Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 2979/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2228/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches wird nicht durch ein Verhalten des
Arbeitslosen verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), wenn dieser sich erst nach
seinem kurz bevorstehenden und von der Agentur für Arbeit genehmigten Urlaub bei seinem
potientiellen Arbeitgeber vorstellen will, wenn ihm der Arbeitgeber vor Urlaubsantritt in einem
Telefongespräch angeboten hat, sich entweder noch vor dem Urlaubsantritt bei der Firma
vorzustellen oder erst nach dem Urlaub.
Arbeitslosen verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), wenn dieser sich erst nach
seinem kurz bevorstehenden und von der Agentur für Arbeit genehmigten Urlaub bei seinem
potientiellen Arbeitgeber vorstellen will, wenn ihm der Arbeitgeber vor Urlaubsantritt in einem
Telefongespräch angeboten hat, sich entweder noch vor dem Urlaubsantritt bei der Firma
vorzustellen oder erst nach dem Urlaub.
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. April 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 12. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2003 aufgehoben.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Streitig ist, ob in der Zeit vom 08.07.2003 bis zum 28.07.2003 eine Sperrzeit eingetreten ist.
Die am 1972 geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier am 13.07.1996 und 13.09.1999 geborener Kinder. Sie war zuletzt vom 28.11.1994 bis zum 31.01.2003 als Packerin in einer Seifenfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Bescheid vom 25.04.2003 bewilligte die zuständige Arbeitsagentur der Klägerin ab 01.03.2003 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von wöchentlich 120,82 EUR. Tatsächlich ausbezahlt wurde die Leistung bis einschließlich 31.07.2003. Bei einer persönlichen Vorsprache am 04.07.2003 teilte sie der Beklagten mit, sie beabsichtige, sich in der Zeit vom 11.07.2003 bis 01.08.2003 wegen Familienurlaubs auswärts aufzuhalten. Der Urlaubswunsch wurde ihr von der Beklagten auch genehmigt. Die Klägerin flog dann - wie geplant - am Freitag, den 11.07.2003 mit ihrer Familie in den Urlaub.
Bereits am 02.07.2003 hatte die Arbeitsagentur an die Klägerin ein schriftliches Angebot für eine Stelle als Mitarbeiterin bei der Geldbearbeitung bei der Firma ... versandt. Am 08.07.2003 rief die Klägerin bei der Firma an. Der genaue Inhalt des Telefongesprächs ist zwischen den Beteiligten umstritten. Während die Beklagte davon ausgeht, dass die Klägerin einen Vorschlag des Arbeitgebers für eine Vorstellungsgespräch noch vor dem 11.07.2003 unter Hinweis auf die bevorstehende Urlaubsreise abgelehnt habe, äußerte sich die Klägerin hierzu gegenüber der Arbeitsagentur schriftlich wie folgt: "Als es schließlich um die Terminvereinbarung ging, informierte ich die Dame vorsichtshalber darüber, dass ich am 11.07.2003 in den Urlaub fliegen würde. Daraufhin machte sie mir den Vorschlag, die Terminvereinbarung in diesem Fall auf die Zeit nach meinem Urlaub zu verschieben. Ich hatte sowohl während des Gesprächs als auch später das Gefühl, gemeinsam eine Lösung für die Terminvereinbarung gefunden zu haben. Mit der Angabe des Abflugtermins (11.07.2003) hatte ich keinesfalls vor, mich vor einer Terminvereinbarung zu drücken! Wieso auch?!."
Mit Bescheid vom 12.09.2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 08.07.2003 bis zum 28.07.2003 fest, hob die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 08.07.2003 bis 28.07.2003 auf, forderte Alg für diesen Zeitraum in Höhe von 362,46 EUR sowie gezahlte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 146,16 EUR zurück und stellte fest, dass die Sperrzeit den Anspruch auf Alg um 21 Tage mindere. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Klägerin sei am 02.07.2003 eine Beschäftigung als Mitarbeiterin für die Geldbearbeitung bei der Firma ... angeboten worden. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe sie das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vereitelt, indem sie bei einem Telefonat mit der Firma angegeben habe, wegen ihres Urlaub keine Zeit für ein Vorstellungsgespräch zu haben. Eine Arbeitsvereitelung stehe einer Arbeitsablehnung gleich.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16.09.2003 zur Niederschrift bei der Arbeitsagentur Widerspruch ein. Sie machte geltend, sie habe sofort nach Erhalt des Stellenangebots wegen eines Termins nachgefragt. Dies sei am 08.07.2003 gewesen. Ihr sei dann telefonisch ein Termin in der Woche vom 14. bis 18.07.2003 mitgeteilt worden. Da sie jedoch ab dem 11.07.2003 in den vom der Arbeitagentur genehmigten Urlaub geflogen sei, habe sie der Firma mitgeteilt, dass sie in der genannten Woche nicht kommen könne. Ihr sei daraufhin gesagt worden, dass sie sich dann eben nach dem Urlaub wieder melden solle. Dies habe sie dann auch gemacht. Ihr sei dann gesagt worden, dass die Stelle belegt sei. Die Arbeitsagentur holte eine Auskunft der Firma ... ein. Diese führte im Schreiben vom 25.09.2003 aus, die Klägerin habe sich am Dienstag, den 08.07.2003 gemeldet, um Bescheid zu geben, dass sie vorerst keinen Vorstellungstermin ausmachen könne, da sie am Freitag in Urlaub gehe. Auf Nachfrage, wann sie denn wieder da sei, um evtl. einen Termin danach auszumachen, habe sie mitgeteilt, dass sie für drei Wochen verreisen würde. Sie habe gefragt, ob sie sich nach dem Urlaub noch einmal melden dürfe, was ihr bestätigt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2003 wies die Widerspruchsstelle den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 09.10.2003 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, sie habe am 08.07.2003 mit Frau U. von der Firma ... gesprochen. Sie habe einen Termin vereinbaren wollen und dabei darauf hingewiesen, dass sie am 11.07.2003 bereits im Flugzeug sitze für einen 3-wöchigen Urlaub. Frau U. habe daraufhin spontan erklärt, eine Vorstellung vor dem Urlaub habe keinen Zweck, da sei nichts zu machen. Die Terminvereinbarung solle für die Zeit nach dem Urlaub verschoben werden. Damit habe das Gespräch geendet. Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.04.2005 Frau U. von der Firma ... als Zeugin gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Mit Urteil vom 05.04.2005, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 18.04.2005, hat das SG die Klage abgewiesen.
Mit einem am 12.05.2005 beim SG eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf ihr bisheriges Vorbringen und insbesondere auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren zum Inhalt des Telefongesprächs mit der Zeugin U ...
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05. April 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Das SG und die Beklagte sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Sperrzeit eingetreten ist.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III in der hier anwendbaren Fassung des Art. 1 Nr. 20 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I Seite 4607) tritt eine Sperrzeit ein, wenn ein Arbeitsloser trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung) hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Der Arbeitslose hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrzeit liegen nicht vor. Im vorliegenden Fall kommt es, da andere Gründe für die Verhängung einer Sperrzeit von vornherein nicht in Betracht kommen, entscheidend darauf an, ob die Klägerin durch ihr Verhalten bei dem zwischen ihr und der Zeugin U. (Mitarbeiterin des potentiellen Arbeitgebers) am 08.07.2003 geführten Telefonats die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, verhindert hat. Dies ist nach Ansicht des Senats zu verneinen. Dabei kann letztlich dahin gestellt bleiben, welche Version über den Inhalt dieses Telefongesprächs zutrifft.
Nach den Angaben der Klägerin hat diese die Zeugin lediglich darüber informiert, dass sie am Freitag, den 11.07.2003 mit ihrer Familie in den bereits gebuchten Urlaub fliegen werde. Dies entsprach den Tatsachen. Damit hat sie das Zustandekommens eines Vorstellungsgespräches nicht verhindert.
Nach der Aussage der Zeugin U. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin nicht nur den bevorstehenden Urlaub erwähnt, sondern zusätzlich darauf hingewiesen, sie könne "sich allerdings derzeit nicht vorstellen, zu einem Vorstellungsgespräch zu kommen, da sie am Freitag in Urlaub fahre." (Sitzungsniederschrift vom 05.04.2005). Eine solche Aussage könnte - für sich genommen - durchaus als Absage seitens der Klägerin interpretiert werden und würde dann auch die Verhängung einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung rechtfertigen. Nach den Angaben der Zeugin hat sie allerdings die Frage der Klägerin, ob es noch möglich wäre, sich nach dem Urlaub zu melden, bejaht, wenn auch mit dem einschränkenden Hinweis, dass die Zeugin nicht wisse, ob die Stelle dann noch frei sein werde. Damit ist der Klägerin die Möglichkeit eröffnet worden, sich entweder noch vor dem Urlaubsantritt bei der Firma vorzustellen oder erst nach dem Urlaub. Dass sich die Klägerin für die bequemere, aber nicht ganz so aussichtsreiche Variante entschieden hat, hat zwar die Wahrscheinlichkeit, den angebotenen Arbeitsplatz auch tatsächlich zu bekommen, reduziert. Sie hat damit aber nicht das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches verhindert. Hätte der Arbeitgeber deutlich gemacht, dass er eine persönliche Vorstellung der Klägerin noch in den nächsten beiden Tagen erwartet - was nach dem bekannten Sachverhalt der Klägerin ohne weiteres hätte zugemutet werden können - und ein Vorstellungsgespräch nach dem Urlaub keinen Sinn mehr macht, hätte sich die Klägerin entscheiden müssen, ob sie noch vor Urlaubsantritt zu einem Vorstellungsgespräch bereit ist oder nicht. Vor diese Alternative ist die Klägerin aber auch nach der Aussage der Zeugin nicht gestellt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Streitig ist, ob in der Zeit vom 08.07.2003 bis zum 28.07.2003 eine Sperrzeit eingetreten ist.
Die am 1972 geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier am 13.07.1996 und 13.09.1999 geborener Kinder. Sie war zuletzt vom 28.11.1994 bis zum 31.01.2003 als Packerin in einer Seifenfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Bescheid vom 25.04.2003 bewilligte die zuständige Arbeitsagentur der Klägerin ab 01.03.2003 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von wöchentlich 120,82 EUR. Tatsächlich ausbezahlt wurde die Leistung bis einschließlich 31.07.2003. Bei einer persönlichen Vorsprache am 04.07.2003 teilte sie der Beklagten mit, sie beabsichtige, sich in der Zeit vom 11.07.2003 bis 01.08.2003 wegen Familienurlaubs auswärts aufzuhalten. Der Urlaubswunsch wurde ihr von der Beklagten auch genehmigt. Die Klägerin flog dann - wie geplant - am Freitag, den 11.07.2003 mit ihrer Familie in den Urlaub.
Bereits am 02.07.2003 hatte die Arbeitsagentur an die Klägerin ein schriftliches Angebot für eine Stelle als Mitarbeiterin bei der Geldbearbeitung bei der Firma ... versandt. Am 08.07.2003 rief die Klägerin bei der Firma an. Der genaue Inhalt des Telefongesprächs ist zwischen den Beteiligten umstritten. Während die Beklagte davon ausgeht, dass die Klägerin einen Vorschlag des Arbeitgebers für eine Vorstellungsgespräch noch vor dem 11.07.2003 unter Hinweis auf die bevorstehende Urlaubsreise abgelehnt habe, äußerte sich die Klägerin hierzu gegenüber der Arbeitsagentur schriftlich wie folgt: "Als es schließlich um die Terminvereinbarung ging, informierte ich die Dame vorsichtshalber darüber, dass ich am 11.07.2003 in den Urlaub fliegen würde. Daraufhin machte sie mir den Vorschlag, die Terminvereinbarung in diesem Fall auf die Zeit nach meinem Urlaub zu verschieben. Ich hatte sowohl während des Gesprächs als auch später das Gefühl, gemeinsam eine Lösung für die Terminvereinbarung gefunden zu haben. Mit der Angabe des Abflugtermins (11.07.2003) hatte ich keinesfalls vor, mich vor einer Terminvereinbarung zu drücken! Wieso auch?!."
Mit Bescheid vom 12.09.2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 08.07.2003 bis zum 28.07.2003 fest, hob die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 08.07.2003 bis 28.07.2003 auf, forderte Alg für diesen Zeitraum in Höhe von 362,46 EUR sowie gezahlte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 146,16 EUR zurück und stellte fest, dass die Sperrzeit den Anspruch auf Alg um 21 Tage mindere. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Klägerin sei am 02.07.2003 eine Beschäftigung als Mitarbeiterin für die Geldbearbeitung bei der Firma ... angeboten worden. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe sie das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vereitelt, indem sie bei einem Telefonat mit der Firma angegeben habe, wegen ihres Urlaub keine Zeit für ein Vorstellungsgespräch zu haben. Eine Arbeitsvereitelung stehe einer Arbeitsablehnung gleich.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16.09.2003 zur Niederschrift bei der Arbeitsagentur Widerspruch ein. Sie machte geltend, sie habe sofort nach Erhalt des Stellenangebots wegen eines Termins nachgefragt. Dies sei am 08.07.2003 gewesen. Ihr sei dann telefonisch ein Termin in der Woche vom 14. bis 18.07.2003 mitgeteilt worden. Da sie jedoch ab dem 11.07.2003 in den vom der Arbeitagentur genehmigten Urlaub geflogen sei, habe sie der Firma mitgeteilt, dass sie in der genannten Woche nicht kommen könne. Ihr sei daraufhin gesagt worden, dass sie sich dann eben nach dem Urlaub wieder melden solle. Dies habe sie dann auch gemacht. Ihr sei dann gesagt worden, dass die Stelle belegt sei. Die Arbeitsagentur holte eine Auskunft der Firma ... ein. Diese führte im Schreiben vom 25.09.2003 aus, die Klägerin habe sich am Dienstag, den 08.07.2003 gemeldet, um Bescheid zu geben, dass sie vorerst keinen Vorstellungstermin ausmachen könne, da sie am Freitag in Urlaub gehe. Auf Nachfrage, wann sie denn wieder da sei, um evtl. einen Termin danach auszumachen, habe sie mitgeteilt, dass sie für drei Wochen verreisen würde. Sie habe gefragt, ob sie sich nach dem Urlaub noch einmal melden dürfe, was ihr bestätigt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2003 wies die Widerspruchsstelle den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 09.10.2003 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie u.a. vorgetragen, sie habe am 08.07.2003 mit Frau U. von der Firma ... gesprochen. Sie habe einen Termin vereinbaren wollen und dabei darauf hingewiesen, dass sie am 11.07.2003 bereits im Flugzeug sitze für einen 3-wöchigen Urlaub. Frau U. habe daraufhin spontan erklärt, eine Vorstellung vor dem Urlaub habe keinen Zweck, da sei nichts zu machen. Die Terminvereinbarung solle für die Zeit nach dem Urlaub verschoben werden. Damit habe das Gespräch geendet. Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.04.2005 Frau U. von der Firma ... als Zeugin gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Mit Urteil vom 05.04.2005, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 18.04.2005, hat das SG die Klage abgewiesen.
Mit einem am 12.05.2005 beim SG eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf ihr bisheriges Vorbringen und insbesondere auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren zum Inhalt des Telefongesprächs mit der Zeugin U ...
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05. April 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Das SG und die Beklagte sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Sperrzeit eingetreten ist.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III in der hier anwendbaren Fassung des Art. 1 Nr. 20 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I Seite 4607) tritt eine Sperrzeit ein, wenn ein Arbeitsloser trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung) hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Der Arbeitslose hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrzeit liegen nicht vor. Im vorliegenden Fall kommt es, da andere Gründe für die Verhängung einer Sperrzeit von vornherein nicht in Betracht kommen, entscheidend darauf an, ob die Klägerin durch ihr Verhalten bei dem zwischen ihr und der Zeugin U. (Mitarbeiterin des potentiellen Arbeitgebers) am 08.07.2003 geführten Telefonats die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, verhindert hat. Dies ist nach Ansicht des Senats zu verneinen. Dabei kann letztlich dahin gestellt bleiben, welche Version über den Inhalt dieses Telefongesprächs zutrifft.
Nach den Angaben der Klägerin hat diese die Zeugin lediglich darüber informiert, dass sie am Freitag, den 11.07.2003 mit ihrer Familie in den bereits gebuchten Urlaub fliegen werde. Dies entsprach den Tatsachen. Damit hat sie das Zustandekommens eines Vorstellungsgespräches nicht verhindert.
Nach der Aussage der Zeugin U. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin nicht nur den bevorstehenden Urlaub erwähnt, sondern zusätzlich darauf hingewiesen, sie könne "sich allerdings derzeit nicht vorstellen, zu einem Vorstellungsgespräch zu kommen, da sie am Freitag in Urlaub fahre." (Sitzungsniederschrift vom 05.04.2005). Eine solche Aussage könnte - für sich genommen - durchaus als Absage seitens der Klägerin interpretiert werden und würde dann auch die Verhängung einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung rechtfertigen. Nach den Angaben der Zeugin hat sie allerdings die Frage der Klägerin, ob es noch möglich wäre, sich nach dem Urlaub zu melden, bejaht, wenn auch mit dem einschränkenden Hinweis, dass die Zeugin nicht wisse, ob die Stelle dann noch frei sein werde. Damit ist der Klägerin die Möglichkeit eröffnet worden, sich entweder noch vor dem Urlaubsantritt bei der Firma vorzustellen oder erst nach dem Urlaub. Dass sich die Klägerin für die bequemere, aber nicht ganz so aussichtsreiche Variante entschieden hat, hat zwar die Wahrscheinlichkeit, den angebotenen Arbeitsplatz auch tatsächlich zu bekommen, reduziert. Sie hat damit aber nicht das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches verhindert. Hätte der Arbeitgeber deutlich gemacht, dass er eine persönliche Vorstellung der Klägerin noch in den nächsten beiden Tagen erwartet - was nach dem bekannten Sachverhalt der Klägerin ohne weiteres hätte zugemutet werden können - und ein Vorstellungsgespräch nach dem Urlaub keinen Sinn mehr macht, hätte sich die Klägerin entscheiden müssen, ob sie noch vor Urlaubsantritt zu einem Vorstellungsgespräch bereit ist oder nicht. Vor diese Alternative ist die Klägerin aber auch nach der Aussage der Zeugin nicht gestellt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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