L 1 U 54/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 3133/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 54/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. November 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das vom Kläger geltendgemachte Ereignis am 21.12.1999 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und ihm deswegen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.

Der 1946 geborene Kläger ist Inhaber und Geschäftsführer des Stuckateurbetriebs "Z. & G. GmbH" und war bei der W. B.-berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, freiwillig unternehmerversichert. Vom 20.05.1999 bis 02.07.2000 war der Kläger wegen eines zerebralen, ischämischen Insults arbeitsunfähig erkrankt. Am 21.12.1999 erlitt der Kläger bei einem Sturz vor der Garage seines Wohnhauses eine Schulterfraktur rechts. Er wurde deshalb vom 21.12. bis 30.12.1999 mit operativer T-Plattenosteosynthese am 22.12.1999 und vom 05.12. bis 08.12.2000 zur Metallentfernung und Arthrolyse (op. Lösung von Gelenkkontrakturen, verursacht durch intra- oder extraartikuläre Verwachsungen) stationär in der Unfallchirurgischen Klinik der Klinik am E. in G. behandelt.

Am 18.03.2002 zeigte die Firma Z. und G. der W. B.-berufsgenossenschaft den Vorfall als Arbeitsunfall an. Am 21.12.1999 habe die jährliche Betriebsversammlung stattgefunden, an der der Kläger als Geschäftsführer trotz seines Krankenstands dringend habe teilnehmen müssen. Er habe sich vom 20.12.1999 an im Betrieb aufgehalten. Am 22.12.1999 sei er auf dem Weg zur Arbeitsstelle vor dem Auto ausgerutscht (Schreiben vom 30.01.2002). Der Unfall sei erst später gemeldet worden, da die Behinderung auch erst später festgestellt worden sei. Am Unfalltag habe der Kläger die Vorbereitung und Leitung der Betriebsversammlung vornehmen wollen (Schreiben vom 11.04.2002). Im Vordruck der Unfallanzeige gab die Firma als Unfallzeitpunkt den 21.12.1999 an (Unfallanzeige vom 09.04.2002). Auf Nachfrage wurde von der Firma zuletzt angegeben, der Unfall habe sich am 21.12.1999 auf dem direkten Weg zur Arbeitsstelle ereignet (Schreiben vom 28.05.2002).

Im eingeholten Vorerkrankungsverzeichnis der Innungskrankenkasse G. vom 13.06.2002 war die Arbeitsunfähigkeit vom 20.05.1999 bis 02.07.2000 wegen einer zerebralen ischämischen Attacke sowie einer Humerusfraktur ab 21.12.1999 angegeben. Beigefügt war der vom Kläger ausgefüllte Unfallfragebogen vom 10.01.2000. Darin war als Unfallort und Unfallzeitpunkt die Wohnadresse des Klägers sowie der 21.12.1999, 8:00 Uhr angegeben. Auf die Frage, um was für einen Unfall es sich handele, waren die vorgegebenen Antworten "Arbeitsunfall" oder "Unfall auf dem Weg von der Arbeit/zur Arbeit" nicht angekreuzt, sondern war "sonstiger Unfall" angegeben. Zum Unfallhergang wurde ausgeführt, auf dem Weg vom Wohnhaus zur Garage sei der Kläger auf Glatteis ausgerutscht und auf die rechte Schulter gefallen.

Im eingeholten Krankheitsbericht der Klinik am E. vom 04.06.2002 wurde angegeben, den Kläger erstmals am 01.12.1999 (gemeint ist 21.12.1999) gegen 14:30 Uhr behandelt zu haben. Der Kläger habe laut Aktenlage 1999 einen apoplektischen Insult mit Hemiparese rechts erlitten und sei wegen noch bestehender Beinschwäche rechts zu Hause gegen 8:00 Uhr auf die rechte Schulter gestürzt. Er sei deswegen stationär vom 21.12. bis 30.12.1999 behandelt worden. Die Angaben seien auf Grund der Krankenunterlagen und schon wegen des Zeitablaufs nicht aus dem Gedächtnis gemacht worden.

Der praktische Arzt Dr. O. teilte auf Anfrage der Beklagten mit, den Kläger bei einem Hausbesuch am 21.12.1999 wegen der Schulterfraktur in die Klinik am E. eingewiesen zu haben. Der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, er sei vor der Garage im Schnee ausgerutscht. Am 21.12.1999 hätten winterliche Straßenverhältnisse geherrscht. Eine eventuelle Beinschwäche nach apoplektischem Insult sei nicht ursächlich für den Sturz gewesen (Schreiben von Dr. O. vom 21.07.2002 und 02.02.2003).

Der Unfallchirurg Dr. B. teilte mit, den Kläger erstmals am 12.01.2000 behandelt zu haben nach operativer Revision mit T-Plattenosteosynthese nach Unfall am 21.12.1999. Angaben zum Unfallereignis könne er keine machen, weil ihm nicht bekannt gewesen sei, dass es sich um einen Arbeitsunfall bzw. um ein berufsgenossenschaftliches Heilverfahren gehandelt habe (Schreiben vom 24.05. und 04.07.2002).

Der Kläger führte ergänzend aus, der Sturz sei nicht schlaganfallbedingt gewesen. Die Beinschwäche sei lediglich Auslöser für den Sturz auf die rechte Seite gewesen, schuld am Sturz sei der Schnee auf dem Weg gewesen (Schreiben vom 04.11.2002).

Die Ehefrau des Klägers gab in dem ihr übersandten Vordruck der Beklagten an, nicht Augenzeugin des Unfalls am 21.12.1999 gewesen zu sein. Sie habe Hilferufe ihres Mannes gehört und ihn auf dem Boden liegend vorgefunden. Der Ehemann sei im Schnee ausgerutscht (Angaben vom 01.12.2002).

Mit Bescheid vom 13.08.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen des Vorfalls am 21.12.1999 ab, da nicht nachgewiesen sei, dass der Kläger auf einem versicherten Weg gestürzt sei.

Hiergegen legte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein und machte geltend, versehentlich sei angegeben worden, dass die Betriebsversammlung am 21.12.1999 stattgefunden habe. Tatsächlich habe die Versammlung am 20.12.1999 stattgefunden. Er - der Kläger - habe als Geschäftsführer die Versammlung leiten müssen, da der Geschäftsführer G. zum 01.01.2000 als Geschäftsführer aus der Firma ausgeschieden sei. Am nächsten Tag sei er von der Wohnung aus auf dem Weg zur Arbeitsstelle gewesen, um dort die Betriebsversammlung aufzuarbeiten, insbesondere zusammenzufassen, Protokolle zu erledigen und die Beschlüsse und Daten umzusetzen. Er habe sich zunächst zu keinem Zeitpunkt darüber Gedanken gemacht, dass der Unfall auf dem Weg zur Arbeit geschehen sei, da für ihn nicht Erstattungsansprüche, sondern zunächst die Heilung der Verletzungsfolgen wichtig gewesen seien. Vorgelegt wurde unter anderem ein Einladungsschreiben für eine Betriebsversammlung am 20.12.1999 um 14:00 Uhr im Schulungsraum der Firma.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt weder bei Dr. O. noch während der Behandlung in der Klinik am E. einen Arbeitsunfall angegeben. Im Unfallfragebogen der Innungskrankenkasse habe er den Unfall als sonstigen Unfall bezeichnet, obgleich im Fragebogen die Möglichkeiten eines Arbeitsunfalls oder eines Unfalls auf dem Weg zur Arbeit angegeben gewesen seien. Ebenso wenig habe zweifelsfrei geklärt werden können, ob der Kläger wegen der Beinschwäche oder wegen des Schnees gestürzt sei.

Der Kläger hat am 03.12. 2003 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

Das Sozialgericht hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29.06.2005 die Ehefrau des Klägers als Zeugin vernommen. Sie hat angegeben, ihr Mann habe ihr am Morgen des Unfalltages gesagt, er müsse ins Büro. Sie habe nicht gewusst, was er im Büro habe machen sollen. Sie habe ihn schon zuvor während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit ins Büro gefahren oder für ihn aus dem Geschäft Papiere geholt. Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, der Sicherheitsbeauftragte der Beklagten habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass das Ereignis als Arbeitsunfall gemeldet werden soll. Er habe gemeint, wenn er schon wegen eines Schlaganfalls krank sei und die Schultererkrankung alsbald ausheile, dann sei für ihn die Arbeitsunfallmeldung nicht mehr relevant. Seine Kinder hätten gewusst, dass er sich auf dem Weg zur Arbeit befunden habe, hätten ihn aber nicht auf eine Arbeitsunfallmeldung aufmerksam gemacht. Zu diesem Zeitpunkt sei es ihm egal gewesen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift vom 29.06.2005 verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2005 hat das SG den Sicherheitsbeauftragten der Beklagten H. als Zeugen vernommen. Er hat ausgesagt, er sei absolut sicher, mit dem Kläger ein Gespräch über das streitige Ereignis geführt zu haben. Der Kläger habe ihm von einem Unfall vor dem Firmengebäude, als er mit seinem Fahrzeug habe wegfahren wollen und vor dem Fahrzeug ausgerutscht sei, erzählt, auch sei Glätte erwähnt worden. An Verletzungen des Klägers könne er sich nicht erinnern. Es könne jedoch nicht sein, dass der Kläger auf dem Nachhauseweg gewesen sei, sonst hätte er - der Zeuge - von einem Wegeunfall gesprochen. Wann das Gespräch stattgefunden habe, könne er nicht mehr sagen, es sei jedenfalls drei bis vier Jahre her. Er sei sich sicher, dass der Kläger von einem Termin gesprochen habe, aus dem Bauch heraus meine er, er habe einen Architektentermin genannt. Er könne sich nicht erinnern, ob die Aufarbeitung einer Betriebsversammlung erwähnt worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 18.11.2005 verwiesen.

Mit Urteil vom 18.11.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das SG dargelegt, die Kammer sei nicht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger sich am Unfalltag auf einem versicherten Weg befunden habe. Der Kläger habe bei keinem der damals behandelnden Ärzte einen Arbeitsunfall angegeben, obgleich er aufgrunds einer langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls kannte bzw. hätte wissen müssen. Nach Aussage des Zeugen H. seien seit 1998/99 Schulungen im Betrieb des Klägers zum Themenbereich Arbeitsunfall abgehalten worden, an denen auch der Kläger teilgenommen habe. In den zeitnahen Angaben zum Unfall habe der Kläger im Fragebogen der IKK einen Wegeunfall nicht angekreuzt. Der Zeuge H. habe auch nur von einem Unfall vor dem Firmengebäude gesprochen. Die Einlassung des Klägers, dem Zeugen den streitigen Sachverhalt geschildert zu haben, habe der Zeuge nicht bestätigen können.

Gegen das den Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 05.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.01.2006 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen vertieft. Die Ehefrau habe bei ihrer Zeugenvernehmung vor dem SG eindeutig angegeben, sich erinnern zu können, dass am Morgen des Unfalltages davon gesprochen worden sei, dass der Ehemann noch in die Firma müsse. Auch habe sie sich noch an die Mappe ihres Mannes erinnern können. Auch habe der Zeuge H das Gespräch über einen Arbeitsunfall, wenn auch mit leicht unterschiedlichem Inhalt, bestätigt. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Zeuge nach Erhalt der Ladung zu seiner Vernehmung von seinem Vorgesetzten bei der Beklagten unverzüglich zu einem Gespräch gebeten worden sei. Dies lasse befürchten, dass sein Erinnerungsvermögen dadurch eingeschränkt sei. Er beantrage die Vernehmung der Ehefrau und des Zeugen H vor dem Senat. Für die Tatsache, dass für den Sturz die winterlichen Straßenverhältnisse und nicht die Beeinträchtigung des Schlaganfalls ursächlich gewesen sind, werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18.11.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 13.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 14.11.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 21.12.1999 als versicherten Unfall festzustellen und gesetzliche Leistungen der Unfallversicherung dem Grunde nach zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt zur Begründung aus, den Erstangaben des Klägers müsse ein weit größerer Beweiswert beigemessen werden, als dessen nachträglichen Einlassungen. Dies gelte auch für die Angaben zur Ursache des Sturzes. Denn selbst wenn dieser bei einer betrieblichen Tätigkeit erfolgt wäre, beruhe er auf der bestehenden Beinschwäche, wie der Kläger zuerst in der Klinik am E. angegeben habe. Der Vorwurf, das Erinnerungsvermögen des Zeugen H beeinflusst zu haben, werde zurückgewiesen. Das Bemühen des Zeugen, sich genau zu erinnern, werde aus der Niederschrift zu seiner Vernehmung erkennbar.

Entsprechend der Auflage des Gerichts (richterliche Verfügung vom 28.04.2006) hat der Kläger unter anderem die nach seinem Vorbringen von der Tochter während der Betriebsversammlung am 20.12.1999 gefertigten handschriftlichen Protokollnotizen und eine eigene, vorher vorgenommene Ausarbeitung zur Betriebsversammlung am 20.12.1999 vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger hierzu auf Frage, was unter Aufarbeitung der Betriebsversammlung zu verstehen sei, angegeben, normalerweise werde nichts Schriftliches mehr gemacht. Bei der nächsten Sitzung, d.h. Betriebsversammlung, würden die Themen wieder angesprochen. Als dringende, gleich nach der Betriebsversammlung von 20.12.1999 zu erledigende Punkte könne er das in der Protokollnotiz erwähnte Schlechtwettergeld nennen.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Akten und die im Berufungsverfahren angefallene Akte des Senats wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfall und auf Gewährung von Entschädigungsleistungen.

Gem. § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII), wobei auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) versicherte Tätigkeit in diesem Sinne ist.

Der Wegeunfall, den ein Versicherter danach bei der versicherten Tätigkeiten erleidet, setzt voraus, dass das Verhalten am Ort der Tätigkeit der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R - USK 2000-95). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der so genannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82, 95, 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 27; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 38; BSG, Urteil vom 18. April 2000, aaO). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher nach den gesetzlichen Vorgaben der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32; BSG, Urteil vom 18. April 2000, aaO). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handels im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nrn. 4 und 17), so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Für die Verrichtungen eines Unternehmers ist darüber hinaus entscheidend, ob sich die jeweilige Tätigkeit im Rahmen des Unternehmens hält (Krasney, NZS 2000, 373, 374). Die zum Unfall führende Verrichtung als solche muss im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit liegen (vgl. zum Ganzen BSG Urteil vom 28. April 2004, - B 2 U 26/03 R - m. w. N.).

Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht. Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten.

Für die Beurteilung der versicherten Tätigkeit müssen die objektiven Umstände des Einzelfalls, soweit sie als Anknüpfungstatsachen für die Beurteilung des inneren Zusammenhangs des Verhaltens am Ort der Tätigkeit mit der versicherten Tätigkeit herangezogen werden, nachgewiesen sein. Ebenso wie das SG hat auch der Senat die volle richterliche Überzeugung nicht gewinnen können, dass der Sturz des Klägers im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Geschäftsführer seiner Firma stand. Ob der Kläger sich auf einem versicherten Weg i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII befand, hat der Senat nicht feststellen können.

Für einen entsprechenden inneren Zusammenhang, nämlich dass der Kläger am Unfalltag auf dem unmittelbaren Weg von seiner Wohnung zum Ort der versicherten Tätigkeit verunglückt ist, spricht das Vorbringen des Klägers und die Aussage seiner als Zeugin gehörten Ehefrau vor dem SG. Danach hat der Kläger am 21.12.1999 die Wohnung verlassen, um die am Vortag stattgefundene Betriebsversammlung im Betriebsgebäude aufzuarbeiten. Die Ehefrau des Klägers hat hierzu angegeben, ihr Ehemann habe ihr am Morgen gesagt, er müsse ins Büro.

Dagegen sprechen die früheren Angaben des Klägers sowohl zum Zeitpunkt als auch zu den Umständen des Sturzes gegen einen versicherten Wegeunfall, weil bei wertender Betrachtung danach ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nicht vorlag.

Am Unfalltag hat der Kläger weder gegenüber dem erstbehandelnde Arzt Dr. O. noch bei der stationären Behandlung in der Unfallchirurgischen Klinik in G. Angaben zu einem Arbeitsunfall gemacht. Als Geschäftsführer eines Betriebes mit mindestens 20 Beschäftigten, für den Anzeigen der Arbeitsunfälle und Wegeunfälle der versicherten Beschäftigten an den Unfallversicherungsträger nicht ungewöhnlich sind, ist zu erwarten, dass ihm die Grundsätze der versicherten Wege zur Arbeitsstelle bekannt sind, zumal der Zeuge H. bestätigt hat, dass der Kläger bei seinen entsprechenden Unterweisungen anwesend und deshalb über diese Grundsätze informiert war. Auch in dem Unfallfragebogen der Krankenkasse hatte der Kläger am 10.01.2000, also zu einem unfallnahen Zeitpunkt, die angegebene Antwortalternative "sonstiger Unfall" angekreuzt und die Antwortalternativen "Arbeitsunfall" und "Unfall auf dem Weg von der Arbeit/zur Arbeit" nicht markiert. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, dass dies auf einer fehlerhaften Schlussfolgerung beruhen sollte, da den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten "Arbeitsunfall" und "Unfall auf dem Weg von und zur Arbeit" auch eine Signalfunktion zukommt. Aufgrund seiner beruflichen Erfahrung als Geschäftsführer einer Baufirma hätte für den Kläger aus dem Unfallfragebogen der Krankenkasse erkennbar sein müssen, dass bei der jetzt behaupteten Sachlage ein nach der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Unfall vorlag. Wenn der Kläger trotz der Signalwirkung der im Unfallfragebogen vorgegebenen Antwortmöglichkeiten gleichwohl einen "sonstigen Unfall" angekreuzt hat, ist dies ein starkes Indiz dafür, dass ein versicherter Unfall nicht vorlag.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch aus der zwei Jahre nach dem Unfallereignis erfolgten Unfallanzeige des Betriebs, die nur auf den Angaben des Klägers beruhen kann. Mit Schreiben der Geschäftsleitung des Betriebs vom Januar 2002 wurde die Betriebsversammlung auf den 21.12.1999 datiert. Der Unfall soll am Tag danach auf dem Weg zur Arbeitsstelle stattgefunden haben. Auf Nachfrage der Beklagten wurde von der Firma mit Schreiben vom 11.04.2002 mitgeteilt, als Geschäftsführer habe der Kläger bei der Betriebsversammlung anwesend sein müssen. Am Unfalltag sollte im Betriebsgebäude die Vorbereitung und Leitung der Betriebsversammlung von ihm vorgenommen werden. Diese miteinander nicht vereinbaren Angaben sind daher nicht geeignet, das klägerische Vorbringen zu stützen, lassen vom Ablauf her aber jedenfalls erkennen, dass die beabsichtigte Fahrt von der Wohnung zur Betriebsstätte am 21.12.1999 der Vorbereitung und Leitung der Betriebsversammlung zugeschrieben wurde, was jedoch nicht zutrifft. Welchem Zwecke die beabsichtigte Fahrt, so sie am Tag nach der Betriebsversammlung stattgefunden hat, gedient haben soll, war dagegen nicht mehr erinnerlich. Wenn aber die Unfallanzeige beim Unfallversicherungsträger auf das Gespräch mit dem Sicherheitsbeauftragten, dem Zeugen H., zurückzuführen ist, weil dieser nach Schilderung der Umstände von einem versicherten Unfall ausgegangen ist, spricht einiges dafür, dass diesem auch dieser - unrichtige - Sachverhalt geschildert wurde. Aus der Bestätigung des Zeugen H. bei seiner Anhörung vor dem SG, der geschilderte Sturz mit der Schulterverletzung sei nach seiner Erinnerung ein versicherte Unfall gewesen, kann daher nichts weiteres hergeleitet werden. Außerdem hat sich der Zeuge H. auch nach näherer Befragung an die Einzelheiten der Schilderung nicht mehr erinnern können.

Der tatsächlich einen Tag nach der am 20.12.1999 stattgefundenen Betriebsversammlung geschehene Unfall kann daher nicht im Zusammenhang mit der Leitung der Betriebsversammlung gestanden haben, wie die Geschäftsleitung des Betriebes aber der Beklagten mitgeteilt hat. Welche Arbeiten der Kläger jedoch am Tag nach der Betriebsversammlung in der Firma hat vernichten wollen, hat er dem Senat nicht überzeugend dargelegt. Ein förmliches Protokoll der Betriebsversammlung wurde weder vom Kläger noch einem Mitglied der Geschäftsleitung erstellt. Notizen für ein Protokoll wurden nach eigenen Angaben des Klägers auch nicht von ihm, sondern von der Tochter gefertigt, was dafür spricht, dass ihr die Aufgabe des Protokollführers zugekommen ist. Sonstige dringend zu erledigende Tätigkeiten, die seine Anwesenheit im Betrieb am 21.12.1999 erforderlich machten, hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht darzulegen vermocht, sodass weiterhin zweifelhaft bleibt, ob der Kläger am Unfalltag auf dem Weg ins Büro war. Doch selbst dann, wenn er den Betrieb hat aufsuchen wollen, ist der Senat aufgrund der Umstände nicht davon überzeugt, dass diese Fahrt wesentlich von der versicherten Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma geprägt war. Der Kläger selbst hat den genauen betrieblichen Zweck der Fahrt nicht mehr gewusst, wie den widersprüchlichen Angaben in den Unfallmeldungen des Betriebes zu entnehmen ist. Vor allem waren wegen des langen Krankenstands als Geschäftsführer die Aufgaben weitgehend delegiert. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Kläger aus privatnützigen Gründen in den Betrieb gefahren ist, z. B. um persönliche Unterlagen, die er am Vortag dort vergessen hatte, abzuholen oder um mit Kollegen und Mitarbeitern - z. B. über die gestrige Betriebsversammlung oder die anstehenden Weihnachtsfeiertage - zu sprechen. Auch wenn er bei dieser Gelegenheit als Geschäftsführer ganz allgemein nur nach dem Rechten sehen wollte, wäre dies bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände - der Kläger betrachtet nach Aussage seiner Ehefrau den Betrieb als sein Leben - nur von untergeordneter Bedeutung. Dies würde auch erklären, dass der Kläger aus der Sicht der Laiensphäre bei der Beantwortung der Fragen im Unfallfragebogen der Krankenkasse die zutreffende Wertung vorgenommen hat, dass es sich nicht um einen Arbeitsunfall oder einen Weg von und zur Arbeit handelte.

Den Angaben der Ehefrau kommt unter diesen Voraussetzungen kein hoher Beweiswert zu. Es ist nicht auszuschließen, dass sie subjektiv davon überzeugt ist, der Ehemann habe sie am Morgen gebeten, ihn ins Büro zu fahren, obgleich objektiv ein anderes Fahrziel in Aussicht genommen gewesen sein könnte. Aufgrund der Umstände hält der Senat es für ebenso gut möglich, dass das eigentliche Fahrziel ursprünglich nicht genannt wurde oder aufgrund Zeitablaufs in Vergessenheit geraten ist und die Zeugin durch die späteren Angaben des Ehemannes zu ihrer jetzt bekundeten Auffassung gelangt ist. Außerdem hat die Ehefrau ebenso wenig konkretisieren können, was der Kläger in der Firma hat erledigen wollen. Der Senat hat daher keine Veranlassung gesehen, die Ehefrau des Klägers erneut zu vernehmen, da er ihre Glaubwürdigkeit nicht in Frage stellt.

Die Kostenentscheidung auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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