Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 1387/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 1643/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1971 geborene, verheiratete Klägerin erlernte den Beruf der staatlichen Masseurin und medizinischen Bademeisterin und übte diesen Beruf auch aus. Zuletzt war sie allerdings als Reinigungskraft tätig. Sie leidet seit ihrer Kindheit an epileptischen Anfällen. Derzeit beträgt die Anfallfrequenz der großen Anfälle ein- bis zweimal monatlich. Dieser Feststellung liegen die Angaben der Klägerin zugrunde, die allerdings kein Anfallstagebuch führt. Sie versorgt weitgehend eigenständig ihren Haushalt und zwei Kinder (geboren 1998 und 2004).
Sie beantragte am 22.4.2002 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die von der Beklagten veranlasste nervenärztliche Begutachtung (Gutachten Dr. B. vom 12.7.2002) erbrachte eine idiopathtische Epilepsie mit Grand mal-Anfällen sowie eine unreife, einfach strukturierte und etwas stimmungslabile Persönlichkeit. Der letzte Anfall liege bereits sechs Wochen zurück. Die umschriebenen Persönlichkeitszüge bestünden zweifellos bereits von jeher und hätten einem vollschichtigen Leistungsvermögen auch bislang nicht im Wege gestanden. Es gebe keine Gründe, warum dies jetzt anders sein solle, zumal die Angaben zu Freizeit und Alltag durchaus auch auf eine erhaltene Erlebnisfähigkeit schließen ließen (zur näheren Fehlstellung der insoweit von der Klägerin gemachten Angaben wird auf Blatt 63/65 der Rentenakte Bezug genommen) und die Klägerin Haushalt und Kind versorge. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mehr als sechs Stunden am Tag verrichtet werden.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15.8.2002 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch u. a. nach Einholung eines Befundberichts des Epilepsiezentrums K. mit darin beschriebenen schweren Anfällen in vierwöchigem Abstand (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 207/209 der Rentenakte) und ärztlicher Stellungnahmen von Dr. G. vom 7.2. und 20.3.2003 (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 223 und 227 der Rentenakte Bezug genommen) mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2003 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 22.5.2003 bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, mit der sie ihr Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 8.8.2003 zum Ausdruck gebracht, dass während der derzeit durchgeführten Umstellung der Medikation neben dem Haushalt und der Versorgung der Familie keine vollschichtige Arbeit verrichtet werden könne. Das Epilepsiezentrum K. (Dr. M.) hat unter dem 11.8.2003 über in Abständen von vier Wochen auftretende Anfälle ohne Vorsymptome berichtet und darauf hingewiesen, dass die Epilepsie bei jeder Tätigkeit potenzielle Relevanz am Arbeitsplatz besitze. Erhebliche Einschränkungen würden sich nicht nur direkt aus dem Auftreten von Anfällen (z. B. bei Tätigkeiten mit Publikumsverkehr), sondern auch auf Grund der medikamentösen Nebenwirkungen (vor allem Zittern der Hände,, das durch erhöhte Anspannung verstärkt werde) ergeben. Für leichtere Tätigkeiten sei eine tägliche Arbeitszeit von höchstens vier Stunden vertretbar, wobei Tätigkeiten mit Sturzgefahr, Nacht- oder Wechselschichtarbeiten und Arbeiten an gefährlichen Maschinen ausgeschlossen seien. Vom Gutachten von Dr. B. weiche er deshalb ab, weil darin die jeweils nicht unerheblichen, an die Anfälle gebundenen depressiven Verstimmungen zu wenig gewürdigt worden seien. Der Orthopäde Dr. Z. hat in seiner Stellungnahme vom 14.8.2003 aus orthopädischer Sicht eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bejaht. Der praktische Arzt Ö. hat in seiner Vernehmung durch das SG die Ansicht vertreten, dass die Klägerin ohne die Betreuung von Haushalt und Familie wahrscheinlich eine vollschichtige Tätigkeit verrichten könne.
Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens des Arztes M. vom 18.1.2004. Diagnostiziert worden ist eine idiopathtische genuine Epilepsie mit Absencen und aktuell in etwa in vierwöchigem Abstand auftretenden Grand mal-Anfällen, eine Anpassungsstörung mit bisher defizienter Krankheitsverarbeitung und zeitweise auch dysphorischen Zustandsbildern sowie eine medikamentenbedingte Adipositas. Sozialmedizinisch bestünden überwiegend Beeinträchtigungen durch die Epilepsieansicht. Hinsichtlich der Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit bestehe Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. B. Es seien körperlich leichte und in Belastungsspitzen mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zumutbar. Die Integration in eine Berufstätigkeit sei aus ärztlicher Sicht auch wünschenswert. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten wegen der Unfallgefährdung im Rahmen der Epilepsie. Es bestehe keine Einschränkung hinsichtlich des Hebens und Tragens von Lasten. Unzumutbar seien Arbeiten unter hohem Zeitdruck oder unter hoher nervlicher Anspannung wie Akkord- und Fließbandarbeiten. Auch Schicht- und Nachtarbeiten seien nicht möglich. Ebensowenig Tätigkeiten unmittelbar an gefährlichen, ungenügend geschützten und laufenden Maschinen. Ausgeschlossen seien auch Tätigkeiten, bei denen durch kurze Unachtsamkeiten oder einen auftretenden epileptischen Anfall andere gefährdet werden könnten. Weder seien besondere Arbeitsbedingungen und betriebsunübliche Pausen noch ein besonders gestaltetes Arbeitsgerät erforderlich. Einschränkungen des Arbeitsweges bestünden weder hinsichtlich der Zeitdauer noch der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Es sei davon auszugehen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit Jahren im Wesentlichen unverändert ist. Zur näheren Feststellung der Einzelheiten der Angaben der Klägerin zum Tagesablauf wird insbesondere auf Blatt 66/67 der SG-Akte Bezug genommen.
Das SG hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2004 durch Urteil vom selben Tag abgewiesen. Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften entschieden, dass die Klägerin weiterhin mehr als sechs Stunden am Tag erwerbstätig sein könne, soweit anfallstypische qualitative Leistungseinschränkungen beachtet würden. Zu folgen sei den Gutachten von Dr. B. und des Arztes M. sowie der Aussage von Dr. Ö. und auch Dr. S. habe lediglich für die Zeit der Umstellung der Medikation eine vorübergehende Leistungseinschränkung angenommen. Nicht zu folgen sei der Einschätzung des Epilepsiezentrums K. Es bestehe auch Wegefähigkeit. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 2.4.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.4.2004 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung des neurologisch-epileptologischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. S. (Epilepsiezentrum K.) vom 11.4.2005, zu welchem der Diplompsychologe S. das neuropsychologische Zusatzgutachten vom 24.1.2005 erstattet hat. Gefragt worden ist in diesem Zusammenhang unter Einführung der entsprechenden Leistungsprofile auch nach der Zumutbarkeit einer Tätigkeit als Pförtnerin oder als Mitarbeiterin in der Poststelle einer Verwaltungsabteilung.
Das Zusatzgutachten beschreibt eine leichte kognitive Störung mit z. T. erheblich reduzierten Reaktionszeiten im Sinne einer Verlangsamung, wobei wichtige komplexere Aufmerksamkeitsaufgaben (mit Ausnahme einer Aufgabe) mit unauffälligen Fehlerwerten hätten bearbeitet werden können. Andere geprüfte, neuropsychologisch fassbare Teilleistungen wie Lern- und Gedächtnisleistungen und so genannte exekutive Funktionen hätten ein unauffälliges Bild ergeben. Möglich sei, dass bei der Klägerin anfallsunabhängige rezidivierende depressive Symptome leichterer Ausprägung vorlägen. Eine Simulation der Aufmerksamkeitsleistungen sei unwahrscheinlich, eine Aggravation lasse sich aufgrund der Testergebnisse jedoch nicht ausschließen, weil die unauffälligen Teilleistungen in anderen geprüften Funktionen wie Gedächtnis- und Exekutivefunktionen sowie in geschilderten Alltagsituationen gegen die in einigen Aufmerksamkeitsaufgaben gezeigten Auffälligkeiten sprächen. Hinsichtlich der Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen seien zum einen Einschränkungen in wesentlichen Aspekten der Aufmerksamkeit (z. B. bei dem Erfordernis der Beachtung mehrerer Aspekte) und zum anderen leichte Einschränkungen in der Daueraufmerksamkeit mit Augenbrennen und einer leichten Ermüdbarkeit. Die Klägerin klage über eine erhöhte Stressanfälligkeit und benötige nach stattgehabten Anfällen eine längere Reorientierung wegen des vorübergehenden Verlustes von Gedächtnisleistungen. Daher sei das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin zeitlich auf halbschichtig oder weniger als vier Stunden beschränkt (zur näheren Feststellung der Einzelheiten des Tages Ablaufs und der familiären Verhältnisse der Klägerin wird insbesondere auf Blatt 44/45 der LSG-Akte Bezug genommen).
In dem Hauptgutachten, dem bezüglich der speziellen Anamnese eine Befragung des Ehemanns der Klägerin zu Grunde gelegen hat, wird zusammenfassend festgestellt, dass ein schwer behandelbares Epilepsiesyndrom mit - nach dem neuropsychologischen Zusatzgutachten - einer erheblichen Minderung im Bereich von Aufmerksamkeit- und Konzentrationsleistungen vorliege. Die Anfallfrequenz der großen Anfälle (Anfälle mit Sturz und Steifheit im Oberkörper bzw. des Gesamtkörpers mit länger andauernder Verwirrtheit danach) betrage ein bis zweimal monatlich. In der Phase nach dem Anfall am gleichen Tag und maximal für eine Woche bestehe eine als organisch bedingt einzustufende Depression mit Antriebsminderung, starken depressiven Symptomen und einer Selbstwertproblematik. Unabhängig davon bestünden wiederholt kurze Störungen des Bewusstseins mit starrem Blick und fehlender retrograder Gedächtnisleistung, wobei es sich nicht um eine von der Grunderkrankung Epilepsie vollständig getrennte zusätzliche psychiatrische Erkrankung handle. Eine Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens ergebe sich durch die weiterhin unberechenbar auftretenden großen Anfälle sowie die kleinen Anfälle mit Störung der Bewusstseinslage und Störung der emotionalen Stabilität. Die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit seien in und um die Anfälle akzentuiert vermindert, jedoch auf einem dauerhaft niedrigen Niveau. Durch die Unvorhersehbarkeit des auftretenden Anfalls mit häufig daran anschließender Tage bis zu einer Woche andauernder organisch reaktiver Depression sei eine Arbeitsfähigkeit in beruflicher Hinsicht nicht zu verwirklichen. Bei der Klägerin sei wegen der unberechenbaren Nachphasen nach den Anfällen eine ständige Begleitung anzustreben. Eine vollschichtige Tätigkeit als Pförtnerin komme nicht in Betracht und auch eine Tätigkeit in einer Poststelle einer Verwaltungsabteilung sei wegen der Gefährdung der Klägerin durch Stürze und der Gefährdung dritter Personen in der Nachphase mit starker Desorientierung, Weglaufen und Beißverhalten nicht möglich. Wegen der Möglichkeit von Anfällen und der schwierigen Nachphasen nach Anfällen könne die Klägerin den Weg zur Arbeit ohne Begleitung nicht zurücklegen. Die Anfallsituation habe sich seit der Geburt des zweiten Kindes, also schätzungsweise seit zwei Jahren nicht stabilisiert (zur näheren Feststellung der Einzelheiten der Fremdeanamnese durch den Ehemann der Klägerin wird insbesondere auf Blatt 102/103 der LSG-Akte verwiesen).
Hierzu hat die Beklagte die ärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 23.6.2005 vorgelegt. Danach hätten sich keine neuen Erkenntnisse ergeben, die Befunde seien bekannt und die Leistungsbeurteilung sei bar jeglicher Realität getroffen worden. Tatsache sei, dass die Klägerin seit Kindheit an epileptischen Anfällen leide, wobei hinsichtlich der Anfallshäufigkeit unterschiedliche Aussagen mit der Tendenz der Zunahme in gutachterlichen Situationen vorlägen. Bei genauer Betrachtung aller vorliegenden Befunde lasse sich jedoch eine wesentliche Verschlechterung des Leidens nicht feststellen. Trotz des Leidens sei es der Klägerin möglich gewesen, eine Berufsausbildung zu absolvieren und ihren Beruf auch auszuüben. Weiterhin führe sie ihren Haushalt mit inzwischen zwei kleinen Kindern, sie bringe ihren älteren Sohn in den Kindergarten, kaufe ein, koche und habe vor der Geburt des zweiten Kindes auch noch regelmäßig an Freizeiten teilgenommen und sei Fahrrad gefahren. Allein deshalb relativierten sich die Aussagen im Sachverständigengutachten bezüglich der Leistungsbeurteilung. Auch der neuropsychologische Zusatzbefund habe eine allenfalls leichtgradige kognitive Störung mit einer ebenfalls leichtgradigen rezidivierenden depressiven Symptomatik ohne erhebliche Einschränkungen ergeben. Bei der Klägerin spreche zusammenfassend nichts gegen die Ausübung von Tätigkeiten mit einer Unfallgefährdung, wie sie auch im Alltagsleben bestehe, und diese Tätigkeiten könnten unter Berücksichtigung des dargestellten Tagesablaufs sicherlich mehr als sechs Stunden pro Tag verrichtet werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. März 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie noch mindestens sechs Stunden am Tag leichte Tätigkeiten unter Beachtung anfallstypischer qualitativer Einschränkungen (in erster Linie: Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung) vollschichtig verrichten kann.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Bezüglich der hier anwendbaren Rechtsvorschriften ist ergänzend auszuführen, dass die am 1971 geborene Klägerin unter der Geltung des ab dem 1.1.2001 geltenden Rechts keinen Berufsschutz genießt. Denn nach § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Auf der Grundlage der vom SG durchgeführten medizinischen Ermittlungen und dessen Beweiswürdigung sowie der ärztlichen Stellungnahme von Dr. G. im Berufungsverfahren folgend vermag der Senat sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens auch unter Berücksichtigung des auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. S. nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin die Annahme einer quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkung auf ein nur noch unter sechsstündiges Leistungsvermögen bzw. eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes gegeben ist.
Zwar könnten vorliegend einige Gesichtspunkte für die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung sprechen. So wird in dem Hauptgutachten von Prof. Dr. S. begründet dargelegt, dass die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit der Klägerin in und um die Anfälle akzentuiert vermindert, jedoch auf einem dauerhaft niedrigen Niveau seien. Das Zusatzgutachten beschreibt eine leichte kognitive Störung mit z. T. erheblich reduzierten Reaktionszeiten im Sinne einer Verlangsamung. Hinsichtlich der Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit sei zum einen zu berücksichtigen, dass Einschränkungen in wesentlichen Aspekten der Aufmerksamkeit (z. B. bei dem Erfordernis der Beachtung mehrerer Aspekte) und zum anderen leichte Einschränkungen in der Daueraufmerksamkeit mit Augenbrennen und einer leichten Ermüdbarkeit vorlägen. Die Klägerin klage zudem über eine erhöhte Stressanfälligkeit.
Insgesamt überwiegen aber nach Auffassung des Senats diejenigen Gesichtspunkte, die gegen eine rentenrechtlich relevante quantitative Leistungseinschränkung sprechen.
Zu beachten ist nämlich zum ersten, dass im neuropsychologischen Zusatzgutachten auch ausgeführt wird, eine Aggravation lasse sich aufgrund der Testergebnisse nicht ausschließen, weil die unauffälligen Teilleistungen in anderen geprüften Funktionen wie Gedächtnis- und Exekutivfunktionen sowie in geschilderten Alltagsituationen gegen die in einigen Aufmerksamkeitsaufgaben gezeigten Auffälligkeiten sprächen. Hierdurch wird ein wesentlicher, in den Gutachten für die Annahme einer zeitlichen Einschränkung ins Feld geführter Umstand erheblich relativiert.
Hinzukommt, dass vorliegend nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Klägerin - wenngleich unter Inanspruchnahme von Hilfe Dritter - in der Lage ist, ihren Haushalt und ihren Ehemann nebst zwei Kindern zu versorgen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass es der Klägerin zeitlich unmöglich sein könnte, neben der Versorgung von Haushalt und Familie auch noch berufstätig zu sein. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine gesundheitsbedingte und damit rentenrechtlich relevante Einschränkung, sondern um eine Einschränkung, die jedenfalls im hier relevanten Zusammenhang unbeachtlich ist.
Auch spricht die in den Sachverständigengutachten verschiedentlich dargestellte Tagesstruktur der Klägerin bzw. ihr Freizeit- und Sozialverhalten (vgl. hierzu im einzelnen oben) auch unter Berücksichtigung der dargestellten depressiven Komponenten der bei der Klägerin bestehenden Epilepsieerkrankung gegen die Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist nämlich von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47).
Der Senat verneint vorliegend auch eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung von Anfallshäufigkeit, hierdurch ggf. bedingter erheblicher krankheitsbedingter Fehlzeiten (betriebsunübliche Arbeitsbedingungen) oder der mit einem Anfall verbundenen und in den Sachverständigengutachten dargestellten Begleitumständen (Annahme einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung).
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 31.3.1993 (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14) zwar entschieden, dass bei an sich noch vollschichtiger (entsprechend hier mindestens sechsstündiger) Einsatzfähigkeit, jedoch unvorhersehbaren, üblicherweise fast regelmäßig jede Woche auftretenden Erkrankungen (dort: Fieberschübe) mit jeweils einer Arbeitsunfähigkeit von mehreren Tagen bzw. bei Arbeitsunfähigkeitszeiten von durchschnittlich zwei Tagen pro Woche die Voraussetzungen für die Annahme einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes unter dem Gesichtspunkt der Einsatzfähigkeit nur noch unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen bzw. für die Annahme einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung mit der Verpflichtung zur Benennung einer Verweisungstätigkeit erfüllt sind.
Eine vergleichbare Fallkonstellation bejaht der Senat für den vorliegenden Fall jedoch nicht, da unter Zugrundelegung der nach den Angaben der Klägerin festzustellenden Anfallshäufigkeit (mit einer jeweils folgenden Arbeitsunfähigkeit) nicht mit gehäuften Arbeitsunfähigkeitszeiten im oben beschriebenen Umfang zurechnen ist. Der 8. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hat diesbezüglich in seinem Urteil vom 5.5.2000 (L 8 RJ 4461/98) entschieden, dass bei drei epileptischen Anfällen im Monat der Zugang zum Arbeitsmarkt wegen der Besonderheiten des Epilepsieleidens nicht verschlossen ist. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an, wobei die von der Klägerin geschilderte Häufigkeit der großen Anfälle unter der Anfallshäufigkeit in dem vom 8. Senat entschiedenen Fall liegt und im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Angaben der Klägerin zur Anfallshäufung während des Verfahrens erheblich variieren (hierauf hat auch Dr. G. in seiner im Berufungsverfahren abgegebenen ärztlichen Stellungnahme zutreffend hingewiesen) und letztlich im einzelnen (z. B. durch ein Anfallstagebuch) nicht nachvollzogen werden können.
Die Notwendigkeit der Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung kann im Rahmen leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig beachtet werden und führt ebenfalls nicht zu einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes.
Schließlich bejaht der Senat vorliegend auch nicht eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit.
Zwar gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen, wenn der Weg zur Arbeitsstelle nicht zurückgelegt werden kann. Zur Erwerbsfähigkeit gehört nämlich auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können (BSG SozR 2200 § 1247 Nrn. 47, 50, 53, 56). Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1247 Nr. 56) Erwerbsunfähigkeit (und damit entsprechend dem ab 1.1.2001 geltenden Recht volle Erwerbsminderung) in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn nur noch eine Gehfähigkeit vorhanden ist, die maximal 500 Meter Wegstrecke zulässt, der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne hat und einen solchen auch nicht mit Hilfe eines eigenen Kfz bzw. eines Fahrrads erreichen kann (vgl. hierzu KassKomm-Niesel, Rdnr. 93 zu § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung mwN) und der Rentenversicherungsträger diesbezüglich auch keine beruflichen Reha-Leistungen anbietet. Die Zumutbarkeit der Fußwege richtet sich hierbei nach allgemeinen medizinischen Kriterien. Sie ist zu verneinen, wenn beim Gehen auch unter Verwendung von Hilfsmitteln (z. B. Gehstützen) erhebliche Schmerzen auftreten, übermäßige körperliche Anstrengungen erforderlich sind oder die Gesundheit in besonderer Weise gefährdet ist. Die Zumutbarkeitsgrenze kann auch durch die für die Wegstrecke erforderliche Zeit überschritten werden. Das ist der Fall, wenn für 500 Meter mehr als 20 Minuten benötigt werden. In der Regel ist daher nur erwerbsunfähig (bzw. voll erwerbsgemindert), wer nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Besonderheiten zum Beispiel der individuellen Wohnlage und der Beschaffenheit in Betracht kommender Wegstrecken sind bei der gebotenen generalisierenden Abgrenzung des Versichertenrisikos unbeachtlich (vgl. hierzu BSG vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -).
Vorliegend ist festzustellen, dass die Klägerin außerhalb von Anfallsituationen unzweifelhaft in der Lage ist, für sie in Betracht kommende Arbeitsplätze zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Dass für die Klägerin möglicherweise - im Hinblick auf eventuelle auftretende Anfälle und zur Hilfeleistung bei solchen - eine ständige Begleitung wünschenswert ist (die Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist von der Versorgungsverwaltung durch die Zuerkennung des Merkzeichens "B" bejaht worden) ändert hieran nach Auffassung des Senats nichts. Denn die Begleitung durch eine Hilfsperson hat bei Anfallskranken nur den Hintergrund, für den Fall eines Anfalls Hilfestellung zu leisten, nicht jedoch - außerhalb von Anfallsituationen - Hilfestellung bei der Bewältigung des Arbeitsweges als solchem zu leisten. Insoweit rechtfertigt sich eine abweichende Beurteilung im Vergleich zu solchen Fällen, bei denen zur Bewältigung des Arbeitsweges als solchem Hilfestellung durch eine notwendige Begleitperson notwendig ist (z. B. bei einer Sehbehinderung). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass bei einer anderen Betrachtungsweise bei Anfallsleiden immer Erwerbsunfähigkeit bzw. volle Erwerbsminderung schon deshalb anzunehmen wäre, weil es für den im Einzelnen nicht absehbaren Fall des Auftretens eines Anfalls auf dem Arbeitsweg einer Begleitperson bedarf. Die in der Rechtsprechung geführte Diskussion zur Frage der Häufigkeit von Anfällen und hierdurch bedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten wäre dann überflüssig.
Entgegen der Einschätzung durch Prof. Dr. S. ist die Klägerin gerade unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung in der Lage, Tätigkeiten als Pförtnerin (z. B. an einer Nebenpforte) oder als Mitarbeiterin in einer Poststelle im erforderlichen zeitlichen Umfang zu verrichten.
Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Die Klägerin könnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist.
Arbeitsplätze als Pförtner sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern werden auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass die Klägerin möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -).
Die Tätigkeit einer Mitarbeiterin in einer Poststelle umfasst folgende Aufgaben: Öffnen der eingegangenen Post und Anbringung des Eingangsstempels, Verteilen der Post auf die Abteilungen und Referate entsprechend dem Sachverhalt, Richten von abgehenden Sammelsendungen, Kuvertieren der abgehenden Briefpost und Verpacken der Paketsendungen, Bedienen des Freistemplers entsprechend der Aufgabeneinteilung durch den Bearbeiter, Erfassung der Einschreibesendungen entsprechend der Aufgabeneinteilung durch den Bearbeiter und Beförderung der Post, entsprechend der Anweisung des Bearbeiters, von und zum Postamt mit anstaltseigenem Fahrzeug.
Es handelt sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen ausgeübt werden kann. Zwar müssen in der Poststelle der Verwaltungsabteilung Pakete oder Körbe mit Postsendungen gehoben oder getragen werden, die 5 kg oder mehr wiegen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle nur von wenigen, und zwar speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle ist hingegen ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, so dass die zu verrichtenden Aufgaben nicht den Schweregrad leichter körperlicher Tätigkeiten übersteigen (Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.5.1997 - L 2 I 47/95 - mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen, ob bei einem Anfallsleiden die Wegefähigkeit schon deshalb zu verneinen ist, weil der Betreffende ausschließlich zum Zwecke der Hilfeleistung bei einem Anfall für den Weg zur Arbeit einer Begleitperson bedarf.
Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1971 geborene, verheiratete Klägerin erlernte den Beruf der staatlichen Masseurin und medizinischen Bademeisterin und übte diesen Beruf auch aus. Zuletzt war sie allerdings als Reinigungskraft tätig. Sie leidet seit ihrer Kindheit an epileptischen Anfällen. Derzeit beträgt die Anfallfrequenz der großen Anfälle ein- bis zweimal monatlich. Dieser Feststellung liegen die Angaben der Klägerin zugrunde, die allerdings kein Anfallstagebuch führt. Sie versorgt weitgehend eigenständig ihren Haushalt und zwei Kinder (geboren 1998 und 2004).
Sie beantragte am 22.4.2002 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die von der Beklagten veranlasste nervenärztliche Begutachtung (Gutachten Dr. B. vom 12.7.2002) erbrachte eine idiopathtische Epilepsie mit Grand mal-Anfällen sowie eine unreife, einfach strukturierte und etwas stimmungslabile Persönlichkeit. Der letzte Anfall liege bereits sechs Wochen zurück. Die umschriebenen Persönlichkeitszüge bestünden zweifellos bereits von jeher und hätten einem vollschichtigen Leistungsvermögen auch bislang nicht im Wege gestanden. Es gebe keine Gründe, warum dies jetzt anders sein solle, zumal die Angaben zu Freizeit und Alltag durchaus auch auf eine erhaltene Erlebnisfähigkeit schließen ließen (zur näheren Fehlstellung der insoweit von der Klägerin gemachten Angaben wird auf Blatt 63/65 der Rentenakte Bezug genommen) und die Klägerin Haushalt und Kind versorge. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mehr als sechs Stunden am Tag verrichtet werden.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15.8.2002 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch u. a. nach Einholung eines Befundberichts des Epilepsiezentrums K. mit darin beschriebenen schweren Anfällen in vierwöchigem Abstand (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 207/209 der Rentenakte) und ärztlicher Stellungnahmen von Dr. G. vom 7.2. und 20.3.2003 (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 223 und 227 der Rentenakte Bezug genommen) mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2003 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 22.5.2003 bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, mit der sie ihr Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 8.8.2003 zum Ausdruck gebracht, dass während der derzeit durchgeführten Umstellung der Medikation neben dem Haushalt und der Versorgung der Familie keine vollschichtige Arbeit verrichtet werden könne. Das Epilepsiezentrum K. (Dr. M.) hat unter dem 11.8.2003 über in Abständen von vier Wochen auftretende Anfälle ohne Vorsymptome berichtet und darauf hingewiesen, dass die Epilepsie bei jeder Tätigkeit potenzielle Relevanz am Arbeitsplatz besitze. Erhebliche Einschränkungen würden sich nicht nur direkt aus dem Auftreten von Anfällen (z. B. bei Tätigkeiten mit Publikumsverkehr), sondern auch auf Grund der medikamentösen Nebenwirkungen (vor allem Zittern der Hände,, das durch erhöhte Anspannung verstärkt werde) ergeben. Für leichtere Tätigkeiten sei eine tägliche Arbeitszeit von höchstens vier Stunden vertretbar, wobei Tätigkeiten mit Sturzgefahr, Nacht- oder Wechselschichtarbeiten und Arbeiten an gefährlichen Maschinen ausgeschlossen seien. Vom Gutachten von Dr. B. weiche er deshalb ab, weil darin die jeweils nicht unerheblichen, an die Anfälle gebundenen depressiven Verstimmungen zu wenig gewürdigt worden seien. Der Orthopäde Dr. Z. hat in seiner Stellungnahme vom 14.8.2003 aus orthopädischer Sicht eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bejaht. Der praktische Arzt Ö. hat in seiner Vernehmung durch das SG die Ansicht vertreten, dass die Klägerin ohne die Betreuung von Haushalt und Familie wahrscheinlich eine vollschichtige Tätigkeit verrichten könne.
Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens des Arztes M. vom 18.1.2004. Diagnostiziert worden ist eine idiopathtische genuine Epilepsie mit Absencen und aktuell in etwa in vierwöchigem Abstand auftretenden Grand mal-Anfällen, eine Anpassungsstörung mit bisher defizienter Krankheitsverarbeitung und zeitweise auch dysphorischen Zustandsbildern sowie eine medikamentenbedingte Adipositas. Sozialmedizinisch bestünden überwiegend Beeinträchtigungen durch die Epilepsieansicht. Hinsichtlich der Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit bestehe Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. B. Es seien körperlich leichte und in Belastungsspitzen mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zumutbar. Die Integration in eine Berufstätigkeit sei aus ärztlicher Sicht auch wünschenswert. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten wegen der Unfallgefährdung im Rahmen der Epilepsie. Es bestehe keine Einschränkung hinsichtlich des Hebens und Tragens von Lasten. Unzumutbar seien Arbeiten unter hohem Zeitdruck oder unter hoher nervlicher Anspannung wie Akkord- und Fließbandarbeiten. Auch Schicht- und Nachtarbeiten seien nicht möglich. Ebensowenig Tätigkeiten unmittelbar an gefährlichen, ungenügend geschützten und laufenden Maschinen. Ausgeschlossen seien auch Tätigkeiten, bei denen durch kurze Unachtsamkeiten oder einen auftretenden epileptischen Anfall andere gefährdet werden könnten. Weder seien besondere Arbeitsbedingungen und betriebsunübliche Pausen noch ein besonders gestaltetes Arbeitsgerät erforderlich. Einschränkungen des Arbeitsweges bestünden weder hinsichtlich der Zeitdauer noch der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Es sei davon auszugehen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin seit Jahren im Wesentlichen unverändert ist. Zur näheren Feststellung der Einzelheiten der Angaben der Klägerin zum Tagesablauf wird insbesondere auf Blatt 66/67 der SG-Akte Bezug genommen.
Das SG hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2004 durch Urteil vom selben Tag abgewiesen. Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften entschieden, dass die Klägerin weiterhin mehr als sechs Stunden am Tag erwerbstätig sein könne, soweit anfallstypische qualitative Leistungseinschränkungen beachtet würden. Zu folgen sei den Gutachten von Dr. B. und des Arztes M. sowie der Aussage von Dr. Ö. und auch Dr. S. habe lediglich für die Zeit der Umstellung der Medikation eine vorübergehende Leistungseinschränkung angenommen. Nicht zu folgen sei der Einschätzung des Epilepsiezentrums K. Es bestehe auch Wegefähigkeit. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 2.4.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.4.2004 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung des neurologisch-epileptologischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. S. (Epilepsiezentrum K.) vom 11.4.2005, zu welchem der Diplompsychologe S. das neuropsychologische Zusatzgutachten vom 24.1.2005 erstattet hat. Gefragt worden ist in diesem Zusammenhang unter Einführung der entsprechenden Leistungsprofile auch nach der Zumutbarkeit einer Tätigkeit als Pförtnerin oder als Mitarbeiterin in der Poststelle einer Verwaltungsabteilung.
Das Zusatzgutachten beschreibt eine leichte kognitive Störung mit z. T. erheblich reduzierten Reaktionszeiten im Sinne einer Verlangsamung, wobei wichtige komplexere Aufmerksamkeitsaufgaben (mit Ausnahme einer Aufgabe) mit unauffälligen Fehlerwerten hätten bearbeitet werden können. Andere geprüfte, neuropsychologisch fassbare Teilleistungen wie Lern- und Gedächtnisleistungen und so genannte exekutive Funktionen hätten ein unauffälliges Bild ergeben. Möglich sei, dass bei der Klägerin anfallsunabhängige rezidivierende depressive Symptome leichterer Ausprägung vorlägen. Eine Simulation der Aufmerksamkeitsleistungen sei unwahrscheinlich, eine Aggravation lasse sich aufgrund der Testergebnisse jedoch nicht ausschließen, weil die unauffälligen Teilleistungen in anderen geprüften Funktionen wie Gedächtnis- und Exekutivefunktionen sowie in geschilderten Alltagsituationen gegen die in einigen Aufmerksamkeitsaufgaben gezeigten Auffälligkeiten sprächen. Hinsichtlich der Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen seien zum einen Einschränkungen in wesentlichen Aspekten der Aufmerksamkeit (z. B. bei dem Erfordernis der Beachtung mehrerer Aspekte) und zum anderen leichte Einschränkungen in der Daueraufmerksamkeit mit Augenbrennen und einer leichten Ermüdbarkeit. Die Klägerin klage über eine erhöhte Stressanfälligkeit und benötige nach stattgehabten Anfällen eine längere Reorientierung wegen des vorübergehenden Verlustes von Gedächtnisleistungen. Daher sei das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin zeitlich auf halbschichtig oder weniger als vier Stunden beschränkt (zur näheren Feststellung der Einzelheiten des Tages Ablaufs und der familiären Verhältnisse der Klägerin wird insbesondere auf Blatt 44/45 der LSG-Akte Bezug genommen).
In dem Hauptgutachten, dem bezüglich der speziellen Anamnese eine Befragung des Ehemanns der Klägerin zu Grunde gelegen hat, wird zusammenfassend festgestellt, dass ein schwer behandelbares Epilepsiesyndrom mit - nach dem neuropsychologischen Zusatzgutachten - einer erheblichen Minderung im Bereich von Aufmerksamkeit- und Konzentrationsleistungen vorliege. Die Anfallfrequenz der großen Anfälle (Anfälle mit Sturz und Steifheit im Oberkörper bzw. des Gesamtkörpers mit länger andauernder Verwirrtheit danach) betrage ein bis zweimal monatlich. In der Phase nach dem Anfall am gleichen Tag und maximal für eine Woche bestehe eine als organisch bedingt einzustufende Depression mit Antriebsminderung, starken depressiven Symptomen und einer Selbstwertproblematik. Unabhängig davon bestünden wiederholt kurze Störungen des Bewusstseins mit starrem Blick und fehlender retrograder Gedächtnisleistung, wobei es sich nicht um eine von der Grunderkrankung Epilepsie vollständig getrennte zusätzliche psychiatrische Erkrankung handle. Eine Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens ergebe sich durch die weiterhin unberechenbar auftretenden großen Anfälle sowie die kleinen Anfälle mit Störung der Bewusstseinslage und Störung der emotionalen Stabilität. Die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit seien in und um die Anfälle akzentuiert vermindert, jedoch auf einem dauerhaft niedrigen Niveau. Durch die Unvorhersehbarkeit des auftretenden Anfalls mit häufig daran anschließender Tage bis zu einer Woche andauernder organisch reaktiver Depression sei eine Arbeitsfähigkeit in beruflicher Hinsicht nicht zu verwirklichen. Bei der Klägerin sei wegen der unberechenbaren Nachphasen nach den Anfällen eine ständige Begleitung anzustreben. Eine vollschichtige Tätigkeit als Pförtnerin komme nicht in Betracht und auch eine Tätigkeit in einer Poststelle einer Verwaltungsabteilung sei wegen der Gefährdung der Klägerin durch Stürze und der Gefährdung dritter Personen in der Nachphase mit starker Desorientierung, Weglaufen und Beißverhalten nicht möglich. Wegen der Möglichkeit von Anfällen und der schwierigen Nachphasen nach Anfällen könne die Klägerin den Weg zur Arbeit ohne Begleitung nicht zurücklegen. Die Anfallsituation habe sich seit der Geburt des zweiten Kindes, also schätzungsweise seit zwei Jahren nicht stabilisiert (zur näheren Feststellung der Einzelheiten der Fremdeanamnese durch den Ehemann der Klägerin wird insbesondere auf Blatt 102/103 der LSG-Akte verwiesen).
Hierzu hat die Beklagte die ärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 23.6.2005 vorgelegt. Danach hätten sich keine neuen Erkenntnisse ergeben, die Befunde seien bekannt und die Leistungsbeurteilung sei bar jeglicher Realität getroffen worden. Tatsache sei, dass die Klägerin seit Kindheit an epileptischen Anfällen leide, wobei hinsichtlich der Anfallshäufigkeit unterschiedliche Aussagen mit der Tendenz der Zunahme in gutachterlichen Situationen vorlägen. Bei genauer Betrachtung aller vorliegenden Befunde lasse sich jedoch eine wesentliche Verschlechterung des Leidens nicht feststellen. Trotz des Leidens sei es der Klägerin möglich gewesen, eine Berufsausbildung zu absolvieren und ihren Beruf auch auszuüben. Weiterhin führe sie ihren Haushalt mit inzwischen zwei kleinen Kindern, sie bringe ihren älteren Sohn in den Kindergarten, kaufe ein, koche und habe vor der Geburt des zweiten Kindes auch noch regelmäßig an Freizeiten teilgenommen und sei Fahrrad gefahren. Allein deshalb relativierten sich die Aussagen im Sachverständigengutachten bezüglich der Leistungsbeurteilung. Auch der neuropsychologische Zusatzbefund habe eine allenfalls leichtgradige kognitive Störung mit einer ebenfalls leichtgradigen rezidivierenden depressiven Symptomatik ohne erhebliche Einschränkungen ergeben. Bei der Klägerin spreche zusammenfassend nichts gegen die Ausübung von Tätigkeiten mit einer Unfallgefährdung, wie sie auch im Alltagsleben bestehe, und diese Tätigkeiten könnten unter Berücksichtigung des dargestellten Tagesablaufs sicherlich mehr als sechs Stunden pro Tag verrichtet werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. März 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie noch mindestens sechs Stunden am Tag leichte Tätigkeiten unter Beachtung anfallstypischer qualitativer Einschränkungen (in erster Linie: Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung) vollschichtig verrichten kann.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Bezüglich der hier anwendbaren Rechtsvorschriften ist ergänzend auszuführen, dass die am 1971 geborene Klägerin unter der Geltung des ab dem 1.1.2001 geltenden Rechts keinen Berufsschutz genießt. Denn nach § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.
Auf der Grundlage der vom SG durchgeführten medizinischen Ermittlungen und dessen Beweiswürdigung sowie der ärztlichen Stellungnahme von Dr. G. im Berufungsverfahren folgend vermag der Senat sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens auch unter Berücksichtigung des auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. S. nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin die Annahme einer quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkung auf ein nur noch unter sechsstündiges Leistungsvermögen bzw. eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes gegeben ist.
Zwar könnten vorliegend einige Gesichtspunkte für die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung sprechen. So wird in dem Hauptgutachten von Prof. Dr. S. begründet dargelegt, dass die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit der Klägerin in und um die Anfälle akzentuiert vermindert, jedoch auf einem dauerhaft niedrigen Niveau seien. Das Zusatzgutachten beschreibt eine leichte kognitive Störung mit z. T. erheblich reduzierten Reaktionszeiten im Sinne einer Verlangsamung. Hinsichtlich der Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit sei zum einen zu berücksichtigen, dass Einschränkungen in wesentlichen Aspekten der Aufmerksamkeit (z. B. bei dem Erfordernis der Beachtung mehrerer Aspekte) und zum anderen leichte Einschränkungen in der Daueraufmerksamkeit mit Augenbrennen und einer leichten Ermüdbarkeit vorlägen. Die Klägerin klage zudem über eine erhöhte Stressanfälligkeit.
Insgesamt überwiegen aber nach Auffassung des Senats diejenigen Gesichtspunkte, die gegen eine rentenrechtlich relevante quantitative Leistungseinschränkung sprechen.
Zu beachten ist nämlich zum ersten, dass im neuropsychologischen Zusatzgutachten auch ausgeführt wird, eine Aggravation lasse sich aufgrund der Testergebnisse nicht ausschließen, weil die unauffälligen Teilleistungen in anderen geprüften Funktionen wie Gedächtnis- und Exekutivfunktionen sowie in geschilderten Alltagsituationen gegen die in einigen Aufmerksamkeitsaufgaben gezeigten Auffälligkeiten sprächen. Hierdurch wird ein wesentlicher, in den Gutachten für die Annahme einer zeitlichen Einschränkung ins Feld geführter Umstand erheblich relativiert.
Hinzukommt, dass vorliegend nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Klägerin - wenngleich unter Inanspruchnahme von Hilfe Dritter - in der Lage ist, ihren Haushalt und ihren Ehemann nebst zwei Kindern zu versorgen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass es der Klägerin zeitlich unmöglich sein könnte, neben der Versorgung von Haushalt und Familie auch noch berufstätig zu sein. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine gesundheitsbedingte und damit rentenrechtlich relevante Einschränkung, sondern um eine Einschränkung, die jedenfalls im hier relevanten Zusammenhang unbeachtlich ist.
Auch spricht die in den Sachverständigengutachten verschiedentlich dargestellte Tagesstruktur der Klägerin bzw. ihr Freizeit- und Sozialverhalten (vgl. hierzu im einzelnen oben) auch unter Berücksichtigung der dargestellten depressiven Komponenten der bei der Klägerin bestehenden Epilepsieerkrankung gegen die Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist nämlich von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47).
Der Senat verneint vorliegend auch eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung von Anfallshäufigkeit, hierdurch ggf. bedingter erheblicher krankheitsbedingter Fehlzeiten (betriebsunübliche Arbeitsbedingungen) oder der mit einem Anfall verbundenen und in den Sachverständigengutachten dargestellten Begleitumständen (Annahme einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung).
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 31.3.1993 (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14) zwar entschieden, dass bei an sich noch vollschichtiger (entsprechend hier mindestens sechsstündiger) Einsatzfähigkeit, jedoch unvorhersehbaren, üblicherweise fast regelmäßig jede Woche auftretenden Erkrankungen (dort: Fieberschübe) mit jeweils einer Arbeitsunfähigkeit von mehreren Tagen bzw. bei Arbeitsunfähigkeitszeiten von durchschnittlich zwei Tagen pro Woche die Voraussetzungen für die Annahme einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes unter dem Gesichtspunkt der Einsatzfähigkeit nur noch unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen bzw. für die Annahme einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung mit der Verpflichtung zur Benennung einer Verweisungstätigkeit erfüllt sind.
Eine vergleichbare Fallkonstellation bejaht der Senat für den vorliegenden Fall jedoch nicht, da unter Zugrundelegung der nach den Angaben der Klägerin festzustellenden Anfallshäufigkeit (mit einer jeweils folgenden Arbeitsunfähigkeit) nicht mit gehäuften Arbeitsunfähigkeitszeiten im oben beschriebenen Umfang zurechnen ist. Der 8. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hat diesbezüglich in seinem Urteil vom 5.5.2000 (L 8 RJ 4461/98) entschieden, dass bei drei epileptischen Anfällen im Monat der Zugang zum Arbeitsmarkt wegen der Besonderheiten des Epilepsieleidens nicht verschlossen ist. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an, wobei die von der Klägerin geschilderte Häufigkeit der großen Anfälle unter der Anfallshäufigkeit in dem vom 8. Senat entschiedenen Fall liegt und im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Angaben der Klägerin zur Anfallshäufung während des Verfahrens erheblich variieren (hierauf hat auch Dr. G. in seiner im Berufungsverfahren abgegebenen ärztlichen Stellungnahme zutreffend hingewiesen) und letztlich im einzelnen (z. B. durch ein Anfallstagebuch) nicht nachvollzogen werden können.
Die Notwendigkeit der Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung kann im Rahmen leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig beachtet werden und führt ebenfalls nicht zu einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes.
Schließlich bejaht der Senat vorliegend auch nicht eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit.
Zwar gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen, wenn der Weg zur Arbeitsstelle nicht zurückgelegt werden kann. Zur Erwerbsfähigkeit gehört nämlich auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können (BSG SozR 2200 § 1247 Nrn. 47, 50, 53, 56). Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1247 Nr. 56) Erwerbsunfähigkeit (und damit entsprechend dem ab 1.1.2001 geltenden Recht volle Erwerbsminderung) in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn nur noch eine Gehfähigkeit vorhanden ist, die maximal 500 Meter Wegstrecke zulässt, der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne hat und einen solchen auch nicht mit Hilfe eines eigenen Kfz bzw. eines Fahrrads erreichen kann (vgl. hierzu KassKomm-Niesel, Rdnr. 93 zu § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung mwN) und der Rentenversicherungsträger diesbezüglich auch keine beruflichen Reha-Leistungen anbietet. Die Zumutbarkeit der Fußwege richtet sich hierbei nach allgemeinen medizinischen Kriterien. Sie ist zu verneinen, wenn beim Gehen auch unter Verwendung von Hilfsmitteln (z. B. Gehstützen) erhebliche Schmerzen auftreten, übermäßige körperliche Anstrengungen erforderlich sind oder die Gesundheit in besonderer Weise gefährdet ist. Die Zumutbarkeitsgrenze kann auch durch die für die Wegstrecke erforderliche Zeit überschritten werden. Das ist der Fall, wenn für 500 Meter mehr als 20 Minuten benötigt werden. In der Regel ist daher nur erwerbsunfähig (bzw. voll erwerbsgemindert), wer nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Besonderheiten zum Beispiel der individuellen Wohnlage und der Beschaffenheit in Betracht kommender Wegstrecken sind bei der gebotenen generalisierenden Abgrenzung des Versichertenrisikos unbeachtlich (vgl. hierzu BSG vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -).
Vorliegend ist festzustellen, dass die Klägerin außerhalb von Anfallsituationen unzweifelhaft in der Lage ist, für sie in Betracht kommende Arbeitsplätze zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Dass für die Klägerin möglicherweise - im Hinblick auf eventuelle auftretende Anfälle und zur Hilfeleistung bei solchen - eine ständige Begleitung wünschenswert ist (die Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist von der Versorgungsverwaltung durch die Zuerkennung des Merkzeichens "B" bejaht worden) ändert hieran nach Auffassung des Senats nichts. Denn die Begleitung durch eine Hilfsperson hat bei Anfallskranken nur den Hintergrund, für den Fall eines Anfalls Hilfestellung zu leisten, nicht jedoch - außerhalb von Anfallsituationen - Hilfestellung bei der Bewältigung des Arbeitsweges als solchem zu leisten. Insoweit rechtfertigt sich eine abweichende Beurteilung im Vergleich zu solchen Fällen, bei denen zur Bewältigung des Arbeitsweges als solchem Hilfestellung durch eine notwendige Begleitperson notwendig ist (z. B. bei einer Sehbehinderung). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass bei einer anderen Betrachtungsweise bei Anfallsleiden immer Erwerbsunfähigkeit bzw. volle Erwerbsminderung schon deshalb anzunehmen wäre, weil es für den im Einzelnen nicht absehbaren Fall des Auftretens eines Anfalls auf dem Arbeitsweg einer Begleitperson bedarf. Die in der Rechtsprechung geführte Diskussion zur Frage der Häufigkeit von Anfällen und hierdurch bedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten wäre dann überflüssig.
Entgegen der Einschätzung durch Prof. Dr. S. ist die Klägerin gerade unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung in der Lage, Tätigkeiten als Pförtnerin (z. B. an einer Nebenpforte) oder als Mitarbeiterin in einer Poststelle im erforderlichen zeitlichen Umfang zu verrichten.
Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitarbeiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Die Klägerin könnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist.
Arbeitsplätze als Pförtner sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern werden auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass die Klägerin möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -).
Die Tätigkeit einer Mitarbeiterin in einer Poststelle umfasst folgende Aufgaben: Öffnen der eingegangenen Post und Anbringung des Eingangsstempels, Verteilen der Post auf die Abteilungen und Referate entsprechend dem Sachverhalt, Richten von abgehenden Sammelsendungen, Kuvertieren der abgehenden Briefpost und Verpacken der Paketsendungen, Bedienen des Freistemplers entsprechend der Aufgabeneinteilung durch den Bearbeiter, Erfassung der Einschreibesendungen entsprechend der Aufgabeneinteilung durch den Bearbeiter und Beförderung der Post, entsprechend der Anweisung des Bearbeiters, von und zum Postamt mit anstaltseigenem Fahrzeug.
Es handelt sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen ausgeübt werden kann. Zwar müssen in der Poststelle der Verwaltungsabteilung Pakete oder Körbe mit Postsendungen gehoben oder getragen werden, die 5 kg oder mehr wiegen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle nur von wenigen, und zwar speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle ist hingegen ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, so dass die zu verrichtenden Aufgaben nicht den Schweregrad leichter körperlicher Tätigkeiten übersteigen (Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.5.1997 - L 2 I 47/95 - mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen, ob bei einem Anfallsleiden die Wegefähigkeit schon deshalb zu verneinen ist, weil der Betreffende ausschließlich zum Zwecke der Hilfeleistung bei einem Anfall für den Weg zur Arbeit einer Begleitperson bedarf.
Rechtskraft
Aus
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