Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 94/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4896/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Gesundheitsstörungen als Folgen eines am 27.07.1993 erlittenen Unfalls festzustellen sind und der Klägerin deswegen Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. zusteht.
Die 1973 geborene Klägerin befand sich auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause, als ein anderes Fahrzeug dem von ihr gelenkten PKW auf das Heck auffuhr. Sie stellte sich zunächst am Abend des 27.07.1993 Dr. Z. vor, der sie an das Krankenhaus W.-T. überwies. Dr. H., Arzt der Chirurgischen Abteilung, diagnostizierte eine Halswirbelsäulen(HWS)-Distorsion und beschrieb in seinem Durchgangsarztbericht vom 28.07.1993 als Befund: "keine Amnesie, keine Übelkeit, kein Erbrechen. Ziehen im Nacken, keine Parästhesien in den Armen. Mäßiger paravertebraler Muskelhartspann. Beweglichkeit in Richtung Flexion/Extension nicht beeinträchtigt. Drehbewegungen schmerzhaft." Vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderungen seien Brustwirbelsäulen(BWS)- und Lendenwirbelsäulen(LWS)-Beschwerden. Im Nachschaubericht der Klinik vom 02.08.1993 beschrieb Dr. G. ein noch weiterhin erhebliches Ziehen im Nacken und eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der HWS sowie zeitweise leichte Parästhesien im Bereich des linken Unterarms ohne neurologische Auffälligkeit. Es bestehe weiterhin Arbeitsunfähigkeit. Wegen anhaltender Beschwerden und fortbestehender Arbeitsunfähigkeit bei Verdacht auf Fraktur des ersten Halswirbelkörpers wurde die Klägerin dem HNO-Arzt Dr. L. und dem Neurologen Dr. B. vorgestellt. Der HNO-Befund war unauffällig (Arztbericht von Dr. L. vom 06.09.1993). Dr. B. diagnostizierte ein blandes WRS (Wirbelsäulensyndrom) C 7-8 links , das durch die Contusion der HWS erklärbar sei (Befundbericht vom 09.09.1993). Das zum Ausschluss einer Fraktur bei C 1 gefertigte Kernspintomogramm ergab einen normalen Befund des cranio-zervikalen Übergangs und keine Fraktur im Bereich von C 1 (Befundbericht von Dr. W. vom 20.09.1993). Die Klinik W.-T. bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis 24.10.1993 (Dr. S., Chefarzt, vom 09.11.1993). Die Beklagte gewährte Heilbehandlung und Verletztengeld bis einschließlich 24.10.1993.
Am 25.07.1997 stellte sich die Klägerin bei Dr. F., Chirurg in S., vor wegen Schmerzen in der HWS mit Ausstrahlung in die Schulterpartien, Sensibilitätsstörungen im Bereich des 4. und 5. Fingers links und vermehrter Migräneattacken bei diffusen Nackenschmerzen (Durchgangsarztbericht von Dr. F. vom 25.07.1997 und Nachschaubericht vom 08.08.1997). Dr. A., Neurologe und Psychiater in S., fand bei seiner Untersuchung der Klägerin im August 1997 aufgrund der gefertigten HWS-Magnetresonanztomographie eine altersentsprechende Darstellung der HWS bei Streckfehlhaltung. Insbesondere habe sich kein Nachweis eines traumatischen Bandscheibenvorfalls, einer Wurzelkompression oder Rückenmarksschädigung ergeben. Die Klägerin sei bereits 1994 wegen Missempfindungen der ulnaren Finger links untersucht worden. Die Ulnarisreizung sei nicht unfallabhängig. Eine zuvor bestehende Migräne habe sich seit dem Unfall verschlechtert (Arztbrief von Dr. A. vom 06.08.1997).
Die Klägerin stellte sich im September 1998 bei dem Chirurgen Dr. S. vor, der bei geklagten ziehenden, teils stechenden Schmerzen in der HWS einen klinisch mäßiggradigen muskulären Hartspann der Nackenmuskulatur und schmerzhafte Kopfbeweglichkeit sowie Parästhesien in den Fingern drei bis fünf links diagnostizierte (Arztbrief vom 08.09.1998).
Mit Bericht vom 05.02.2001 teilte der Orthopäde und Chiropraktiker Dr. F. der Beklagten die anlässlich der ab Januar 2001 aufgenommenen Behandlung der Klägerin gestellte Diagnose einer Cervicalgie bei Blockierung mit. Die Blockierung bei C 2 und C 3 seien bei Innenrotation spontan gelöst worden. In seinem Gutachten vom 19.07.2001 schätzte er die als Unfallfolge beurteilte Beschwerdesymptomatik mit Schmerzhaftigkeit, lageabhängigen Parästhesien des linken Unterarms und rezidivierende Cervalgien mit einer MdE von unter 10 v.H. ein. Im nervenärztlichen Gutachten von Dr. M. vom 29.10.2001 wurde ein Thoracic-Outlet-Syndrom links, ein mäßiges Sulcus-ulnaris-Syndrom links sowie eine rezidivierende, seit der Jugend bestehende Simplexmigräne und ein diskreter Tinnitus links nicht als Unfallfolgen beurteilt. HNO-Arzt Dr. D. verneinte in seinem Gutachten vom 25.01.2002 einen unfallbedingten Zusammenhang des von der Klägerin geklagten Ohrgeräuschs, das erst eine Woche nach dem Unfall aufgetreten sei. Die durchgeführte Gleichgewichtsuntersuchung sei unauffällig gewesen. Eine Hörminderung liege nicht vor. Mit Bescheid vom 20.03.2002 wurde der Unfall vom 27.07. 1993 als Arbeitsunfall anerkannt, dagegen wurde die Gewährung einer Rente abgelehnt, weil eine MdE in rentenberechtigendem Grade über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus nicht vorgelegen habe.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und verwies auf die von ihr veranlasste Untersuchung bei Dr. V., Radiologe in M ... Dieser diagnostizierte aufgrund der von ihm vorgenommenen funktionellen Magnetresonanztomographie der HWS am 22.07.2002 und der Kopfgelenksbänder am 23.07.2002 Instabilitätszeichen. Der Dens zeige Abstandsvergrößerungen entlang der ligamenta alaria, narbige Konturen der densnahen Gelenkkapsel sprächen für ein Densgelenkkapseltrauma. Außerdem sei der schützende subarachnoidale Pufferraum beidseits nahezu aufgebraucht. Soweit kein konkurrierendes Ereignis vorliege, seien die Funktionsdefizite mit den resultierenden Instabilitätszeichen im Rahmen einer posttraumatischen Instabilität des craniozervikalen Übergangs zu sehen (Arztbericht von Dr. Volle vom 23.07.2002).
In dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 03.10.2002 verneinte Dr. B. Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet. Dr. W. ging in seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 01.10.2002 davon aus, dass der alsbald nach dem Unfall aufgetretene Tinnitus, der jetzt wiederum vermehrt wahrgenommen werde, Unfallfolge sei. Eine Einschränkung des Hörvermögens habe sich nicht ergeben. Die belastungsabhängige Gleichgewichtsstörung mit Unsicherheitsgefühl bei mittlerer Belastung beruhe auf einer zervikalen Gleichgewichtsstörung. Die linksseitigen Ohrenschmerzen seien im Sinne einer Otalgie auf der Grundlage des HWS-Schmerzsyndroms zu werten. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v.H. Im chirurgischen Gutachten vom 08.10.2002 und dem ergänzenden Gutachten vom 12.11.2002 schätzte Dr. S. die unfallbedingte, allein auf HNO-ärztlichem Gebiet liegenden Unfallfolgen mit einer MdE von 20 v.H. ein. Die Bewegungseinschränkungen der HWS seien im ablenkenden Gespräch mit Kopfbewegungen zu beiden Seiten und Kopfbeugung nicht im Ausmaß wie in der Untersuchungssituation vorhanden gewesen. In der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 03.02.2003 wies Dr. D. daraufhin, dass bei seiner Untersuchung der Klägerin im Januar 2002 weder eine Hörminderung noch Schwindelbeschwerden, sondern allein gelegentlich auftretende Ohrgeräusche geklagt wurden. Dagegen sei bei der Untersuchung durch Dr. W. im September 2002 ein seit dem Unfall bestehender linksseitiger Ohrschmerz und begleitende Ohrgeräusche angegeben worden. Die Hör- und Gleichgewichtsuntersuchungen hätten mit den seinen übereinstimmende Befunde ergeben. Lediglich bei Dr. W. haben sich ein niederfrequenter Spontannystagmus ergeben, der nicht weiter differenziert worden sei. Wenn man davon ausgehe, dass die Schwindelbeschwerden über Jahre nicht bestanden haben, sei ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis nicht herzustellen. Eine Teil-MdE von 20 v.H. durch die von Dr. W. angenommenen Gleichgewichtsstörungen sei nicht gerechtfertigt. Nach den Erfahrungssätzen sei eine Gleichgewichtsstörung bei mittlerer Belastung mit einer MdE von unter 10 v.H. einzuschätzen. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2003 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 12.01.2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und darauf hingewiesen, dass in vergleichbaren Fällen das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht, das Oberlandesgericht Celle sowie das Oberlandesgericht Frankfurt in den beigefügten Urteilen den Ursachenzusammenhang konstanter Schmerzen seit dem Unfall bis zum Entscheidungszeitpunkt bejaht hätten.
Das Sozialgericht hat schriftlich als sachverständige Zeugen Dr. Knapp (Aussage vom 23.02.2004), Dr. F. (Aussage vom 23.04.2004) und Dr. Grimsehl (Aussage vom 03.06.2004) gehört. Dr. Knapp, der die Klägerin vom Mai 2000 bis Januar 2003 behandelt hat, hat angegeben, die Klägerin habe keine Schwindelbeschwerden geklagt. Seit 2000 habe die Klägerin rezidivierende Ohrenschmerzen und knackende Ohrgeräusche geklagt, die sich teilweise durch orthopädische Behandlung besserten. Inwieweit ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Ohrgeräuschen und dem Unfall bestehe, könne den ihm vorliegenden Fakten nicht sicher entnommen werden. Dr. F. hat ausgeführt, die Klägerin seit Januar 2001 zu behandeln. Bei der Erstvorstellung haben sie einen seit März/April 2000 passageren Tinnitus und Ohrenschmerzen links angegeben. Die Ausführungen von Dr. D. zu Schwindelbeschwerden beruhten auf einem provokationstechnischen Untersuchungsprozedere und beträfen ausschließlich das Innenohr. Schwindelattacken könnten jedoch auch durch entsprechende Funktionsstörungen der HWS hervorgerufen werden. Diese seien indirekt durch die Beschwerdelinderung nach Chirotherapie nachgewiesen. Allgemeinmediziner Dr. Grimsehl hat die Behandlung seit Februar 2000 mitgeteilt und die MdE mit unter 10 v.H. angenommen. Inwieweit die vorgebrachten Beschwerden auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, könne seitens seines Fachgebiets nicht festgestellt werden.
Mit Urteil vom 06.10.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, eine über den Schweregrad I hinausreichende HWS-Distorsion habe nicht festgestellt werden können. Gegen den Schweregrad III spreche, dass Risse von Bändern oder vergleichbare Verletzungen nicht hätten objektiviert werden können. Gegen einen Schweregrad II spreche trotz der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit von nahezu zwei Monaten, dass nach Ende der Arbeitsunfähigkeit nach der Einschätzung von Dr. S. die MdE nur 0 v.H. betragen habe. Die Klägerin habe in der Folge auch nicht über fortbestehende Beschwerden geklagt, weshalb von einer folgenlosen Abheilung der Unfallfolgen auszugehen sei. Im weiteren Verlauf sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit der unfallbedingte Zusammenhang der aufgetretene Beschwerden anzuerkennen. Das SG folge der gutachterlichen Stellungnahme von Dr. D., wonach sich objektivierbare Anhaltspunkte für Schwindelbeschwerden im Laufe der umfangreichen Untersuchungen nicht ergeben hätten. Ähnlich verhalte es sich mit den Angaben der Klägerin zu Ohrbeschwerden im Anschluss an den Unfall. Im Rahmen der ohrenärztlichen Untersuchung durch Dr. L. seien weder Ohrgeräusche noch starke Ohrenschmerzen angegeben worden, entgegen den Angaben der Klägerin bei der Gutachtenserstattung durch Dr. W., wo sie seit dem Unfall starke Ohrenschmerzen links und ein begleitendes Ohrgeräusch angegeben habe.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 17.10.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.11.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, Dr. S. habe unter dem 20.12.1994 eine MdE von 10 v.H. von Oktober 1993 bis Januar 1994 bescheinigt. Bereits im Juni 1994 seien Beschwerden Dr. G. mitgeteilt worden, wonach weitere Untersuchungen und schließlich Massagebehandlungen und Fangopackungen verordnet worden seien. Aus den Untersuchungsergebnissen von Dr. V. ergebe sich der Unfallzusammenhang der fortbestehenden Beschwerden. Die Klägerin hat den Arztbrief von Dr. M. vom 06.07.1994 und andere ärztliche Schreiben, die teilweise schon in der beigezogenen Verwaltungsakte vorhanden sind, vorgelegt. Auf den Schriftsatz des Klägervertreter vom 15.05.2006 wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.10.2005 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 09.12.2003 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, als Folge des Arbeitsunfalls vom 27.07.1993 Funktionsbeeinträchtigungen der oberen Halswirbelsäule und der Kopfgelenksbänder sowie Ohrenschmerzen anzuerkennen und Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Im Berufungsverfahren seien keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden.
Mit richterlicher Verfügung vom 25.04.2006 und wiederholend mit Verfügung vom 17.05.2006 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des SG beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit Verfügungen des Berichterstatters vom 25.04. und 17.05.2006 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen und Gewährung einer Verletztenrente.
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII BGBl. I 1996 S. 1254) anzuwenden, denn Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch auf Feststellung und Leistungsgewährung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb allein die bis zum 31.12.1996 geltenden Rechtsvorschriften Anwendung finden.
Gem. § 581 Abs. 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) wird eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Verletzter in Folge eines Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 1/5 (20 v. H.) gemindert ist. Die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit, die schädigende Einwirkungen und die Krankheit gehören, müssen erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSG 19, 52; 42, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausallehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. BSGE 61, 127, 129) sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG SozR 3 2200 § 548 Nr 13; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 12. Aufl., Band 3, Rdnrn. 309 ff zu § 8 SGB VII mwN). Haben mehrere Bedingungen gemeinsam zu einem Erfolg geführt, sind sie rechtlich nur dann wesentliche Bedingungen und damit Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges in gleichem Maße wesentlich sind (Krasney aaO Rdnr. 314). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSGE 12, 242, 245 f; 13, 175, 176; Brackmann aaO S 480k I mwN). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (vgl. BSG 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen, Funktionsbeeinträchtigungen der oberen Halswirbelsäule und der Kopfgelenksbänder sowie Ohrenschmerzen, nicht als Unfallfolgen festzustellen.
Unfallbedingte funktionelle Beeinträchtigungen der HWS sind bereits nicht nachgewiesen bzw. der Zusammenhang nachgewiesener Gesundheitsstörungen nicht mit erforderlicher Wahrscheinlichkeit belegt. Die von Dr. W. im September 1993 gefertigte Kernspintomographie ergab einen unauffälligen Befund. Es fanden sich keine Hinweise auf eine Bandscheibenschädigung oder spinale Blutung oder auf knöcherne Läsionen. Die Bandscheiben waren normal signalgebend, das hintere Längsband war normal durchgezeichnet. Auch aus der Computertomografie waren keine Fraktur oder Fissuren zu erkennen, es ergab sich ein normaler Befund des cranio-zervikalen Übergangs (Befundbericht von Dr. W. vom 20.09.1993). Nach dem Zwischenbericht von Oberarzt Dr. F. des Krankenhauses W.-T. vom 05.10.1993 klagte die Klägerin zwar noch über Schmerzen im Bereich des cranio-zervikalen Übergangs und über Muskelkater, die neurologischen Untersuchungen zeigten jedoch keine Seitendifferenz. Zum Ende der ambulanten Behandlung und mit Eintritt der Arbeitsfähigkeit schätzte Dr. S. die verbleibende unfallbedingte MdE auf Null v.H. ein (Mitteilung des D-/H-Arztes vom 21.10.1993). Bei der Untersuchung der Klägerin im Juli 1994 durch Dr. M. konnten über die verbalisierte Beschwerdesymptomatik hinaus keine neurologischen Besonderheiten objektiviert werden. Die Motorik, Sensibilität, Muskel- und Hauttrophik im Bereich der Hände und Arme war ungestört. Es fanden sich keine pathologischen Reflexe. Eine erneute kernspintomographische Untersuchung der HWS ergab ganz diskrete retrospondylotische Veränderungen beim Wirbelkörpersegment 4/5, mäßig auch beim Wirbelkörpersegment 5/6, ohne Beeinträchtigung des Liquorraumes oder spinaler Strukturen. Die Bandscheiben stellten sich regelrecht dar, auch die knöchernen Strukturen waren unauffällig (Arztbrief von Dr. M. vom 06.07.1994).
Der von Dr. V. im Juli 2002, also neun Jahre nach dem Unfallereignis, erhobene Befund rechtfertigt bereits wegen des zeitlichen Abstands keine weitergehenden Schlussfolgerungen auf eine bereits zum Unfallzeitpunkt erlittene Schädigung der tiefergehenden Strukturen der HWS. Dr. S. hat für den Senat überzeugend in seinem Gutachten vom 08.10.2002 darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit dem von ihm erhobenen klinischen Befund die bildtechnischen Befunde im Bereich der Wirbelsäule auch bei so genannten Funktionsaufnahmen nur unzureichend funktionsspezifisch sind. Die anatomischen Besonderheiten bzw. bereits möglicherweise bestehende degenerative Vorerkrankungen und die individuelle traumato-mechanische Belastbarkeit seien bei Beschleunigungsverletzungen noch nicht bekannt bzw. primär schwierig zu beurteilen. Diese Einschätzung steht im Einklang mit der vom 4. Senat des OLG Frankfurt vorgenommenen Beurteilung in dem von der Klägerin selbst vorgelegten Urteil vom 09.07.2003 - 4 U 2/97 -, wonach die Untersuchungsmethode von Dr. V. nach dem Ergebnis der dortigen Beweisaufnahme, insbesondere der erstatteten Gerichtsgutachten und vorgelegten Aufsätze und Kongressberichte, umstritten ist und noch nicht von der Mehrheit der Gutachter allgemein akzeptiert wird. Die Diagnostik des Dr. V. ist noch nicht durch eine kontrollierte Studie validiert. Nach Dr. S. sind die von der Klägerin geklagten funktionellen Beeinträchtigungen wie Schmerz, die angegebenen Missempfindungen und Schwindelerscheinungen nicht hinreichend bei seiner Untersuchung zu bestätigen gewesen, da sie deutlich übertrieben waren. So wurde der Kopf mit der Hand abgestützt oder bei den Bewegungsuntersuchungen mit der Hand geführt, was in Ablenkungssituationen oder in liegender Position bei Kopfbewegungen nicht erforderlich war. Das Ausmaß der Bewegungseinschränkung war in abgelenkten Situationen deutlich geringer als bei der durchgeführten Bewegungsprüfung. Diese gutachterlichen Ausführungen werden im Ergebnis gestützt durch das von der Klägerin vorgelegte orthopädische Gutachten von Dr. Dr. S. vom 03.05.2006, das im Schwerbehindertenverfahren vor dem SG erstattet worden ist. Danach war eine nur geringgradig verspannte HWS-Muskulatur diagnostiziert worden, wobei im Ansatzbereich der Nackenlinie beidseits eine erhebliche Druckschmerzhaftigkeit angegeben worden sei. Eine Druckdolenz im Bereich des Atlasquerfortsatzes deutete auf eine Atlasblockierung hin, wobei eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung allerdings nicht bestanden hat. Auch der im April 2006 erhobene Röntgenbefund der HWS ergab außer einer abgeflachten HWS-Lordose mit minimalem Überhang nach rechts einen altersentsprechenden Befund. Die Funktionsaufnahmen ließen nach Dr. Dr. S. eine regelrechte Entfaltbarkeit der Wirbelgelenke sowie der Intervertebralräume erkennen, eine Instabilität war nicht nachweisbar.
Die geklagten Missempfindungen am linken Unterarm und den Fingern der linken Hand waren nach den überzeugenden Ausführungen der Praxiskollegen Dr. A. und Dr. M. bei unauffälligem elektroneurografischen Befund der Nerven ulnaris und medianus keiner spezifischen Nervenläsion zuzuordnen, sondern wurden als unspezifisches Wurzelreizphänomen (Dr. M. vom 06.07.1994) bezeichnet, das als unfallunabhängig beurteilt wird (Dr. A. vom 06.08.1997). Dies steht im Einklang mit der Beurteilung von Dr. B. in dessen neurologisch-psychiatrischem Gutachten vom 03.10.2002, der keine neurologischen Defizit als Unfallfolgen diagnostizieren konnte. Eine unfallvorbestehende Migräne wird als unfallunabhängig bewertet. Auch Dr. M. in seinem Gutachten vom 29.10.2001 verneint den unfallbedingten Zusammenhang der im Bereich der linken Hand und im linken Arm aufgetretenen Sensibilitätsstörungen.
Ebenso wenig sind die geltend gemachten Ohrenschmerzen Folgen des Unfalls. Dies hat zur Überzeugung des Senats Dr. D. in seinen gutachterlichen Äußerungen nachvollziehbar dargelegt. Er hat auf die im Tatbestand wiedergegebenen Widersprüche bei den Beschwerdeangaben der Klägerin während seiner Untersuchung und der neun Monate später stattfinden Untersuchung bei Dr. W. hingewiesen. Zutreffend ist auch ausgeführt worden, dass die Beschwerden am Ohr und des Gehörs nicht unmittelbar nach dem Unfallereignis aufgetreten sind und im Verlauf wechselnd geschildert wurden. Im Durchgangsarztbericht von Dr. H. vom 28.07.1993 waren noch gar keine, auf HNO-ärztlichen Gebieten zu beurteilenden Beschwerden festgehalten worden. Erstmals im Nachschaubericht von Dr. G. vom 02.08.1993 wird von einem ziehenden Gefühl in Höhe des linken Ohres gesprochen und im Nachschaubericht vom 11.08.1993 (Dr. Bork) von Missempfindungen im Bereich des linken Ohres. Das behauptete Ohrgeräusch seit dem Unfall ist in den von verschiedenen Ärzten dokumentierten, als Unfallfolgen geltend gemachten Beschwerden nicht aufgeführt. Erstmals am 03.09.1993 wird bei der Vorstellung beim HNO-Arzt Dr. L. von einem Knacken im linken Ohr beim Schlucken oder beim Naseputzen berichtet. Dr. L. hat einen unauffälligen HNO-Befund erhoben (Arztbrief von Dr. L. vom 06.09.1993). Die von Dr. W. beschriebenen Schmerzen im Sinne einer Otalgie, die die Klägerin nach den Zeugenaussagen von Dr. K. und Dr. F. selbst in dieser Ausprägung erst seit Anfang 2000 geklagt hatte, sind nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. D. deshalb nicht auf den Unfall zurückzuführen.
Die Feststellung von Schwindelbeschwerden ist zwar nicht beantragt, doch zur Überzeugung des Senats sind auch diese nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass während der von Mai 2000 bis Januar 2003 dauernden Behandlung bei Dr. K. nach dessen Aussagen die Klägerin niemals über Schwindelbeschwerden geklagt habe. Auch bei Dr. D. wurden auf Nachfrage entsprechende Beschwerden verneint. Dr. D. hatte Gleichgewichtprüfungen durchgeführt, die keinen auffälligen Befund ergaben. Der von Dr. W. erhobene niederfrequenten Spontannystagmus wurde nach Dr. D. nicht weiter differenziert, insbesondere wurde eine Kontrolluntersuchung mit der Frenzel’schen Leuchtbrille oder mittels Elektronystagmographie oder Videonystagmographie nicht durchgeführt. Für Dr. D. ist nicht nachvollziehbar, dass während der mehrstündigen Untersuchung bei ihm mit Spontan- und Provokationstests und Lage- bzw. Lagerungsprüfungen eine Schwindelsymptomatik nicht aufgetreten ist und die Prüfungen schmerzfrei und ohne auffällige Gleichgewichtsstörungen durchführbar waren. Der Einwand von Dr. F., bei Dr. D. seien die Gleichgewichtprüfungen auf die Verhältnisse des Innenohrs beschränkt gewesen, ist daher nicht stichhaltig.
Ein Ohrgeräusch als Unfallfolge wird nach dem Berufungsantrag nicht geltend gemacht. Insoweit hat Dr. D. in seinem Gutachten vom 25.01.2002 auch für den Senat überzeugend ausgeführt, dass das Ohrgeräusch nicht unfallbedingt ist. Zum Untersuchungszeitpunkt im Januar 2002 war kein Ohrgeräusch aufgetreten. Das von der Klägerin als Rauschen vor dem Einschlafen beschriebene, seit 2000 bestehende Ohrgeräusch war auch nicht unmittelbar nach dem Unfallereignis aufgetreten und die Zusammenhangsbeurteilung von Dr. D. ist für den Senat auch in diesem Punkt überzeugend.
Auf der Grundlage dieser medizinischen Befunde und der hierzu getroffenen Zusammenhangsbeurteilung besteht auch kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Soweit Dr. S. in seinen von der Beklagten in Auftrag gegebenen Hauptgutachten zur abschließenden Beurteilung der Gesamt-MdE vom 08.10. und 12.11.2002 eine MdE von 20 v.H. annimmt, beruht dies auf der nicht zutreffenden Beurteilung von Dr. W., der einen Tinnitus und Gleichgewichtsstörungen als Unfallfolgen mit einer Teil-MdE von 20 vH eingestuft hatte. Nach Dr. D. können diese Gesundheitsstörungen gerade nicht als Unfallfolgen festgestellt werden. Eine rentenrelevante MdE liegt deshalb nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Gesundheitsstörungen als Folgen eines am 27.07.1993 erlittenen Unfalls festzustellen sind und der Klägerin deswegen Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. zusteht.
Die 1973 geborene Klägerin befand sich auf dem Weg von der Arbeitsstelle nach Hause, als ein anderes Fahrzeug dem von ihr gelenkten PKW auf das Heck auffuhr. Sie stellte sich zunächst am Abend des 27.07.1993 Dr. Z. vor, der sie an das Krankenhaus W.-T. überwies. Dr. H., Arzt der Chirurgischen Abteilung, diagnostizierte eine Halswirbelsäulen(HWS)-Distorsion und beschrieb in seinem Durchgangsarztbericht vom 28.07.1993 als Befund: "keine Amnesie, keine Übelkeit, kein Erbrechen. Ziehen im Nacken, keine Parästhesien in den Armen. Mäßiger paravertebraler Muskelhartspann. Beweglichkeit in Richtung Flexion/Extension nicht beeinträchtigt. Drehbewegungen schmerzhaft." Vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderungen seien Brustwirbelsäulen(BWS)- und Lendenwirbelsäulen(LWS)-Beschwerden. Im Nachschaubericht der Klinik vom 02.08.1993 beschrieb Dr. G. ein noch weiterhin erhebliches Ziehen im Nacken und eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der HWS sowie zeitweise leichte Parästhesien im Bereich des linken Unterarms ohne neurologische Auffälligkeit. Es bestehe weiterhin Arbeitsunfähigkeit. Wegen anhaltender Beschwerden und fortbestehender Arbeitsunfähigkeit bei Verdacht auf Fraktur des ersten Halswirbelkörpers wurde die Klägerin dem HNO-Arzt Dr. L. und dem Neurologen Dr. B. vorgestellt. Der HNO-Befund war unauffällig (Arztbericht von Dr. L. vom 06.09.1993). Dr. B. diagnostizierte ein blandes WRS (Wirbelsäulensyndrom) C 7-8 links , das durch die Contusion der HWS erklärbar sei (Befundbericht vom 09.09.1993). Das zum Ausschluss einer Fraktur bei C 1 gefertigte Kernspintomogramm ergab einen normalen Befund des cranio-zervikalen Übergangs und keine Fraktur im Bereich von C 1 (Befundbericht von Dr. W. vom 20.09.1993). Die Klinik W.-T. bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis 24.10.1993 (Dr. S., Chefarzt, vom 09.11.1993). Die Beklagte gewährte Heilbehandlung und Verletztengeld bis einschließlich 24.10.1993.
Am 25.07.1997 stellte sich die Klägerin bei Dr. F., Chirurg in S., vor wegen Schmerzen in der HWS mit Ausstrahlung in die Schulterpartien, Sensibilitätsstörungen im Bereich des 4. und 5. Fingers links und vermehrter Migräneattacken bei diffusen Nackenschmerzen (Durchgangsarztbericht von Dr. F. vom 25.07.1997 und Nachschaubericht vom 08.08.1997). Dr. A., Neurologe und Psychiater in S., fand bei seiner Untersuchung der Klägerin im August 1997 aufgrund der gefertigten HWS-Magnetresonanztomographie eine altersentsprechende Darstellung der HWS bei Streckfehlhaltung. Insbesondere habe sich kein Nachweis eines traumatischen Bandscheibenvorfalls, einer Wurzelkompression oder Rückenmarksschädigung ergeben. Die Klägerin sei bereits 1994 wegen Missempfindungen der ulnaren Finger links untersucht worden. Die Ulnarisreizung sei nicht unfallabhängig. Eine zuvor bestehende Migräne habe sich seit dem Unfall verschlechtert (Arztbrief von Dr. A. vom 06.08.1997).
Die Klägerin stellte sich im September 1998 bei dem Chirurgen Dr. S. vor, der bei geklagten ziehenden, teils stechenden Schmerzen in der HWS einen klinisch mäßiggradigen muskulären Hartspann der Nackenmuskulatur und schmerzhafte Kopfbeweglichkeit sowie Parästhesien in den Fingern drei bis fünf links diagnostizierte (Arztbrief vom 08.09.1998).
Mit Bericht vom 05.02.2001 teilte der Orthopäde und Chiropraktiker Dr. F. der Beklagten die anlässlich der ab Januar 2001 aufgenommenen Behandlung der Klägerin gestellte Diagnose einer Cervicalgie bei Blockierung mit. Die Blockierung bei C 2 und C 3 seien bei Innenrotation spontan gelöst worden. In seinem Gutachten vom 19.07.2001 schätzte er die als Unfallfolge beurteilte Beschwerdesymptomatik mit Schmerzhaftigkeit, lageabhängigen Parästhesien des linken Unterarms und rezidivierende Cervalgien mit einer MdE von unter 10 v.H. ein. Im nervenärztlichen Gutachten von Dr. M. vom 29.10.2001 wurde ein Thoracic-Outlet-Syndrom links, ein mäßiges Sulcus-ulnaris-Syndrom links sowie eine rezidivierende, seit der Jugend bestehende Simplexmigräne und ein diskreter Tinnitus links nicht als Unfallfolgen beurteilt. HNO-Arzt Dr. D. verneinte in seinem Gutachten vom 25.01.2002 einen unfallbedingten Zusammenhang des von der Klägerin geklagten Ohrgeräuschs, das erst eine Woche nach dem Unfall aufgetreten sei. Die durchgeführte Gleichgewichtsuntersuchung sei unauffällig gewesen. Eine Hörminderung liege nicht vor. Mit Bescheid vom 20.03.2002 wurde der Unfall vom 27.07. 1993 als Arbeitsunfall anerkannt, dagegen wurde die Gewährung einer Rente abgelehnt, weil eine MdE in rentenberechtigendem Grade über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus nicht vorgelegen habe.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und verwies auf die von ihr veranlasste Untersuchung bei Dr. V., Radiologe in M ... Dieser diagnostizierte aufgrund der von ihm vorgenommenen funktionellen Magnetresonanztomographie der HWS am 22.07.2002 und der Kopfgelenksbänder am 23.07.2002 Instabilitätszeichen. Der Dens zeige Abstandsvergrößerungen entlang der ligamenta alaria, narbige Konturen der densnahen Gelenkkapsel sprächen für ein Densgelenkkapseltrauma. Außerdem sei der schützende subarachnoidale Pufferraum beidseits nahezu aufgebraucht. Soweit kein konkurrierendes Ereignis vorliege, seien die Funktionsdefizite mit den resultierenden Instabilitätszeichen im Rahmen einer posttraumatischen Instabilität des craniozervikalen Übergangs zu sehen (Arztbericht von Dr. Volle vom 23.07.2002).
In dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 03.10.2002 verneinte Dr. B. Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet. Dr. W. ging in seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 01.10.2002 davon aus, dass der alsbald nach dem Unfall aufgetretene Tinnitus, der jetzt wiederum vermehrt wahrgenommen werde, Unfallfolge sei. Eine Einschränkung des Hörvermögens habe sich nicht ergeben. Die belastungsabhängige Gleichgewichtsstörung mit Unsicherheitsgefühl bei mittlerer Belastung beruhe auf einer zervikalen Gleichgewichtsstörung. Die linksseitigen Ohrenschmerzen seien im Sinne einer Otalgie auf der Grundlage des HWS-Schmerzsyndroms zu werten. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v.H. Im chirurgischen Gutachten vom 08.10.2002 und dem ergänzenden Gutachten vom 12.11.2002 schätzte Dr. S. die unfallbedingte, allein auf HNO-ärztlichem Gebiet liegenden Unfallfolgen mit einer MdE von 20 v.H. ein. Die Bewegungseinschränkungen der HWS seien im ablenkenden Gespräch mit Kopfbewegungen zu beiden Seiten und Kopfbeugung nicht im Ausmaß wie in der Untersuchungssituation vorhanden gewesen. In der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 03.02.2003 wies Dr. D. daraufhin, dass bei seiner Untersuchung der Klägerin im Januar 2002 weder eine Hörminderung noch Schwindelbeschwerden, sondern allein gelegentlich auftretende Ohrgeräusche geklagt wurden. Dagegen sei bei der Untersuchung durch Dr. W. im September 2002 ein seit dem Unfall bestehender linksseitiger Ohrschmerz und begleitende Ohrgeräusche angegeben worden. Die Hör- und Gleichgewichtsuntersuchungen hätten mit den seinen übereinstimmende Befunde ergeben. Lediglich bei Dr. W. haben sich ein niederfrequenter Spontannystagmus ergeben, der nicht weiter differenziert worden sei. Wenn man davon ausgehe, dass die Schwindelbeschwerden über Jahre nicht bestanden haben, sei ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis nicht herzustellen. Eine Teil-MdE von 20 v.H. durch die von Dr. W. angenommenen Gleichgewichtsstörungen sei nicht gerechtfertigt. Nach den Erfahrungssätzen sei eine Gleichgewichtsstörung bei mittlerer Belastung mit einer MdE von unter 10 v.H. einzuschätzen. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2003 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 12.01.2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und darauf hingewiesen, dass in vergleichbaren Fällen das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht, das Oberlandesgericht Celle sowie das Oberlandesgericht Frankfurt in den beigefügten Urteilen den Ursachenzusammenhang konstanter Schmerzen seit dem Unfall bis zum Entscheidungszeitpunkt bejaht hätten.
Das Sozialgericht hat schriftlich als sachverständige Zeugen Dr. Knapp (Aussage vom 23.02.2004), Dr. F. (Aussage vom 23.04.2004) und Dr. Grimsehl (Aussage vom 03.06.2004) gehört. Dr. Knapp, der die Klägerin vom Mai 2000 bis Januar 2003 behandelt hat, hat angegeben, die Klägerin habe keine Schwindelbeschwerden geklagt. Seit 2000 habe die Klägerin rezidivierende Ohrenschmerzen und knackende Ohrgeräusche geklagt, die sich teilweise durch orthopädische Behandlung besserten. Inwieweit ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Ohrgeräuschen und dem Unfall bestehe, könne den ihm vorliegenden Fakten nicht sicher entnommen werden. Dr. F. hat ausgeführt, die Klägerin seit Januar 2001 zu behandeln. Bei der Erstvorstellung haben sie einen seit März/April 2000 passageren Tinnitus und Ohrenschmerzen links angegeben. Die Ausführungen von Dr. D. zu Schwindelbeschwerden beruhten auf einem provokationstechnischen Untersuchungsprozedere und beträfen ausschließlich das Innenohr. Schwindelattacken könnten jedoch auch durch entsprechende Funktionsstörungen der HWS hervorgerufen werden. Diese seien indirekt durch die Beschwerdelinderung nach Chirotherapie nachgewiesen. Allgemeinmediziner Dr. Grimsehl hat die Behandlung seit Februar 2000 mitgeteilt und die MdE mit unter 10 v.H. angenommen. Inwieweit die vorgebrachten Beschwerden auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, könne seitens seines Fachgebiets nicht festgestellt werden.
Mit Urteil vom 06.10.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, eine über den Schweregrad I hinausreichende HWS-Distorsion habe nicht festgestellt werden können. Gegen den Schweregrad III spreche, dass Risse von Bändern oder vergleichbare Verletzungen nicht hätten objektiviert werden können. Gegen einen Schweregrad II spreche trotz der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit von nahezu zwei Monaten, dass nach Ende der Arbeitsunfähigkeit nach der Einschätzung von Dr. S. die MdE nur 0 v.H. betragen habe. Die Klägerin habe in der Folge auch nicht über fortbestehende Beschwerden geklagt, weshalb von einer folgenlosen Abheilung der Unfallfolgen auszugehen sei. Im weiteren Verlauf sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit der unfallbedingte Zusammenhang der aufgetretene Beschwerden anzuerkennen. Das SG folge der gutachterlichen Stellungnahme von Dr. D., wonach sich objektivierbare Anhaltspunkte für Schwindelbeschwerden im Laufe der umfangreichen Untersuchungen nicht ergeben hätten. Ähnlich verhalte es sich mit den Angaben der Klägerin zu Ohrbeschwerden im Anschluss an den Unfall. Im Rahmen der ohrenärztlichen Untersuchung durch Dr. L. seien weder Ohrgeräusche noch starke Ohrenschmerzen angegeben worden, entgegen den Angaben der Klägerin bei der Gutachtenserstattung durch Dr. W., wo sie seit dem Unfall starke Ohrenschmerzen links und ein begleitendes Ohrgeräusch angegeben habe.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 17.10.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.11.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, Dr. S. habe unter dem 20.12.1994 eine MdE von 10 v.H. von Oktober 1993 bis Januar 1994 bescheinigt. Bereits im Juni 1994 seien Beschwerden Dr. G. mitgeteilt worden, wonach weitere Untersuchungen und schließlich Massagebehandlungen und Fangopackungen verordnet worden seien. Aus den Untersuchungsergebnissen von Dr. V. ergebe sich der Unfallzusammenhang der fortbestehenden Beschwerden. Die Klägerin hat den Arztbrief von Dr. M. vom 06.07.1994 und andere ärztliche Schreiben, die teilweise schon in der beigezogenen Verwaltungsakte vorhanden sind, vorgelegt. Auf den Schriftsatz des Klägervertreter vom 15.05.2006 wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.10.2005 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 09.12.2003 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, als Folge des Arbeitsunfalls vom 27.07.1993 Funktionsbeeinträchtigungen der oberen Halswirbelsäule und der Kopfgelenksbänder sowie Ohrenschmerzen anzuerkennen und Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Im Berufungsverfahren seien keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden.
Mit richterlicher Verfügung vom 25.04.2006 und wiederholend mit Verfügung vom 17.05.2006 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des SG beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit Verfügungen des Berichterstatters vom 25.04. und 17.05.2006 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Unfallfolgen und Gewährung einer Verletztenrente.
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII BGBl. I 1996 S. 1254) anzuwenden, denn Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch auf Feststellung und Leistungsgewährung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb allein die bis zum 31.12.1996 geltenden Rechtsvorschriften Anwendung finden.
Gem. § 581 Abs. 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) wird eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Verletzter in Folge eines Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 1/5 (20 v. H.) gemindert ist. Die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit, die schädigende Einwirkungen und die Krankheit gehören, müssen erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSG 19, 52; 42, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausallehre von der wesentlichen Bedingung (vgl. BSGE 61, 127, 129) sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG SozR 3 2200 § 548 Nr 13; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 12. Aufl., Band 3, Rdnrn. 309 ff zu § 8 SGB VII mwN). Haben mehrere Bedingungen gemeinsam zu einem Erfolg geführt, sind sie rechtlich nur dann wesentliche Bedingungen und damit Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges in gleichem Maße wesentlich sind (Krasney aaO Rdnr. 314). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSGE 12, 242, 245 f; 13, 175, 176; Brackmann aaO S 480k I mwN). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (vgl. BSG 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen, Funktionsbeeinträchtigungen der oberen Halswirbelsäule und der Kopfgelenksbänder sowie Ohrenschmerzen, nicht als Unfallfolgen festzustellen.
Unfallbedingte funktionelle Beeinträchtigungen der HWS sind bereits nicht nachgewiesen bzw. der Zusammenhang nachgewiesener Gesundheitsstörungen nicht mit erforderlicher Wahrscheinlichkeit belegt. Die von Dr. W. im September 1993 gefertigte Kernspintomographie ergab einen unauffälligen Befund. Es fanden sich keine Hinweise auf eine Bandscheibenschädigung oder spinale Blutung oder auf knöcherne Läsionen. Die Bandscheiben waren normal signalgebend, das hintere Längsband war normal durchgezeichnet. Auch aus der Computertomografie waren keine Fraktur oder Fissuren zu erkennen, es ergab sich ein normaler Befund des cranio-zervikalen Übergangs (Befundbericht von Dr. W. vom 20.09.1993). Nach dem Zwischenbericht von Oberarzt Dr. F. des Krankenhauses W.-T. vom 05.10.1993 klagte die Klägerin zwar noch über Schmerzen im Bereich des cranio-zervikalen Übergangs und über Muskelkater, die neurologischen Untersuchungen zeigten jedoch keine Seitendifferenz. Zum Ende der ambulanten Behandlung und mit Eintritt der Arbeitsfähigkeit schätzte Dr. S. die verbleibende unfallbedingte MdE auf Null v.H. ein (Mitteilung des D-/H-Arztes vom 21.10.1993). Bei der Untersuchung der Klägerin im Juli 1994 durch Dr. M. konnten über die verbalisierte Beschwerdesymptomatik hinaus keine neurologischen Besonderheiten objektiviert werden. Die Motorik, Sensibilität, Muskel- und Hauttrophik im Bereich der Hände und Arme war ungestört. Es fanden sich keine pathologischen Reflexe. Eine erneute kernspintomographische Untersuchung der HWS ergab ganz diskrete retrospondylotische Veränderungen beim Wirbelkörpersegment 4/5, mäßig auch beim Wirbelkörpersegment 5/6, ohne Beeinträchtigung des Liquorraumes oder spinaler Strukturen. Die Bandscheiben stellten sich regelrecht dar, auch die knöchernen Strukturen waren unauffällig (Arztbrief von Dr. M. vom 06.07.1994).
Der von Dr. V. im Juli 2002, also neun Jahre nach dem Unfallereignis, erhobene Befund rechtfertigt bereits wegen des zeitlichen Abstands keine weitergehenden Schlussfolgerungen auf eine bereits zum Unfallzeitpunkt erlittene Schädigung der tiefergehenden Strukturen der HWS. Dr. S. hat für den Senat überzeugend in seinem Gutachten vom 08.10.2002 darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit dem von ihm erhobenen klinischen Befund die bildtechnischen Befunde im Bereich der Wirbelsäule auch bei so genannten Funktionsaufnahmen nur unzureichend funktionsspezifisch sind. Die anatomischen Besonderheiten bzw. bereits möglicherweise bestehende degenerative Vorerkrankungen und die individuelle traumato-mechanische Belastbarkeit seien bei Beschleunigungsverletzungen noch nicht bekannt bzw. primär schwierig zu beurteilen. Diese Einschätzung steht im Einklang mit der vom 4. Senat des OLG Frankfurt vorgenommenen Beurteilung in dem von der Klägerin selbst vorgelegten Urteil vom 09.07.2003 - 4 U 2/97 -, wonach die Untersuchungsmethode von Dr. V. nach dem Ergebnis der dortigen Beweisaufnahme, insbesondere der erstatteten Gerichtsgutachten und vorgelegten Aufsätze und Kongressberichte, umstritten ist und noch nicht von der Mehrheit der Gutachter allgemein akzeptiert wird. Die Diagnostik des Dr. V. ist noch nicht durch eine kontrollierte Studie validiert. Nach Dr. S. sind die von der Klägerin geklagten funktionellen Beeinträchtigungen wie Schmerz, die angegebenen Missempfindungen und Schwindelerscheinungen nicht hinreichend bei seiner Untersuchung zu bestätigen gewesen, da sie deutlich übertrieben waren. So wurde der Kopf mit der Hand abgestützt oder bei den Bewegungsuntersuchungen mit der Hand geführt, was in Ablenkungssituationen oder in liegender Position bei Kopfbewegungen nicht erforderlich war. Das Ausmaß der Bewegungseinschränkung war in abgelenkten Situationen deutlich geringer als bei der durchgeführten Bewegungsprüfung. Diese gutachterlichen Ausführungen werden im Ergebnis gestützt durch das von der Klägerin vorgelegte orthopädische Gutachten von Dr. Dr. S. vom 03.05.2006, das im Schwerbehindertenverfahren vor dem SG erstattet worden ist. Danach war eine nur geringgradig verspannte HWS-Muskulatur diagnostiziert worden, wobei im Ansatzbereich der Nackenlinie beidseits eine erhebliche Druckschmerzhaftigkeit angegeben worden sei. Eine Druckdolenz im Bereich des Atlasquerfortsatzes deutete auf eine Atlasblockierung hin, wobei eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung allerdings nicht bestanden hat. Auch der im April 2006 erhobene Röntgenbefund der HWS ergab außer einer abgeflachten HWS-Lordose mit minimalem Überhang nach rechts einen altersentsprechenden Befund. Die Funktionsaufnahmen ließen nach Dr. Dr. S. eine regelrechte Entfaltbarkeit der Wirbelgelenke sowie der Intervertebralräume erkennen, eine Instabilität war nicht nachweisbar.
Die geklagten Missempfindungen am linken Unterarm und den Fingern der linken Hand waren nach den überzeugenden Ausführungen der Praxiskollegen Dr. A. und Dr. M. bei unauffälligem elektroneurografischen Befund der Nerven ulnaris und medianus keiner spezifischen Nervenläsion zuzuordnen, sondern wurden als unspezifisches Wurzelreizphänomen (Dr. M. vom 06.07.1994) bezeichnet, das als unfallunabhängig beurteilt wird (Dr. A. vom 06.08.1997). Dies steht im Einklang mit der Beurteilung von Dr. B. in dessen neurologisch-psychiatrischem Gutachten vom 03.10.2002, der keine neurologischen Defizit als Unfallfolgen diagnostizieren konnte. Eine unfallvorbestehende Migräne wird als unfallunabhängig bewertet. Auch Dr. M. in seinem Gutachten vom 29.10.2001 verneint den unfallbedingten Zusammenhang der im Bereich der linken Hand und im linken Arm aufgetretenen Sensibilitätsstörungen.
Ebenso wenig sind die geltend gemachten Ohrenschmerzen Folgen des Unfalls. Dies hat zur Überzeugung des Senats Dr. D. in seinen gutachterlichen Äußerungen nachvollziehbar dargelegt. Er hat auf die im Tatbestand wiedergegebenen Widersprüche bei den Beschwerdeangaben der Klägerin während seiner Untersuchung und der neun Monate später stattfinden Untersuchung bei Dr. W. hingewiesen. Zutreffend ist auch ausgeführt worden, dass die Beschwerden am Ohr und des Gehörs nicht unmittelbar nach dem Unfallereignis aufgetreten sind und im Verlauf wechselnd geschildert wurden. Im Durchgangsarztbericht von Dr. H. vom 28.07.1993 waren noch gar keine, auf HNO-ärztlichen Gebieten zu beurteilenden Beschwerden festgehalten worden. Erstmals im Nachschaubericht von Dr. G. vom 02.08.1993 wird von einem ziehenden Gefühl in Höhe des linken Ohres gesprochen und im Nachschaubericht vom 11.08.1993 (Dr. Bork) von Missempfindungen im Bereich des linken Ohres. Das behauptete Ohrgeräusch seit dem Unfall ist in den von verschiedenen Ärzten dokumentierten, als Unfallfolgen geltend gemachten Beschwerden nicht aufgeführt. Erstmals am 03.09.1993 wird bei der Vorstellung beim HNO-Arzt Dr. L. von einem Knacken im linken Ohr beim Schlucken oder beim Naseputzen berichtet. Dr. L. hat einen unauffälligen HNO-Befund erhoben (Arztbrief von Dr. L. vom 06.09.1993). Die von Dr. W. beschriebenen Schmerzen im Sinne einer Otalgie, die die Klägerin nach den Zeugenaussagen von Dr. K. und Dr. F. selbst in dieser Ausprägung erst seit Anfang 2000 geklagt hatte, sind nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. D. deshalb nicht auf den Unfall zurückzuführen.
Die Feststellung von Schwindelbeschwerden ist zwar nicht beantragt, doch zur Überzeugung des Senats sind auch diese nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass während der von Mai 2000 bis Januar 2003 dauernden Behandlung bei Dr. K. nach dessen Aussagen die Klägerin niemals über Schwindelbeschwerden geklagt habe. Auch bei Dr. D. wurden auf Nachfrage entsprechende Beschwerden verneint. Dr. D. hatte Gleichgewichtprüfungen durchgeführt, die keinen auffälligen Befund ergaben. Der von Dr. W. erhobene niederfrequenten Spontannystagmus wurde nach Dr. D. nicht weiter differenziert, insbesondere wurde eine Kontrolluntersuchung mit der Frenzel’schen Leuchtbrille oder mittels Elektronystagmographie oder Videonystagmographie nicht durchgeführt. Für Dr. D. ist nicht nachvollziehbar, dass während der mehrstündigen Untersuchung bei ihm mit Spontan- und Provokationstests und Lage- bzw. Lagerungsprüfungen eine Schwindelsymptomatik nicht aufgetreten ist und die Prüfungen schmerzfrei und ohne auffällige Gleichgewichtsstörungen durchführbar waren. Der Einwand von Dr. F., bei Dr. D. seien die Gleichgewichtprüfungen auf die Verhältnisse des Innenohrs beschränkt gewesen, ist daher nicht stichhaltig.
Ein Ohrgeräusch als Unfallfolge wird nach dem Berufungsantrag nicht geltend gemacht. Insoweit hat Dr. D. in seinem Gutachten vom 25.01.2002 auch für den Senat überzeugend ausgeführt, dass das Ohrgeräusch nicht unfallbedingt ist. Zum Untersuchungszeitpunkt im Januar 2002 war kein Ohrgeräusch aufgetreten. Das von der Klägerin als Rauschen vor dem Einschlafen beschriebene, seit 2000 bestehende Ohrgeräusch war auch nicht unmittelbar nach dem Unfallereignis aufgetreten und die Zusammenhangsbeurteilung von Dr. D. ist für den Senat auch in diesem Punkt überzeugend.
Auf der Grundlage dieser medizinischen Befunde und der hierzu getroffenen Zusammenhangsbeurteilung besteht auch kein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Soweit Dr. S. in seinen von der Beklagten in Auftrag gegebenen Hauptgutachten zur abschließenden Beurteilung der Gesamt-MdE vom 08.10. und 12.11.2002 eine MdE von 20 v.H. annimmt, beruht dies auf der nicht zutreffenden Beurteilung von Dr. W., der einen Tinnitus und Gleichgewichtsstörungen als Unfallfolgen mit einer Teil-MdE von 20 vH eingestuft hatte. Nach Dr. D. können diese Gesundheitsstörungen gerade nicht als Unfallfolgen festgestellt werden. Eine rentenrelevante MdE liegt deshalb nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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