Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 476/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3138/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren noch, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) festzustellen und Rente zu zahlen.
Der 1962 geborene Kläger war von September 1977 bis Dezember 1977 und von Mai 1978 bis August 1978 in einer Stadtgärtnerei mit der Pflege von Gärten und Anlagen sowie von August 1978 bis März 2001 bei zwei Kohlenhandelbetrieben, von August 1978 bis Oktober 1989 bei der Firma H. aushilfsweise und von Oktober 1989 bis März 2001 bei der Firma B. beschäftigt. Ab 10. Juli 2000 war er arbeitsunfähig und, nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, ab 1. April 2001 arbeitslos. Der im Juni 2002 gestellte Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung blieb erfolglos (Bescheid der LVA Baden-Württemberg vom 5. Juli 2002, Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2002, Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. August 2003 - S 10 RJ 3221/02 -). Seinem Vortrag nach erhielt der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2004.
Auf den Antrag des Klägers vom 10. Oktober 2001, seine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen und Leistungen zu gewähren, leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren ein. Sie zog ein Vorerkrankungsverzeichnis, Computertomographie- und Kernspintomographie-Aufnahmen bei und hörte die den Kläger behandelnden Ärzte. Die Computertomographie der Lendenwirbelsäule in den Segmenten L 3 bis S 1 vom 29. März 2001 zeigte eine beginnende Chondrose L 5/S 1, einen verkalkten Prolaps medio-links lateral auch intraforaminal mit Oblitierung des Foramens und eine zusätzliche Duralsacktangierung auf Grund des Bandscheibenvorfalls (Bericht des Radiologen Dr. S. vom 29. März 2001). Die Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 14. Januar 2002 zeigte eine Fehlstreckstellung der Halswirbelsäule und initiale Chondrosen der Bandscheiben der Wirbelkörper C 4/C 5, C 5/C 6 und C 6/C 7 (Bericht des Radiologen Dr. W. vom 15. Januar 2002).
Nach den Ermittlungen der Präventionsabteilung der Beklagten, die auch den Kläger befragte, war der Kläger bei der Firma H als Teilzeitkraft sechs bis neun Tage im Monat bzw. ca. 85 Tage pro Jahr als Kohlenträger beschäftigt. Einmal im Monat wurde ein 26 Tonnen-Eisenbahnwagon an zwei Tagen von drei Personen entladen, die angelieferte Ware in Säcke abgefüllt und zu Kunden ausgefahren, was an diesen beiden Tagen pro Person 86 Säcken täglich entsprochen habe. Bei der Firma B war der Kläger als Kohlen- und teilweise Baustoffausfahrer tätig. Neben allgemein anfallenden Lagertätigkeiten musste er zu 80 Prozent seiner Tätigkeit die mit Eisenbahnwagons angelieferten Kohlen entladen, absacken, auf den LKW verladen und zum Kunden liefern. Während der restlichen Zeit fuhr er Baustoffe aus und führte auf dem Firmengelände allgemeine Hilfstätigkeiten durch. Nach einer Bandscheiben-Erkrankung im Jahre 1995 verringerte sich die Hauszustelltätigkeit der Kohle allmählich und die Lagerarbeiten nahmen entsprechend zu. Die Präventionsabteilung errechnete nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell eine Gesamtdosis für die Beschäftigung bei der Firma H von 12,3 MNh und für die Beschäftigung bei der Firma B von 27,8 MNh.
Im neurologischen Zusatzgutachten vom 29. März 2003 führte Prof. Dr. R. aus, auf Grund der Untersuchungen hätten sich Lumboischialgien mit einem sensiblen L 5-Syndrom links objektivieren lassen. Zusätzlich bestehe wegen des ausgeprägten Medikamentenkonsums ein Spannungskopfschmerz mit einer zusätzlichen analgetika-induzierten Komponente, ein Schulter-Arm-Syndrom rechts mehr als links mit fraglichen sensiblen radikulären Ausfällen C 8 beidseits. Aus diesen Vorerkrankungen habe sich ein generalisiertes Schmerzsyndrom mit somatoformer Schmerzstörung und depressiver Verstimmung ergeben. Zur Frage der beruflichen Verursachung sei von unfallchirurgischer Seite Stellung zu nehmen.
Prof. Dr. K. erstattete die Stellungnahme vom 29. April 2003. Die arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit seien gegeben. Beim Kläger liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule (Protrusionen des Lendenwirbelkörpers 2/3 und mediolateraler Bandscheibenvorfall L 5/S 1) vor. Eine außerberufliche Krankheitsanlage sei nicht zu verifizieren. Es bestehe eine MdE ab 1. März 2001 von 20 vH.
Die Chirurgin Dr. H. stimmte dieser Stellungnahme nicht zu (beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage vom 19. Juni 2003). Beim Kläger bestehe bei einer präsakralen Osteochondrose und einer Bandscheibendegeneration (Höhenminderung des Bandscheibenfachs L 5/S 1) kein altersüberschreitender Befund. Es fehlten auch belastungsadaptive Phänomene an den Nachbarsegmenten, sodass kein belastungskonformes Schadensbild bestehe und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV daher nicht wahrscheinlich sei.
Nachdem der Staatliche Gewerbearzt der beratungsärztlichen Stellungnahme der Dr. H. zugestimmt hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Wirbelsäulenerkrankung sei keine Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage zur BKV und Ansprüche auf Leistungen bestünden daher nicht (Bescheid vom 25. September 2003). Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2004). Dem Gutachten des Prof. Dr. K. könne nicht gefolgt werden, da eine Beurteilung bzw. Diskussionen der Zusammenhangsfrage nicht erfolgt und insbesondere eine entsprechende Auswertung des Röntgenbefunds nicht vorgenommen worden sei. Dr. H. habe die erhobenen Befunde in ihrer Stellungnahme objektiv ausgewertet und zutreffend festgestellt, dass die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen im Sinne der Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage zur BKV nicht erfüllt seien.
Der Kläger hat am 17. Februar 2004 Klage beim Sozialgericht Ulm erhoben. Bei ihm lägen Funktionsbehinderungen sowohl im Bereich der Lendenwirbelsäule als auch im Bereich der Halswirbelsäule vor. Ursache sei die langjährige Tätigkeit im Kohlenhandel verbunden mit ständigem schweren Heben und Tragen.
Das Sozialgericht hat die Akten der LVA Baden-Württemberg und des Rechtsstreits S 10 RJ 3221/02 beigezogen, in dem Dr. H. das orthopädische Gutachten vom 22. April 2003 und Dr. K. das nervenärztliche Gutachten vom 10. Juli 2003 erstattet haben.
Im Auftrag des Sozialgericht hat Dr. H. das orthopädische Gutachten vom 23. Februar 2005 erstattet. Er ist nach Abwägung aller Argumente nicht davon ausgegangen, dass eine berufsbedingte Bandscheibenerkrankung vorliege. Das Schadensbild entspreche nicht dem zu erwartenden Muster. Darüber hinaus lasse sich die klinische Symptomatik auch nicht vollständig mit einem Bandscheibenvorfall erklären. Die maximalen Bandscheibenschäden zeigten sich im besonders belastenden Segment L 5/S 1. Darüber hinaus allerdings seien die beiden darüber befindlichen, ebenfalls stark belasteten Segmente praktisch erscheinungsfrei, während das Segment L 2/L 3 wieder degenerative Veränderungen der Bandscheibe zeige. Dies deute eher auf eine belastungsunabhängige Bandscheibenschädigung hin. Im Bereich der Halswirbelsäule fänden sich klinisch wie radiologisch keine objektiven Strukturschäden (beispielsweise der Bandscheiben), die auf einen Arbeitsunfall oder eine chronische Überlastung am Arbeitsplatz zurückzuführen wären. Prof. Dr. K. habe eine kritische Analyse mögliche Ursachen der Bandscheibenschäden versäumt.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Juli 2005). Hinsichtlich der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV hat das Sozialgericht seine Entscheidung auf das Gutachten des Dr. H. gestützt und weiter ausgeführt, gegen eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV spreche bereits die Tatsache, dass beim Kläger vorrangig die Lendenwirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen sei. Hinsichtlich der Berufskrankheit nach Nr. 2110 der Anlage zur BKV mangele es bereits am Nachweis der schädigenden Einwirkungen auf die Lendenwirbelsäule.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 20. Juli 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sein Begehren, Berufskrankheiten nach den Nrn. 2109 und 2110 der Anlage zur BKV anzuerkennen, hat er im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten. Hinsichtlich der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV hält er weiterhin das Gutachten des Prof. Dr. K. für überzeugend. Schon die Befunde der Computertomographie aus den Jahren 2002 und 2003 zeigten, dass die Bandscheiben L 3/L 4 und L 4/L 5 betroffen seien. Dr. H. irre deshalb mit seiner Meinung im Gutachten, diese Bandscheibenetagen sei nicht betroffen. Aus dem Befundbericht des Radiologen Dr. L. vom 11. August 2005 über eine Computertomographie der Lendenwirbelsäule vom selben Tag ergebe sich ein von oben nach unten zunehmender Schaden im Bereich der Lendenwirbelsäule.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und ab 1. März 2001 Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vH zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Dr. H. ist in einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 30. Dezember 2005 bei seiner Auffassung geblieben. Die degenerativen Veränderungen in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5 seien Spondylarthrosen, aber keine bandscheibenbedingte Erkrankung.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Privatdozent Dr. K. das chirurgische Gutachten vom 3. April 2006 erstattet. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liege im Segment L 5/S 1 ohne Zweifel vor. Ein gleichförmiges weitestgehend über alle Wirbelsäulenabschnitte verlaufendes altersentsprechendes Schadensbild stelle sich nicht dar. Die Brust- und Halswirbelsäule seien von degenerativen Veränderungen radiologisch nahezu ausgespart. Es zeigten sich osteochondrotische Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule sowie auch spondylotische Veränderungen, die insbesondere im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule lokalisiert seien. Belastungsadaptive Reaktionen zeigten sich insbesondere im Bereich der Deckplattensklerosierung im Segment L 5/S 1. In keiner Studie habe bislang ein typisches belastungsabhängiges Degenerationsmuster der Wirbelsäule identifiziert werden können. Letztlich sei die Degeneration der Wirbelsäule abhängig von multiplen Faktoren, die nur zum Teil bekannt seien. Das Ausmaß der Degeneration im vorliegenden Fall sei dem Alter des Patienten deutlich vorauseilend. Vergleichbar schwere Degenerationen könnten selten auch bei Personen ohne körperliche Belastungen beobachtet werden. Die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen seien beim Kläger weit übertroffen. Bei ihm liege durch die Skoliose eine Fehlstatik vor, die zwar die klinisch stumme Degeneration im Segment L 2/L 3 erklären könne, jedoch keine ausreichende Erklärung für die Degeneration im Segment L 5/S 1 biete. Weitere anlagebedingte Faktoren, die den spontanen frühzeitigen schweren Degenerationsstatus im Segment L 5/S 1 erklären könnten, lägen nicht vor. Aus diesem Grund sei die langjährige massive Arbeitsbelastung in Form hebender und tragender Tätigkeiten die wahrscheinlichste Ursache des Krankheitsbildes. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV liege vor. Die MdE auf Grund der Bandscheibendegeneration betrage 20 vH.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ist nicht gegeben.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen, u.a. als Rente. Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen. Nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV - über die nach Rücknahme der Berufung hinsichtlich der Nrn. 2109 und 2110 nur noch zu entscheiden ist - sind als Berufskrankheit anerkannte Krankheiten aufgeführt: Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
1. Die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen sind gegeben. Der Kläger übte von September 1978 bis März 2001 eine gefährdende Tätigkeit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV aus. Er hob und trug langjährig (ca. zwölf Jahre) schwere Lasten bei seinen Tätigkeiten als Kohlenträger. Die vom Präventionsdienst der Beklagten ermittelte Gesamtdosis von 27,8 MNh für die Tätigkeit in Kohlenhandel liegt über dem Richtwert 25 MNh (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 1/02 R -).
2. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung besteht. Der Senat folgt der Beurteilung des Dr. H., der sich insoweit auch der im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Dr. K. anschloss. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 - B 2 U 12/04 R -). Im Bereich L 2/L 3 und L 5/S 1 sind deutliche Verschleißzeichen vorhanden. Im Bereich L 5/S 1 finden sich darüber hinaus ein Bandscheibenvorfall. Dieser von Dr. H. erhobene Befund wird durch die bildgebenden Verfahren bestätigt, z.B. die Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 4. November 2003 und die Computertomographie vom 11. August 2005. Jedenfalls der Bandscheibenvorfall im Bereich L 5/S 1 ist geeignet, Dauerschmerzen wechselnder Intensität zu erklären.
3. Für das Vorliegen des Tatbestandes der Berufskrankheit ist u.a. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung erforderlich. Zur Bejahung dieses ursächlichen Zusammenhangs ist die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt. Eine Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne (conditio sine qua non) reicht nicht aus, um die geltend gemachte Gesundheitsstörung als Folge einer Berufskrankheit zu qualifizieren. Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nämlich nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Das heißt, dass nicht jeder Gesundheitsschaden, der durch ein Ereignis naturwissenschaftlich verursacht wird, im Sozialrecht als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit anerkannt wird, sondern nur derjenige, der "wesentlich" durch das Ereignis verursacht wurde. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.). Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während für die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a.F.; BSGE 19, 52.; BSG SozR 3 1300 § 48 Nr. 67: BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R -).
Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 4. Juli 2003 - L 1 U 2738/01 -), erfüllen den Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nur solche Schäden der Lendenwirbelsäule, die sich als das Resultat einer langjährigen schädigenden Einwirkung auf diesen Wirbelsäulenabschnitt darstellen. Ein morphologisch objektivierbares Schadenssubstrat ist daher zwingend erforderlich (vgl. Brandenburg, Medizinischer Sachverständiger 1998, S. 111 und 112). Der Bandscheibenschaden beginnt mit einer Höhenminderung eines Zwischenwirbelraumes; nachfolgend bilden sich Reaktionen an den Wirbelkörpern, den Bandeinsätzen und den Wirbelgelenken (vgl. Rompe, Medizinischer Sachverständiger a.a.O., S. 116, 118). Eine weitere Konkretisierung für diese Berufskrankheit ergibt sich auch aus dem vom Bundesministerium für Arbeit herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zu Nr. 2108 (Bundesarbeitsblatt 3/1993, S. 50 bis 53). Als morphologische Veränderungen werden dort genannt: Chondrose, Osteochondrose, Spondylose, Spondylarthrose, Bandscheibenprotrusion und -prolaps. Neben einem objektivierbaren Bandscheibenschaden muss die klinische Relevanz dieses Schadens im Sinne eines chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerdebildes mit Funktionseinschränkungen gesichert sein, um den Begriff bandscheibenbedingte Erkrankung zu erfüllen (Brandenburg, a.a.O.). Daneben müssen, um als berufsbedingt überhaupt in Betracht kommen zu können, die bildtechnisch und klinisch nachweisbaren segmentalen Bandscheibenveränderungen und deren Folgen das altersdurchschnittlich zu erwartende Ausmaß überschreiten; schließlich muss die Lokalisation der nachweisbaren Veränderungen mit der Funktionseinschränkung und der beruflichen Exposition korrelieren (Brandenburg S. 113), denn bandscheibenbedingte Veränderungen sind bekanntlich auch in der übrigen Bevölkerung weit verbreitet, die keinen oder keinen ausreichenden beruflichen Belastungen durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten ausgesetzt gewesen ist. Bandscheibenbedingte Erkrankungen können auf einem Bündel von Ursachen beruhen, wie der natürliche Alterungs- und Degenerationsprozess ab dem 30. Lebensjahr, Bewegungsarmut, stoffwechselbedingte Einflüsse, systemische Erkrankungen, mechanische Auswirkungen einer Fehlstatik, anatomische Varianten sowie konkurrierend langjährige schädigungsrelevante berufliche Einwirkungen mit entsprechenden sportlichen und sonstigen außerberuflichen Belastungen (vgl. Urteil des LSG Niedersachsen vom 6. April 2002 - L 6 U 163/99 ZVW - -Breithaupt 2000, 818-826-, mit Nachweisen aus der medizinischen Literatur). Aus der Vielzahl der Verursachungsmöglichkeiten ergibt sich, dass sich der ursächliche Zusammenhang nicht im Wege des Anscheinsbeweises, sondern nur anhand zusätzlicher Merkmale begründen lässt. Auch ist die Auffassung, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung zumindest zu einem wesentlichen Teil ihre Ursache in berufsbedingtem schweren Heben und Tragen hat, nur begründet, wenn bestimmte belastungsadaptive Reaktionen vorliegen. So reagiert die über eine langjährige mechanische Belastung drohende Bandscheibenerweichung mit einer Osteochondrose (Knorpeldegneration) und im Weiteren auch mit einer Spondylose (Randzackenausziehungen an Deck- und Tragplatten), was letztlich sogar die Belastbarkeit des Achsenorgans erhöht (LSG Niedersachsen, a.a.O., S. 13, 14). Bei der Kausalitätsbeurteilung einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist danach zwischen dem eigentlichen versicherten Schadensbild und den auf einen ursächlichen Zusammenhang hinweisenden belastungsadaptiven Reaktionen, denen kein eigenständiger Krankheitswert zukommt, zu unterscheiden (LSG Niedersachsen, a.a.O.). Der erkennende Senat schließt sich den Urteilen verschiedener Landessozialgerichte an (vgl. LSG Niedersachsen, a.a.O., LSG Berlin, Breithaupt 2000, 286, 291; Hessisches LSG Urteil vom 17. November 1999 - L 3 U 965/98 - S. 7 und 8; siehe auch Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - L 1 U 3669/99 -), wonach auf das Vorliegen der belastungsadaptiven Reaktionen zur Feststellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit in keinem Fall verzichtet werden kann. In diesem Sinne geht der Senat wie bereits bisher weiter davon aus, dass bei beruflichen Expositionen, die zu Bandscheibenschäden in den unteren Segmenten der Lendenwirbelsäule führen, auch die ebenfalls belasteten oberen Segmente der Lendenwirbelsäule degenerativ verändert sind.
Ausgehend hiervon ist ein ursächlicher Zusammenhang nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen. Das Schadensbild entspricht nicht dem zu erwartenden Muster, das durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten zu erwarten wäre. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des vom Sozialgericht gehörten Sachverständigen Dr. H. sowie dessen im Berufungsverfahren abgegebener ergänzender Stellungnahme. Er hat anhand des erhobenen Befundes dargelegt, dass das durch Tragen und Heben schwerer Lasten besonders belastende Segment L 5/S 1 die maximalen Bandscheibenschäden zeigt. Die beiden darüber befindlichen ebenfalls stark belasteten Segmente sind praktisch erscheinungsfrei. Nach der von Dr. H. ausgewerteten Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom 4. November 2003 sind die Zwischenwirbelräume L 3/L 4 und L 4/L 5 gut erhalten und ohne sichere vermehrte Sklerosierung der Grund- und Deckplatten und ohne Spondylophyten. Demgegenüber weist das darüber liegende Segment L 2/L 3 wieder degenerative Veränderungen der Bandscheibe auf. Daraus ergibt sich dann, dass ein belastungskonformes Schadensbild nicht vorliegt. Dies hat auch Dr. H. in der beratungsärztlichen Stellungnahme, die der Senat urkundenbeweislich verwertet, dargelegt.
Dafür, dass die Segmente L 3/L 4 und L 4/L 5, die über dem betroffenen Segment L 5/S 1 liegen, keine Veränderungen aufweisen, spricht der durchgehend erhobene radiologische Befund. In diesem Sinne entsprechende Veränderungen wurden von keinem der gehörten Gutachter beschrieben. Auch Prof. Dr. K. beschrieb in seiner im Feststellungsverfahren abgegebenen Stellungnahme, die der Senat urkundenbeweislich verwertet, in den von ihm ausgewerteten Röntgenaufnahmen und der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 24. Februar 2003 keine Veränderungen in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5.
Dem Gutachten des Privatdozent Dr. K., der im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehört wurde, kann der Senat nicht folgen. Auch er beschreibt eine geringe Degeneration in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5, die gegenüber den im Segment L 5/S 1 generierten Beschwerden ohne klinische Bedeutung sei. Als Erklärung für diese Degeneration sieht er anlagebedingte Veränderungen (Fehlstatik durch eine Skoliose). Insgesamt beschreibt er in seinem Gutachten keinen abweichenden Befund, insbesondere keine belastungstypische Reaktion in den über dem Segment L 5/S 1 liegenden Segmenten der Lendenwirbelsäule. Zu der gegenüber Dr. H. abweichenden Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs gelangt Dr. K. allein auf Grund der individuellen Situation des Klägers, nämlich der langjährigen massiven Arbeitsbelastung auf Grund der Tätigkeiten als Kohlenträger, die im Segment L 5/S 1 zu einer dem Alter vorauseilenden Degeneration geführt habe. Allein die hohe Belastung kann aber kein ausreichendes Argument für einen Zusammenhang sein. Die medizinische Problematik des Schadensmusters blendet er aus mit dem Hinweis darauf, dass in keiner Studie ein typisches belastungsabhängiges Degenerationsmuster der Wirbelsäule habe identifiziert werden können und letztendlich die Degeneration der Wirbelsäule von multiplen Faktoren, die nur zum Teil bekannt seien, abhängig sei ... Dies mag zutreffend. Grundsätzlich weisen aber monosegmentale Veränderungen der Wirbelsäule eher auf eine anlagebedingte Genese hin (LSG Hessen, Urteil vom 17. November 1999 - L 3 U 965/98 -, veröffentlicht in juris; zum Streitstand siehe auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2108 Anm. 7.1). Auf Grund dessen geht der Senat von den obengenannten Grundsätzen zum Schadenmuster aus, die auch nach dem Gutachten des Privatdozent Dr. K. nicht gegeben sind. Hinzu kommt, dass Privatdozent Dr. K. davon ausgeht, beim Kläger liege ein Morbus Scheuermann in den Segmenten L 2/L 3 und L 3/L 4 vor. Diese Erkrankung ist mit einem erhöhten Risiko degenerativer Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule im Erwachsenenalter verbunden (vgl. Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2108 Rdnr. 6.5 m.w.N.), was dann gegen den ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Bandscheibenschäden spricht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren noch, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) festzustellen und Rente zu zahlen.
Der 1962 geborene Kläger war von September 1977 bis Dezember 1977 und von Mai 1978 bis August 1978 in einer Stadtgärtnerei mit der Pflege von Gärten und Anlagen sowie von August 1978 bis März 2001 bei zwei Kohlenhandelbetrieben, von August 1978 bis Oktober 1989 bei der Firma H. aushilfsweise und von Oktober 1989 bis März 2001 bei der Firma B. beschäftigt. Ab 10. Juli 2000 war er arbeitsunfähig und, nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, ab 1. April 2001 arbeitslos. Der im Juni 2002 gestellte Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung blieb erfolglos (Bescheid der LVA Baden-Württemberg vom 5. Juli 2002, Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2002, Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. August 2003 - S 10 RJ 3221/02 -). Seinem Vortrag nach erhielt der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2004.
Auf den Antrag des Klägers vom 10. Oktober 2001, seine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen und Leistungen zu gewähren, leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren ein. Sie zog ein Vorerkrankungsverzeichnis, Computertomographie- und Kernspintomographie-Aufnahmen bei und hörte die den Kläger behandelnden Ärzte. Die Computertomographie der Lendenwirbelsäule in den Segmenten L 3 bis S 1 vom 29. März 2001 zeigte eine beginnende Chondrose L 5/S 1, einen verkalkten Prolaps medio-links lateral auch intraforaminal mit Oblitierung des Foramens und eine zusätzliche Duralsacktangierung auf Grund des Bandscheibenvorfalls (Bericht des Radiologen Dr. S. vom 29. März 2001). Die Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 14. Januar 2002 zeigte eine Fehlstreckstellung der Halswirbelsäule und initiale Chondrosen der Bandscheiben der Wirbelkörper C 4/C 5, C 5/C 6 und C 6/C 7 (Bericht des Radiologen Dr. W. vom 15. Januar 2002).
Nach den Ermittlungen der Präventionsabteilung der Beklagten, die auch den Kläger befragte, war der Kläger bei der Firma H als Teilzeitkraft sechs bis neun Tage im Monat bzw. ca. 85 Tage pro Jahr als Kohlenträger beschäftigt. Einmal im Monat wurde ein 26 Tonnen-Eisenbahnwagon an zwei Tagen von drei Personen entladen, die angelieferte Ware in Säcke abgefüllt und zu Kunden ausgefahren, was an diesen beiden Tagen pro Person 86 Säcken täglich entsprochen habe. Bei der Firma B war der Kläger als Kohlen- und teilweise Baustoffausfahrer tätig. Neben allgemein anfallenden Lagertätigkeiten musste er zu 80 Prozent seiner Tätigkeit die mit Eisenbahnwagons angelieferten Kohlen entladen, absacken, auf den LKW verladen und zum Kunden liefern. Während der restlichen Zeit fuhr er Baustoffe aus und führte auf dem Firmengelände allgemeine Hilfstätigkeiten durch. Nach einer Bandscheiben-Erkrankung im Jahre 1995 verringerte sich die Hauszustelltätigkeit der Kohle allmählich und die Lagerarbeiten nahmen entsprechend zu. Die Präventionsabteilung errechnete nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell eine Gesamtdosis für die Beschäftigung bei der Firma H von 12,3 MNh und für die Beschäftigung bei der Firma B von 27,8 MNh.
Im neurologischen Zusatzgutachten vom 29. März 2003 führte Prof. Dr. R. aus, auf Grund der Untersuchungen hätten sich Lumboischialgien mit einem sensiblen L 5-Syndrom links objektivieren lassen. Zusätzlich bestehe wegen des ausgeprägten Medikamentenkonsums ein Spannungskopfschmerz mit einer zusätzlichen analgetika-induzierten Komponente, ein Schulter-Arm-Syndrom rechts mehr als links mit fraglichen sensiblen radikulären Ausfällen C 8 beidseits. Aus diesen Vorerkrankungen habe sich ein generalisiertes Schmerzsyndrom mit somatoformer Schmerzstörung und depressiver Verstimmung ergeben. Zur Frage der beruflichen Verursachung sei von unfallchirurgischer Seite Stellung zu nehmen.
Prof. Dr. K. erstattete die Stellungnahme vom 29. April 2003. Die arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit seien gegeben. Beim Kläger liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule (Protrusionen des Lendenwirbelkörpers 2/3 und mediolateraler Bandscheibenvorfall L 5/S 1) vor. Eine außerberufliche Krankheitsanlage sei nicht zu verifizieren. Es bestehe eine MdE ab 1. März 2001 von 20 vH.
Die Chirurgin Dr. H. stimmte dieser Stellungnahme nicht zu (beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage vom 19. Juni 2003). Beim Kläger bestehe bei einer präsakralen Osteochondrose und einer Bandscheibendegeneration (Höhenminderung des Bandscheibenfachs L 5/S 1) kein altersüberschreitender Befund. Es fehlten auch belastungsadaptive Phänomene an den Nachbarsegmenten, sodass kein belastungskonformes Schadensbild bestehe und eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV daher nicht wahrscheinlich sei.
Nachdem der Staatliche Gewerbearzt der beratungsärztlichen Stellungnahme der Dr. H. zugestimmt hatte, teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Wirbelsäulenerkrankung sei keine Berufskrankheit nach den Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage zur BKV und Ansprüche auf Leistungen bestünden daher nicht (Bescheid vom 25. September 2003). Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2004). Dem Gutachten des Prof. Dr. K. könne nicht gefolgt werden, da eine Beurteilung bzw. Diskussionen der Zusammenhangsfrage nicht erfolgt und insbesondere eine entsprechende Auswertung des Röntgenbefunds nicht vorgenommen worden sei. Dr. H. habe die erhobenen Befunde in ihrer Stellungnahme objektiv ausgewertet und zutreffend festgestellt, dass die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen im Sinne der Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage zur BKV nicht erfüllt seien.
Der Kläger hat am 17. Februar 2004 Klage beim Sozialgericht Ulm erhoben. Bei ihm lägen Funktionsbehinderungen sowohl im Bereich der Lendenwirbelsäule als auch im Bereich der Halswirbelsäule vor. Ursache sei die langjährige Tätigkeit im Kohlenhandel verbunden mit ständigem schweren Heben und Tragen.
Das Sozialgericht hat die Akten der LVA Baden-Württemberg und des Rechtsstreits S 10 RJ 3221/02 beigezogen, in dem Dr. H. das orthopädische Gutachten vom 22. April 2003 und Dr. K. das nervenärztliche Gutachten vom 10. Juli 2003 erstattet haben.
Im Auftrag des Sozialgericht hat Dr. H. das orthopädische Gutachten vom 23. Februar 2005 erstattet. Er ist nach Abwägung aller Argumente nicht davon ausgegangen, dass eine berufsbedingte Bandscheibenerkrankung vorliege. Das Schadensbild entspreche nicht dem zu erwartenden Muster. Darüber hinaus lasse sich die klinische Symptomatik auch nicht vollständig mit einem Bandscheibenvorfall erklären. Die maximalen Bandscheibenschäden zeigten sich im besonders belastenden Segment L 5/S 1. Darüber hinaus allerdings seien die beiden darüber befindlichen, ebenfalls stark belasteten Segmente praktisch erscheinungsfrei, während das Segment L 2/L 3 wieder degenerative Veränderungen der Bandscheibe zeige. Dies deute eher auf eine belastungsunabhängige Bandscheibenschädigung hin. Im Bereich der Halswirbelsäule fänden sich klinisch wie radiologisch keine objektiven Strukturschäden (beispielsweise der Bandscheiben), die auf einen Arbeitsunfall oder eine chronische Überlastung am Arbeitsplatz zurückzuführen wären. Prof. Dr. K. habe eine kritische Analyse mögliche Ursachen der Bandscheibenschäden versäumt.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Juli 2005). Hinsichtlich der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV hat das Sozialgericht seine Entscheidung auf das Gutachten des Dr. H. gestützt und weiter ausgeführt, gegen eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV spreche bereits die Tatsache, dass beim Kläger vorrangig die Lendenwirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen sei. Hinsichtlich der Berufskrankheit nach Nr. 2110 der Anlage zur BKV mangele es bereits am Nachweis der schädigenden Einwirkungen auf die Lendenwirbelsäule.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 20. Juli 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sein Begehren, Berufskrankheiten nach den Nrn. 2109 und 2110 der Anlage zur BKV anzuerkennen, hat er im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten. Hinsichtlich der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV hält er weiterhin das Gutachten des Prof. Dr. K. für überzeugend. Schon die Befunde der Computertomographie aus den Jahren 2002 und 2003 zeigten, dass die Bandscheiben L 3/L 4 und L 4/L 5 betroffen seien. Dr. H. irre deshalb mit seiner Meinung im Gutachten, diese Bandscheibenetagen sei nicht betroffen. Aus dem Befundbericht des Radiologen Dr. L. vom 11. August 2005 über eine Computertomographie der Lendenwirbelsäule vom selben Tag ergebe sich ein von oben nach unten zunehmender Schaden im Bereich der Lendenwirbelsäule.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und ab 1. März 2001 Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vH zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Dr. H. ist in einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 30. Dezember 2005 bei seiner Auffassung geblieben. Die degenerativen Veränderungen in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5 seien Spondylarthrosen, aber keine bandscheibenbedingte Erkrankung.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Privatdozent Dr. K. das chirurgische Gutachten vom 3. April 2006 erstattet. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liege im Segment L 5/S 1 ohne Zweifel vor. Ein gleichförmiges weitestgehend über alle Wirbelsäulenabschnitte verlaufendes altersentsprechendes Schadensbild stelle sich nicht dar. Die Brust- und Halswirbelsäule seien von degenerativen Veränderungen radiologisch nahezu ausgespart. Es zeigten sich osteochondrotische Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule sowie auch spondylotische Veränderungen, die insbesondere im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule lokalisiert seien. Belastungsadaptive Reaktionen zeigten sich insbesondere im Bereich der Deckplattensklerosierung im Segment L 5/S 1. In keiner Studie habe bislang ein typisches belastungsabhängiges Degenerationsmuster der Wirbelsäule identifiziert werden können. Letztlich sei die Degeneration der Wirbelsäule abhängig von multiplen Faktoren, die nur zum Teil bekannt seien. Das Ausmaß der Degeneration im vorliegenden Fall sei dem Alter des Patienten deutlich vorauseilend. Vergleichbar schwere Degenerationen könnten selten auch bei Personen ohne körperliche Belastungen beobachtet werden. Die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen seien beim Kläger weit übertroffen. Bei ihm liege durch die Skoliose eine Fehlstatik vor, die zwar die klinisch stumme Degeneration im Segment L 2/L 3 erklären könne, jedoch keine ausreichende Erklärung für die Degeneration im Segment L 5/S 1 biete. Weitere anlagebedingte Faktoren, die den spontanen frühzeitigen schweren Degenerationsstatus im Segment L 5/S 1 erklären könnten, lägen nicht vor. Aus diesem Grund sei die langjährige massive Arbeitsbelastung in Form hebender und tragender Tätigkeiten die wahrscheinlichste Ursache des Krankheitsbildes. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV liege vor. Die MdE auf Grund der Bandscheibendegeneration betrage 20 vH.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV ist nicht gegeben.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen, u.a. als Rente. Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen. Nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV - über die nach Rücknahme der Berufung hinsichtlich der Nrn. 2109 und 2110 nur noch zu entscheiden ist - sind als Berufskrankheit anerkannte Krankheiten aufgeführt: Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
1. Die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen sind gegeben. Der Kläger übte von September 1978 bis März 2001 eine gefährdende Tätigkeit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV aus. Er hob und trug langjährig (ca. zwölf Jahre) schwere Lasten bei seinen Tätigkeiten als Kohlenträger. Die vom Präventionsdienst der Beklagten ermittelte Gesamtdosis von 27,8 MNh für die Tätigkeit in Kohlenhandel liegt über dem Richtwert 25 MNh (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 1/02 R -).
2. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung besteht. Der Senat folgt der Beurteilung des Dr. H., der sich insoweit auch der im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Dr. K. anschloss. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liegt vor, wenn neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mit Funktionseinschränkungen gegeben sind (BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 - B 2 U 12/04 R -). Im Bereich L 2/L 3 und L 5/S 1 sind deutliche Verschleißzeichen vorhanden. Im Bereich L 5/S 1 finden sich darüber hinaus ein Bandscheibenvorfall. Dieser von Dr. H. erhobene Befund wird durch die bildgebenden Verfahren bestätigt, z.B. die Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 4. November 2003 und die Computertomographie vom 11. August 2005. Jedenfalls der Bandscheibenvorfall im Bereich L 5/S 1 ist geeignet, Dauerschmerzen wechselnder Intensität zu erklären.
3. Für das Vorliegen des Tatbestandes der Berufskrankheit ist u.a. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung erforderlich. Zur Bejahung dieses ursächlichen Zusammenhangs ist die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt. Eine Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne (conditio sine qua non) reicht nicht aus, um die geltend gemachte Gesundheitsstörung als Folge einer Berufskrankheit zu qualifizieren. Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nämlich nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Das heißt, dass nicht jeder Gesundheitsschaden, der durch ein Ereignis naturwissenschaftlich verursacht wird, im Sozialrecht als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit anerkannt wird, sondern nur derjenige, der "wesentlich" durch das Ereignis verursacht wurde. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.). Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während für die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a.F.; BSGE 19, 52.; BSG SozR 3 1300 § 48 Nr. 67: BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R -).
Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 4. Juli 2003 - L 1 U 2738/01 -), erfüllen den Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nur solche Schäden der Lendenwirbelsäule, die sich als das Resultat einer langjährigen schädigenden Einwirkung auf diesen Wirbelsäulenabschnitt darstellen. Ein morphologisch objektivierbares Schadenssubstrat ist daher zwingend erforderlich (vgl. Brandenburg, Medizinischer Sachverständiger 1998, S. 111 und 112). Der Bandscheibenschaden beginnt mit einer Höhenminderung eines Zwischenwirbelraumes; nachfolgend bilden sich Reaktionen an den Wirbelkörpern, den Bandeinsätzen und den Wirbelgelenken (vgl. Rompe, Medizinischer Sachverständiger a.a.O., S. 116, 118). Eine weitere Konkretisierung für diese Berufskrankheit ergibt sich auch aus dem vom Bundesministerium für Arbeit herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zu Nr. 2108 (Bundesarbeitsblatt 3/1993, S. 50 bis 53). Als morphologische Veränderungen werden dort genannt: Chondrose, Osteochondrose, Spondylose, Spondylarthrose, Bandscheibenprotrusion und -prolaps. Neben einem objektivierbaren Bandscheibenschaden muss die klinische Relevanz dieses Schadens im Sinne eines chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerdebildes mit Funktionseinschränkungen gesichert sein, um den Begriff bandscheibenbedingte Erkrankung zu erfüllen (Brandenburg, a.a.O.). Daneben müssen, um als berufsbedingt überhaupt in Betracht kommen zu können, die bildtechnisch und klinisch nachweisbaren segmentalen Bandscheibenveränderungen und deren Folgen das altersdurchschnittlich zu erwartende Ausmaß überschreiten; schließlich muss die Lokalisation der nachweisbaren Veränderungen mit der Funktionseinschränkung und der beruflichen Exposition korrelieren (Brandenburg S. 113), denn bandscheibenbedingte Veränderungen sind bekanntlich auch in der übrigen Bevölkerung weit verbreitet, die keinen oder keinen ausreichenden beruflichen Belastungen durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten ausgesetzt gewesen ist. Bandscheibenbedingte Erkrankungen können auf einem Bündel von Ursachen beruhen, wie der natürliche Alterungs- und Degenerationsprozess ab dem 30. Lebensjahr, Bewegungsarmut, stoffwechselbedingte Einflüsse, systemische Erkrankungen, mechanische Auswirkungen einer Fehlstatik, anatomische Varianten sowie konkurrierend langjährige schädigungsrelevante berufliche Einwirkungen mit entsprechenden sportlichen und sonstigen außerberuflichen Belastungen (vgl. Urteil des LSG Niedersachsen vom 6. April 2002 - L 6 U 163/99 ZVW - -Breithaupt 2000, 818-826-, mit Nachweisen aus der medizinischen Literatur). Aus der Vielzahl der Verursachungsmöglichkeiten ergibt sich, dass sich der ursächliche Zusammenhang nicht im Wege des Anscheinsbeweises, sondern nur anhand zusätzlicher Merkmale begründen lässt. Auch ist die Auffassung, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung zumindest zu einem wesentlichen Teil ihre Ursache in berufsbedingtem schweren Heben und Tragen hat, nur begründet, wenn bestimmte belastungsadaptive Reaktionen vorliegen. So reagiert die über eine langjährige mechanische Belastung drohende Bandscheibenerweichung mit einer Osteochondrose (Knorpeldegneration) und im Weiteren auch mit einer Spondylose (Randzackenausziehungen an Deck- und Tragplatten), was letztlich sogar die Belastbarkeit des Achsenorgans erhöht (LSG Niedersachsen, a.a.O., S. 13, 14). Bei der Kausalitätsbeurteilung einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist danach zwischen dem eigentlichen versicherten Schadensbild und den auf einen ursächlichen Zusammenhang hinweisenden belastungsadaptiven Reaktionen, denen kein eigenständiger Krankheitswert zukommt, zu unterscheiden (LSG Niedersachsen, a.a.O.). Der erkennende Senat schließt sich den Urteilen verschiedener Landessozialgerichte an (vgl. LSG Niedersachsen, a.a.O., LSG Berlin, Breithaupt 2000, 286, 291; Hessisches LSG Urteil vom 17. November 1999 - L 3 U 965/98 - S. 7 und 8; siehe auch Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - L 1 U 3669/99 -), wonach auf das Vorliegen der belastungsadaptiven Reaktionen zur Feststellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit in keinem Fall verzichtet werden kann. In diesem Sinne geht der Senat wie bereits bisher weiter davon aus, dass bei beruflichen Expositionen, die zu Bandscheibenschäden in den unteren Segmenten der Lendenwirbelsäule führen, auch die ebenfalls belasteten oberen Segmente der Lendenwirbelsäule degenerativ verändert sind.
Ausgehend hiervon ist ein ursächlicher Zusammenhang nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen. Das Schadensbild entspricht nicht dem zu erwartenden Muster, das durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten zu erwarten wäre. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des vom Sozialgericht gehörten Sachverständigen Dr. H. sowie dessen im Berufungsverfahren abgegebener ergänzender Stellungnahme. Er hat anhand des erhobenen Befundes dargelegt, dass das durch Tragen und Heben schwerer Lasten besonders belastende Segment L 5/S 1 die maximalen Bandscheibenschäden zeigt. Die beiden darüber befindlichen ebenfalls stark belasteten Segmente sind praktisch erscheinungsfrei. Nach der von Dr. H. ausgewerteten Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom 4. November 2003 sind die Zwischenwirbelräume L 3/L 4 und L 4/L 5 gut erhalten und ohne sichere vermehrte Sklerosierung der Grund- und Deckplatten und ohne Spondylophyten. Demgegenüber weist das darüber liegende Segment L 2/L 3 wieder degenerative Veränderungen der Bandscheibe auf. Daraus ergibt sich dann, dass ein belastungskonformes Schadensbild nicht vorliegt. Dies hat auch Dr. H. in der beratungsärztlichen Stellungnahme, die der Senat urkundenbeweislich verwertet, dargelegt.
Dafür, dass die Segmente L 3/L 4 und L 4/L 5, die über dem betroffenen Segment L 5/S 1 liegen, keine Veränderungen aufweisen, spricht der durchgehend erhobene radiologische Befund. In diesem Sinne entsprechende Veränderungen wurden von keinem der gehörten Gutachter beschrieben. Auch Prof. Dr. K. beschrieb in seiner im Feststellungsverfahren abgegebenen Stellungnahme, die der Senat urkundenbeweislich verwertet, in den von ihm ausgewerteten Röntgenaufnahmen und der Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom 24. Februar 2003 keine Veränderungen in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5.
Dem Gutachten des Privatdozent Dr. K., der im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehört wurde, kann der Senat nicht folgen. Auch er beschreibt eine geringe Degeneration in den Segmenten L 3/L 4 und L 4/L 5, die gegenüber den im Segment L 5/S 1 generierten Beschwerden ohne klinische Bedeutung sei. Als Erklärung für diese Degeneration sieht er anlagebedingte Veränderungen (Fehlstatik durch eine Skoliose). Insgesamt beschreibt er in seinem Gutachten keinen abweichenden Befund, insbesondere keine belastungstypische Reaktion in den über dem Segment L 5/S 1 liegenden Segmenten der Lendenwirbelsäule. Zu der gegenüber Dr. H. abweichenden Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs gelangt Dr. K. allein auf Grund der individuellen Situation des Klägers, nämlich der langjährigen massiven Arbeitsbelastung auf Grund der Tätigkeiten als Kohlenträger, die im Segment L 5/S 1 zu einer dem Alter vorauseilenden Degeneration geführt habe. Allein die hohe Belastung kann aber kein ausreichendes Argument für einen Zusammenhang sein. Die medizinische Problematik des Schadensmusters blendet er aus mit dem Hinweis darauf, dass in keiner Studie ein typisches belastungsabhängiges Degenerationsmuster der Wirbelsäule habe identifiziert werden können und letztendlich die Degeneration der Wirbelsäule von multiplen Faktoren, die nur zum Teil bekannt seien, abhängig sei ... Dies mag zutreffend. Grundsätzlich weisen aber monosegmentale Veränderungen der Wirbelsäule eher auf eine anlagebedingte Genese hin (LSG Hessen, Urteil vom 17. November 1999 - L 3 U 965/98 -, veröffentlicht in juris; zum Streitstand siehe auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2108 Anm. 7.1). Auf Grund dessen geht der Senat von den obengenannten Grundsätzen zum Schadenmuster aus, die auch nach dem Gutachten des Privatdozent Dr. K. nicht gegeben sind. Hinzu kommt, dass Privatdozent Dr. K. davon ausgeht, beim Kläger liege ein Morbus Scheuermann in den Segmenten L 2/L 3 und L 3/L 4 vor. Diese Erkrankung ist mit einem erhöhten Risiko degenerativer Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule im Erwachsenenalter verbunden (vgl. Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2108 Rdnr. 6.5 m.w.N.), was dann gegen den ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Bandscheibenschäden spricht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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