L 11 R 1141/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1140/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1141/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Streitig ist insbesondere das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Die 1944 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war zunächst als Arbeiterin in verschiedenen Industriebetrieben versicherungspflichtig beschäftigt. Nach einer 1968 begonnenen Familienpause war sie zwischen 1979 und 1984 als Postzustellerin tätig. Um ihre Mutter, die 1992 verstorben ist, zu pflegen, gab sie die Tätigkeit auf. Zwischen Juni 1984 und April 1985 sind ausweislich des Versicherungsverlaufs der Beklagten vom 18.06.2004 Zeiten der Arbeitslosigkeit gespeichert. Seit 23.01.2002 werden Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit entrichtet. Der Grad der Behinderung der Klägerin beträgt 50 seit August 1999.

Am 15.06.2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sie halte sich seit Oktober 1999 wegen eines Herz-Hinterwandinfarkts, Diabetes, Arthrose und Bluthochdruck für erwerbsgemindert.

Mit Bescheid vom 18.06.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im maßgeblichen Zeitraum vom 15.06.1999 bis 14.06.2004 seien nur 2 Jahre mit Rentenbeiträgen belegt. Damit seien in den letzten 5 Jahren nicht die notwendigen 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass nicht alle Beitragszeiten erfasst seien. Sie berief sich hierbei auf Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für ihre Kinder und ihre Pflegediensttätigkeit, für die ab Januar 2004 Beiträge entrichtet würden.

Die Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass die Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten bereits berücksichtigt seien und veranlasste anschließend noch eine Begutachtung der Klägerin durch Dr. W. von der Ärztlichen Untersuchungsstelle in R ... Dr. W. diagnostizierte unter Berücksichtigung von Arztbriefen 1. schwergradiges Übergewicht mit Folgekrankheiten, 2. Diabetes mellitus Typ II b, insulinpflichtig, diabetische Retinopathie, Stadium 1 bds. mit mittelgradiger Sehleistungsminderung bds., 3. arterieller Bluthochdruck, medikamentös behandelt, 4. diffuse Koronarsklerose, koronare Eingefäßerkrankung, Z. n. Hinterwandinfarkt 10/98, wiederkehrende supraventikuläre Tachykardien, 5. medikamentös behandelte Stoffwechselstörungen, 6. deutliche Kniearthrose bds. mit schmerzhafter Beweglichkeitseinschränkung der Kniegelenke, deutliche Arthrose des Daumensattelgelenks bds. mit Funktionseinbuße der Hände, 7. deutliche Krampfadern an beiden Beinen mit Ödem beider Unterschenkel, 8. anhaltende Schlafstörungen bei nervöser Erschöpfung und 9. aktuell: protrahiert verlaufender grippaler Infekt. Sie vertrat die Auffassung, der Klägerin seien mindestens seit Widerspruchserhebung keine Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr möglich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Seit mindestens 30.06.2004 liege volle Erwerbsminderung vor. Zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Da die Klägerin sich selbst seit dem 01.10.1999 für erwerbsgemindert halte, sei auch geprüft worden, ob im Zeitraum vom 01.10.1999 bis zum 30.06.2004 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu irgend einem Zeitpunkt erfüllt gewesen seien. Dies sei nicht der Fall. Daher bestehe kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Deswegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Im Verfahren legte sie Angaben über ärztliche Behandlungen und einen Arztbrief des Orthopäden H. sowie des Augenarztes Dr. K. vor. Im übrigen wurde die Klage trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.01.2006, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 06.02.2006, wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei zwar, wie sich aus dem Gutachten von Dr. W. ergebe, zumindest seit dem 30.06.2004 erwerbsgemindert. Die Klägerin weise jedoch nicht belegte Zeiten in der Zeit vom 30.04.1985 bis 22.01.2002 auf, die bei Annahme eines Versicherungsfalles am 30.06.2004 der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen entgegen stehen würden. Gleiches gelte, wenn man mit der Klägerin den Eintritt der Erwerbsminderung auf den 01.10.1999 festlegen wollte.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.03.2006 Berufung eingelegt. Eine Begründung wurde nicht vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung und insbesondere die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind in den Bescheiden der Beklagten und im Gerichtsbescheid des SG zutreffend zitiert. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In Übereinstimmung mit dem SG kommt zwar auch der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin erwerbsgemindert ist. Für die Gewährung einer Rente fehlt es jedoch an den hierfür notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid im Anschluss an das von Dr. W. erstattete Gutachten, gegen das keine Einwände vorgebracht wurden, ausführlich begründet. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Nach dem Gutachten ist der Versicherungsfall bei der Klägerin spätestens am 30.06.2004 eingetreten. In der damit maßgeblichen Zeit vom 30.06.1999 bis 29.06.2004 sind nur maximal 30 und nicht mindestens 36 Kalendermonate mit anrechenbaren Pflichtbeiträgen belegt. Damit sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht gegeben. Auch bei einem unterstellten Eintritt des Versicherungsfalls an dem von der Klägerin angegeben Datum 01.10.1999 fehlt es an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, nachdem zwischen dem 01.10.1994 und 30.09.1999 keinerlei Pflichtbeiträge entrichtet wurden. Ebenso verhält es sich auch, wenn man vom Eintritt des Versicherungsfalls zwischen dem 02.10.1999 und 29.06.2004 oder im Oktober 1998 aufgrund des von der Klägerin erlittenen Herzinfarkts ausgehen würde. Auch unter den Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) steht der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht zu. Ausweislich des Versicherungsverlaufs hat sie vor dem 01.10.1984 zwar eine Versicherungszeit von mehr als 5 Jahren zurückgelegt, sie hat jedoch nicht jeden Kalendermonat ab dem 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der - zu ihren Gunsten angenommenen Erwerbsunfähigkeit im Oktober 1999 - mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, wie sich ebenfalls aus dem Versicherungsverlauf ergibt. Auch bei Annahme des Versicherungsfalls im Oktober 1998 (Herzinfarkt) sind die Monate ab 01.01.1984 bis September 1998 nicht durchgehend mit berücksichtigungsfähigen Rentenzeiten belegt. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherungsfall noch früher als im Oktober 1998 eingetreten ist, sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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