Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1976/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4620/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verunglückt ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, wo er zuletzt betriebliche Tätigkeiten verrichtet hatte, so entfällt der Versicherungsschutz nur dann, wenn vom Unfallversicherungsträger bewiesen wird, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Verrichtung unterbrochen hatte (Anschluss an BSG vom 26.10.2004 - B 2 U 24/03 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 9).
Die Frage, ob eine innere Ursache für einen Unfall allein wesentlich war, stellt sich erst dann, wenn die innere Ursache sicher festgestellt ist.
Die Frage, ob eine innere Ursache für einen Unfall allein wesentlich war, stellt sich erst dann, wenn die innere Ursache sicher festgestellt ist.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.10.2003 und der Bescheid der Beklagten vom 26.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2002 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 27.03.2001 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 27.03.2001 als Arbeitsunfall.
Der 1956 geborene Kläger ist Inhaber der Firma H. B., Zimmerei/Holzbau in K.-H ... Er ist bei der Beklagten versichert. Am 27.03.2001 war der Kläger seit 06:00 Uhr morgens - mit einer Unterbrechung durch eine Kaffeepause gegen 09:00 Uhr - in seinem Betrieb tätig. Zwischen 10:15 Uhr und 10:30 Uhr wurde er von seiner Ehefrau in verwirrtem Zustand auf dem Betriebsgelände angetroffen. Er blutete aus der Nase und hatte einen blauen Fleck über dem linken Auge. Auf Frage der Ehefrau konnte der Kläger keine Angaben machen, was mit ihm los sei, er klagte lediglich über rasende Kopfschmerzen. Die Ehefrau rief daraufhin den Rettungsdienst, der den Kläger ins Kreiskrankenhaus K. brachte. Dort wurde eine Schädelbasisfraktur links mit Einblutung in die Keilbeinhöhle festgestellt und der Verdacht auf einen Sturz nach Krampfanfall geäußert. Der Kläger könne sich an den Unfall nicht erinnern, es habe Bewusstlosigkeit bestanden, bis der Rettungswagen gekommen sei. Es sei unklar, ob erst eine Bewusstlosigkeit und dann der Sturz aufgetreten sei oder umgekehrt (vgl. Durchgangsarztbericht von Dr. Schuhr vom 29.03.2001). Der Neurologe und Psychiater Dr. B., der den Kläger auf Veranlassung des Kreiskrankenhauses K. untersuchte, beschrieb eine retrograde Amnesie für ca. eine Stunde, anterograde Amnesieanteile für ca. 20 Minuten. Der Kläger habe schon morgens bemerkt, dass er sich nicht so wohl fühle wie gewöhnlich. Bei der doch ausgedehnten Amnesie könne ein Sturz auf den Hinterkopf Auslöser des Krampfanfalles sein (Brief vom 29.03.2001). Am 28.03.2001 wurde der Kläger ins Klinikum O. verlegt. Dort wurde zunächst die Diagnose "Schädel-Hirn-Trauma nach Krampfanfall" gestellt. Der Kläger sei am 27.03.2001 nach Krampfanfall gestürzt. Die stationäre Behandlung werde über die Privat-Kasse abgerechnet, da kein Unfallereignis nach den gesetzlichen Bestimmungen vorliege (vgl. Nachschaubericht vom 29.03.2001).
In der von der Ehefrau des Klägers erstellten Unfallanzeige, die am 06.04.2001 bei der Beklagten einging, wurde angegeben, dass der Kläger beim Besteigen einer Leiter abgerutscht und mit dem Hinterkopf auf dem Boden aufgeschlagen sei. Die Beklagte bat daraufhin im Rahmen ihrer Ermittlungen den Kläger um eine Unfallschilderung und zog ärztliche Unterlagen bei. Im Arztbrief des Kreiskrankenhauses K. vom 30.03.2001 wurden als Diagnosen "unklare Synkope mit Schwindel und Sturz am 27.03.2001, Verdacht auf Krampfanfall (DD primär/sekundär), Verdacht auf Schädelbasisfraktur links im Bereich des Keilbeinflügels" genannt. Der Kläger habe am 27.03.2001 bei der Arbeit wohl eine Synkope erlitten. Im Rahmen der Synkope bestehe Verdacht auf Krampfanfall, wobei unklar sei, ob primär oder differenzialdiagnostisch sekundär nach einem fraglichen Sturz. Anschließend sei es zu einer Schwindelsymptomatik gekommen, dabei sei der Kläger torkelnd gegen eine Tür geprallt und habe sich im Rahmen dessen wohl eine Schädelbasisfraktur links zugezogen. Es bestehe eine seit Dezember 2000 bekannte labile Hypertonie, die mit Bisoprolol 2,5 pro Die eingestellt sei. Echokardiographisch sei eine diastolische Funktionsstörung sowie eine Septumhyperthrophie beim Kardiologen diagnostiziert worden. Im neurologischen Befundbericht des Klinikums O. vom 03.04.2001 über eine neurologische Untersuchung am 30.03.2001 wurde mitgeteilt, dass aus neurologischer Sicht ein zunächst diskutierter zentralorganischer Krampfanfall als Ursache der Schädelverletzung unwahrscheinlich sei. Möglich sei ein traumatischer Frühanfall nach Schädelbasisfraktur mit temporaler Contusio cerebri links. Der Kläger könne sich an den Unfall nicht erinnern. Er erinnere sich noch, gegen 09:30 Uhr am Unfalltag sein Büro verlassen zu haben und gegen 10:30 Uhr von seiner Frau ins Krankenhaus gebracht worden zu sein. Der HNO-Arzt Dr. H., der den Kläger am 27.03.2001 im Rahmen einer Konsiliaruntersuchung gesehen hatte, gab in seinem Arztbrief vom 28.03.2001 an, der Kläger habe am Unfalltag gegen 06:30 Uhr erstmals einen kurzen, unsystematischen Schwindel beobachtet. Gegen 09:30 Uhr sei er dann unter nicht ganz klaren Umständen zu Fall gekommen. Der abgelaufene synkopale Anfall stehe in keinem Zusammenhang zu einem labyrinthären Schwindelgeschehen. Zum Untersuchungszeitpunkt sei kein Nachweis einer persistierenden zentral vestibulären oder peripheren Störung möglich. Vordringlich erscheine die neurologische bzw. kardiologische Beurteilung. In seinem späteren, an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 11.10.2001 gab Dr. H. an, der Kläger habe am 27.03.2001 angegeben, dass er bei beruflicher Tätigkeit gegen 09:30 Uhr gestürzt sei. Im Zwischenbericht des Klinikums O. vom 10.04.2001 wurde mitgeteilt, dass die neurologische Beurteilung keinen ausreichenden Anhalt für einen stattgehabten Grand-Mal-Anfall als Ursache des Sturzes ergeben habe, so dass man von einem Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes ausgehen und die zunächst in den Raum gestellte Sturzursache eines epileptischen Anfalls ablehnen müsse. Die vom Kläger geklagten Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel sowie Doppelbilder seien posttraumatischer Genese. Im neurologischen Befundbericht des Klinikums O. vom 18.04.2001 über die am 02.04.2001 durchgeführte Untersuchung des Klägers wurde mitgeteilt, dass die bisher vorliegenden Befunde keinen Hinweis ergeben hätten, dass ein Grand-Mal-Anfall Ursache des Sturzes gewesen sei.
Der Kläger selbst gab unter dem 28.06.2001 an, er sei am Unfalltag morgens gegen 06:15 Uhr in seinen Betrieb gegangen und habe für den Tag das Werkzeug und die Fahrzeuge gerichtet. Um 07:30 Uhr seien seine Mitarbeiter zu einer Baustelle gefahren, er selbst sei bis 09:00 Uhr im Büro gewesen, um die angefallenen Büroarbeiten zu erledigen. Um 09:00 Uhr sei er zu seiner Frau ins Wohnhaus gegangen, um mit ihr den Tagesablauf zu besprechen. Gegen 09:30 Uhr sei er in eine Werkhalle gelaufen, um das Material für den kommenden Arbeitstag zu richten. Er könne sich noch erinnern, dass er alles gerichtet gehabt habe und nur noch ein Lüftungsprofil zu holen gewesen sei. Dieses Lüftungsprofil liege auf einer hohen Ablage in der Werkhalle, die man nur mit einer Leiter erreichen könne. An die Zeit ca. 15 Minuten vor dem Unfall und ca. 1 Stunde danach habe er keine Erinnerung mehr. Am Unfalltag sei es ihm vor seinem Unfall sehr gut gegangen. Er habe ausreichend geschlafen und keinen Stress gehabt. Er vermute, dass er die Leiter hinaufgestiegen sei, um das fehlende Lüftungsprofil zu holen, mit der Leiter nach Hinten umgestürzt und mit dem Kopf auf dem Holzboden aufgeschlagen sei. Als er auf dem Boden gelegen habe, müsse die Leiter auf ihn gefallen sein und dabei mit dem Holm auf sein linkes Auge, seine Knie und den Rippenbogen geschlagen haben. Dadurch habe er sich dort Hämatome zugezogen. Wahrscheinlich sei er dann ohnmächtig gewesen und habe, nachdem er wieder zu sich gekommen sei, die Leiter, die auf ihm gelegen sei, falsch herum wieder an die Ablage gestellt. Jedenfalls habe seine Ehefrau nachmittags gegen 15:00 Uhr vor der Ablage, auf der die Lüftungsprofile gelagert seien, die Leiter gesehen, die jedoch mit dem Unterteil nach oben angelehnt gewesen sei. Vor der Leiter habe sein Zollstock auf dem Boden gelegen, auf dem staubigen Holzboden sei ein Abdruck seiner Kleider zu sehen gewesen. Bis auf das Lüftungsprofil sei sämtliches Material für die Baustelle am kommenden Tag auf zwei Zimmermannsböcken ca. 5 Meter von der Leiter entfernt hergerichtet gewesen.
Der HNO-Arzt Dr. H. teilte unter dem 26.07.2001 mit, dass der Kläger seit dem Unfalltag unter Drehschwindelattacken im Bett bei Seitenlagerung leide. Vor dem Unfall habe der Kläger aber ähnliche Beschwerden auch schon gehabt.
Die Beklagte holte ergänzend die Stellungnahme des Rettungssanitäters M. R. vom 28.08.2001 ein. Dieser teilte mit, der Kläger habe am Unfalltag keine klaren Angaben zum vorangegangenen Unfall machen können. Laut der Ehefrau habe der Kläger im Büro ein Schwindelgefühl geäußert und daraufhin das Büro verlassen. Erstmalig sei er auf dem Hof zusammengebrochen. Weder der Kläger noch die Ehefrau hätten Angaben über ein vorhergegangenes Trauma oder sonstige äußere Einflüsse machen können, die darauf hätten schließen lassen, dass eine evtl. Gehirnerschütterung und ein bereits bestehender Hirnschaden Ursache für das Unfallgeschehen gewesen seien.
Mit Bescheid vom 26.10.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Die Ehefrau des Klägers habe gegenüber dem Rettungsdienstpersonal angegeben, dass den Kläger im Büro ein Schwindelgefühl überkommen habe. Daraufhin habe er das Büro verlassen und sei im Hof zusammengebrochen. Damit sei ein Arbeitsunfall nicht erwiesen. Den späteren Angaben, er sei vermutlich von einer Leiter gefallen, könne nicht gefolgt werden. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger aus innerer Ursache gestürzt sei und besondere betriebliche Umstände nicht wesentlich zur Schwere der bei dem Sturz erlittenen Verletzung beigetragen hätten.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, es treffe nicht zu, dass seine Ehefrau gegenüber den Mitarbeitern des Rettungsdienstes angegeben habe, er habe im Büro ein Schwindelgefühl geäußert, das Büro verlassen und sei erstmalig auf dem Hof zusammengebrochen. Die Beklagte zog das Notarzteinsatzprotokoll des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) vom 27.03.2001 bei, das unter Punkt 2 "Notfallgeschehen/Anamnese/Erstbefund" die Angaben enthält: "Sei vor dem Büro zusammengebrochen (kurzzeitig bewusstlos laut Ehefrau). Bei Ankunft ansprechbar".
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Beim Kläger bestehe seit Dezember 2000 eine bekannte labile Hypertonie. Echokardiographisch sei eine diastolische Funktionsstörung festgestellt worden. Die Beklagte gehe deshalb nach wie vor davon aus, dass der Kläger aufgrund von Unwohlsein ohne äußere Umstände innerhalb des Betriebsgeländes gestürzt sei und keine betriebsbedingte Gefahr zur Art und Schwere der Verletzung beigetragen habe.
Dagegen erhob der Kläger am 11.07.2002 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG). Das SG vernahm die Ehefrau des Klägers und dessen Mitarbeiter G. sowie den Bauherrn Sch., auf dessen Baustelle die Fa. B. am Tag nach dem Unfall Arbeiten zu verrichten hatte, als Zeugen. Die Ehefrau des Klägers gab an, dass sie gegen 10:30 Uhr die Post geholt und in das Büro gebracht habe. Vom Büro aus habe sie ihren Ehemann aus der Abbundhalle Richtung Büro kommen sehen. Er habe versucht, eine seit Jahren abgeschlossene Tür zu öffnen, was ihr merkwürdig vorgekommen sei. Sie habe bemerkt, dass ihr Mann geschwankt habe und sei zu ihm gegangen. Er sei an der Tür, die er habe öffnen wollen, etwas in sich zusammengesackt gewesen. Er habe geäußert, er habe Kopfweh, aber sonst gehe es ihm gut. Sie habe dann den Rettungsdienst alarmiert. Später habe sie dann festgestellt, dass in der Abbundhalle, von der ihr Mann gekommen sei, eine Leiter verkehrt herum gestanden sei. Auf dem Boden habe sie im Staub einen Abdruck gesehen, neben dem ein Zollstock gelegen habe. Sie könne sich den Vorfall nur so erklären, dass ihr Mann von der Leiter gestürzt sei, sich dabei verletzt habe und der Zollstock aus der Zimmermannshose gefallen sei. Der Zeuge G. gab an, dass er am Tag nach dem Arbeitsunfall das Material in der Abbundhalle eingeladen habe. Dabei habe er festgestellt, dass das Lüftungsprofil fehle. Es sei ungewöhnlich, dass der Kläger das Lüftungsprofil vergesse, wenn er sage, er bereite das Material vor. Der Zeuge Sch. konnte keine sachdienlichen Angaben machen.
Mit Urteil vom 10.10.2003 wies das SG die Klage ab. Der Nachweis, dass der Unfall auf der versicherten Tätigkeit beruht habe (haftungsbegründende Kausalität) sei nicht zu führen. Zeugen für das Ereignis seien nicht vorhanden. Alle Überlegungen über den tatsächlichen Hergang müssten letztlich spekulativ bleiben, zumal der Kläger selbst keinerlei Erinnerung an den Vorfall habe. Es sei möglich, dass der Kläger mit der Leiter gestürzt sei und sich dabei verletzt habe. Ebenso möglich sei aber, dass er aus innerer Ursache infolge eines Schwindelanfalls oder eines kurzzeitigen Unwohlseins gestürzt sei. Die Unmöglichkeit, einen Arbeitsunfall nachzuweisen, gehe nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Gegen das ihm am 07.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.11.2003 Berufung eingelegt. Es stehe fest, dass er seinen Unfall in der Werkhalle, die ausschließlich betrieblichen Zwecken diene, erlitten habe. Außerdem stehe eindeutig fest, dass sich der Unfall im zeitlichen Rahmen der von ihm ausgeübten Tätigkeit ereignet habe. Somit sei nachgewiesen, dass er den Unfall im Rahmen der versicherten Tätigkeit und im Bereich der der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Betriebseinrichtung erlitten habe. Es stelle sich lediglich die Frage, ob es sich um einen Unfall aus innerer Ursache gehandelt habe. Durch die umfangreichen und ausführlichen medizinischen Untersuchungen und Berichte sei festgestellt worden, dass nachweislich keine Anzeichen bzw. Ursachen für einen Krampfanfall bzw. für ein Unwohlsein und ein hieraus resultierendes Sturzereignis vorhanden seien. Der Nachweis eines Sturzes aus innerer Ursache könne deshalb nicht erbracht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.10.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 26.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2002 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 27.03.2001 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Beweislast dafür, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe, treffe den Kläger. Es könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass er aus innerer Ursache gestürzt sei.
Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 21.02.2006 den Kläger angehört und dessen Ehefrau als Zeugin vernommen.
Der Kläger hat dabei angegeben, er könne sich wieder erinnern, dass er auf eine Leiter gestiegen sei, um etwas herunterzuholen. Ab da setze seine Erinnerung allerdings aus. Er wisse nur noch, dass er später irgendwann im Büro wach geworden sei. Dort, wo die Leiter angestellt gewesen sei, lagerten Lüftungsprofile, allerdings auch andere Profile. Wie es zu den Angaben im Brief des HNO-Arztes H. vom 28.03.2001 bzw. zu den Angaben von Dr. B. in dessen Brief vom 29.03.2001 gekommen sei, wisse er nicht mehr. Die Ehefrau des Klägers hat im Wesentlichen ihre bereits vor dem SG gemachten Angaben bestätigt. Wegen der Einzelheiten der Angaben des Klägers und der Angaben der Ehefrau wird auf die Niederschrift vom 21.02.2006 (Bl. 26/33 der LSG-Akte) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegen nicht vor.
Die Klage ist als Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig, da die Beklagte bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint hat (vgl. BSG Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 21/03 R -, BSG SozR 2200 § 551 Nr. 35)
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des SG und die ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat am 27.03.2001 einen Arbeitsunfall erlitten.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). § 8 Abs. 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das bisher geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO). Die zu § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfällen nach den Vorschriften des SGB VII grundsätzlich weiter herangezogen werden. (BSG SozR 3-2700 § 8 Nrn. 1, 2, 3, 6, 9).
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können, d. h., dass die insoweit erheblichen Tatsachen in so hohem Grade wahrscheinlich sein müssen, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis als erbracht angesehen werden kann (BSGE 58, 80, 83). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urteil vom 10.10.2002 - B 2 U 6/02 R mwN).
In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen außerhalb der See- und Binnenschifffahrt (vgl. jetzt § 10 SGB VII) kein sog. Betriebsbann, so dass auch im Falle der Einwirkung besonderer, dem Betrieb eigentümlicher Gefahren Unfälle auf dem Betriebsgelände bei eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht versichert sind. Vielmehr ist stets erforderlich, dass der Arbeitnehmer im Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachging, indem er betriebsdienliche Zwecke verfolgte oder zumindest eine Tätigkeit ausübte, die den Zwecken des Unternehmens zu dienen bestimmt war (vgl. Urteil des BSG vom 27.6.2000 - B 2 U 22/99 R = SozR 3-2200 § 548 Nr. 38 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Senat - gestützt auf die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau - keinen Zweifel daran, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls einer betrieblichen Tätigkeit nachgegangen ist. Der Senat geht dabei davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls in der Abbundhalle das Material für den nächsten Arbeitstag gerichtet hat. Der Kläger ist in schon verwirrtem Zustand von der Abbundhalle in Richtung Büro gegangen, als er von seiner Ehefrau bemerkt wurde. In der Abbundhalle hat vor dem Hochlager, auf dem u. a. Lüftungsprofile gelagert wurden, eine Leiter gestanden. Ca. fünf Meter von der Leiter entfernt lag das Material, das der Kläger für den nächsten Arbeitstag gerichtet hatte, auf zwei Zimmermannsböcken, wie die Zeugin B. vor dem Berichterstatter glaubhaft angegeben hat. Der Zeuge G. hat vor dem SG bestätigt, dass er am Tag nach dem Unfall das Material, das für die an diesem Tag anstehende Baustelle Sch. benötigt wurde, bis auf die Lüftungsprofile in der Abbundhalle vorgefunden hat. Die Ehefrau des Klägers hat bei ihrer Vernehmung durch den Berichterstatter außerdem angegeben, dass der Kläger ihr bei der Kaffeepause gesagt habe, er müsse noch das Material für den nächsten Tag herrichten. Es spricht somit alles dafür, dass der Kläger nach der Kaffeepause das Material hergerichtet hat und von dieser Tätigkeit kommend von seiner Ehefrau aufgefunden worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die betriebliche Tätigkeit unterbrochen hat und zum Unfallzeitpunkt privaten Verrichtungen nachgegangen ist, gibt es nicht. Entsprechendes wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Da der Versicherungsschutz auch dann, wenn ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz verunglückt, wo er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hat, nur dann entfällt, wenn bewiesen ist, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Verrichtung unterbrochen hatte, (vgl. Urteil des BSG vom 26.10.2004 - B 2 U 24/03 R = BSGE 93, 279 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 9), ist hier davon auszugehen, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen ist und damit unter Versicherungsschutz gestanden hat.
Damit steht jedoch noch nicht fest, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat. Denn ein solcher liegt nur vor, wenn die versicherte Tätigkeit nach der im Unfallrecht gültigen Kausallehre von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Unfall war. Diese kausale Verknüpfung (die sog. haftungsbegründende Kausalität) muss nicht sicher feststehen, vielmehr sind insoweit geringere Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung zu stellen, weil die hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Ursachenzusammenhang genügt. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlicher Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286; 60, 58 mwN).
Der genaue Unfallhergang lässt sich nicht feststellen, da es keine Zeugen für den Unfall gibt und sich der Kläger an den Unfall nicht mehr erinnern kann. Es spricht allerdings sehr viel dafür, dass der Kläger tatsächlich auf einer Leiter gestanden hat, um Lüftungsgitter aus dem Hochlager zu holen und dabei gestürzt ist. Dafür sprechen die umgekehrt angelehnte Leiter, die die Ehefrau am Nachmittag des Unfalltages in der Abbundhalle vorgefunden hat, der Körperabdruck auf dem Boden unterhalb der Leiter und der danebenliegende Zollstock. Geht man davon aus, dass der Kläger auf der Leiter stehend ausgerutscht ist oder das Gleichgewicht verloren hat, wäre auf jeden Fall die betriebliche Tätigkeit wesentliche Ursache für den Sturz und die dabei erlittenen Verletzungen.
Dies wäre selbst dann so, wenn der Kläger wegen eines Schwindelanfalls, eines Krampfanfalls oder einer Synkope von der Leiter gestürzt wäre. Hier wäre zwar eine innere Ursache an dem Sturz beteiligt gewesen. Eine solche schließt eine ursächliche Verknüpfung zwischen der betrieblichen Tätigkeit und dem Unfallgeschehen allerdings nur dann aus, wenn sie zwangsläufig zu dem eingetretenen Unfallverlauf (Art und Schwere des Unfalls) geführt hat (BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 75 und 81). Hiervon könnte jedoch nicht ausgegangen werden, da die genannten inneren Ursachen nicht zwangsläufig zu einer Schädelverletzung führen, sondern für die Art der Verletzung der Sturz von der Leiter wesentliche (Mit-)Bedingung gewesen wäre, so dass auch in diesem Fall von einem Arbeitsunfall auszugehen wäre.
Geht man davon aus, dass der Kläger sich die Verletzungen nicht bei einem Sturz von der Leiter zugezogen hat, sondern auf dem Boden gehend bzw. stehend gestürzt ist, wäre bei Annahme einer inneren Ursache - also nicht bei einem Stolpern oder Ausrutschen als Ursache für den Sturz - der ursächliche Zusammenhang dagegen wohl zu verneinen, da nicht ersichtlich ist, dass insoweit betriebliche Einrichtungen oder Gefahren wesentlich zu Art und Schwere der Verletzung beigetragen hätten. Einen solchen Unfallhergang hält die Beklagte für möglich und hat deshalb das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint.
Die bloße - auch gute - Möglichkeit eines Sturzes aus innerer Ursache ohne Mitwirkung betrieblicher Umstände bei Art und/oder Schwere der Verletzungen schließt allerdings das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht aus. Hierzu bedarf es vielmehr der wertenden Gegenüberstellung der in Betracht kommenden inneren Ursachen mit den betriebsbedingten Ursachen. Nur wenn die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass die innere Ursache die allein wesentliche Bedingung des Unfalls gewesen ist, scheidet die Annahme eines Arbeitsunfalls aus. Damit körpereigene bzw. innere Ursachen bei der Abwägung mit anderen -betriebsbedingten - Ursachen berücksichtigt werden können, müssen sie allerdings - im Vollbeweis - nachgewiesen sein. Kann eine innere Ursache nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn in Betracht zu ziehen ist (vgl. BSGE 61, 127; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr.14).
Ein zunächst als mögliche innere Ursache für den Sturz in Betracht gezogener Krampfanfall kann nicht als nachgewiesen angesehen werden, da in den neurologischen Befundberichten des Klinikums O. vom 03.04.2001 und 18.04.2001 ein solcher Krampfanfall als unwahrscheinlich bezeichnet worden ist.
Auch die im Brief des Kreiskrankenhauses K. vom 30.03.2001 genannte "unklare Synkope" kann nicht als nachgewiesen angesehen werden. Hier handelt es sich ersichtlich um eine Vermutung, die durch entsprechende Untersuchungsbefunde nicht belegt werden konnte. Dass beim Kläger seit Dezember 2000 eine labile Hypertonie bekannt ist, ändert daran nichts, da diese medikamentös eingestellt war und es keine Hinweise für eine Blutdruckentgleisung am Unfalltag gibt. Dass die echokardiographisch nachgewiesene diastolische Funktionsstörung eine Synkope oder einen Schwindel verursacht hat bzw. haben könnte, wird in keinem der vorhandenen ärztlichen Berichte erwähnt.
Dr. H. hat in seinem Brief vom 28.03.2001 zwar angegeben, der Kläger habe am Morgen des Unfalltages gegen 6.30 Uhr erstmals einen kurzen, unsystematischen Schwindel beobachtet. Auch Dr. B. hat in seinem Brief vom 29.03.2001 mitgeteilt, der Kläger habe angegeben, dass er sich am Morgen des Unfalltages nicht so wohl gefühlt habe wie gewöhnlich. Genauere Angaben zur Art des Unwohlseins enthält der Brief jedoch nicht. Der Kläger hat hierzu bei seiner Anhörung durch den Berichterstatter angegeben, dass er sich an entsprechende Angaben nicht erinnern und sich nicht erklären könne, wie diese Angaben zustande gekommen seien. Da die Ehefrau des Klägers nach ihren Angaben bei der Vernehmung durch den Berichterstatter weder bei der Untersuchung durch Dr. H. noch durch Dr. B. dabei war, die entsprechenden Äußerungen also nicht auf ihren Angaben beruhen können, können sie nur auf den Angaben des Klägers selbst beruhen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass beide Untersuchungsgespräche am Unfalltag oder spätestens am nächsten Tag stattgefunden haben und der Kläger sich eine schwere Kopfverletzung zugezogen hatte, die u. a. auch eine Amnesie hinsichtlich des Unfallgeschehens bewirkte. Auf entsprechende Angaben des Klägers kann deshalb nach Auffassung des Senats nicht die Überzeugung gestützt werden, es habe eine innere Ursache vorgelegen, zumal die Angaben gegenüber Dr. B. sehr unspezifisch sind. Angaben über Drehschwindelanfälle, unter denen der Kläger auch schon vor dem Unfall gelitten haben soll, hat zwar Dr. H. in seinem Brief vom 26.07.2001 gemacht. Wann diese Angaben vom Kläger gemacht wurden, ist dem Brief jedoch nicht zu entnehmen. Dr. H. hat allerdings einen unauffälligen Befund erhoben. Pathologische Befunde, die das Auftreten eines Drehschwindels erklären könnten, sind damit nicht nachgewiesen, zumal die geklagten Schwindelerscheinungen laut dem Zwischenbericht des Klinikums O. vom 10.04.2001 posttraumatischer Genese sind. Die Ehefrau des Klägers hat bei ihrer Vernehmung durch den Berichterstatter ausgesagt, dass der Kläger am Unfalltag und auch vor dem Unfall nicht über irgendwelche Beschwerden geklagt habe. Auch der Kläger hat bei seiner Anhörung angegeben, dass er sich vor dem Unfall wohl gefühlt habe. Insoweit kann deshalb das Vorliegen einer inneren Ursache nicht im Sinne des Vollbeweises als bewiesen angesehen werden.
Nachgewiesen sind somit nur betriebliche Umstände, so dass eine wertende Gegenüberstellung mit inneren Ursachen nicht vorgenommen werden muss bzw. kann. Die Beklagte hat deshalb zu Unrecht die Anerkennung des Ereignisses vom 27.03.2001 als Arbeitsunfall abgelehnt. Auf die Berufung des Klägers war deshalb das Urteil des SG und die ablehnenden Bescheide der Beklagten aufzuheben und das Vorliegen eines Arbeitsunfalls festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung des Ereignisses vom 27.03.2001 als Arbeitsunfall.
Der 1956 geborene Kläger ist Inhaber der Firma H. B., Zimmerei/Holzbau in K.-H ... Er ist bei der Beklagten versichert. Am 27.03.2001 war der Kläger seit 06:00 Uhr morgens - mit einer Unterbrechung durch eine Kaffeepause gegen 09:00 Uhr - in seinem Betrieb tätig. Zwischen 10:15 Uhr und 10:30 Uhr wurde er von seiner Ehefrau in verwirrtem Zustand auf dem Betriebsgelände angetroffen. Er blutete aus der Nase und hatte einen blauen Fleck über dem linken Auge. Auf Frage der Ehefrau konnte der Kläger keine Angaben machen, was mit ihm los sei, er klagte lediglich über rasende Kopfschmerzen. Die Ehefrau rief daraufhin den Rettungsdienst, der den Kläger ins Kreiskrankenhaus K. brachte. Dort wurde eine Schädelbasisfraktur links mit Einblutung in die Keilbeinhöhle festgestellt und der Verdacht auf einen Sturz nach Krampfanfall geäußert. Der Kläger könne sich an den Unfall nicht erinnern, es habe Bewusstlosigkeit bestanden, bis der Rettungswagen gekommen sei. Es sei unklar, ob erst eine Bewusstlosigkeit und dann der Sturz aufgetreten sei oder umgekehrt (vgl. Durchgangsarztbericht von Dr. Schuhr vom 29.03.2001). Der Neurologe und Psychiater Dr. B., der den Kläger auf Veranlassung des Kreiskrankenhauses K. untersuchte, beschrieb eine retrograde Amnesie für ca. eine Stunde, anterograde Amnesieanteile für ca. 20 Minuten. Der Kläger habe schon morgens bemerkt, dass er sich nicht so wohl fühle wie gewöhnlich. Bei der doch ausgedehnten Amnesie könne ein Sturz auf den Hinterkopf Auslöser des Krampfanfalles sein (Brief vom 29.03.2001). Am 28.03.2001 wurde der Kläger ins Klinikum O. verlegt. Dort wurde zunächst die Diagnose "Schädel-Hirn-Trauma nach Krampfanfall" gestellt. Der Kläger sei am 27.03.2001 nach Krampfanfall gestürzt. Die stationäre Behandlung werde über die Privat-Kasse abgerechnet, da kein Unfallereignis nach den gesetzlichen Bestimmungen vorliege (vgl. Nachschaubericht vom 29.03.2001).
In der von der Ehefrau des Klägers erstellten Unfallanzeige, die am 06.04.2001 bei der Beklagten einging, wurde angegeben, dass der Kläger beim Besteigen einer Leiter abgerutscht und mit dem Hinterkopf auf dem Boden aufgeschlagen sei. Die Beklagte bat daraufhin im Rahmen ihrer Ermittlungen den Kläger um eine Unfallschilderung und zog ärztliche Unterlagen bei. Im Arztbrief des Kreiskrankenhauses K. vom 30.03.2001 wurden als Diagnosen "unklare Synkope mit Schwindel und Sturz am 27.03.2001, Verdacht auf Krampfanfall (DD primär/sekundär), Verdacht auf Schädelbasisfraktur links im Bereich des Keilbeinflügels" genannt. Der Kläger habe am 27.03.2001 bei der Arbeit wohl eine Synkope erlitten. Im Rahmen der Synkope bestehe Verdacht auf Krampfanfall, wobei unklar sei, ob primär oder differenzialdiagnostisch sekundär nach einem fraglichen Sturz. Anschließend sei es zu einer Schwindelsymptomatik gekommen, dabei sei der Kläger torkelnd gegen eine Tür geprallt und habe sich im Rahmen dessen wohl eine Schädelbasisfraktur links zugezogen. Es bestehe eine seit Dezember 2000 bekannte labile Hypertonie, die mit Bisoprolol 2,5 pro Die eingestellt sei. Echokardiographisch sei eine diastolische Funktionsstörung sowie eine Septumhyperthrophie beim Kardiologen diagnostiziert worden. Im neurologischen Befundbericht des Klinikums O. vom 03.04.2001 über eine neurologische Untersuchung am 30.03.2001 wurde mitgeteilt, dass aus neurologischer Sicht ein zunächst diskutierter zentralorganischer Krampfanfall als Ursache der Schädelverletzung unwahrscheinlich sei. Möglich sei ein traumatischer Frühanfall nach Schädelbasisfraktur mit temporaler Contusio cerebri links. Der Kläger könne sich an den Unfall nicht erinnern. Er erinnere sich noch, gegen 09:30 Uhr am Unfalltag sein Büro verlassen zu haben und gegen 10:30 Uhr von seiner Frau ins Krankenhaus gebracht worden zu sein. Der HNO-Arzt Dr. H., der den Kläger am 27.03.2001 im Rahmen einer Konsiliaruntersuchung gesehen hatte, gab in seinem Arztbrief vom 28.03.2001 an, der Kläger habe am Unfalltag gegen 06:30 Uhr erstmals einen kurzen, unsystematischen Schwindel beobachtet. Gegen 09:30 Uhr sei er dann unter nicht ganz klaren Umständen zu Fall gekommen. Der abgelaufene synkopale Anfall stehe in keinem Zusammenhang zu einem labyrinthären Schwindelgeschehen. Zum Untersuchungszeitpunkt sei kein Nachweis einer persistierenden zentral vestibulären oder peripheren Störung möglich. Vordringlich erscheine die neurologische bzw. kardiologische Beurteilung. In seinem späteren, an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 11.10.2001 gab Dr. H. an, der Kläger habe am 27.03.2001 angegeben, dass er bei beruflicher Tätigkeit gegen 09:30 Uhr gestürzt sei. Im Zwischenbericht des Klinikums O. vom 10.04.2001 wurde mitgeteilt, dass die neurologische Beurteilung keinen ausreichenden Anhalt für einen stattgehabten Grand-Mal-Anfall als Ursache des Sturzes ergeben habe, so dass man von einem Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes ausgehen und die zunächst in den Raum gestellte Sturzursache eines epileptischen Anfalls ablehnen müsse. Die vom Kläger geklagten Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel sowie Doppelbilder seien posttraumatischer Genese. Im neurologischen Befundbericht des Klinikums O. vom 18.04.2001 über die am 02.04.2001 durchgeführte Untersuchung des Klägers wurde mitgeteilt, dass die bisher vorliegenden Befunde keinen Hinweis ergeben hätten, dass ein Grand-Mal-Anfall Ursache des Sturzes gewesen sei.
Der Kläger selbst gab unter dem 28.06.2001 an, er sei am Unfalltag morgens gegen 06:15 Uhr in seinen Betrieb gegangen und habe für den Tag das Werkzeug und die Fahrzeuge gerichtet. Um 07:30 Uhr seien seine Mitarbeiter zu einer Baustelle gefahren, er selbst sei bis 09:00 Uhr im Büro gewesen, um die angefallenen Büroarbeiten zu erledigen. Um 09:00 Uhr sei er zu seiner Frau ins Wohnhaus gegangen, um mit ihr den Tagesablauf zu besprechen. Gegen 09:30 Uhr sei er in eine Werkhalle gelaufen, um das Material für den kommenden Arbeitstag zu richten. Er könne sich noch erinnern, dass er alles gerichtet gehabt habe und nur noch ein Lüftungsprofil zu holen gewesen sei. Dieses Lüftungsprofil liege auf einer hohen Ablage in der Werkhalle, die man nur mit einer Leiter erreichen könne. An die Zeit ca. 15 Minuten vor dem Unfall und ca. 1 Stunde danach habe er keine Erinnerung mehr. Am Unfalltag sei es ihm vor seinem Unfall sehr gut gegangen. Er habe ausreichend geschlafen und keinen Stress gehabt. Er vermute, dass er die Leiter hinaufgestiegen sei, um das fehlende Lüftungsprofil zu holen, mit der Leiter nach Hinten umgestürzt und mit dem Kopf auf dem Holzboden aufgeschlagen sei. Als er auf dem Boden gelegen habe, müsse die Leiter auf ihn gefallen sein und dabei mit dem Holm auf sein linkes Auge, seine Knie und den Rippenbogen geschlagen haben. Dadurch habe er sich dort Hämatome zugezogen. Wahrscheinlich sei er dann ohnmächtig gewesen und habe, nachdem er wieder zu sich gekommen sei, die Leiter, die auf ihm gelegen sei, falsch herum wieder an die Ablage gestellt. Jedenfalls habe seine Ehefrau nachmittags gegen 15:00 Uhr vor der Ablage, auf der die Lüftungsprofile gelagert seien, die Leiter gesehen, die jedoch mit dem Unterteil nach oben angelehnt gewesen sei. Vor der Leiter habe sein Zollstock auf dem Boden gelegen, auf dem staubigen Holzboden sei ein Abdruck seiner Kleider zu sehen gewesen. Bis auf das Lüftungsprofil sei sämtliches Material für die Baustelle am kommenden Tag auf zwei Zimmermannsböcken ca. 5 Meter von der Leiter entfernt hergerichtet gewesen.
Der HNO-Arzt Dr. H. teilte unter dem 26.07.2001 mit, dass der Kläger seit dem Unfalltag unter Drehschwindelattacken im Bett bei Seitenlagerung leide. Vor dem Unfall habe der Kläger aber ähnliche Beschwerden auch schon gehabt.
Die Beklagte holte ergänzend die Stellungnahme des Rettungssanitäters M. R. vom 28.08.2001 ein. Dieser teilte mit, der Kläger habe am Unfalltag keine klaren Angaben zum vorangegangenen Unfall machen können. Laut der Ehefrau habe der Kläger im Büro ein Schwindelgefühl geäußert und daraufhin das Büro verlassen. Erstmalig sei er auf dem Hof zusammengebrochen. Weder der Kläger noch die Ehefrau hätten Angaben über ein vorhergegangenes Trauma oder sonstige äußere Einflüsse machen können, die darauf hätten schließen lassen, dass eine evtl. Gehirnerschütterung und ein bereits bestehender Hirnschaden Ursache für das Unfallgeschehen gewesen seien.
Mit Bescheid vom 26.10.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Die Ehefrau des Klägers habe gegenüber dem Rettungsdienstpersonal angegeben, dass den Kläger im Büro ein Schwindelgefühl überkommen habe. Daraufhin habe er das Büro verlassen und sei im Hof zusammengebrochen. Damit sei ein Arbeitsunfall nicht erwiesen. Den späteren Angaben, er sei vermutlich von einer Leiter gefallen, könne nicht gefolgt werden. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger aus innerer Ursache gestürzt sei und besondere betriebliche Umstände nicht wesentlich zur Schwere der bei dem Sturz erlittenen Verletzung beigetragen hätten.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, es treffe nicht zu, dass seine Ehefrau gegenüber den Mitarbeitern des Rettungsdienstes angegeben habe, er habe im Büro ein Schwindelgefühl geäußert, das Büro verlassen und sei erstmalig auf dem Hof zusammengebrochen. Die Beklagte zog das Notarzteinsatzprotokoll des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) vom 27.03.2001 bei, das unter Punkt 2 "Notfallgeschehen/Anamnese/Erstbefund" die Angaben enthält: "Sei vor dem Büro zusammengebrochen (kurzzeitig bewusstlos laut Ehefrau). Bei Ankunft ansprechbar".
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Beim Kläger bestehe seit Dezember 2000 eine bekannte labile Hypertonie. Echokardiographisch sei eine diastolische Funktionsstörung festgestellt worden. Die Beklagte gehe deshalb nach wie vor davon aus, dass der Kläger aufgrund von Unwohlsein ohne äußere Umstände innerhalb des Betriebsgeländes gestürzt sei und keine betriebsbedingte Gefahr zur Art und Schwere der Verletzung beigetragen habe.
Dagegen erhob der Kläger am 11.07.2002 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG). Das SG vernahm die Ehefrau des Klägers und dessen Mitarbeiter G. sowie den Bauherrn Sch., auf dessen Baustelle die Fa. B. am Tag nach dem Unfall Arbeiten zu verrichten hatte, als Zeugen. Die Ehefrau des Klägers gab an, dass sie gegen 10:30 Uhr die Post geholt und in das Büro gebracht habe. Vom Büro aus habe sie ihren Ehemann aus der Abbundhalle Richtung Büro kommen sehen. Er habe versucht, eine seit Jahren abgeschlossene Tür zu öffnen, was ihr merkwürdig vorgekommen sei. Sie habe bemerkt, dass ihr Mann geschwankt habe und sei zu ihm gegangen. Er sei an der Tür, die er habe öffnen wollen, etwas in sich zusammengesackt gewesen. Er habe geäußert, er habe Kopfweh, aber sonst gehe es ihm gut. Sie habe dann den Rettungsdienst alarmiert. Später habe sie dann festgestellt, dass in der Abbundhalle, von der ihr Mann gekommen sei, eine Leiter verkehrt herum gestanden sei. Auf dem Boden habe sie im Staub einen Abdruck gesehen, neben dem ein Zollstock gelegen habe. Sie könne sich den Vorfall nur so erklären, dass ihr Mann von der Leiter gestürzt sei, sich dabei verletzt habe und der Zollstock aus der Zimmermannshose gefallen sei. Der Zeuge G. gab an, dass er am Tag nach dem Arbeitsunfall das Material in der Abbundhalle eingeladen habe. Dabei habe er festgestellt, dass das Lüftungsprofil fehle. Es sei ungewöhnlich, dass der Kläger das Lüftungsprofil vergesse, wenn er sage, er bereite das Material vor. Der Zeuge Sch. konnte keine sachdienlichen Angaben machen.
Mit Urteil vom 10.10.2003 wies das SG die Klage ab. Der Nachweis, dass der Unfall auf der versicherten Tätigkeit beruht habe (haftungsbegründende Kausalität) sei nicht zu führen. Zeugen für das Ereignis seien nicht vorhanden. Alle Überlegungen über den tatsächlichen Hergang müssten letztlich spekulativ bleiben, zumal der Kläger selbst keinerlei Erinnerung an den Vorfall habe. Es sei möglich, dass der Kläger mit der Leiter gestürzt sei und sich dabei verletzt habe. Ebenso möglich sei aber, dass er aus innerer Ursache infolge eines Schwindelanfalls oder eines kurzzeitigen Unwohlseins gestürzt sei. Die Unmöglichkeit, einen Arbeitsunfall nachzuweisen, gehe nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Gegen das ihm am 07.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.11.2003 Berufung eingelegt. Es stehe fest, dass er seinen Unfall in der Werkhalle, die ausschließlich betrieblichen Zwecken diene, erlitten habe. Außerdem stehe eindeutig fest, dass sich der Unfall im zeitlichen Rahmen der von ihm ausgeübten Tätigkeit ereignet habe. Somit sei nachgewiesen, dass er den Unfall im Rahmen der versicherten Tätigkeit und im Bereich der der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Betriebseinrichtung erlitten habe. Es stelle sich lediglich die Frage, ob es sich um einen Unfall aus innerer Ursache gehandelt habe. Durch die umfangreichen und ausführlichen medizinischen Untersuchungen und Berichte sei festgestellt worden, dass nachweislich keine Anzeichen bzw. Ursachen für einen Krampfanfall bzw. für ein Unwohlsein und ein hieraus resultierendes Sturzereignis vorhanden seien. Der Nachweis eines Sturzes aus innerer Ursache könne deshalb nicht erbracht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.10.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 26.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2002 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 27.03.2001 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Beweislast dafür, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe, treffe den Kläger. Es könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass er aus innerer Ursache gestürzt sei.
Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 21.02.2006 den Kläger angehört und dessen Ehefrau als Zeugin vernommen.
Der Kläger hat dabei angegeben, er könne sich wieder erinnern, dass er auf eine Leiter gestiegen sei, um etwas herunterzuholen. Ab da setze seine Erinnerung allerdings aus. Er wisse nur noch, dass er später irgendwann im Büro wach geworden sei. Dort, wo die Leiter angestellt gewesen sei, lagerten Lüftungsprofile, allerdings auch andere Profile. Wie es zu den Angaben im Brief des HNO-Arztes H. vom 28.03.2001 bzw. zu den Angaben von Dr. B. in dessen Brief vom 29.03.2001 gekommen sei, wisse er nicht mehr. Die Ehefrau des Klägers hat im Wesentlichen ihre bereits vor dem SG gemachten Angaben bestätigt. Wegen der Einzelheiten der Angaben des Klägers und der Angaben der Ehefrau wird auf die Niederschrift vom 21.02.2006 (Bl. 26/33 der LSG-Akte) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) liegen nicht vor.
Die Klage ist als Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig, da die Beklagte bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint hat (vgl. BSG Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 21/03 R -, BSG SozR 2200 § 551 Nr. 35)
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des SG und die ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat am 27.03.2001 einen Arbeitsunfall erlitten.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). § 8 Abs. 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das bisher geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO). Die zu § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfällen nach den Vorschriften des SGB VII grundsätzlich weiter herangezogen werden. (BSG SozR 3-2700 § 8 Nrn. 1, 2, 3, 6, 9).
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können, d. h., dass die insoweit erheblichen Tatsachen in so hohem Grade wahrscheinlich sein müssen, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis als erbracht angesehen werden kann (BSGE 58, 80, 83). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urteil vom 10.10.2002 - B 2 U 6/02 R mwN).
In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen außerhalb der See- und Binnenschifffahrt (vgl. jetzt § 10 SGB VII) kein sog. Betriebsbann, so dass auch im Falle der Einwirkung besonderer, dem Betrieb eigentümlicher Gefahren Unfälle auf dem Betriebsgelände bei eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht versichert sind. Vielmehr ist stets erforderlich, dass der Arbeitnehmer im Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachging, indem er betriebsdienliche Zwecke verfolgte oder zumindest eine Tätigkeit ausübte, die den Zwecken des Unternehmens zu dienen bestimmt war (vgl. Urteil des BSG vom 27.6.2000 - B 2 U 22/99 R = SozR 3-2200 § 548 Nr. 38 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Senat - gestützt auf die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau - keinen Zweifel daran, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls einer betrieblichen Tätigkeit nachgegangen ist. Der Senat geht dabei davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls in der Abbundhalle das Material für den nächsten Arbeitstag gerichtet hat. Der Kläger ist in schon verwirrtem Zustand von der Abbundhalle in Richtung Büro gegangen, als er von seiner Ehefrau bemerkt wurde. In der Abbundhalle hat vor dem Hochlager, auf dem u. a. Lüftungsprofile gelagert wurden, eine Leiter gestanden. Ca. fünf Meter von der Leiter entfernt lag das Material, das der Kläger für den nächsten Arbeitstag gerichtet hatte, auf zwei Zimmermannsböcken, wie die Zeugin B. vor dem Berichterstatter glaubhaft angegeben hat. Der Zeuge G. hat vor dem SG bestätigt, dass er am Tag nach dem Unfall das Material, das für die an diesem Tag anstehende Baustelle Sch. benötigt wurde, bis auf die Lüftungsprofile in der Abbundhalle vorgefunden hat. Die Ehefrau des Klägers hat bei ihrer Vernehmung durch den Berichterstatter außerdem angegeben, dass der Kläger ihr bei der Kaffeepause gesagt habe, er müsse noch das Material für den nächsten Tag herrichten. Es spricht somit alles dafür, dass der Kläger nach der Kaffeepause das Material hergerichtet hat und von dieser Tätigkeit kommend von seiner Ehefrau aufgefunden worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die betriebliche Tätigkeit unterbrochen hat und zum Unfallzeitpunkt privaten Verrichtungen nachgegangen ist, gibt es nicht. Entsprechendes wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Da der Versicherungsschutz auch dann, wenn ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz verunglückt, wo er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hat, nur dann entfällt, wenn bewiesen ist, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Verrichtung unterbrochen hatte, (vgl. Urteil des BSG vom 26.10.2004 - B 2 U 24/03 R = BSGE 93, 279 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 9), ist hier davon auszugehen, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen ist und damit unter Versicherungsschutz gestanden hat.
Damit steht jedoch noch nicht fest, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat. Denn ein solcher liegt nur vor, wenn die versicherte Tätigkeit nach der im Unfallrecht gültigen Kausallehre von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Unfall war. Diese kausale Verknüpfung (die sog. haftungsbegründende Kausalität) muss nicht sicher feststehen, vielmehr sind insoweit geringere Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung zu stellen, weil die hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Ursachenzusammenhang genügt. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlicher Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286; 60, 58 mwN).
Der genaue Unfallhergang lässt sich nicht feststellen, da es keine Zeugen für den Unfall gibt und sich der Kläger an den Unfall nicht mehr erinnern kann. Es spricht allerdings sehr viel dafür, dass der Kläger tatsächlich auf einer Leiter gestanden hat, um Lüftungsgitter aus dem Hochlager zu holen und dabei gestürzt ist. Dafür sprechen die umgekehrt angelehnte Leiter, die die Ehefrau am Nachmittag des Unfalltages in der Abbundhalle vorgefunden hat, der Körperabdruck auf dem Boden unterhalb der Leiter und der danebenliegende Zollstock. Geht man davon aus, dass der Kläger auf der Leiter stehend ausgerutscht ist oder das Gleichgewicht verloren hat, wäre auf jeden Fall die betriebliche Tätigkeit wesentliche Ursache für den Sturz und die dabei erlittenen Verletzungen.
Dies wäre selbst dann so, wenn der Kläger wegen eines Schwindelanfalls, eines Krampfanfalls oder einer Synkope von der Leiter gestürzt wäre. Hier wäre zwar eine innere Ursache an dem Sturz beteiligt gewesen. Eine solche schließt eine ursächliche Verknüpfung zwischen der betrieblichen Tätigkeit und dem Unfallgeschehen allerdings nur dann aus, wenn sie zwangsläufig zu dem eingetretenen Unfallverlauf (Art und Schwere des Unfalls) geführt hat (BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 75 und 81). Hiervon könnte jedoch nicht ausgegangen werden, da die genannten inneren Ursachen nicht zwangsläufig zu einer Schädelverletzung führen, sondern für die Art der Verletzung der Sturz von der Leiter wesentliche (Mit-)Bedingung gewesen wäre, so dass auch in diesem Fall von einem Arbeitsunfall auszugehen wäre.
Geht man davon aus, dass der Kläger sich die Verletzungen nicht bei einem Sturz von der Leiter zugezogen hat, sondern auf dem Boden gehend bzw. stehend gestürzt ist, wäre bei Annahme einer inneren Ursache - also nicht bei einem Stolpern oder Ausrutschen als Ursache für den Sturz - der ursächliche Zusammenhang dagegen wohl zu verneinen, da nicht ersichtlich ist, dass insoweit betriebliche Einrichtungen oder Gefahren wesentlich zu Art und Schwere der Verletzung beigetragen hätten. Einen solchen Unfallhergang hält die Beklagte für möglich und hat deshalb das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint.
Die bloße - auch gute - Möglichkeit eines Sturzes aus innerer Ursache ohne Mitwirkung betrieblicher Umstände bei Art und/oder Schwere der Verletzungen schließt allerdings das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht aus. Hierzu bedarf es vielmehr der wertenden Gegenüberstellung der in Betracht kommenden inneren Ursachen mit den betriebsbedingten Ursachen. Nur wenn die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass die innere Ursache die allein wesentliche Bedingung des Unfalls gewesen ist, scheidet die Annahme eines Arbeitsunfalls aus. Damit körpereigene bzw. innere Ursachen bei der Abwägung mit anderen -betriebsbedingten - Ursachen berücksichtigt werden können, müssen sie allerdings - im Vollbeweis - nachgewiesen sein. Kann eine innere Ursache nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn in Betracht zu ziehen ist (vgl. BSGE 61, 127; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr.14).
Ein zunächst als mögliche innere Ursache für den Sturz in Betracht gezogener Krampfanfall kann nicht als nachgewiesen angesehen werden, da in den neurologischen Befundberichten des Klinikums O. vom 03.04.2001 und 18.04.2001 ein solcher Krampfanfall als unwahrscheinlich bezeichnet worden ist.
Auch die im Brief des Kreiskrankenhauses K. vom 30.03.2001 genannte "unklare Synkope" kann nicht als nachgewiesen angesehen werden. Hier handelt es sich ersichtlich um eine Vermutung, die durch entsprechende Untersuchungsbefunde nicht belegt werden konnte. Dass beim Kläger seit Dezember 2000 eine labile Hypertonie bekannt ist, ändert daran nichts, da diese medikamentös eingestellt war und es keine Hinweise für eine Blutdruckentgleisung am Unfalltag gibt. Dass die echokardiographisch nachgewiesene diastolische Funktionsstörung eine Synkope oder einen Schwindel verursacht hat bzw. haben könnte, wird in keinem der vorhandenen ärztlichen Berichte erwähnt.
Dr. H. hat in seinem Brief vom 28.03.2001 zwar angegeben, der Kläger habe am Morgen des Unfalltages gegen 6.30 Uhr erstmals einen kurzen, unsystematischen Schwindel beobachtet. Auch Dr. B. hat in seinem Brief vom 29.03.2001 mitgeteilt, der Kläger habe angegeben, dass er sich am Morgen des Unfalltages nicht so wohl gefühlt habe wie gewöhnlich. Genauere Angaben zur Art des Unwohlseins enthält der Brief jedoch nicht. Der Kläger hat hierzu bei seiner Anhörung durch den Berichterstatter angegeben, dass er sich an entsprechende Angaben nicht erinnern und sich nicht erklären könne, wie diese Angaben zustande gekommen seien. Da die Ehefrau des Klägers nach ihren Angaben bei der Vernehmung durch den Berichterstatter weder bei der Untersuchung durch Dr. H. noch durch Dr. B. dabei war, die entsprechenden Äußerungen also nicht auf ihren Angaben beruhen können, können sie nur auf den Angaben des Klägers selbst beruhen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass beide Untersuchungsgespräche am Unfalltag oder spätestens am nächsten Tag stattgefunden haben und der Kläger sich eine schwere Kopfverletzung zugezogen hatte, die u. a. auch eine Amnesie hinsichtlich des Unfallgeschehens bewirkte. Auf entsprechende Angaben des Klägers kann deshalb nach Auffassung des Senats nicht die Überzeugung gestützt werden, es habe eine innere Ursache vorgelegen, zumal die Angaben gegenüber Dr. B. sehr unspezifisch sind. Angaben über Drehschwindelanfälle, unter denen der Kläger auch schon vor dem Unfall gelitten haben soll, hat zwar Dr. H. in seinem Brief vom 26.07.2001 gemacht. Wann diese Angaben vom Kläger gemacht wurden, ist dem Brief jedoch nicht zu entnehmen. Dr. H. hat allerdings einen unauffälligen Befund erhoben. Pathologische Befunde, die das Auftreten eines Drehschwindels erklären könnten, sind damit nicht nachgewiesen, zumal die geklagten Schwindelerscheinungen laut dem Zwischenbericht des Klinikums O. vom 10.04.2001 posttraumatischer Genese sind. Die Ehefrau des Klägers hat bei ihrer Vernehmung durch den Berichterstatter ausgesagt, dass der Kläger am Unfalltag und auch vor dem Unfall nicht über irgendwelche Beschwerden geklagt habe. Auch der Kläger hat bei seiner Anhörung angegeben, dass er sich vor dem Unfall wohl gefühlt habe. Insoweit kann deshalb das Vorliegen einer inneren Ursache nicht im Sinne des Vollbeweises als bewiesen angesehen werden.
Nachgewiesen sind somit nur betriebliche Umstände, so dass eine wertende Gegenüberstellung mit inneren Ursachen nicht vorgenommen werden muss bzw. kann. Die Beklagte hat deshalb zu Unrecht die Anerkennung des Ereignisses vom 27.03.2001 als Arbeitsunfall abgelehnt. Auf die Berufung des Klägers war deshalb das Urteil des SG und die ablehnenden Bescheide der Beklagten aufzuheben und das Vorliegen eines Arbeitsunfalls festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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