L 8 AL 2248/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 4067/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2248/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. April 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Der am 1942 geborene Kläger war bis 31.10.1994 als Ingenieur berufstätig. Das Arbeitsverhältnis wurde am 18.02.1994 zum 31.10.1994 durch Auflösungsvertrag beendet. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von 64.900 DM. Anschließend war der Kläger von 01.11.1994 bis 31.12.1994 als Berater berufstätig. Dieses Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers wegen Betriebsstilllegung.

Bereits am 07.12.1994 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt Waiblingen, jetzt Agentur für Arbeit (AA), arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Er bezog vom AA Alg bzw. Unterhaltsgeld bis zur Erschöpfung des Anspruches am 15.10.1997.

Unter dem 09.09.1997 beantragte der Kläger erstmals Alhi. Mit Bescheid vom 25.09.1997 bewilligte das AA dem Kläger Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 16.10.1997 bis 15.10.1998 in Höhe von täglich 107,60 DM. Ab 01.01.1998 betrug der tägliche Leistungssatz 94,60 DM und ab 26.04.1998 82,71 DM.

Am 10.09.1998 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er bestätigte mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose "Dienste und Leistungen" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 22.09.1998 bewilligte das AA dem Kläger für den Bewilligungsabschnitt vom 16.10.1998 bis 15.10.1999 Alhi in Höhe von täglich 81,24 DM (Bemessungsentgelt 1920 DM, Leistungstabelle 1998, Leistungsgruppe C/0) weiter. Ab 01.01.1999 betrug der tägliche Leistungssatz 84,12 DM.

Am 22.09.1998 teilte der Kläger dem AA telefonisch mit, dass er seit 1997 eine selbstständige Tätigkeit unter 15 Stunden ausübe, ohne Einkommen zu erzielen. Er legte hierzu Erklärungen zum Einkommen aus selbstständiger Nebentätigkeit (Ingenieurbüro und Vertriebsunternehmen) für die Zeit ab 20.04.1998 bis Mai 1999 vor. Außerdem legte der Kläger, auf Anforderung des AA, Nachweise zu seinen Vermögensverhältnissen vor.

Am 13.09.1999 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er versicherte unterschriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslose, "Dienste und Leistungen", erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Das AA holte eine Auskunft aus dem Gewerberegister der Stadt B. vom 25.08.1999 ein, wonach der Kläger seit 21.04.1998 ein Einzelunternehmen (Ingenieurbüro) angemeldet habe. Außerdem legte der Kläger weitere Erklärungen zum Einkommen aus selbstständiger Nebentätigkeit für die Zeit ab Juni 1999 bis August 2000 vor. Mit Bescheid vom 27.09.1999 bewilligte das AA dem Kläger Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 16.10.1999 bis 15.10.2000 in Höhe von täglich 84,10 DM (Bemessungsentgelt 1900 DM, Leistungstabelle 1999, Leistungsgruppe C/0) weiter. Ab 01.01.2000 betrug der tägliche Leistungssatz 86,11 DM und ab 01.02.2000 87,60 DM.

Am 19.09.2000 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er versicherte unterschriftlich vom Inhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose Kenntnis genommen zu haben. Er legte Unterlagen zu seinen Vermögensverhältnissen, Erklärungen zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit für die Zeit von September 2000 bis August 2001 sowie die Einkommenssteuerbescheide 1998 und 1999 vor. Mit Bescheid vom 13.10.2000 bewilligte das AA dem Kläger Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 16.10.2000 bis 15.10.2001 in Höhe von täglich 86,34 DM (Bemessungsentgelt 1850 DM, Leistungstabelle 2000, Leistungsgruppe C/0) weiter. Ab 01.01.2001 betrug der tägliche Leistungssatz 88,81 DM.

Am 21.09.2001 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er versicherte unterschriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Er legte u.a. den Einkommenssteuerbescheid 1999, Unterlagen zu seinen Vermögensverhältnissen sowie Erklärungen zum Einkommen aus selbstständiger Nebentätigkeit für die Zeit vom September 2001 bis Mai 2002 vor. Mit Bescheid vom 02.10.2001 bewilligte das AA dem Kläger Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 16.10.2001 bis 15.10.2002 in Höhe von täglich 87,58 DM (Bemessungsentgelt 1820 DM, Leistungstabelle 2001, Leistungsgruppe C/01) weiter. Ab 01.01.2002 betrug der tägliche Leistungssatz 44,78 EUR.

Am 17.09.2002 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Alhi. Er versicherte unterschriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Der Kläger legte Unterlagen zu seinen Vermögensverhältnissen, den Einkommenssteuerbescheid 2000 sowie Erklärungen zum Einkommen aus selbstständiger Nebentätigkeit für die Zeit vom Juni 2002 September 2002 vor. Mit Bescheid vom 03.01.2003 bewilligte das AA dem Kläger Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 16.10.2002 bis 15.10.2003 in Höhe von täglich 44,39 EUR (Bemessungsentgelt 920 EUR, Leistungstabelle 2002, Leistungsgruppe C/0) weiter. Ab 01.01.2003 betrug der tägliche Leistungssatz 43,91 EUR.

Ab 01.04.2003 wurde die Leistung von Alhi vorläufig eingestellt und die Bewilligung von Alhi mit Bescheid vom 07.05.2003 ab 01.04.2003 aufgehoben. Hiergegen legte der Kläger am 12.05.2003 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des AA vom 10.07.2003 zurückgewiesen wurde.

Gegen den Bescheid vom 07.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2003 erhob der Kläger am 04.08.2003 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG).

Mit Schreiben vom 04.08.2003 führte die Arbeitsmarktinspektion des AA aus, der Kläger habe gemeinsam mit einem weiteren Gesellschafter am 15.08.1999 die Firma B. E. GbRmbH (BPD) gegründet. Beide Gesellschafter seien jeweils zu 50% an der GbR beteiligt gewesen. Entsprechend sei die Arbeitsverteilung gewesen. Der Kläger habe gemeinsam mit dem zweiten Gesellschafter die Geschäfte geführt und alle anfallenden Arbeiten erledigt. Er sei täglich zwischen 7.00 und 8.00 Uhr in die Firma gekommen und habe diese gegen 20.00 Uhr verlassen. Die BPD habe im März 2001 ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Der Kläger habe daraufhin die BMS B.- und M.-S. GmbH (BMS) gegründet, die seit 12.03.2001 gewerberechtlich gemeldet und am 27.07.2001 in das Handelsregister eingetragen worden sei. Zunächst sei der Sohn des Klägers Geschäftsführer gewesen. Vom 25.10.2001 bis 08.01.2003 sei der Kläger als weiterer Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen gewesen. In dieser Firma sei der Kläger für die Akquisition neuer Kunden und deren Betreuung zuständig gewesen. Unter anderem habe er auch Post von den Kunden abgeholt. Er habe die Geschäfte der BMS geleitet, auch in der Zeit, als er nicht mehr als Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen gewesen sei. Zeugenvernehmungen hätten den Verdacht bestätigt, dass der Kläger seit 15.08.1999 für die beiden Firmen in einem Umfang tätig gewesen sei, der die Verfügbarkeit ausgeschlossen habe. Die Zeugenaussagen zum Umfang der Tätigkeit des Klägers würden durch Beweismittel untermauert. Die Auswertung der Beweismittel habe weiter ergeben, dass sich der Kläger in den Jahren 1999, 2000 und 2001 mehrmals in Damaskus aufgehalten habe. Die Arbeitsmarktinspektion legte Protokolle über von ihr vorgenommene Zeugenvernehmungen der Zeugen M. (M) vom 12.03.2003, K. (K) vom 15.04.2003, L. (L) vom 23.05.2003 und des Klägers vom 13.08.2003 sowie Tabellen über Auswertungen von Unterlagen vor.

Mit zwei Bescheiden vom 02.09.2003 hob das AA die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 15.08.1999 bis 31.12.2001 auf und forderte für diesen Zeitraum erbrachte Leistungen (75.976,66 DM = 38.846,25 EUR) sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (18.852,00 DM = 9638,87 EUR) in Höhe von 94.828,66 DM (= 48.485,12 EUR) sowie die Bewilligung von Alhi ab 01.01.2002 auf und forderte für diesen Zeitraum erbrachten Leistungen (20.231,41 EUR) sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (4148,15 EUR) in Höhe von zusätzlich 24.379,56 EUR vom Kläger zurück, da er ab dem 15.08.1999 mehr als 15 Stunden wöchentlich als Selbständiger tätig gewesen sei, weshalb Arbeitslosigkeit nicht vorgelegen habe.

Mit Bescheid vom 23.09.2003 entzog das AA dem Kläger Alhi für die Zeit ab 16.10.1997 gemäß § 66 SGB I ganz, da er fehlende Unterlagen zum Vermögen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt habe und dadurch seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I nicht nachgekommen sei und die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert habe. Nach Anhörung des Klägers wurde mit Bescheid des AA vom 20.10.2003 die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 16.10.1997 bis 14.08. 1999 ganz zurückgenommen und erbrachte Leistungen (57.568,69 DM = 29.434,40 EUR) sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (20.456,68 DM = 10.459,33 EUR) in Höhe von insgesamt 78.025,37 DM (39.893,74 EUR) vom Kläger zurückgefordert.

Gegen die Bescheide vom 02.09.2003 und 23.09.2003 legte der Kläger am 06.10.2003 und gegen den Bescheid vom 20.10.2003 am 06.11.2003 Widersprüche ein, die er mit Schreiben vom 22.02.2004 begründete und über die vom AA bislang (noch) nicht entschieden wurde.

Der Kläger meldete sich beim AA am 20.10.2004 erneut arbeitslos und beantragte Alhi. Diesen Antrag lehnte die AA mit Bescheid vom 16.11.2004 ab, da der Kläger nicht innerhalb der verlängerten Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen habe. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 15.12.2004 Widerspruch, über den von der AA ebenfalls - wegen des gerichtlichen Verfahrens - noch nicht entschieden wurde.

Gegen den Kläger wurde auf die Strafanzeige des AA vom 24.03.2003 von der Staatsanwaltschaft Stuttgart außerdem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren durchgeführt (Js 25959/03). Hierzu wird auf zwei Aktenordner Ermittlungsunterlagen verwiesen. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Backnang vom 19.01.2004 (2 CS 91 Js 25959/03) wurde gegen den Kläger wegen 4 Vergehen des Betruges eine Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten verhängt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Dem Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Backnang vom 19.01.2004 weiter auferlegt, als Geldbuße einen Geldbetrag in Höhe von 1.000 EUR zu zahlen. Den gegen den Gerichtsbescheid eingelegten Einspruch nahm der Kläger nach Hinweisen des Amtsgerichtes am 22.09.2004 mit der Bemerkung zurück, er sehe sich ohne Aufgabe seines Rechtsstandpunktes nicht in der Lage, die Hauptverhandlung durchzustehen.

Der Kläger trug zur Begründung seiner Klage beim SG vor, die Beklagte gehe von der unbewiesenen Tatsache aus, dass er als mithelfender Familienangehöriger zu behandeln sei. Er habe versucht, dem erdrückenden Schicksal der Altersarbeitslosigkeit zu entgehen. Er habe sich bereit erklärt, sich mit seinem Namen und Titel der Firmengründung seines Sohnes zur Verfügung zu stellen, um die Marktchancen der jungen Firma seines Sohnes zu verbessern. Er habe jedoch nie eine Anstellung innegehabt, die ihn dem Arbeitsmarkt entzogen habe. Die Beklagte behaupte, trotz Rückfrage bei Dritten keine weiterführende Informationen über seine Aktivitäten erlangt haben zu können. Entsprechende weitergehende Fragen habe die Beklagte jedoch erstaunlicherweise an ihn nicht gerichtet. Er sei sämtlichen Anforderungen und Anfragen der Beklagten vollumfänglich und unverzüglich nachgekommen. Die Beklagte habe ihm dagegen kein einziges Arbeitsplatzangebot unterbreitet. Ihm sei von der Beklagten vielmehr bedeutet worden, er könne die Hoffnung auf einen Arbeitsplatz aufgeben und brauche sich letztendlich auch nicht mehr bei der Beklagten zu melden. Er selbst habe über 1200 Bewerbungen geschrieben. Die Beklagte habe die Gestaltung seiner Freizeitaktivitäten nicht zu interessieren. Vorliegend sei die entscheidende Frage, ob er in der fraglichen Zeit mehr als 15 Stunden in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei er kein Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Er sei auch nicht mithelfender Familienangehöriger gewesen. Das sei weder weisungsabhängig gewesen, noch sei er verpflichtet gewesen, zu bestimmten Zeiten im Betrieb anwesend zu sein. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, Arbeiten durchzuführen. Er sei vielmehr nach Lust, Laune und nach Zeit im Betrieb zum Zeitvertreib anwesend gewesen. Ab und an habe er zur Akquisition ein Kundengespräch übernommen und habe sich je nach Gusto in der Verwaltung des Betriebes nützlich gemacht.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie hat - auf Nachfragen des SG - insbesondere vorgetragen, die laufende Leistung sei am 22.04.2003 vorläufig und mit Bescheid vom 07.05.2003 ab 01.04.2003 ganz eingestellt worden. Es sei eine Mitteilung an den Kläger versandt worden, dass die Zahlung von Alhi ab dem 01.04.2003 einzustellen sei bzw. werde. Nachdem die Höhe der Erstattungsforderung berechnet worden sei, habe der Kläger die Aufhebungsbescheide vom 02.09.2003 erhalten. Die Anhörung bezüglich der Bescheide vom 02.09.2003 sei durch die Arbeitsmarktinspektion erfolgt. Ausgehend davon, dass die Bescheide vom 02.09.2003 Gegenstand des Klageverfahrens geworden seien, sei kein weiteres Vorverfahren durchgeführt worden. Sie sei vom Kläger über dessen unternehmerischen Aktivitäten systematisch im Unklaren gelassen worden, indem er ab September 1999 harmlose Standardmitteilungen über seine Tätigkeit als "Ingenieurbüro/Vertriebsunternehmen" gemacht habe. Sie habe trotz Rückfragen bei Dritten keine weiterführenden Informationen über die Aktivitäten des Klägers erlangen können.

In der mündlichen Verhandlung beim SG am 20.04.2005 hat der Kläger - auf den Hinweis der Vorsitzenden, eine fehlende Anhörung könne bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nachgeholt werden - zur Niederschrift erklärt, dass auf die Anhörung bezüglich der Bescheide vom 02.09.2003 verzichtet werde.

Mit Urteil vom 20.04.2005 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid vom 07.05.2003 könne zwar nicht mehr vorgelegt werden. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass in den Bescheid vom 07.05.2003 die Aufhebung der Bewilligung von Alhi nicht geregelt gewesen sei. Die Bescheide vom 02.09.2003 seien gemäß § 96 SGG analog Gegenstand des Verfahrens. Die Bescheide vom 02.09.2003 seien nicht mangels Anhörung rechtswidrig. Der Kläger habe auf die Anhörung verzichtet. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Alhi ab dem 15.08.1999 sei § 48 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung seien gegeben. Die Arbeitslosigkeit des Klägers sei ab dem 15.08.1999 entfallen, da er eine nicht geringfügige Tätigkeit bei der Firma BPD aufgenommen habe. Der Kläger habe hierzu vorsätzlich gegenüber der Beklagten unvollständige Angaben gemacht. Die Jahresfrist für die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung sei eingehalten. Die weitere Bewilligung von Alhi habe die Beklagte gemäß § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III zu Recht zurückgenommen. Die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 16.10.1999 sei rechtswidrig gewesen. Der Kläger sei nicht arbeitslos gewesen. Es sei wiederum davon auszugehen, dass der Kläger insoweit gegenüber der Beklagten vorsätzlich unvollständige Angaben gemacht habe. Mithin habe die Beklagte die Bewilligung von Alhi auch für die Vergangenheit zurücknehmen dürfen. Nicht erheblich sein, dass die Beklagte ihre Bescheide ausschließlich auf § 48 SGB X gestützt habe. Der Kläger habe den Überzahlungsbetrag von Alhi sowie der Versicherungsbeiträge gemäß § 50 SGB X i. V. m. § 335 Absatz 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III zu erstatten.

Gegen das am 03.05.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.06.2005 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, die allein entscheidende Frage sei, ob er ab dem 15.08.1999 arbeitslos gewesen sei oder nicht. Das SG gehe davon aus, er sei nicht arbeitslos gewesen, da er bei seiner Vernehmung am 13.08.2003 mitgeteilt habe, in einem Umfang von mindestens 30 Stunden wöchentlich tätig gewesen zu sein. Entgegen der Ansicht des SG sei er im fraglichen Zeitpunkt weder selbstständig, noch als mithelfender Angehöriger im Familienbetrieb, noch angestellt tätig gewesen. Er habe sich bei seiner Vernehmung unter Druck gesetzt gefühlt. Ihm sei gedroht worden. Er sei angeschrieben und herabsetzend charakterisiert worden. Er sei dem Kollaps nahe gewesen. Im Protokoll sei fest gehalten worden, was ihm in den Mund gelegt worden sei und was sie von ihm zu hören wünschten. Er habe das Protokoll willenlos unterzeichnet. Die protokollierten Angaben seien nicht seine eigenen Aussagen, sondern die gewünschten. Tatsache sei, dass er ausschließlich seine Freizeit gestaltet habe. Wo und auf welche Weise er seine Freizeit verbringe, könne er alleine entscheiden, sofern er im Sinne des SGB III der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Jedenfalls dürfe die Freizeitgestaltung nicht Auswirkungen darauf haben, ob Arbeitslosenunterstützung bezahlt werden müsse oder nicht. Er habe sich nichts sehnlicher erwünscht, als wieder beruflich und entgeltlich tätig sein zu können. Durch das AA sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass keinerlei Vermittlungsfähigkeit bestehe. Unabhängig von den Mitteilungen des AA habe er zigfach beim AA vorgesprochen. Er habe selber unzählige Bewerbungen auf den Weg gebracht. Er habe jeden Strohhalm ergriffen, um wieder eine entgeltliche Tätigkeit zu erlangen. Dies alles vergeblich. Er sei jeder Aufforderung der Beklagten pünktlich nachgekommen. Immer und zu jeder Zeit habe er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Tatsache sei allerdings, dass er bei der Firma BPD mitgeholfen habe. Dies aber ohne jede Verpflichtung, ohne jedes Entgelt und ohne jegliche Bindung. Er sei zu keinem Zeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis, Vertragsverhältnis oder durch andere Weise in einem Verpflichtungsverhältnis eingebunden gewesen. Alle Aktivitäten seien freiwillig ausgeführt worden. Dies sei bewusst so gewählt worden, um für den Fall einer sich bietenden Beschäftigung jederzeit verfügbar und nicht wegen bestehender Verpflichtungen gebunden zu sein. Die zeitliche Grenze von 15 Stunden Tätigkeit sei daher unbeachtlich. Er habe immer zu jeder Zeit einer Aufforderung der Beklagten nachkommen können. Die Tatsache, dass er seine Freizeit in der Art gestaltet habe, dass er bei der Firma BPD mitgeholfen habe, ändere nichts daran, dass er der Arbeitsvermittlung zu 100 Prozent dennoch zur Verfügung gestanden habe. Er habe keinerlei Vorteil aus seiner diesbezüglichen Freizeitgestaltung gezogen. Ihm sei lediglich wichtig gewesen, beschäftigt zu sein und Fachwissen weiterzugeben. Er sei nicht beschäftigt im Sinne des § 118 SGB III gewesen. Zielrichtung dieser Vorschrift sei, dass die Betroffenen nicht Arbeitslosenunterstützung beziehen dürfen, während sie andererseits dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden. Letzteres sei bei ihm unzweifelhaft nicht der Fall gewesen. Wäre die Ansicht des SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend, so würden auch solche Menschen Arbeitslosenunterstützung nicht erhalten können, die sich anderweitig mindestens 15 Stunden wöchentlich beschäftigten, was jedoch im Ergebnis sicherlich nicht der Fall sei. Das SG gehe im Urteil zu Unrecht davon aus, dass er entlohnt worden sei. Er habe keine Entlohnung in erhalten. Für das Gegenteil gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Es habe keinen einzigen Beweis für eine Entgeltlichkeit festgestellt werden können. Die von ihm entfalteten Aktivitäten seien allesamt im Rahmen einer eigenen Werbung unternommen worden. Dies sei mit dem Willen geschehen, die geistige Beweglichkeit und den Einblick in das Berufsleben nicht zu verlieren. Bei seiner Tätigkeit habe es sich nicht um die Ausübung einer Beschäftigung gegen Entgelt oder auch ohne Entgelt gehandelt, sondern um den letztlich erfolglosen Versuch, durch eine Vielzahl von geschäftlichen Kontakten und Anfangsaktivitäten wieder in das Berufsleben einsteigen zu können. Im Hinblick auf das Verhalten der Beklagten hätte eine Beschäftigungsaufnahme ausschließlich durch eigene Aktivitäten zustande kommen können. Im Rahmen des § 428 SGB III sei für den Leistungsbezug die uneingeschränkte Verfügbarkeit nicht Voraussetzung für den Leistungsbezug. Er habe rechtzeitig einen Antrag nach § 428 SGB III gestellt. Der Anspruch nach § 428 SGB III sei bislang überhaupt nicht berücksichtigt worden. Er betone, dass er immer und zu jederzeit dem Arbeitsamt während der gesamten Dauer seiner Arbeitslosigkeit zur Verfügung gestanden habe. Er habe seine Verpflichtungen als Arbeitsuchender überobligationsmäßig erfüllt. Sämtliche Tätigkeiten, die er in dieser Zeit ausgeführt habe, seien in Absprache mit der Beklagten aufgenommen und stets im zulässigen Umfang von höchstens 15 Stunden pro Woche ausgeübt worden. Die Beklagte sei stets über seine Tätigkeiten informiert gewesen. Wenn er seine Zeit sinnvoll habe nutzen wollen, indem er in der Firma seines Sohnes Präsenz zeigen und diesem moralisch als Stütze zur Seite stehe, so sei ein gesellschaftsschädigendes Verhalten durch ihn nicht erkennbar. Im Gegenteil, ein solches Verhalten müsse gefördert werden. Es sei ihm nicht vorwerfbar, dass er sein Verhalten nicht als Tätigkeit/Arbeit im Sinne der Formulare angesehen habe. Seine Angaben erfolgten insoweit nach bestem Wissen und Gewissen und keinesfalls zur Erregung eines Irrtums. Der zuständige Berater des AA - Herr Preuß -, mit dem er unzählige Gespräche geführt habe, habe vor Zeugen insbesondere verkündet, er könne für sie nichts tun. Es sei nahezu unmöglich, einen über 50-jährigen wieder im Arbeitsmarkt einzugliedern, also seien sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Die 15 Stunden Regelung gelte für sie nicht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. April 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2003 sowie die Bescheide vom 2. September 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Es stehe außer Frage, dass der Kläger im streitigen Zeitraum nicht arbeitslos gewesen sei.

Der Rechtstreit ist mit den Beteiligten durch den Berichterstatter in nichtöffentlicher Sitzung am 24.02.2006 erörtert worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten, drei Band Verwaltungsakten der Beklagten, Band 1 und 3 Aktenordner der Staatsanwaltschaft Stuttgart (91 Js 25958/03) sowie ein Band Akten des Amtsgerichts Backnang (91 Js 25958/03) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 23.09.2003, 20.10.2003 sowie 16.11.2004. Die Voraussetzungen des § 96 SGG sind nicht erfüllt. Der den Bescheiden zu Grunde liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar, weshalb auch eine analoge Anwendung des § 96 SGG ausscheidet. Der Kläger hat die Bescheide auch nicht in das vorliegende Verfahren einbezogen.

Das SG hat in seinem angefochtenen Urteil die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug.

Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung mit dem SG auch zu der Überzeugung, dass beim Kläger im streitigen Zeitraum eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist bzw. die Bewilligung von Alhi rechtswidrig war, weil der Kläger aufgrund seiner Tätigkeiten für die Firma BPD und anschließend für die Firma BMS nicht arbeitslos war, dass die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Rückforderung der erbrachten Leistungen einschließlich der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung beim Kläger deswegen vorlagen, weil er gegenüber der Beklagten vorsätzlich unvollständige Angaben gemacht hat, dass die Jahresfrist eingehalten und dass die streitgegenständlichen Bescheid nicht formell rechtswidrig sind. Der Senat schließt sich auch insoweit zur Begründung seiner eigenen Entscheidung den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil vollumfänglich an, die er sich zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen macht und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Nach dem Ergebnis der von der Arbeitsmarktinspektion des AA und der Staatsanwaltschaft Stuttgart durchgeführten Ermittlungen steht fest, dass der Kläger zusammen mit dem Zeugen M am 15.09.1999 die Firma BPD begründet hat und dabei einen Firmenanteil von 50% inne hatte. Am 15.03.2001 wurde die Geschäftstätigkeit der Firma eingestellt. Dies hat M bei seiner Vernehmung durch die Arbeitsmarktinspektion am 12.03.2003 bestätigt und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt. Gegenstand der Firma war ein Briefverteilservice, wie sich aus den Angaben des M und den Angaben der Zeugin L, die bei der Firma BPD beschäftigt war, bei ihrer Vernehmung bei der Arbeitsmarktinspektion am 23.05.2003 ergibt. Die Tätigkeit des Klägers für diese Firma, deren Geschäftsführer er war, wie L angegeben hat, überstieg das zeitliche Maß von 15 Stunden wöchentlich bei weitem. So hat M bei seiner Vernehmung angegeben, er und der Kläger hätten beide jeweils etwa 12 Stunden täglich zu tun gehabt. Der Kläger habe normalerweise ab 6.00 Uhr bis 19.00 Uhr gearbeitet. Entsprechende Angaben hat auch L gemacht. Sie hat angegeben, der Kläger sei morgens der erste in der Firma und abends einer der letzten gewesen. Morgens sei er immer spätestens ab 07.00 Uhr da gewesen. Abends sei er gewöhnlich bis 20.00 und 21.00 Uhr da gewesen. Diese Angaben werden zudem durch Eintragungen im Terminkalender des Klägers, wie sie im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren festgestellt worden sind, untermauert, in dem tägliche Arbeitszeiten ab 6.00 Uhr bis zum Teil nach 22.00 Uhr eingetragen sind.

Die Firma BMS wurde durch Gesellschaftervertrag vom 16.01.2001 gegründet. Sie wurde am 27.07.2001 in das Handelsregister eingetragen. Der Kläger war Mitgesellschafter mit einem Geschäftsanteil zuletzt von über 50% (28.000 EUR). Gegenstand des Unternehmens waren die Beförderungen von Briefsendungen, Verteilung von Prospekten, Katalogen, Zeitschriften, Werbesendungen, Paketen und sonstigen Sendungen sowie die damit zusammenhängenden Nebenleistungen, Beratung und Betreuung des Firmen- und Behördenmanagements in allen Fragen der Logistik und der Abwicklung des Postverkehrs. Der Kläger war vom 25.10.2001 bis 08.01.2003 neben dem weiteren Gesellschafter (seinem Sohn) zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Firma bestellt. Dies steht aufgrund der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts Waiblingen fest und wird im Übrigen vom Kläger ebenfalls nicht in Abrede gestellt. Bereits diese Art der Beteiligung des Klägers an der BMS lässt den Schluss darauf zu, dass der Kläger im Anschluss an seine Tätigkeit bei der Firma BPD bei der BMS seine Tätigkeiten in einem zeitlichen Ausmaße weiter fortgesetzt hat, die seine Arbeitslosigkeit weiterhin ausgeschlossen hat. Es ist fernliegend, dass ein (Mehrheits)Gesellschafter, der in seiner Firma mitarbeitet und zum alleinvertretungsberechtigten Mitgeschäftsführer bestellt war, nur nach Lust, Laune und nach Zeit im Betrieb zum Zeitvertreib anwesend ist, wie der Kläger im Berufungsverfahren behauptet hat. Dies wird unabhängig davon auch durch die Angaben des K bei seiner Vernehmung bei der Arbeitsmarktinspektion am 15.04.2003 bestätigt. K hat zur Arbeitszeit des Klägers angegeben, dass dieser bei der Firma BMS jeden Tag von Montag bis Freitag von 6.00 Uhr bis 19.30 Uhr (Montags ab 7.00 Uhr/7.30 Uhr) und an Samstagen von 6.00 Uhr bis 8.30 Uhr gearbeitet hat. Zwar hat der K gegenüber dem Amtsgerichts Backnang mit Schreiben vom 27.02.2004 seine Angaben vom 15.04.2003 zurückgezogen. Der Senat sieht sich jedoch nicht gehindert, die von K gemachten und von ihm unterschriebenen Angaben gleichwohl zu verwerten, nachdem K keine Gründe mitgeteilt hat, weshalb er seine Aussagen zurückzieht. Die Einlassungen des Klägers werden außerdem durch die in den Terminkalendern 2001 bis 2003 des Klägers eingetragenen geschäftlichen Termine des Klägers widerlegt (Termin zwischen 8.00 Uhr bis zum Teil 20.00 Uhr), wie sie im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Stuttgart festgestellt worden sind.

Auch der Kläger selbst hat bei seiner Vernehmung durch die Arbeitsmarktinspektion am 13.08.2003 bestätigt, dass seine Arbeitszeit bei der Firma BPD pro Woche ca. 30 Stunden betragen habe. Hinsichtlich seiner wöchentlichen Arbeitsbelastung für die Firma BMS gab der Kläger an, dies sei sehr unterschiedlich gewesen. Er habe 15 Stunden angegeben, der Rest sei wie bei der die BPD in seiner Freizeit gewesen. Diese Angaben lassen nur den Schluss zu, dass auch die Arbeitszeit für die BMS regelmäßig über 15 Stunden wöchentlich betragen hat. Gegen die Verwertung dieser Angaben bestehen keine Bedenken. Dafür, dass der Kläger bei seiner Vernehmung unter Druck gesetzt worden sei und dass die im Protokoll enthaltenen Angaben dem entsprächen, was ihm in den Mund gelegt worden und was von ihm zu hören gewünscht gewesen sei, wie er im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Unabhängig davon ist nicht plausibel, dass sich der Kläger erst im Verlaufe des Berufungsverfahrens hierauf berufen hat. Sollte es tatsächlich zutreffend sein, dass der Kläger bei seiner Vernehmung unter Druck gesetzt worden ist, ist nicht verständlich, weshalb der Kläger nicht bereits in einem weiteren früheren Stadium des vorliegenden Verfahrens oder im Strafverfahren sich hierauf berufen hat. Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass der Kläger mit diesem Einwand lediglich den Versuch unternimmt, seine Angaben, die er bei der Arbeitsmarktinspektion bei seiner Vernehmung am 13.08.2003 gemacht hat, zu seinen Gunsten (weiter) zu beschönigen, weshalb der Senat den Einwand des Klägers als reine Schutzbehauptung wertet, zumal die nicht geringfügige Tätigkeit des Kläger im streitigen Zeitraum nach dem oben Ausgeführten auch unabhängig von den Angaben des Klägers feststeht.

Entsprechendes gilt für die ebenfalls im Verlaufe des Berufungsverfahrens erstmals aufgestellte Behauptung des Klägers, ein Mitarbeiter der AA habe sich unter Zeugen dahingehend geäußert, dass die 15 Stunden Regelung für ihn und die sonst anwesenden Personen nicht gelte. Auch insoweit ist aus den zuvor genannten Gründen ebenfalls nicht verständlich, dass sich der Kläger erstmals im Verlaufe des Berufungsverfahrens hierauf berufen hat. Zudem widerspricht dieses Vorbringen seinen Angaben bei seiner Vernehmung bei der Arbeitsmarktinspektion am 13.08.2003, wo der Kläger angegeben hat, der Mitarbeiter des AA habe ihm gesagt, dass seine Tätigkeit in Ordnung sei, solange der die Stundengrenze von 15 Stunden wöchentlich nicht überschreite. Auch das übrige Verhalten des Klägers (insbesondere die Mitteilung einer geringfügigen Beschäftigung) sowie sein übriges Vorbringen zum zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit im streitigen Zeitraum steht im Widerspruch zu seiner Behauptung, ihm sei gesagt worden, die 15 Stundengrenze gelte für ihn nicht. Der Senat sieht aus diesen Gründen keinen Anlass, den vom Kläger benannten Mitarbeiter als Zeugen zu vernehmen. Er wertet vielmehr auch dieses Vorbringen als reine Schutzbehauptung.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es habe sich um eine Freizeittätigkeit gehandelt, die seine Arbeitslosigkeit nicht ausgeschlossen habe. Der Kläger war im streitigen Zeitraum im gewerblichen Dienstleistungsbereich als Mitgesellschafter der BPD und der BMS (z.T.) in der Funktion als Geschäftsführer tätig. Eine solche Tätigkeit kann der Kläger nicht als bloße Freizeittätigkeit abtun, was ohne weiteres auf der Hand liegt. Ob der Kläger für diese Tätigkeit Entgelt erhalten oder Gewinn erzielt hat, ist ohne Belang. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden zu haben, sowie darauf, seine Verpflichtungen als Arbeitssuchender überobligationsmäßig erfüllt zu haben. Ebenso wenig ist die Vorschrift des § 428 SGB III für die Frage von Bedeutung, ob der Kläger im streitigen Zeitraum arbeitslos war. Allein maßgeblich ist vielmehr, dass der Kläger im streitigen Zeitraum in einem zeitlichen Ausmaß tätig war, das regelmäßig die 15 Stundengrenze wöchentlich bei weitem überschritten hat.

Dass der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma BMS nach dem 08.01.2003 (Abberufung als Geschäftsführer) aufgegeben oder in zeitlichem Maße relevant reduziert hätte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat K bei seiner Vernehmung am 15.04.2003 angegeben, auch wenn der Kläger nicht mehr Geschäftsführer sei, leite er die Firma noch mit. Diese Angaben werden auch durch die Einträge im Terminkalender des Klägers, wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart sie festgestellt hat, belegt. Dass der Kläger nach dem 08.01.2003 seine Tätigkeit relevant reduziert hat, ist nicht ersichtlich. Vielmehr belegt der Terminkalender 2003des Klägers, dass er auch nach dem 08.01.2003 bis jedenfalls 05.04.2003 weiterhin in einem vergleichbaren Ausmaß für die Firma BMS tätig war, wie zuvor. Für den Senat steht daher fest, dass der Kläger auch am 01.04.2003 nicht arbeitslos war, sodass sich auch der Bescheid vom 07.05.2003, mit dem die Bewilligung von Alhi ab 01.04.2003 aufgehoben wurde, nicht zu beanstanden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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