Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 1523/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 55/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. November 2005 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Auferlegung von Verschuldenskosten in Höhe von EUR 200,00 aufgehoben wird.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, insbesondere eine Umschulung und eine arbeitspsychologisch angeratene halbjährige Vorbereitungsmaßnahme.
Der 1949 geborene Kläger absolvierte von April 1965 bis Mai 1968 eine Lehre als Bauschlosser und war danach - mit Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit - bei verschiedenen Arbeitgebern als Schlosser, Maschinenschlosser, Betriebschlosser oder Schweißer beschäftigt, zuletzt nach Bezug von Arbeitslosengeld von 1. Februar 1999 bis 3. Oktober 1999 ab 4. Oktober 1999 bei der Firma G ...
Auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause fuhr er am 20. November 1999 mit dem Fahrrad auf einen PKW auf. Er zog sich dabei eine mediale, leicht dislozierte Clavikulafraktur links, eine Schädelkontusion links mit Kopfplatzwunde parieto-temporal links sowie eine Rippenserienfraktur der 5. bis 10. Rippe links zu. Stationäre Behandlung erfolgte bis 29. November 1999 (Durchgangsarztbericht des Dr. T. vom 22. November 1999/Zwischenbericht des Dr. T. vom 17. Dezember 1999). Arbeitsunfähigkeit bestand bis 13. August 2000. Die S. M.-Berufsgenossenschaft, eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) zahlte Verletztengeld vom 3. Januar 2000 bis 13. August 2000.
Die Firma G. stimmte einer Belastungserprobung wegen fehlender Qualifizierung des Klägers für Schweißarbeiten zunächst nicht zu, diese erfolgte dann aber ab 24. Juli 2000 doch. Nach der Belastungserprobung und Urlaub vom 14. August 2000 bis 25. August 2000 nahm der Kläger am 28. August 2000 seine Tätigkeit als der Firma G. vollschichtig wieder auf.
Eine zum 15. Mai 2000 ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Begründung Kundenreklamationen wegen mangelhafter Arbeit während der Probezeit des Klägers nahm die Firma G. zurück. Nach einer erneuten Kündigung der Firma G. endete das Arbeitsverhältnis auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs beim Arbeitsgericht Ulm zur Abwendung einer vom Arbeitgeber beabsichtigten krankheitsbedingten Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 15. Juni 2001. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von DM 11.000,00. Am 3. September 2002 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog ab 3. September 2002 Arbeitslosengeld (Anspruch erschöpft am 21. Oktober 2004).
Zur Feststellung der Unfallfolgen veranlasste die Beklagte verschiedene ärztliche Gutachten. Die Gutachter hielten Maßnahmen der beruflichen und/oder medizinischen Rehabilitation nicht für erforderlich. Nach Eingang dieser Gutachten erkannte die Beklagte den Unfall vom 20. November 1999 als Arbeitsunfall an und bewilligte eine Verletztenrente vom 14. August 2000 bis 31. Dezember 2000 nach einer MdE von 20 vH. Über den 31. Dezember 2000 hinaus lehnte sie die Gewährung einer Rente ab, weil die MdE unter 20 vH liege (Bescheid vom 25. Oktober 2001). Als Folgen des Arbeitsunfall erkannte sie an: Bruch des linken Schulterblattes, des linken Schlüsselbein und der Rippen 4 bis 10 links, Gehirnerschütterung, Kopfplatzwunde. Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenks, Schwielenbildung am linken Brustfell mit Volumeneinschränkung des linken Lungenflügels ohne Anhalt für eine Störung der Lungenbelüftung. Der Bruch des linken Schulterblattes ist knöchern fest mit geringgradiger Seitverbiegung verheilt. Die Brüche des linken Schlüsselbein und der Rippen linksseitig sind knöchern fest verheilt. Als Folgen des Arbeitsunfall erkannte sie nicht an: Zustand nach Schädelhirntrauma im November 1995, Spannungskopfschmerzen, Hörstörungen am linken Ohr sowie Ohrgeräusche beidseits, degenerative Veränderungen an Hals- und Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschaden an der Lendenwirbelsäule, Zustand nach Oberarmbruch rechts, Bruch des linken kleinen Fingers, Empfindungsstörungen an beiden Oberschenkeln beidseits, Schlafstörungen, Bluthochdruck, Blasenentleerungsstörungen, Schwindelgefühle, Atemwegsbeschwerden. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2004). Die hiergegen gerichtete Klage und die Berufung blieben erfolglos abgewiesen (Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. November 2005 - S 2 U 1527/04 -; Beschluss des Senats vom 16. August 2006 - L 1 U 498/06 -).
Bereits am 17. August 2000 hatte der Kläger bei der Beklagten wegen der Übernahme von Kosten für eine Schweißerprüfung, die er ablegen müsse, nachgefragt. Die Beklagte unterrichtete ihn darüber, zunächst das Ergebnis der Begutachtungen abwarten zu wollen. Am 6. August 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten berufsfördernder Leistungen. Diesen Antrag sandte die Beklagte am 12. August 2002 an das Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) R., weil sie ihre Zuständigkeit nicht unmittelbar nach Eingang des Antrages klären konnte. Auf Anfrage teilte die Firma G. der Beklagten mit, der Unfall habe bei der Entlassung keine Rolle gespielt. Die Schweiß-Kenntnisse des Klägers seien vor dem Unfall gleich schlecht wie nach dem Unfall gewesen. Eine erneute Schweißerprüfung hätte keine Verbesserung gebracht. Er sei im Besitz eines Schweißerpasses gewesen, habe das Schweißen aber bereits vor dem Unfall verlernt gehabt. Ohne den Unfall wäre er noch während der Probezeit entlassen worden.
Die Beklagte lehnte einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus Anlass des Unfalls vom 20. November 1999 ab (Bescheid vom 8. September 2003). Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2004). Nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere den durchgeführten Begutachtungen bestehe auf Grund der verbliebenen Unfallfolgen keine Indikation für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die am 28. Mai 2004 erhobene Klage hat das Sozialgericht Ulm abgewiesen und dem Kläger Verschuldenskosten in Höhe von EUR 200,00 auferlegt (Urteil vom 15. November 2005). Es hat sich zur Begründung auf seinen Beschluss sowie den Beschluss des erkennenden Senats über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren bezogen. Der Kläger habe trotz der ihm bekannten eindeutigen Rechtslage die Klage nicht zurückgenommen.
Gegen das ihm am 6. Dezember 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Januar 2006 Berufung eingelegt. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls des Arbeitsgericht Ulm habe die Firma G. das Arbeitsverhältnis wegen der Unfallfolgen aufgehoben. Wegen der Unfallfolgen könne er seinen Beruf nicht mehr ausüben. Es bestünden Unfallfolgen, die sich auch verschlechtert hätten (u.a. Verweis auf das im Berufungsverfahren L 1 U 498/06 vorgelegte Gutachten des Dr. M. vom 22. Februar 2005).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. November 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 8. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer Umschulung und einer arbeitspsychologisch angeratenen halbjährigen Vorbereitungsmaßnahme als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Angesichts des Ergebnisses der vorliegenden Gutachten weist nach Einschätzung des Senats der Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
I.
Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid vom 8. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2004. Weitere Bescheide, die die Beklagte im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall des Klägers vom 20. November 1999 erließ, sind nicht nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Keiner der weiteren ergangenen Bescheide ändert oder ersetzt den streitgegenständlichen Bescheid vom 8. September 2003. Des Weiteren entschied die Beklagte über weitere Anträge des Klägers regelmäßig in gesonderten Verwaltungsverfahren, denen in den meisten Fällen auch ein Klageverfahren nachfolgte.
II.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) in der seit 1. Juli 2001 geltenden Fassung, die hier maßgeblich ist, da die angefochtenen Bescheide nach dem 1. Juli 2001 ergingen, haben Versicherte u.a. Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Leistungen erbringen die Unfallversicherungsträger nach § 35 Abs. 1 SGB VII nach den §§ 33 bis 38 des SGB IX. Nach § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.
1. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte überhaupt noch zu einer Bescheidung des Antrags des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verpflichtet war. Denn die Weiterleitung des Antrages nach § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) an das Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) R. begründete nach § 14 Abs. 2 SGB IX die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit zur Entscheidung über den Rehabilitationsantrag. Die Bundesagentur für Arbeit hat als zweitangegangener Leistungsträger auch das Rehabilitationsverfahren begonnen und ein Beratungsgespräch durchgeführt. Jedenfalls besteht der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht.
2. Die Verpflichtung der Beklagten, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen, setzt voraus, dass solche Leistungen wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 20. November 1999 erforderlich sind. Dies ist nicht der Fall. Alle von der Beklagten gehörten Gutachter hielten Maßnahmen der beruflichen und/oder medizinischen Rehabilitation wegen Unfallfolgen nicht für erforderlich, auch Prof. Dr. E., obwohl er auf urologischem Gebiet eine neurogene Blasenentleerungsstörung mit imperativem Harndrang als Unfallfolge ansah.
Als Unfallfolge mit funktionellen Auswirkungen besteht eine Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk bei der Armhebung vorwärts und seitwärts. Weitere Unfallfolgen mit funktionellen Auswirkungen bestehen nicht. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 16. August 2006 - L 1 U 498/06 -.
Des Weiteren ist die Leistungsfähigkeit des Klägers nur durch Gesundheitsstörungen beeinträchtigt, die durch den Arbeitsunfall vom 20. November 1999 nicht verursacht sind. Dies sind insbesondere Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule. Deswegen und nicht wegen Unfallfolgen bestand auch ab Oktober 2000 Arbeitsunfähigkeit.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Firma G. ist nicht wegen der Unfallfolgen beendet worden. Dies ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus der Formulierung des Vergleichs beim Arbeitsgericht Ulm. Danach erfolgte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Abwendung einer beabsichtigten krankheitsbedingten Kündigung des Arbeitgebers. Gründe für die krankheitsbedingte Kündigung des Klägers konnten aber nicht nur Unfallfolgen sein.
Hinzukommt, dass unabhängig von der Formulierung in dem arbeitsgerichtlichen Vergleich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma G. auch andere als gesundheitliche Gründe maßgeblich waren, nämlich unzureichende Kenntnisse des Klägers für das Schweißen. Dies ergibt sich schon aus dem eigenen Vorbringen des Klägers. In der Eingabe vom 7. September 2001 an das Bundesversicherungsamt (Blatt 778 der Verwaltungsakte) führte er aus, er habe eine Wiederholungsprüfung (der Schweißerprüfung) nicht ablegen können, was letztendlich zum Verlust seines Arbeitsplatzes mangels erneuerter Schweißerlizenz geführt habe. Auf die fehlende Berechtigung zum Schweißen wies der Kläger auch in einem Gespräch mit dem Berufshelfer der Beklagten hin. Nachdem der Berufshelfer der Beklagten den Kläger in einem Gespräch während des stationären Heilverfahrens im Mai/Juni 2000 auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses angesprochen hatte, vertrat der Kläger die Auffassung, er hätte überhaupt nicht schweißen dürfen, weil ihm einerseits die jährliche Schweißerprüfung gefehlt habe und andererseits auch keinen entsprechenden Lehrgang von seinem Arbeitgeber bekommen habe (Bericht vom 5. Juli 2000, Blatt 214 der Verwaltungsakten).
III.
Die Kostenentscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die vom Sozialgericht getroffene Kostenentscheidung ist insoweit aufzuheben, als das Sozialgericht dem Kläger Verschuldenskosten als Gerichtskosten auferlegte. Denn die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegen nicht vor. Die bloße Meinungsdifferenz mit dem Vorsitzenden zwingt Rechtsschutz Suchende grundsätzlich nicht, auf ihr Grundrecht auf Zugang zum Gericht und Entscheidung ihres Rechtsstreits durch das Urteil einer unabhängigen Instanz aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) entweder zu verzichten oder ihr Recht - anders als andere Beteiligte aus dem in § 183 SGG genannten Personenkreis - nur gegen Zahlung von Kosten durchzusetzen (BSG SozR 4-2600 § 2 Nr. 7). Hinzukommt, dass das Sozialgericht in dem am selben Tag entschiedenen Rechtsstreit betreffend den Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung dem Kläger keine Verschuldenskosten auferlegte, obgleich auch in jenem Verfahren bereits Beschlüsse des Sozialgerichts und des erkennenden Senats über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vorlagen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, insbesondere eine Umschulung und eine arbeitspsychologisch angeratene halbjährige Vorbereitungsmaßnahme.
Der 1949 geborene Kläger absolvierte von April 1965 bis Mai 1968 eine Lehre als Bauschlosser und war danach - mit Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit - bei verschiedenen Arbeitgebern als Schlosser, Maschinenschlosser, Betriebschlosser oder Schweißer beschäftigt, zuletzt nach Bezug von Arbeitslosengeld von 1. Februar 1999 bis 3. Oktober 1999 ab 4. Oktober 1999 bei der Firma G ...
Auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause fuhr er am 20. November 1999 mit dem Fahrrad auf einen PKW auf. Er zog sich dabei eine mediale, leicht dislozierte Clavikulafraktur links, eine Schädelkontusion links mit Kopfplatzwunde parieto-temporal links sowie eine Rippenserienfraktur der 5. bis 10. Rippe links zu. Stationäre Behandlung erfolgte bis 29. November 1999 (Durchgangsarztbericht des Dr. T. vom 22. November 1999/Zwischenbericht des Dr. T. vom 17. Dezember 1999). Arbeitsunfähigkeit bestand bis 13. August 2000. Die S. M.-Berufsgenossenschaft, eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte) zahlte Verletztengeld vom 3. Januar 2000 bis 13. August 2000.
Die Firma G. stimmte einer Belastungserprobung wegen fehlender Qualifizierung des Klägers für Schweißarbeiten zunächst nicht zu, diese erfolgte dann aber ab 24. Juli 2000 doch. Nach der Belastungserprobung und Urlaub vom 14. August 2000 bis 25. August 2000 nahm der Kläger am 28. August 2000 seine Tätigkeit als der Firma G. vollschichtig wieder auf.
Eine zum 15. Mai 2000 ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Begründung Kundenreklamationen wegen mangelhafter Arbeit während der Probezeit des Klägers nahm die Firma G. zurück. Nach einer erneuten Kündigung der Firma G. endete das Arbeitsverhältnis auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs beim Arbeitsgericht Ulm zur Abwendung einer vom Arbeitgeber beabsichtigten krankheitsbedingten Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 15. Juni 2001. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von DM 11.000,00. Am 3. September 2002 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog ab 3. September 2002 Arbeitslosengeld (Anspruch erschöpft am 21. Oktober 2004).
Zur Feststellung der Unfallfolgen veranlasste die Beklagte verschiedene ärztliche Gutachten. Die Gutachter hielten Maßnahmen der beruflichen und/oder medizinischen Rehabilitation nicht für erforderlich. Nach Eingang dieser Gutachten erkannte die Beklagte den Unfall vom 20. November 1999 als Arbeitsunfall an und bewilligte eine Verletztenrente vom 14. August 2000 bis 31. Dezember 2000 nach einer MdE von 20 vH. Über den 31. Dezember 2000 hinaus lehnte sie die Gewährung einer Rente ab, weil die MdE unter 20 vH liege (Bescheid vom 25. Oktober 2001). Als Folgen des Arbeitsunfall erkannte sie an: Bruch des linken Schulterblattes, des linken Schlüsselbein und der Rippen 4 bis 10 links, Gehirnerschütterung, Kopfplatzwunde. Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenks, Schwielenbildung am linken Brustfell mit Volumeneinschränkung des linken Lungenflügels ohne Anhalt für eine Störung der Lungenbelüftung. Der Bruch des linken Schulterblattes ist knöchern fest mit geringgradiger Seitverbiegung verheilt. Die Brüche des linken Schlüsselbein und der Rippen linksseitig sind knöchern fest verheilt. Als Folgen des Arbeitsunfall erkannte sie nicht an: Zustand nach Schädelhirntrauma im November 1995, Spannungskopfschmerzen, Hörstörungen am linken Ohr sowie Ohrgeräusche beidseits, degenerative Veränderungen an Hals- und Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschaden an der Lendenwirbelsäule, Zustand nach Oberarmbruch rechts, Bruch des linken kleinen Fingers, Empfindungsstörungen an beiden Oberschenkeln beidseits, Schlafstörungen, Bluthochdruck, Blasenentleerungsstörungen, Schwindelgefühle, Atemwegsbeschwerden. Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2004). Die hiergegen gerichtete Klage und die Berufung blieben erfolglos abgewiesen (Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. November 2005 - S 2 U 1527/04 -; Beschluss des Senats vom 16. August 2006 - L 1 U 498/06 -).
Bereits am 17. August 2000 hatte der Kläger bei der Beklagten wegen der Übernahme von Kosten für eine Schweißerprüfung, die er ablegen müsse, nachgefragt. Die Beklagte unterrichtete ihn darüber, zunächst das Ergebnis der Begutachtungen abwarten zu wollen. Am 6. August 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten berufsfördernder Leistungen. Diesen Antrag sandte die Beklagte am 12. August 2002 an das Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) R., weil sie ihre Zuständigkeit nicht unmittelbar nach Eingang des Antrages klären konnte. Auf Anfrage teilte die Firma G. der Beklagten mit, der Unfall habe bei der Entlassung keine Rolle gespielt. Die Schweiß-Kenntnisse des Klägers seien vor dem Unfall gleich schlecht wie nach dem Unfall gewesen. Eine erneute Schweißerprüfung hätte keine Verbesserung gebracht. Er sei im Besitz eines Schweißerpasses gewesen, habe das Schweißen aber bereits vor dem Unfall verlernt gehabt. Ohne den Unfall wäre er noch während der Probezeit entlassen worden.
Die Beklagte lehnte einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus Anlass des Unfalls vom 20. November 1999 ab (Bescheid vom 8. September 2003). Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2004). Nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere den durchgeführten Begutachtungen bestehe auf Grund der verbliebenen Unfallfolgen keine Indikation für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die am 28. Mai 2004 erhobene Klage hat das Sozialgericht Ulm abgewiesen und dem Kläger Verschuldenskosten in Höhe von EUR 200,00 auferlegt (Urteil vom 15. November 2005). Es hat sich zur Begründung auf seinen Beschluss sowie den Beschluss des erkennenden Senats über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren bezogen. Der Kläger habe trotz der ihm bekannten eindeutigen Rechtslage die Klage nicht zurückgenommen.
Gegen das ihm am 6. Dezember 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Januar 2006 Berufung eingelegt. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls des Arbeitsgericht Ulm habe die Firma G. das Arbeitsverhältnis wegen der Unfallfolgen aufgehoben. Wegen der Unfallfolgen könne er seinen Beruf nicht mehr ausüben. Es bestünden Unfallfolgen, die sich auch verschlechtert hätten (u.a. Verweis auf das im Berufungsverfahren L 1 U 498/06 vorgelegte Gutachten des Dr. M. vom 22. Februar 2005).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. November 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 8. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten einer Umschulung und einer arbeitspsychologisch angeratenen halbjährigen Vorbereitungsmaßnahme als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte und auch nach § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Angesichts des Ergebnisses der vorliegenden Gutachten weist nach Einschätzung des Senats der Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
I.
Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid vom 8. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2004. Weitere Bescheide, die die Beklagte im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall des Klägers vom 20. November 1999 erließ, sind nicht nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Keiner der weiteren ergangenen Bescheide ändert oder ersetzt den streitgegenständlichen Bescheid vom 8. September 2003. Des Weiteren entschied die Beklagte über weitere Anträge des Klägers regelmäßig in gesonderten Verwaltungsverfahren, denen in den meisten Fällen auch ein Klageverfahren nachfolgte.
II.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) in der seit 1. Juli 2001 geltenden Fassung, die hier maßgeblich ist, da die angefochtenen Bescheide nach dem 1. Juli 2001 ergingen, haben Versicherte u.a. Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Leistungen erbringen die Unfallversicherungsträger nach § 35 Abs. 1 SGB VII nach den §§ 33 bis 38 des SGB IX. Nach § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.
1. Der Senat lässt offen, ob die Beklagte überhaupt noch zu einer Bescheidung des Antrags des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verpflichtet war. Denn die Weiterleitung des Antrages nach § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) an das Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) R. begründete nach § 14 Abs. 2 SGB IX die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit zur Entscheidung über den Rehabilitationsantrag. Die Bundesagentur für Arbeit hat als zweitangegangener Leistungsträger auch das Rehabilitationsverfahren begonnen und ein Beratungsgespräch durchgeführt. Jedenfalls besteht der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht.
2. Die Verpflichtung der Beklagten, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen, setzt voraus, dass solche Leistungen wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 20. November 1999 erforderlich sind. Dies ist nicht der Fall. Alle von der Beklagten gehörten Gutachter hielten Maßnahmen der beruflichen und/oder medizinischen Rehabilitation wegen Unfallfolgen nicht für erforderlich, auch Prof. Dr. E., obwohl er auf urologischem Gebiet eine neurogene Blasenentleerungsstörung mit imperativem Harndrang als Unfallfolge ansah.
Als Unfallfolge mit funktionellen Auswirkungen besteht eine Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk bei der Armhebung vorwärts und seitwärts. Weitere Unfallfolgen mit funktionellen Auswirkungen bestehen nicht. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 16. August 2006 - L 1 U 498/06 -.
Des Weiteren ist die Leistungsfähigkeit des Klägers nur durch Gesundheitsstörungen beeinträchtigt, die durch den Arbeitsunfall vom 20. November 1999 nicht verursacht sind. Dies sind insbesondere Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule. Deswegen und nicht wegen Unfallfolgen bestand auch ab Oktober 2000 Arbeitsunfähigkeit.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Firma G. ist nicht wegen der Unfallfolgen beendet worden. Dies ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus der Formulierung des Vergleichs beim Arbeitsgericht Ulm. Danach erfolgte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Abwendung einer beabsichtigten krankheitsbedingten Kündigung des Arbeitgebers. Gründe für die krankheitsbedingte Kündigung des Klägers konnten aber nicht nur Unfallfolgen sein.
Hinzukommt, dass unabhängig von der Formulierung in dem arbeitsgerichtlichen Vergleich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma G. auch andere als gesundheitliche Gründe maßgeblich waren, nämlich unzureichende Kenntnisse des Klägers für das Schweißen. Dies ergibt sich schon aus dem eigenen Vorbringen des Klägers. In der Eingabe vom 7. September 2001 an das Bundesversicherungsamt (Blatt 778 der Verwaltungsakte) führte er aus, er habe eine Wiederholungsprüfung (der Schweißerprüfung) nicht ablegen können, was letztendlich zum Verlust seines Arbeitsplatzes mangels erneuerter Schweißerlizenz geführt habe. Auf die fehlende Berechtigung zum Schweißen wies der Kläger auch in einem Gespräch mit dem Berufshelfer der Beklagten hin. Nachdem der Berufshelfer der Beklagten den Kläger in einem Gespräch während des stationären Heilverfahrens im Mai/Juni 2000 auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses angesprochen hatte, vertrat der Kläger die Auffassung, er hätte überhaupt nicht schweißen dürfen, weil ihm einerseits die jährliche Schweißerprüfung gefehlt habe und andererseits auch keinen entsprechenden Lehrgang von seinem Arbeitgeber bekommen habe (Bericht vom 5. Juli 2000, Blatt 214 der Verwaltungsakten).
III.
Die Kostenentscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die vom Sozialgericht getroffene Kostenentscheidung ist insoweit aufzuheben, als das Sozialgericht dem Kläger Verschuldenskosten als Gerichtskosten auferlegte. Denn die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegen nicht vor. Die bloße Meinungsdifferenz mit dem Vorsitzenden zwingt Rechtsschutz Suchende grundsätzlich nicht, auf ihr Grundrecht auf Zugang zum Gericht und Entscheidung ihres Rechtsstreits durch das Urteil einer unabhängigen Instanz aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) entweder zu verzichten oder ihr Recht - anders als andere Beteiligte aus dem in § 183 SGG genannten Personenkreis - nur gegen Zahlung von Kosten durchzusetzen (BSG SozR 4-2600 § 2 Nr. 7). Hinzukommt, dass das Sozialgericht in dem am selben Tag entschiedenen Rechtsstreit betreffend den Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung dem Kläger keine Verschuldenskosten auferlegte, obgleich auch in jenem Verfahren bereits Beschlüsse des Sozialgerichts und des erkennenden Senats über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vorlagen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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Login
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