Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2591/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 1655/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderte.
Die im Jahre 1945 geborenen Klägerin ist portugiesische Staatsangehörige und seit dem Jahre 1983 im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet.
Am 02.07.2002 beantragte sie beim Versorgungsamt Heilbronn die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz sowie die Ausstellung eines entsprechenden Ausweises. Zur Begründung machte sie geltend, bei ihr liege ein Zustand nach Myokardinfarkt bei 2-Gefäßerkrankung, ein Zustand nach PTCA mit Stentimplantation, eine arterielle Hypertonie, ein cervikales Pseudoradikulärsyndrom, ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen sowie eine Hypercholesterinämie vor. Nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Hausärztin Dr. medic A. und Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 21.01.2003 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 ab Antragstellung wegen folgender Funktionsbeeinträchtigungen fest: Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzleistungsminderung, abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation (Teil-GdB 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 10).
Die Klägerin erhob Widerspruch und legte zur Begründung eine Stellungnahme ihrer Hausärztin Dr. medic A. nebst weiterer ärztlicher Unterlagen vor. Auf der Grundlage einer Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes stellte der Beklagte durch Teilabhilfebescheid vom 15.04.2003 einen GdB von 40 seit dem 02.07.2002 fest und erkannte als Funktionsbeeinträchtigungen eine koronare Herzkrankheit, wiederholte Stentimplantation, Herzleistungsminderung, Bluthochdruck, psychovegetative Störungen (Teil-GdB 40), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GWB 10) an. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2003 wies der Beklagte den Widerspruch im übrigen zurück.
Am 06.10.2003 hat die Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben und eine Erhöhung des bei ihr festgestellten Gesamt-GdB auf mindestens 50 begehrt. Sie hat geltend gemacht, die Herz-Kreislauf-Erkrankung sei zwar mit einem Teil-GdB von 40 ausreichend bewertet. Indes seien die bei ihr vorhandenen Wirbelsäulebeschwerden nicht ausreichend berücksichtigt. Darüber hinaus liege eine rezidivierende Epikondylitis vor und ergebe sich auch auf psychischem Gebiet eine anhaltende Funktionseinschränkung.
Das Sozialgericht hat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dietrich vom 07.04.2004 eingeholt. Dieser hat mitgeteilt, die Klägerin leide an einem chronischen Cervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen, einer chronischen Lumbalgie bei Diskopathie L 5/ S 1 sowie degenerativen Veränderungen, einem beginnenden Verschleiß des linken Knies sowie einem BWS-Syndrom bei Verschleißerscheinungen. Es bestünden trotz ambulanter konservativer Therapie permanente schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im gesamten Wirbelsäulebereich. Für diese degenerativen Veränderungen sowie die vorliegende Skoliose sei auf orthopädischem Fachgebiet ein Teil-GdB von 30 anzusetzen.
Im daraufhin vom Sozialgericht eingeholten fachorthopädischen Gutachten von Dr. D. vom 21.06.2004 ist ausgeführt, bei der Klägerin liege orthopädischerseits eine chronische rezidivierende Lumboischialgie links ohne neurologisches Defizit bei degenerativen Veränderungen, eine chronisch-rezidivierende Dorsalgie bei leichten degenerativen BWS-Veränderungen, eine chronisch rezidivierende Cervikalgie mit häufigen Cephalgien bei degenerativen Veränderungen ohne Neurologie, eine Skoliose sowie eine leichte mediale Gonarthrose und Verdacht auf Innenmeniskusläsion rechts vor. Als nichtorthopädische Diagnosen werden ein Zustand nach Herzinfarkt mit PTCA- und Stent-Implantation 2002, eine arterielle Hypertonie sowie eine rezidivierende Gastritis mitgeteilt. Die funktionellen Auswirkungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten seien als leichtgradig zu werten. Aufgrund der degenerativen Veränderungen und der Chronizität der Beschwerden mit rezidivierenden, auch tagelang anhaltenden Wirbelsäulensyndromen ergebe sich bei fehlenden neurologischen Ausfällen ein GdB von 20. Nachdem drei Wirbelsäulenabschnitte betroffen seien, sei dies einer mittelgradigen Funktionseinschränkung in einem Wirbelsäulenabschnitt gleichzusetzen. Die Gesundheitsstörungen des Kniegelenks führten nicht zu GdB-relevanten Funktionseinschränkungen. Die kardiologischen Erkrankungen mit koronarer Herzkrankheit, Stent-Implantation, Herzleistungsminderung und Bluthochdruck sowie begleitender psychovegetativer Störungen seien bereits mit einem Einzel-GdB von 40 ausreichend beschrieben und bewertet. Insgesamt ergebe sich damit ein Gesamt-GdB von 40.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.11.2004 hat der Sachverständige dargelegt, die Hauptbeeinträchtigung der Klägerin liege auf kardiologischem Fachgebiet mit einem Einzel-GdB von 40. Dieser sei im Rahmen der Bildung des Gesamt-GdB durch die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule nicht zu erhöhen, da durch die Wirbelsäuleproblematik keine so wesentliche Beeinträchtigung entstehe, dass sich diese besonders nachteilig auf die Herzerkrankung auswirke.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.03.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach den vorliegenden kardiologischen Befunden sei die Herzerkrankung der Klägerin mit einem Einzel-GdB von 40 angemessen bewertet. Auf orthopädischem Fachgebiet sei angesichts der von Dr. D. erhobenen leichtgradigen Einschränkungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten ohne neurologische Ausfälle ein Einzel-GdB von 20 nicht zu beanstanden. Der Sachverständige habe darüber hinaus in seiner ergänzenden Stellungnahme schlüssig und überzeugend dargelegt, weshalb er unter Berücksichtigung der kardiologischen Einschränkungen die Schwerbehinderteneigenschaft nicht für erreicht ansehe. Nachdem er den vom Beklagten auf kardiologischem Fachgebiet ermittelten Einzel-GdB übernommen habe, enthalte dieser auch die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin. Diese Entscheidung ist der Klägerin am 30.03.2005 zugestellt worden.
Am 26.04.2005 hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Der Senat hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Weis vom 21.07.2005 und der Allgemeinmedizinerin Dr. medic A. vom 22.07.2005 eingeholt.
Dr. Weis hat mitgeteilt, zum Zeitpunkt der letzten Untersuchung am 11.07.2005 habe sich ein unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund ergeben. Diagnostisch werde von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradig, ausgegangen. Unter entsprechender medikamentöser antidepressiver Behandlung sei es in den vergangenen Jahren und auch nun zu einer deutlichen Besserung der psychischen Symptome gekommen. Sofern der Klägerin entsprechend den psychiatrischen Ratschlägen eine prophylaktische Medikation kontinuierlich gelinge, sei mit anhaltender weitgehender Symptomfreiheit zu rechnen. Aus dem aktuellen Querschnittsbefund sowie dem überschaubaren Verlauf scheine eine GdB-Einstufung im Bereich von 40 bis 60 orientierend gerechtfertigt.
Dr. medic A. hat unter Vorlage weiterer ärztlicher Unterlagen, darunter eines Befundberichts des Kardiologen Dr. W. vom 13.07.2005, angegeben, bei der Klägerin bestehe ein Zustand nach Vorderwandinfarkt, ein Zustand nach PTCA mit Stentimplantation 2002, eine arterielle Hypertonie, eine mittelgradig eingeschränkte linksventrikuläre Globalinsuffizienz, eine mittelgradige depressive Störung nach Verlust des Ehemannes mit Schlafstörungen und Zukunftsängsten, ein HWS-Syndrom mit Cervicobrachialgie sowie eine rezidivierende Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen. Der Blutdruck sei unter Beta-Blocker Medikation schwankend. Bei Addition der aufgeführten Erkrankungen liege nach ihrer Einschätzung mit einem GdB von 60 bis 70 Schwerbehinderung vor.
Die Klägerin ist der Auffassung, die von der Herzerkrankung ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen und diejenigen im Wirbelsäulebereich beträfen unterschiedliche Lebensbereiche. Daher sei ein Einzel-GdB von 40 für die Herzerkrankung durch die hinzutretende Wirbelsäuleproblematik mit einem Einzel-GdB von 20 zu erhöhen und liege die Schwerbehinderteneigenschaft vor. Hinzu kämen die Angst- und Schlafstörungen sowie die depressive Verstimmung, die nicht als Begleiterscheinungen der Herzerkrankung zu werten und daher mit einem zusätzlichen Einzel-GdB zu berücksichtigen seien. Zur Bestätigung ihrer Angaben legt sie einen weiteren Befundbericht von Dr. Weis vom 25.07.2005 vor
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21. Januar 2003 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 15. April 2003 sowie des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2003 zu verurteilen, den gesamt Behinderungsgrad mit wenigstens 50 ab dem 02. Juli 2002 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt unter Vorlage einer Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes vom 04.10.2005 vor, sowohl die mittelgradig eingeschränkte Funktion der linken Herzkammer als auch die depressive Verstimmung mit psychovegetativer Störungen seien in der bisherigen Bewertung ausreichend berücksichtigt. Eine Höherbemessung der Herzerkrankung lasse sich ausweislich der von Dr. W. unter dem 13.07.2005 berichteten Befunde nicht begründen. Gleiches gelte angesichts der von Dr. Weis mitgeteilten Befunde auf psychiatrischem Fachgebiet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten sowie die gleichfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Heilbronn (je ein Band) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50. Vielmehr ist der vom Beklagten durch Teilabhilfebescheid 15.04.2003 festgestellte GdB von 40 ausreichend und angemessen.
Wegen der rechtlichen Voraussetzungen der zu treffenden Entscheidung, der bei der Feststellung des GdB anzuwendenden Maßstäbe sowie der danach für die von der Herzerkrankung und den Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen anzusetzenden Einzel-GdB verweist der Senat auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Mit dem von der Beklagten angesetzten Einzel-GdB von 40 sind die Auswirkungen der Herz-Kreislauferkrankung der Klägerin insgesamt, also der Herzerkrankung sowie der bestehenden Hypertonie, angemessen bewertet. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
Eine für die Bemessung des Gesamt-GdB erhebliche depressive Störung i. S. der Nr. 26.3, Seite 48 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 2004 (AHP) besteht nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Facharztes Neurologie und Psychiatrie Dr. Weis vom 21.07.2005 und dessen - von Dr. medic A. sowie der Klägerin vorgelegten - Befundberichten vom 11.07.2005 und vom 25.07.2005 nicht. Denn die bereits unter dem 11.07.2005 berichteten geringen Auswirkungen der diagnostizierten mittelgradigen depressive Störung waren nach zwischenzeitlich - ausweislich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 21.07.2005 zuvor hingegen nicht - erfolgter kontinuierlicher Medikamenteneinnahme bereits am 25.07.2005 nochmals deutlich gebessert. Angesichts der danach bestätigten Prognose von Dr. Weis, bei kontinuierlicher Einnahme der prophylaktischen Medikation sei mit anhaltender weitgehender Symptomfreiheit zu rechnen, fehlt es im Übrigen an einer mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauernden Funktionsbeeinträchtigung als Voraussetzung für die Annahme einer Behinderung (vgl. hierzu Nr. 17, Seite 20 der AHP). Für eine vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.06.2005 angeregte Einholung eines Gutachtens besteht angesichts dessen kein Anlass.
Ausgehend von einem Einzel-GdB von 40 für die Herz-Kreislauferkrankung der Klägerin ergibt sich vorliegend kein Gesamt-GdB von 50. Denn angesichts der weiteren, lediglich leichten Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet mit einem Einzel-GdB von 20 lässt sich keine Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung um einen GdB-Grad von mehr als 10 feststellen (vgl. Nr. 19 Abs. 4, Seite 26 der AHP). Eine besonders nachteilige Auswirkung insbesondere der durch die Wirbelsäuleschäden der Klägerin herbeigeführten Funktionseinschränkungen auf diejenigen der Herz-Kreislauferkrankung besteht nicht. Auch soweit die Auswirkungen der Erkrankungen voneinander unabhängig sind und verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen (vgl. Nr. 19, Seite 25 der AHP), vermag dies die Annahme der Schwerbehinderteneigenschaft und mithin eines Gesamt-GdB von 50 nicht zu begründen, da die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen angesichts der unter Alltagsbedingungen fehlenden pectanginösen Beschwerden (vgl. hierzu den Befundbericht des Kardiologen Dr. W. vom 13.07.2005) und der lediglich leichten Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet nicht so erheblich ist wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung (Nrn. 26.8, Seite 67 ff. und 26.9, S. 71 ff. der AHP), bei Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung usw. (vgl. zu diesen Anforderungen für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft Nr. 19 Abs. 2, Seite 25 der AHP).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderte.
Die im Jahre 1945 geborenen Klägerin ist portugiesische Staatsangehörige und seit dem Jahre 1983 im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet.
Am 02.07.2002 beantragte sie beim Versorgungsamt Heilbronn die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz sowie die Ausstellung eines entsprechenden Ausweises. Zur Begründung machte sie geltend, bei ihr liege ein Zustand nach Myokardinfarkt bei 2-Gefäßerkrankung, ein Zustand nach PTCA mit Stentimplantation, eine arterielle Hypertonie, ein cervikales Pseudoradikulärsyndrom, ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen sowie eine Hypercholesterinämie vor. Nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Hausärztin Dr. medic A. und Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 21.01.2003 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 ab Antragstellung wegen folgender Funktionsbeeinträchtigungen fest: Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzleistungsminderung, abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation (Teil-GdB 30), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 10).
Die Klägerin erhob Widerspruch und legte zur Begründung eine Stellungnahme ihrer Hausärztin Dr. medic A. nebst weiterer ärztlicher Unterlagen vor. Auf der Grundlage einer Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes stellte der Beklagte durch Teilabhilfebescheid vom 15.04.2003 einen GdB von 40 seit dem 02.07.2002 fest und erkannte als Funktionsbeeinträchtigungen eine koronare Herzkrankheit, wiederholte Stentimplantation, Herzleistungsminderung, Bluthochdruck, psychovegetative Störungen (Teil-GdB 40), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GWB 10) an. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2003 wies der Beklagte den Widerspruch im übrigen zurück.
Am 06.10.2003 hat die Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben und eine Erhöhung des bei ihr festgestellten Gesamt-GdB auf mindestens 50 begehrt. Sie hat geltend gemacht, die Herz-Kreislauf-Erkrankung sei zwar mit einem Teil-GdB von 40 ausreichend bewertet. Indes seien die bei ihr vorhandenen Wirbelsäulebeschwerden nicht ausreichend berücksichtigt. Darüber hinaus liege eine rezidivierende Epikondylitis vor und ergebe sich auch auf psychischem Gebiet eine anhaltende Funktionseinschränkung.
Das Sozialgericht hat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Dietrich vom 07.04.2004 eingeholt. Dieser hat mitgeteilt, die Klägerin leide an einem chronischen Cervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen, einer chronischen Lumbalgie bei Diskopathie L 5/ S 1 sowie degenerativen Veränderungen, einem beginnenden Verschleiß des linken Knies sowie einem BWS-Syndrom bei Verschleißerscheinungen. Es bestünden trotz ambulanter konservativer Therapie permanente schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im gesamten Wirbelsäulebereich. Für diese degenerativen Veränderungen sowie die vorliegende Skoliose sei auf orthopädischem Fachgebiet ein Teil-GdB von 30 anzusetzen.
Im daraufhin vom Sozialgericht eingeholten fachorthopädischen Gutachten von Dr. D. vom 21.06.2004 ist ausgeführt, bei der Klägerin liege orthopädischerseits eine chronische rezidivierende Lumboischialgie links ohne neurologisches Defizit bei degenerativen Veränderungen, eine chronisch-rezidivierende Dorsalgie bei leichten degenerativen BWS-Veränderungen, eine chronisch rezidivierende Cervikalgie mit häufigen Cephalgien bei degenerativen Veränderungen ohne Neurologie, eine Skoliose sowie eine leichte mediale Gonarthrose und Verdacht auf Innenmeniskusläsion rechts vor. Als nichtorthopädische Diagnosen werden ein Zustand nach Herzinfarkt mit PTCA- und Stent-Implantation 2002, eine arterielle Hypertonie sowie eine rezidivierende Gastritis mitgeteilt. Die funktionellen Auswirkungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten seien als leichtgradig zu werten. Aufgrund der degenerativen Veränderungen und der Chronizität der Beschwerden mit rezidivierenden, auch tagelang anhaltenden Wirbelsäulensyndromen ergebe sich bei fehlenden neurologischen Ausfällen ein GdB von 20. Nachdem drei Wirbelsäulenabschnitte betroffen seien, sei dies einer mittelgradigen Funktionseinschränkung in einem Wirbelsäulenabschnitt gleichzusetzen. Die Gesundheitsstörungen des Kniegelenks führten nicht zu GdB-relevanten Funktionseinschränkungen. Die kardiologischen Erkrankungen mit koronarer Herzkrankheit, Stent-Implantation, Herzleistungsminderung und Bluthochdruck sowie begleitender psychovegetativer Störungen seien bereits mit einem Einzel-GdB von 40 ausreichend beschrieben und bewertet. Insgesamt ergebe sich damit ein Gesamt-GdB von 40.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.11.2004 hat der Sachverständige dargelegt, die Hauptbeeinträchtigung der Klägerin liege auf kardiologischem Fachgebiet mit einem Einzel-GdB von 40. Dieser sei im Rahmen der Bildung des Gesamt-GdB durch die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule nicht zu erhöhen, da durch die Wirbelsäuleproblematik keine so wesentliche Beeinträchtigung entstehe, dass sich diese besonders nachteilig auf die Herzerkrankung auswirke.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.03.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach den vorliegenden kardiologischen Befunden sei die Herzerkrankung der Klägerin mit einem Einzel-GdB von 40 angemessen bewertet. Auf orthopädischem Fachgebiet sei angesichts der von Dr. D. erhobenen leichtgradigen Einschränkungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten ohne neurologische Ausfälle ein Einzel-GdB von 20 nicht zu beanstanden. Der Sachverständige habe darüber hinaus in seiner ergänzenden Stellungnahme schlüssig und überzeugend dargelegt, weshalb er unter Berücksichtigung der kardiologischen Einschränkungen die Schwerbehinderteneigenschaft nicht für erreicht ansehe. Nachdem er den vom Beklagten auf kardiologischem Fachgebiet ermittelten Einzel-GdB übernommen habe, enthalte dieser auch die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin. Diese Entscheidung ist der Klägerin am 30.03.2005 zugestellt worden.
Am 26.04.2005 hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Der Senat hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Weis vom 21.07.2005 und der Allgemeinmedizinerin Dr. medic A. vom 22.07.2005 eingeholt.
Dr. Weis hat mitgeteilt, zum Zeitpunkt der letzten Untersuchung am 11.07.2005 habe sich ein unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund ergeben. Diagnostisch werde von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradig, ausgegangen. Unter entsprechender medikamentöser antidepressiver Behandlung sei es in den vergangenen Jahren und auch nun zu einer deutlichen Besserung der psychischen Symptome gekommen. Sofern der Klägerin entsprechend den psychiatrischen Ratschlägen eine prophylaktische Medikation kontinuierlich gelinge, sei mit anhaltender weitgehender Symptomfreiheit zu rechnen. Aus dem aktuellen Querschnittsbefund sowie dem überschaubaren Verlauf scheine eine GdB-Einstufung im Bereich von 40 bis 60 orientierend gerechtfertigt.
Dr. medic A. hat unter Vorlage weiterer ärztlicher Unterlagen, darunter eines Befundberichts des Kardiologen Dr. W. vom 13.07.2005, angegeben, bei der Klägerin bestehe ein Zustand nach Vorderwandinfarkt, ein Zustand nach PTCA mit Stentimplantation 2002, eine arterielle Hypertonie, eine mittelgradig eingeschränkte linksventrikuläre Globalinsuffizienz, eine mittelgradige depressive Störung nach Verlust des Ehemannes mit Schlafstörungen und Zukunftsängsten, ein HWS-Syndrom mit Cervicobrachialgie sowie eine rezidivierende Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen. Der Blutdruck sei unter Beta-Blocker Medikation schwankend. Bei Addition der aufgeführten Erkrankungen liege nach ihrer Einschätzung mit einem GdB von 60 bis 70 Schwerbehinderung vor.
Die Klägerin ist der Auffassung, die von der Herzerkrankung ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen und diejenigen im Wirbelsäulebereich beträfen unterschiedliche Lebensbereiche. Daher sei ein Einzel-GdB von 40 für die Herzerkrankung durch die hinzutretende Wirbelsäuleproblematik mit einem Einzel-GdB von 20 zu erhöhen und liege die Schwerbehinderteneigenschaft vor. Hinzu kämen die Angst- und Schlafstörungen sowie die depressive Verstimmung, die nicht als Begleiterscheinungen der Herzerkrankung zu werten und daher mit einem zusätzlichen Einzel-GdB zu berücksichtigen seien. Zur Bestätigung ihrer Angaben legt sie einen weiteren Befundbericht von Dr. Weis vom 25.07.2005 vor
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21. Januar 2003 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 15. April 2003 sowie des Widerspruchsbescheides vom 04. September 2003 zu verurteilen, den gesamt Behinderungsgrad mit wenigstens 50 ab dem 02. Juli 2002 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt unter Vorlage einer Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes vom 04.10.2005 vor, sowohl die mittelgradig eingeschränkte Funktion der linken Herzkammer als auch die depressive Verstimmung mit psychovegetativer Störungen seien in der bisherigen Bewertung ausreichend berücksichtigt. Eine Höherbemessung der Herzerkrankung lasse sich ausweislich der von Dr. W. unter dem 13.07.2005 berichteten Befunde nicht begründen. Gleiches gelte angesichts der von Dr. Weis mitgeteilten Befunde auf psychiatrischem Fachgebiet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Schwerbehindertenakten des Beklagten sowie die gleichfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Heilbronn (je ein Band) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mindestens 50. Vielmehr ist der vom Beklagten durch Teilabhilfebescheid 15.04.2003 festgestellte GdB von 40 ausreichend und angemessen.
Wegen der rechtlichen Voraussetzungen der zu treffenden Entscheidung, der bei der Feststellung des GdB anzuwendenden Maßstäbe sowie der danach für die von der Herzerkrankung und den Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen anzusetzenden Einzel-GdB verweist der Senat auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Mit dem von der Beklagten angesetzten Einzel-GdB von 40 sind die Auswirkungen der Herz-Kreislauferkrankung der Klägerin insgesamt, also der Herzerkrankung sowie der bestehenden Hypertonie, angemessen bewertet. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
Eine für die Bemessung des Gesamt-GdB erhebliche depressive Störung i. S. der Nr. 26.3, Seite 48 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 2004 (AHP) besteht nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Facharztes Neurologie und Psychiatrie Dr. Weis vom 21.07.2005 und dessen - von Dr. medic A. sowie der Klägerin vorgelegten - Befundberichten vom 11.07.2005 und vom 25.07.2005 nicht. Denn die bereits unter dem 11.07.2005 berichteten geringen Auswirkungen der diagnostizierten mittelgradigen depressive Störung waren nach zwischenzeitlich - ausweislich der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 21.07.2005 zuvor hingegen nicht - erfolgter kontinuierlicher Medikamenteneinnahme bereits am 25.07.2005 nochmals deutlich gebessert. Angesichts der danach bestätigten Prognose von Dr. Weis, bei kontinuierlicher Einnahme der prophylaktischen Medikation sei mit anhaltender weitgehender Symptomfreiheit zu rechnen, fehlt es im Übrigen an einer mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauernden Funktionsbeeinträchtigung als Voraussetzung für die Annahme einer Behinderung (vgl. hierzu Nr. 17, Seite 20 der AHP). Für eine vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.06.2005 angeregte Einholung eines Gutachtens besteht angesichts dessen kein Anlass.
Ausgehend von einem Einzel-GdB von 40 für die Herz-Kreislauferkrankung der Klägerin ergibt sich vorliegend kein Gesamt-GdB von 50. Denn angesichts der weiteren, lediglich leichten Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet mit einem Einzel-GdB von 20 lässt sich keine Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung um einen GdB-Grad von mehr als 10 feststellen (vgl. Nr. 19 Abs. 4, Seite 26 der AHP). Eine besonders nachteilige Auswirkung insbesondere der durch die Wirbelsäuleschäden der Klägerin herbeigeführten Funktionseinschränkungen auf diejenigen der Herz-Kreislauferkrankung besteht nicht. Auch soweit die Auswirkungen der Erkrankungen voneinander unabhängig sind und verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen (vgl. Nr. 19, Seite 25 der AHP), vermag dies die Annahme der Schwerbehinderteneigenschaft und mithin eines Gesamt-GdB von 50 nicht zu begründen, da die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen angesichts der unter Alltagsbedingungen fehlenden pectanginösen Beschwerden (vgl. hierzu den Befundbericht des Kardiologen Dr. W. vom 13.07.2005) und der lediglich leichten Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet nicht so erheblich ist wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung (Nrn. 26.8, Seite 67 ff. und 26.9, S. 71 ff. der AHP), bei Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung usw. (vgl. zu diesen Anforderungen für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft Nr. 19 Abs. 2, Seite 25 der AHP).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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