gewesen seien. Letzterer Punkt hat zur Zurückverweisung an die Vorinstanz geführt und ist daher vom BSG selbst nicht entschieden worden.
In anderem Zusammenhang (nicht mitgeteilte Zwischenbeschäftigung) hat sich das BSG ebenfalls mit der Problematik der sog. Schadensminderungspflicht auseinandergesetzt und diese einer früheren Rechtssprechung folgend aus der dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenden Pflicht hergeleitet, sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffendem Schaden zu bewahren, die nicht schon dadurch entfalle, dass die schadensgeneigte Lage durch eigenes Fehlverhalten des Arbeitslosen entstanden sei. Die nach §§ 15 Abs. 3, 132 Abs. 1 Satz 3 AFG geforderte Meldung des Arbeitslosen, die drei Monate nicht überschreiten sollte, könne die Gefahr von Nachteilen für den Arbeitslosen weitgehend mildern (vgl. das bereits im Tatbestand zitierte Urteil des BSG vom 01.08.1996).
Wenngleich diese Meldeaufforderung in bestimmten zeitlichen Abständen nach hier anzuwendendem Recht nicht mehr besteht, entnimmt der erkennende Senat der bisherigen Rechtssprechung des BSG, dass die Beklagte entgegen der Annahme der Klägerin keineswegs verpflichtet ist, sofort nach Bekanntwerden eines Leistungshindernisses von sich aus tätig zu werden und auf dessen Beseitigung hinzuwirken. Primär und grundsätzlich ist es nämlich Aufgabe und Verpflichtung des Arbeitslosen als demjenigen, der einen Leistungsanspruch geltend macht, die dafür erforderlichen Voraussetzungen nachzuweisen, d.h. im konkreten Fall, seine Erreichbarkeit sicherzustellen. Nach Auffassung des Senats kann die Beklagte in einem Fall wie dem der Klägerin auch nach Bekanntwerden eines Leistungshindernisses jedenfalls zunächst erwarten, dass ein Antragsteller von sich aus an die Behörde herantritt, wenn er von dort keine Nachricht z.B. in Form eines Bescheides auf seinem Antrag erhält, und solange eigene Nachforschungen zurückstellen. Dies gilt nach hier vertretener Auffassung prinzipiell auch für den Fall, dass das Leistungshindernis für die Beklagte erkennbar auf ein Versehen des Arbeitslosen zurückzuführen ist, wobei die Annahme des Sozialgerichts, die unterbliebene Beschriftung des Posteinwurfschlitzes mit dem Namen der Klägerin könne praktisch nur auf einem Versehen beruhen, mit der Lebenswirklichkeit nicht übereinstimmt und daher vom Senat in dieser Ausschließlichkeit nicht geteilt wird.
Zu bedenken ist ferner, dass Nachforschungen Dritter von der Beklagten nicht ohne weiteres beansprucht werden können und im konkreten Fall nur deswegen angestellt worden sind, weil sich die örtliche Meldebehörde, ohne dazu verpflichtet zu sein, bereit erklärt hat, den Amtsboten mit der Feststellung der äußeren Verhältnisse zu betrauen. Zumindest in diesem zeitlichen Stadium war es der Beklagten auch nicht zuzumuten, ihren eigenen Außendienst mit weiteren Nachforschungen zu beauftragen auf die Gefahr hin, die Klägerin auf Klingelzeichen in ihrer Wohnung nicht anzutreffen und deswegen unter Umständen diesen Vorgang einmal oder gar mehrmals wiederholen zu müssen.
Nach Auffassung des Senats kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ab welchem Zeitpunkt die Beklagte im Rahmen ihrer Schadenminderungspflicht von sich aus hätte weiter tätig werden müssen, um die fehlende Erreichbarkeit der Klägerin zu beseitigen, denn jedenfalls hat eine solche Verpflichtung nicht bereits für den hier streitigen Zeitraum vom 02.03. bis 14.03.2000 bestanden. Im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist es der Klägerin zuzumuten, den auf eigenem Fehlverhalten beruhendem Leistungsausfall im streitigen Zeitraum hinzunehmen, denn zum einen hat es nahe gelegen, gerade den für die Postzustellung bestimmten Briefeinwurfschlitz mit dem Namensschild zu versehen, und zum anderen hat sie nicht erwarten können, dass ein Postzusteller zumal in einem Hochhausgebäude mit einer Vielzahl von Wohnungen anhand des Klingelschildes den Adressaten ermittelt, das Klingelzeichen betätigt und Post persönlich übergibt. Außerdem hat ihr entgegen früheren Einlassungen auch bewusst sein müssen, dass mit der Anbringung des Namensschildes an der im Inneren des Gebäudes gelegenen und nicht für den Einwurf von Briefen geeigneten Postentnahmestelle ihre postalische Erreichbarkeit generell nicht sichergestellt war, was sie anlässlich ihrer Anhörung vor dem Sozialgericht dann auch eingeräumt hat.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ergibt sich aus den Dienstanweisungen der Beklagten zur Frage der Erreichbarkeit nach einem Umzug (DA 3.4.1) keine abweichende Beurteilung. Sofern dort nämlich für den Fall eines Umzugs des Arbeitslosen innerhalb der Wohngemeinde oder in eine Nachbargemeinde bei rechtzeitig gestelltem Nachsendeantrag die Erreichbarkeit als sichergestellt angesehen wird, geht die Beklagte davon aus, dass an den Arbeitslosen gerichtete Post diesen auch tatsächlich (und ohne Verzögerung) erreicht, was bei der Klägerin gerade nicht der Fall gewesen ist. Der Fall eines Zuständigkeitswechsels des Arbeitsamtes infolge eines Umzugs, für den die Dienstanweisungen eine unverzügliche Information des Arbeitslosen verlangen (vgl. DA 3.4.1 Abs. 5), regelt einen Fall, der mit dem der Klägerin nicht vergleichbar ist. Abgesehen davon ist die Informationspflicht der Beklagten im Falle eines Zuständigkeitswechsels deswegen geboten, weil es sich dabei (auch) um eine Änderung auf Seiten des Leistungsträgers handelt und somit seinen Verantwortungsbereich betrifft.
Die Berufung der Beklagten hat damit Erfolg, weshalb das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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