Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 1048/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3640/05 PKH-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Umstellung von Arbeitslosenhilfe auf Arbeitslosengeld 2; Besitzstandswahrung
Das Vertrauen auf den Fortbestand des Leistungsniveaus einer steuerfinanzierten staatlichen Fürsorgeleistung ist verfassungsrechtlich nicht geschützt.
Der Gesetzgeber ist im Rahmen seines grundsätzlich weiten Ermessens nicht gehindert, eine solche Leistung - unter Beachtung des existenziellen Minimums - abzusenken.
Das Vertrauen auf den Fortbestand des Leistungsniveaus einer steuerfinanzierten staatlichen Fürsorgeleistung ist verfassungsrechtlich nicht geschützt.
Der Gesetzgeber ist im Rahmen seines grundsätzlich weiten Ermessens nicht gehindert, eine solche Leistung - unter Beachtung des existenziellen Minimums - abzusenken.
Das Gesuch, dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren L 7 AS 3639/05 zu bewilligen und Rechtsanwalt T. , F. , beizuordnen wird abgelehnt.
Gründe:
Der Antrag hat keinen Erfolg. Der Antragsteller hat für das Berufungsverfahren keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des von ihm benannten Rechtsanwalts.
PKH erhält nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO), wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Kläger, der nach seinen Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Arbeitslosengeld II (Alg II) bezieht, kann zwar nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 12. August 2005 zu Recht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger unter Berufung auf Gründe des Vertrauensschutzes und der Besitzstandswahrung Leistungen in der Höhe der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe (Alhi) beansprucht.
Der Kläger hat aus dem seit 1. Januar 2005 geltenden Gesetz (Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)) keinen Anspruch auf Gewährung von Alhi über den 31. Dezember 2004 hinaus, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Der Gesetzgeber hat die Alhi zum 1. Januar 2005 abgeschafft und durch das Alg II ersetzt. Die Alhi war zwar ebenso wie das Arbeitslosengeld (Alg) eine Entgeltersatzleistung, anders als das beitragsfinanzierte Alg war sie jedoch steuerfinanziert und hatte die Bedürftigkeit des Arbeitslosen zur Voraussetzung (§ 193 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Ihre Höhe (§ 195 SGB III) war ebenso wie die des Alg abhängig von der des Arbeitsentgelts. Sie verminderte sich um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen (§ 195 Satz 2 SGB III). Das ab dem 1. Januar 2005 an die Stelle der Alhi getretene Alg II sieht für erwerbsfähige Hilfebedürftige die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft vor (§ 19 Satz 1 SGB II). Die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts wird nach § 20 Abs. 1 SGB II als Regelleistung gewährt; die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend sind, 345,00 EUR. Einen befristeten Zuschlag sieht das Gesetz nach Bezug von Alg vor, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg erhält. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 von Hundert vermindert. Die Höhe des Zuschlags ist in § 24 Abs. 2 SGB II geregelt; sie ist nach § 24 Abs. 3 SGB II bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf 160,00 EUR begrenzt.
Der Kläger erhält derzeit auf der Grundlage der Bestimmungen des SGB II Alg II in gesetzlicher Höhe. Sein Antrag, ihm diese in der zuletzt als Alhi bewilligten Höhe zu bezahlen, findet im Gesetz keine Grundlage. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er auf anderer Rechtsgrundlage einen Anspruch auf Alg II in einer das Gesetz übersteigenden Höhe hätte.
Bei der zur Begründung der Berufung angeführten "Übereinkunft vom 13. August 2004" handelt es sich nicht um einen Vertrag, sondern um eine einseitige Erklärung des Klägers. Es besteht auch keine schriftliche Zusage im Sinne des § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), dem Kläger weiterhin bis zum Rentenbeginn Alhi in der bisherigen Höhe zu gewähren. Die Bundesagentur für Arbeit hat mit der Entgegennahme der Erklärung keinen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf einen Weiterbezug der - unveränderten - Alhi bis zum Bezug einer Altersrente geschaffen.
Aus der Regelung des § 428 Abs. 1 SGB III ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift enthielt keine eigenständige Regelung über die Gewährung von Alg und Alhi. Sie sah den Bezug von Leistungen unter erleichterten Voraussetzungen vor. Hierzu mussten die Leistungsempfänger gegenüber der Agentur für Arbeit erklären, nicht mehr arbeitsbereit zu sein und nicht mehr alle Möglichkeiten nutzen zu wollen, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Nach § 428 Abs. 2 SGB III waren sie verpflichtet, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine abschlagfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen. Eine solche Verpflichtung oblag den Beziehern von Alhi im Übrigen bereits nach § 202 Abs. 1 SGB III. Die Erklärung nach § 428 SGB III hat zu Gunsten des Klägers auch Wirkung im Rahmen der Bewilligung des Alg II. Nach der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II haben abweichend von § 2 SGB II auch erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden. Damit steht im Falle des Klägers fest, dass die von ihm abgegebene Erklärung nach § 428 SGB III in Bezug auf Alg II die gleiche Wirkung entfaltet wie zuvor im Rahmen der Alhi.
Weitergehende Schutzwirkungen kann der Kläger aus der Erklärung nach § 428 SGB III nicht für sich herleiten. Deren Erklärungswert beschränkt sich darauf, dass auf die subjektive Verfügbarkeit - das Arbeitenwollen der Antragsteller - verzichtet wird, aber gleichwohl weiter Fürsorgeleistungen des Staates, z. B. in Form der Alhi, erbracht werden. Nur insoweit ist ein Vertrauenstatbestand gegeben, dem die Bestimmung des § 65 Abs. 4 SGB II Rechnung trägt. Diese wurde auch im Hinblick auf Bezieher von Alhi geschaffen, welche die Möglichkeiten des § 428 Abs. 1 SGB III in Anspruch genommen hatten. (vgl. die amtliche Begründung zu § 65 SGB II, BT-Drs. 15/1749). Die erleichterte Bezugsmöglichkeit der Alhi kann zu Lebensplanungen geführt haben, deren Änderungen unzumutbar wären. Mit § 65 Abs. 4 SGB II ist daher eine Vertrauensschutzbestimmung geschaffen worden, durch die zeitlich begrenzt sichergestellt wird, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die auf die bisherige Rechtslage - § 428 Abs. 1 SGB III - vertrauten, ihre Lebensplanung nicht mehr ändern müssen. Danach werden ältere Arbeitslose auch unter Geltung des SGB II von der Obliegenheit des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft befreit (vgl. dazu Hünecke in Gagel, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 26; Blüggel in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 16 ; Mayer in Oestreicher, Kommentar zum SGB XII/SGB II, Loseblattsammlung, § 65 SGB II Rdnrn. 35 ff.).
Einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die neue Leistung des Alg II in gleicher Höhe wie zuvor die frühere Alhi erbracht wird, begründet die Bestimmung des § 428 Abs. 1 SGB III indessen nicht (ebenso Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Urteil vom 19.01.2006 - L 8 AS 310/05 - juris). Für den vom Kläger zur Begründung seines Begehrens in Anspruch genommenen Vertrauensschutz bietet auch seine persönliche Situation keinen Anlass. Der Kläger hat erstmals im August 2004 erklärt, er mache von der Regelung des damals geltenden § 428 Abs. 3 SGB III Gebrauch. Zu diesem Zeitpunkt war bereits absehbar, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Alhi abzuschaffen und durch eine allein am Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung orientierte Sozialleistung, das Alg II, zu ersetzen. In dem kurzen Zeitraum bis zum Jahresende 2004, zu welchem die Regelungen über die Alhi aufgehoben und durch die Regelungen des SGB II ersetzt worden sind, konnte durch die bis dahin erfolgte Bewilligung kein Bestandsschutz im Sinne einer eigentumsähnlich verfestigten Position entstehen, dessen Beseitigung durch die Neuregelung gerade im Falle des Klägers gegen Grundrechte verstieße.
Dies umso mehr, als die Kürzung eines Arbeitslosenhilfeanspruches durch das neue Alg II nicht in erworbene Rechte eingreift, die dem Eigentumsschutz nach Art. 14 GG unterliegen. Denn die Alhi ist nicht beitrags-, sondern steuerfinanziert und fällt daher nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. September 2005 - 1 BvR 1773/03 - zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung von Alhi). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt aber der Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen u. a. nur in Betracht, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und zudem der Sicherung seiner Existenz dienen (vgl. BVerfGE 53, 257 , 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr. 1; BVerfGE 69, 272 , 300 = SozR 2200 § 165 Nr. 81; BVerfGE 72, 9 , 19 = SozR 4100 § 104 Nr. 13). Dem hat sich das Bundessozialgericht angeschlossen (vgl. z.B. BSGE 69, 76 , 77 f = SozR 3-2500 § 59 Nr. 1 S 3 f und Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 1 KR 4/05 R - SozR 4-0000, zum Wegfall des Sterbegeldes in der Krankenversicherung zum 1. Januar 2004).
Auch aus den vom Kläger angeführten Gründen des aus Art. 20 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Vertrauens- und Bestandsschutzes bestehen keine verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Abschaffung der Alhi zu Gunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht daran gehindert, diese Leistungsart abzuschaffen und für die Sicherstellung des Lebensunterhalts ein anderes Regelungswerk einzuführen (zum Wegfall der originären Alhi ab 1. Januar 2000 vgl. BSG SozR 4-4300 § 434b Nr. 1), zumal er sich für die Zusammenführung von Alhi und Sozialhilfe ab 1. Januar 2005 auf gewichtige Gründe berufen kann. Er hat im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz als reformbedürftig angesehen, dass allein die unterschiedliche Art des Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit trotz Erwerbsfähigkeit (Sozialhilfe einerseits bzw. Alhi andererseits) den Zugang zu den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen prägte, zu unterschiedlicher sozialer Sicherung (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rente), zu unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten (Sozialgerichte/Verwaltungsgerichte) und immer wieder zu Versuchen der Leistungsverschiebung zwischen den Körperschaften geführt hatte (vgl. Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, a.a.O.). Hiervon ausgehend hält sich die Entscheidung des Gesetzgebers, die Alhi zu Gunsten des Alg II abzuschaffen, innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums, welcher diesem auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13. Dezember 2005, a.a.O.) bei der Ausformung sozialrechtlicher Positionen zusteht. Dass in diesem Zuge das Anspruchsniveau der staatlichen Fürsorgeleistung abgesenkt wurde, unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass z. B. derjenige, welcher als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung beitritt, von vornherein nicht erwarten darf, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen auf Dauer unverändert fortbestehen. Die gesetzlichen Sozialversicherungen sind Solidargemeinschaften auf Dauer, die sich im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen anpassen müssen. Wer Mitglied einer so geprägten Gemeinschaft ist, erwirbt nicht nur die damit verbundenen Chancen, sondern trägt mit den anderen Versicherten auch ihre Risiken ( BVerfGE 69, 272 , 314 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 135).
In gleicher Weise besteht in der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen eines Hilfeempfängers auf künftigen Fortbestand des bisherigen Anspruchsniveaus staatlicher Leistungen. Der Gesetzgeber ist vielmehr, da es sich bei der Alhi ebenso wie beim Alg II um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handelt, grundsätzlich nicht gehindert, die Leistung - unter Beachtung des existenziellen Minimums - abzusenken. Dass hierbei verfassungsmäßige Rechte des Klägers verletzt worden wären, vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal dieser hinsichtlich der Höhe der Zahlungen nicht anders gestellt ist als jeder Bezieher von Alhi im Jahr 2004, dessen Anspruch aufgrund der damals geltenden Bestimmungen höher war als die ab 2005 eingeführte Regelleistung.
Bei dieser Sachlage gibt es nach Auffassung des Senats für den vom Kläger behaupteten Anspruch keine denkbare Anspruchsgrundlage. Das vorliegende Verfahren bietet auch keine Veranlassung zu einer Auseinandersetzung mit der Verfassungsmäßigkeit der Bemessung der monatlichen Regelleistung gem. § 20 Abs. 2 SGB II unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips. Denn der Kläger macht nicht substantiiert eine generelle Unterdeckung seines individuellen Bedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Bemessung der Regelleistung des Arbeitslosengeldes II geltend, sondern beruft sich wie ausgeführt unter Heranziehung von § 428 SGB III - pauschal - darauf, dass dieses aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Besitzstandswahrung nicht unterhalb des Anspruchsniveaus der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe liegen dürfe. Mit diesem Argument kann er jedoch aus den dargestellten Gründen nicht durchdringen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Der Antrag hat keinen Erfolg. Der Antragsteller hat für das Berufungsverfahren keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des von ihm benannten Rechtsanwalts.
PKH erhält nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO), wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Kläger, der nach seinen Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Arbeitslosengeld II (Alg II) bezieht, kann zwar nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 12. August 2005 zu Recht die Klage abgewiesen, soweit der Kläger unter Berufung auf Gründe des Vertrauensschutzes und der Besitzstandswahrung Leistungen in der Höhe der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe (Alhi) beansprucht.
Der Kläger hat aus dem seit 1. Januar 2005 geltenden Gesetz (Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)) keinen Anspruch auf Gewährung von Alhi über den 31. Dezember 2004 hinaus, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Der Gesetzgeber hat die Alhi zum 1. Januar 2005 abgeschafft und durch das Alg II ersetzt. Die Alhi war zwar ebenso wie das Arbeitslosengeld (Alg) eine Entgeltersatzleistung, anders als das beitragsfinanzierte Alg war sie jedoch steuerfinanziert und hatte die Bedürftigkeit des Arbeitslosen zur Voraussetzung (§ 193 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Ihre Höhe (§ 195 SGB III) war ebenso wie die des Alg abhängig von der des Arbeitsentgelts. Sie verminderte sich um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen (§ 195 Satz 2 SGB III). Das ab dem 1. Januar 2005 an die Stelle der Alhi getretene Alg II sieht für erwerbsfähige Hilfebedürftige die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft vor (§ 19 Satz 1 SGB II). Die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts wird nach § 20 Abs. 1 SGB II als Regelleistung gewährt; die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend sind, 345,00 EUR. Einen befristeten Zuschlag sieht das Gesetz nach Bezug von Alg vor, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg erhält. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 von Hundert vermindert. Die Höhe des Zuschlags ist in § 24 Abs. 2 SGB II geregelt; sie ist nach § 24 Abs. 3 SGB II bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf 160,00 EUR begrenzt.
Der Kläger erhält derzeit auf der Grundlage der Bestimmungen des SGB II Alg II in gesetzlicher Höhe. Sein Antrag, ihm diese in der zuletzt als Alhi bewilligten Höhe zu bezahlen, findet im Gesetz keine Grundlage. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er auf anderer Rechtsgrundlage einen Anspruch auf Alg II in einer das Gesetz übersteigenden Höhe hätte.
Bei der zur Begründung der Berufung angeführten "Übereinkunft vom 13. August 2004" handelt es sich nicht um einen Vertrag, sondern um eine einseitige Erklärung des Klägers. Es besteht auch keine schriftliche Zusage im Sinne des § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), dem Kläger weiterhin bis zum Rentenbeginn Alhi in der bisherigen Höhe zu gewähren. Die Bundesagentur für Arbeit hat mit der Entgegennahme der Erklärung keinen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf einen Weiterbezug der - unveränderten - Alhi bis zum Bezug einer Altersrente geschaffen.
Aus der Regelung des § 428 Abs. 1 SGB III ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift enthielt keine eigenständige Regelung über die Gewährung von Alg und Alhi. Sie sah den Bezug von Leistungen unter erleichterten Voraussetzungen vor. Hierzu mussten die Leistungsempfänger gegenüber der Agentur für Arbeit erklären, nicht mehr arbeitsbereit zu sein und nicht mehr alle Möglichkeiten nutzen zu wollen, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Nach § 428 Abs. 2 SGB III waren sie verpflichtet, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine abschlagfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen. Eine solche Verpflichtung oblag den Beziehern von Alhi im Übrigen bereits nach § 202 Abs. 1 SGB III. Die Erklärung nach § 428 SGB III hat zu Gunsten des Klägers auch Wirkung im Rahmen der Bewilligung des Alg II. Nach der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II haben abweichend von § 2 SGB II auch erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden. Damit steht im Falle des Klägers fest, dass die von ihm abgegebene Erklärung nach § 428 SGB III in Bezug auf Alg II die gleiche Wirkung entfaltet wie zuvor im Rahmen der Alhi.
Weitergehende Schutzwirkungen kann der Kläger aus der Erklärung nach § 428 SGB III nicht für sich herleiten. Deren Erklärungswert beschränkt sich darauf, dass auf die subjektive Verfügbarkeit - das Arbeitenwollen der Antragsteller - verzichtet wird, aber gleichwohl weiter Fürsorgeleistungen des Staates, z. B. in Form der Alhi, erbracht werden. Nur insoweit ist ein Vertrauenstatbestand gegeben, dem die Bestimmung des § 65 Abs. 4 SGB II Rechnung trägt. Diese wurde auch im Hinblick auf Bezieher von Alhi geschaffen, welche die Möglichkeiten des § 428 Abs. 1 SGB III in Anspruch genommen hatten. (vgl. die amtliche Begründung zu § 65 SGB II, BT-Drs. 15/1749). Die erleichterte Bezugsmöglichkeit der Alhi kann zu Lebensplanungen geführt haben, deren Änderungen unzumutbar wären. Mit § 65 Abs. 4 SGB II ist daher eine Vertrauensschutzbestimmung geschaffen worden, durch die zeitlich begrenzt sichergestellt wird, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die auf die bisherige Rechtslage - § 428 Abs. 1 SGB III - vertrauten, ihre Lebensplanung nicht mehr ändern müssen. Danach werden ältere Arbeitslose auch unter Geltung des SGB II von der Obliegenheit des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft befreit (vgl. dazu Hünecke in Gagel, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 26; Blüggel in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 16 ; Mayer in Oestreicher, Kommentar zum SGB XII/SGB II, Loseblattsammlung, § 65 SGB II Rdnrn. 35 ff.).
Einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die neue Leistung des Alg II in gleicher Höhe wie zuvor die frühere Alhi erbracht wird, begründet die Bestimmung des § 428 Abs. 1 SGB III indessen nicht (ebenso Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Urteil vom 19.01.2006 - L 8 AS 310/05 - juris). Für den vom Kläger zur Begründung seines Begehrens in Anspruch genommenen Vertrauensschutz bietet auch seine persönliche Situation keinen Anlass. Der Kläger hat erstmals im August 2004 erklärt, er mache von der Regelung des damals geltenden § 428 Abs. 3 SGB III Gebrauch. Zu diesem Zeitpunkt war bereits absehbar, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Alhi abzuschaffen und durch eine allein am Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung orientierte Sozialleistung, das Alg II, zu ersetzen. In dem kurzen Zeitraum bis zum Jahresende 2004, zu welchem die Regelungen über die Alhi aufgehoben und durch die Regelungen des SGB II ersetzt worden sind, konnte durch die bis dahin erfolgte Bewilligung kein Bestandsschutz im Sinne einer eigentumsähnlich verfestigten Position entstehen, dessen Beseitigung durch die Neuregelung gerade im Falle des Klägers gegen Grundrechte verstieße.
Dies umso mehr, als die Kürzung eines Arbeitslosenhilfeanspruches durch das neue Alg II nicht in erworbene Rechte eingreift, die dem Eigentumsschutz nach Art. 14 GG unterliegen. Denn die Alhi ist nicht beitrags-, sondern steuerfinanziert und fällt daher nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. September 2005 - 1 BvR 1773/03 - zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung von Alhi). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt aber der Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen u. a. nur in Betracht, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und zudem der Sicherung seiner Existenz dienen (vgl. BVerfGE 53, 257 , 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr. 1; BVerfGE 69, 272 , 300 = SozR 2200 § 165 Nr. 81; BVerfGE 72, 9 , 19 = SozR 4100 § 104 Nr. 13). Dem hat sich das Bundessozialgericht angeschlossen (vgl. z.B. BSGE 69, 76 , 77 f = SozR 3-2500 § 59 Nr. 1 S 3 f und Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 1 KR 4/05 R - SozR 4-0000, zum Wegfall des Sterbegeldes in der Krankenversicherung zum 1. Januar 2004).
Auch aus den vom Kläger angeführten Gründen des aus Art. 20 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Vertrauens- und Bestandsschutzes bestehen keine verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Abschaffung der Alhi zu Gunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht daran gehindert, diese Leistungsart abzuschaffen und für die Sicherstellung des Lebensunterhalts ein anderes Regelungswerk einzuführen (zum Wegfall der originären Alhi ab 1. Januar 2000 vgl. BSG SozR 4-4300 § 434b Nr. 1), zumal er sich für die Zusammenführung von Alhi und Sozialhilfe ab 1. Januar 2005 auf gewichtige Gründe berufen kann. Er hat im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz als reformbedürftig angesehen, dass allein die unterschiedliche Art des Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit trotz Erwerbsfähigkeit (Sozialhilfe einerseits bzw. Alhi andererseits) den Zugang zu den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen prägte, zu unterschiedlicher sozialer Sicherung (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rente), zu unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten (Sozialgerichte/Verwaltungsgerichte) und immer wieder zu Versuchen der Leistungsverschiebung zwischen den Körperschaften geführt hatte (vgl. Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, a.a.O.). Hiervon ausgehend hält sich die Entscheidung des Gesetzgebers, die Alhi zu Gunsten des Alg II abzuschaffen, innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums, welcher diesem auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13. Dezember 2005, a.a.O.) bei der Ausformung sozialrechtlicher Positionen zusteht. Dass in diesem Zuge das Anspruchsniveau der staatlichen Fürsorgeleistung abgesenkt wurde, unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass z. B. derjenige, welcher als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung beitritt, von vornherein nicht erwarten darf, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen auf Dauer unverändert fortbestehen. Die gesetzlichen Sozialversicherungen sind Solidargemeinschaften auf Dauer, die sich im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen anpassen müssen. Wer Mitglied einer so geprägten Gemeinschaft ist, erwirbt nicht nur die damit verbundenen Chancen, sondern trägt mit den anderen Versicherten auch ihre Risiken ( BVerfGE 69, 272 , 314 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 135).
In gleicher Weise besteht in der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen eines Hilfeempfängers auf künftigen Fortbestand des bisherigen Anspruchsniveaus staatlicher Leistungen. Der Gesetzgeber ist vielmehr, da es sich bei der Alhi ebenso wie beim Alg II um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handelt, grundsätzlich nicht gehindert, die Leistung - unter Beachtung des existenziellen Minimums - abzusenken. Dass hierbei verfassungsmäßige Rechte des Klägers verletzt worden wären, vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal dieser hinsichtlich der Höhe der Zahlungen nicht anders gestellt ist als jeder Bezieher von Alhi im Jahr 2004, dessen Anspruch aufgrund der damals geltenden Bestimmungen höher war als die ab 2005 eingeführte Regelleistung.
Bei dieser Sachlage gibt es nach Auffassung des Senats für den vom Kläger behaupteten Anspruch keine denkbare Anspruchsgrundlage. Das vorliegende Verfahren bietet auch keine Veranlassung zu einer Auseinandersetzung mit der Verfassungsmäßigkeit der Bemessung der monatlichen Regelleistung gem. § 20 Abs. 2 SGB II unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips. Denn der Kläger macht nicht substantiiert eine generelle Unterdeckung seines individuellen Bedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Bemessung der Regelleistung des Arbeitslosengeldes II geltend, sondern beruft sich wie ausgeführt unter Heranziehung von § 428 SGB III - pauschal - darauf, dass dieses aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Besitzstandswahrung nicht unterhalb des Anspruchsniveaus der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe liegen dürfe. Mit diesem Argument kann er jedoch aus den dargestellten Gründen nicht durchdringen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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