Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3925/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2454/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Kapitalleistung aus der betrieblichen Altersversorgung (hier: aus einer im Jahr 1991 als Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung) unterliegt auch insoweit der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, als die Versicherte die Beiträge ab 1.1.1999 selbst bezahlt hat (vgl LSG Darmstadt vom 5.5.2006 - L 1 KR 25/06 ER).
2. Die zum 1.1.2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz eingeführte Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in der Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 229 Abs 1 S 3 SGB 5 idF vom 14.11.2003 ist verfassungsgemäß.
2. Die zum 1.1.2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz eingeführte Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in der Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 229 Abs 1 S 3 SGB 5 idF vom 14.11.2003 ist verfassungsgemäß.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. April 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Die 1940 geborene Klägerin ist seit dem 01.11.2004 als Rentnerin versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Am 17.06.2005 teilte sie der Beklagten mit, sie habe im Jahr 1991 bei ihrem Arbeitgeber eine Direkt-Lebensversicherung abgeschlossen. Bis Juni 1998 seien die Gratifikationen und die Urlaubsgeldzuschüsse als Prämienzahlungen verwendet worden. Am 30.06.1998 sei sie krankheitshalber aus dem Betrieb ausgeschieden und habe ab dem 01.07.1998 die Versicherungsbeiträge selbst bezahlt. Zum 01.07.2005 werde ihr der Versicherungsbetrag in Höhe von EUR 30.778,- ausbezahlt. Mit Schreiben vom 15.06.2005 teilte auch die Zürich Lebensversicherung AG der Beklagten mit, dass der Klägerin zum 01.07.2005 als Kapitalleistung einer betrieblichen Altersversorgung ein Betrag in dieser Höhe ausbezahlt werde.
Die Beklagte stellte hierauf mit Bescheid vom 20.06.2005 fest, Kapitalabfindungen für Versorgungsbezüge würden für die Beitragsbemessung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) herangezogen. Dabei gelte 1/120 der Abfindung als monatlicher Zahlbetrag. Für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge werde der allgemeine Beitragssatz, der am 01.07. des Vorjahres festgestellt worden sei, zugrunde gelegt. Die 10-Jahresfrist beginne mit dem 01.07.2005 und ende mit dem 30.06.2015. Es ergebe sich ein Monatsbetrag von 35,65 EUR zur gesetzlichen Krankenversicherung und von 4,36 EUR zur Pflegeversicherung, d.h. insgesamt 40,01 EUR.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Direktversicherung ab 01.07.1998 umgewandelt und von ihr selbst bezahlt worden sei. Die von ihr selbst bezahlten Beiträge in Höhe von jährlich 1.533,- EUR hätten bereits der Kranken- und Pflegeversicherung unterlegen.
Ergänzend legte sie ein Schreiben der Zürich Lebensversicherung-Gesellschaft vom 23.06.1998, wonach mit Wirkung ab 01.01.1999 die Versicherungsnehmereigenschaft von ihrem bisherigen Arbeitgeber auf sie übertragen worden ist, vor. Bezugnehmend hierauf führte sie aus, spätestens seit dem 01.07.1998 handle es sich nicht mehr um eine Versicherungsleistung, die als "Rente der betrieblichen Altersversorgung" zu beurteilen sei. Die Prämienzahlungen seien aus "versteuertem Einkommen" veranlasst worden und wären deshalb nicht aus Mitteln vorgenommen worden, die im weitesten Sinne einen Bezug zu ihrer Arbeitstätigkeit hätten und deswegen in den Bereich der betrieblichen Altersversorgung eingestuft werden könnten. Nur bis 30.06.1998 und damit zur Hälfte sei die Versicherung als "betriebliche Altersversorgung" angespart worden. Deshalb könne nur eine Summe von 15.389 EUR zu Grunde gelegt werden. Hieraus errechne sich ein Betrag in Höhe von 20,01 EUR.
Mit Bescheid vom 24.08.2005 setzte die Beklagte ab 01.07.2005 wegen einer nicht korrekten Beitragsaufschlüsselung und eines Zuschlags bei nicht nachgewiesener Elternschaft in der Pflegeversicherung den monatlichen Betrag auf 40,14 EUR fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der Bezug zu einer betrieblichen Altersversorgung dann gegeben sei, wenn aufgrund einer bestimmten Berufstätigkeit eine Mitgliedschaft in einer entsprechenden Einrichtung bestehe. Dies gelte auch dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis beendet werde und der Versicherungsnehmer die Beiträge auf freiwilliger Basis weiterbezahle. Es liege eine Unteilbarkeit bei den Versorgungsbezügen vor. Durch den Wechsel des Versicherungsnehmers hätten sich die Vertragsbedingungen im übrigen nicht geändert. Die Klägerin hätte den Vertrag ohne erneute Prüfung (z.B. Gesundheitsgutachten) übernehmen können.
Mit ihrer dagegen zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage wandte sich die Klägerin weiterhin gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sowie eines Zusatzbeitrags auf den Teil der Lebensversicherung, den sie selbst angespart hat. Sie habe ausschließlich außerhalb eines arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnisses liegende private Mittel verwandt. Durch die zeitliche Begrenzung des Arbeitsverhältnisses und Feststellung eines angesparten Bezuges sei eine "Teilbarkeit" des Kapitalbetrages vorzunehmen und zu ermitteln. Es sei nach Einstellung ihrer betrieblichen Tätigkeit ihre freie Entscheidung gewesen, den Lebensversicherungsvertrag fortzuführen oder nicht. Die Heranziehung auch des Betrags, den sie privat einbezahlt habe, sei willkürlich. Sie werde dafür bestraft, dass sie nach Beendigung ihrer Berufstätigkeit das Lebensversicherungsvertragsverhältnis fortgeführt habe. Sie legte den Versicherungsschein-Kopie der Vita Lebensversicherungs-AG der Zürich Versicherungen vor.
Die Beklagte trug dagegen unter Vorlage eines Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 27.07.2005 - S 6 KR 161/04 - vor, die Beitragserhebung aus einem kapitalisierten Versorgungsbezug sei rechtens. Entscheidend sei, dass der Abschluss der Direktversicherung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe. Die Heranziehung sei auch sachgerecht, denn auch für Versorgungsbezüge in den anderen Durchführungswegen (z.B. Pensionskassen) müssten Beiträge bezahlt werden. Auch dabei sei die Frage der Finanzierung ebenso unbeachtlich wie bei einer Direktversicherung. Würde man den Anteil, der mit freiwilligen Beiträgen finanziert worden sei, nicht heranziehen, trete eine Ungleichbehandlung mit denjenigen ein, die weiterhin beschäftigt seien und die Beiträge z.B. zu einer Direktversicherung ebenfalls aus ihrem Nettoeinkommen finanzieren würden. Dass die Klägerin nach dem Ende ihrer Beschäftigung Versicherungsnehmerin geworden sei, ändere an der Beitragspflicht nichts. Durch den Wechsel der Versicherungsnehmerin hätten sich die Vertragsbedingungen nicht geändert.
Mit Urteil vom 10.04.2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 14.04.2006, wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, bei versicherungspflichtigen Rentnern würden der Beitragsbemessung unter anderem Versorgungsbezüge zugrunde gelegt. Zu den Versorgungsbezügen gehörten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung. Die Direktversicherung sei der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezwecken würden. Diesen Anforderungen werde der ursprüngliche Versicherungsvertrag vom Juli 1991 gerecht. Die Leistung aus der Lebensversicherung verliere ihren Charakter als Versorgungsbezug auch nicht deshalb, weil sie - teilweise - durch eine Eigenleistung der Klägerin finanziert worden sei. Würden Versorgungsbezüge aus einer Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gezahlt, sei unerheblich, ob sie auf Leistungen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers bzw. des Bezugsberechtigten beruhen würden. Auch wenn der Arbeitgeber die Direktversicherung auf den Arbeitnehmer übertrage, bestehe noch ein hinreichender Zusammenhang zwischen den Leistungen aus der Lebensversicherung und der früheren Berufstätigkeit. Es handele sich hierbei um die Fortsetzung des bisherigen Versicherungsverhältnisses unter veränderten Bedingungen.
Hiergegen richtet sie die am 11.05.2006 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist weiter der Auffassung, dass die Kapitallebensversicherung seit dem 01.01.1999 nicht im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis angespart worden sei. Seit diesem Datum sei keine "Direktversicherung" im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrAVG fortgeführt worden. Das Arbeitsverhältnis sei beendet gewesen. Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung grenze den Rechtsstatus hinsichtlich der Rechte, die während des Arbeitsverhältnisses angespart worden seien, und dem Rechtsstatus "danach" ab. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestünden die früheren Verfügungsbeschränkungen nicht mehr. Die Klägerin hätte die von ihr geführte Lebensversicherung auch verkaufen können. Im übrigen hätten keine Sondervergünstigungen etwa in Form eines "Gruppen-Sondertarifes" bestanden. Die Annahme, auch zum Zeitpunkt der Auszahlung des Kapitalguthabens habe eine betriebliche Altersversorgung weiterhin bestanden, verletze Artikel 14 Grundgesetz (GG).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. April 2006 sowie die Bescheide vom 20. Juni 2005 und 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2005 insoweit aufzuheben, als der festgesetzte monatliche Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01. Juli 2005 einen Betrag von 20.07 EUR übersteigt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Ausführungen hinsichtlich eines privaten Verkaufs des Lebensversicherungsvertrages seien für die Beurteilung dieses Rechtsstreits nicht relevant.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Berufung, über die der Senat gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entscheidet, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, ist zulässig und insbesondere statthaft, da die Berufung eine Beitragsforderung von mehr als einem Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Einstufungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Kapitalzahlung aus der Lebensversicherung unterliegt auch insoweit, als die Klägerin die Beiträge ab 01.01.1999 selbst bezahlt hat, der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. auch Urteile des Senats vom 15.11.2005 - L 11 KR 3216/05 -, vom 24.01.2006 - L 11 KR 2032/05, vom 11.04.2006 - L 11 KR 804/06; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 03.03.2006 - L 5 KR 89/04 und Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 05.05.2006 - L 1 KR 25/06 ER -).
Wie das SG zu Recht dargelegt hat, wird bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung unter anderem der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- und/oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Zu solchen Versorgungsbezügen zählen auch Bezüge aus einer Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 des BetrAVG vom 19.12.1974 (BGBl. I 3610). Anzuknüpfen ist dabei an den Zahlbetrag, nicht lediglich an den sogenannten Ertragsanteil (vgl. LSG Hamburg, 21.01.2004 - L 1 KR 24/02, P 10/02 -).
Bei der Direktversicherung handelt es sich um eine vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer mit einem Versicherungsunternehmer im Wege einer Gruppen- oder Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Arbeitnehmers abgeschlossene Kapitalversicherung, bei welcher der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Als Versicherungsnehmer ist der Arbeitgeber zur Zahlung der Prämien verpflichtet. Direktversicherungsbeiträge werden pauschal besteuert, wobei der Satz der Pauschalbesteuerung von ursprünglich 10 % schrittweise auf 20 % angehoben wurde (§ 40 b Einkommenssteuergesetz - EStG). Die Pauschalbesteuerung von Prämien für eine Direktversicherung führt zu Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung, wenn die Direktversicherung zusätzlich zum Arbeitsentgelt tritt (BSG, Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 10/02 R -), soweit ein jährlicher Höchstbetrag nicht überschritten wird.
Die Versicherungsleistung aus der Direktversicherung ist grundsätzlich ein Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.1996 - 12 RV 21/95 - in SozR 3 - 2500 § 229 Nr. 13).
Dass eine solche Konstellation bei der Klägerin vorlag, ergibt sich aus dem Versicherungsschein der Vita Lebensversicherungs-AG vom 12.07.1991. Begünstigte des Vertrags war die Klägerin. Versicherungsnehmer war der Arbeitgeber der Klägerin, der die Beiträge leistete. Als Ablaufalter war die Vollendung des 59. Lebensjahres bestimmt worden. Insoweit besteht ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistung aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit der Klägerin.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Klägerin seit 01.01.1999 die Versicherungsprämien selbst bezahlt hat, Versicherungsnehmerin wurde und die Kapitalleistung erst nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt worden ist. Die "Betrieblichkeit" der betrieblichen Altersversorgung besteht dadurch weiterhin. Dies hatte das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 08.12.1998 - 12 RK 46/86 - zwar noch ausdrücklich offen gelassen. In späteren Entscheidungen hat es jedoch auch Renten in die Beitragspflicht mit einbezogen, wenn der Versicherte der Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung nur aufgrund einer früheren Berufstätigkeit beitreten konnte, auch wenn er während der Mitgliedschaft keine Berufstätigkeiten mehr ausgeübt und die Beiträge allein getragen hat (vgl. BSG, Urteil vom 06.02.1992 - 12 RK 37/91 - und vom 26.03.1996 - 12 RK 21/95 -). Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit besteht hier deshalb, weil die Klägerin die Lebensversicherung nur deshalb ausbezahlt bekommen hat, weil ihr Arbeitgeber ursprünglich für sie diese Lebensversicherung abgeschlossen hat. Nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis hatte sie die Möglichkeit, diese vom Arbeitgeber abgeschlossene Lebensversicherung zu übernehmen. Sie hat weiterhin den selben Beitrag bezahlt. Der Vertrag wurde auf sie umgewandelt, er wurde nicht neu abgeschlossen. Dies zeigt sich auch darin, dass keinerlei Gesundheitsuntersuchung der Klägerin notwendig wurde, vielmehr allein auf schriftlichem Wege eine Änderung der Versicherungsnehmereigenschaft vorgenommen wurde. Hiervon ist auch nicht unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG abzuweichen. Der Gesetzgeber hat insoweit eine Regelung hinsichtlich der Abtretung und Beleihung der betrieblichen Altersversorgung getroffen und unterschiedliche Regeln für die Zeit während der betrieblichen Tätigkeit und nach Abschluss der betrieblichen Tätigkeit aufgestellt. Diese Regelung betrifft jedoch nur das arbeits- und privatrechtliche Verhältnis. Auf die Sozialversicherung ist diese Norm nicht übertragbar.
Da die Kapitalleistung erst nach dem 01.01.2004, nämlich am 01.07.2005 fällig wurde, ist die Neuregelung für die Klägerin einschlägig. Ein Vertrauensschutz der Klägerin aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre nur zu berücksichtigen, wenn es sich um eine echte Rückwirkung handeln würde. Eine solche läge vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen würde (BVerfGE 57, 361, 391) bzw. wenn die Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt eintreten sollten und nicht für einen nach oder mit der Verkündung beginnenden Zeitraum (BVerfGE 72, 200, 242). Eine echte Rückwirkung ist indes vorliegend nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich um eine unechte Rückwirkung. Eine unechte Rückwirkung liegt nach der Rechtsprechung des BVerfGE 95, 64, 86 - ständige Rechtsprechung - vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Von unechter Rückwirkung oder auch tatbestandlicher Rückanknüpfung wird auch gesprochen, wenn eine Norm künftige Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht (BVerfGE 72, 200, 242; 79, 29, 45 ff.). Bei einer unechten Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung wird somit ein Tatbestand geregelt, der zwar vor Gesetzesverkündung begonnen hat, aber noch nicht vollständig abgeschlossen oder - mit anderen Worten - bereits vor Verkündung "in Kraft gesetzt" worden ist (BVerfGE 97, 67, 79). So liegt es hier, da die Gesetzesänderung zwar vor Fälligwerden der Lebensversicherung in Kraft trat, aber der Wert der Altersversorgung dadurch geschmälert wurde. Die Direktversicherung wurde bereits 1991 abgeschlossen, gelangte aber erst am 01.07.2005, d.h. nach dem Stichtag der Änderung des § 229 SGB V durch das GMG zur Auszahlung. Eine unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig (Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Artikel 20 Rdnr. 73), weil das vom Gesetzgeber verfolgte Gemeinwohlinteresse in der Regel das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand einer ihn begünstigenden Rechtslage überwiegt. Die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist im Sozialversicherungsrecht, ebenso wie im Steuerrecht, nicht geschützt.
Auch im übrigen hat der Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Neuregelung sollte gerade Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge beseitigen (BT-Drs. 15/1525 S. 139) und zu einer gleichmäßigen Behandlung aller Betroffenen führen (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 229 SGB V Rdnr. 16). Deswegen verstößt die neue Regelung auch nicht gegen Artikel 3 GG, sondern dient gerade der Gleichbehandlung aller Versicherten. Ein Eingriff in Artikel 14 GG liegt ebenfalls nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt Artikel 14 GG grundsätzlich nicht gegen Zugriffe auf das Vermögen oder Einkommen durch Auferlegung von Geldleistungspflichten; das gilt auch für Zwangsbeiträge (vgl. Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 14 Rdnr. 15; BSG Urteil vom 22.04.1986 - 12 RK 50/84 -).
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimisst.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Die 1940 geborene Klägerin ist seit dem 01.11.2004 als Rentnerin versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.
Am 17.06.2005 teilte sie der Beklagten mit, sie habe im Jahr 1991 bei ihrem Arbeitgeber eine Direkt-Lebensversicherung abgeschlossen. Bis Juni 1998 seien die Gratifikationen und die Urlaubsgeldzuschüsse als Prämienzahlungen verwendet worden. Am 30.06.1998 sei sie krankheitshalber aus dem Betrieb ausgeschieden und habe ab dem 01.07.1998 die Versicherungsbeiträge selbst bezahlt. Zum 01.07.2005 werde ihr der Versicherungsbetrag in Höhe von EUR 30.778,- ausbezahlt. Mit Schreiben vom 15.06.2005 teilte auch die Zürich Lebensversicherung AG der Beklagten mit, dass der Klägerin zum 01.07.2005 als Kapitalleistung einer betrieblichen Altersversorgung ein Betrag in dieser Höhe ausbezahlt werde.
Die Beklagte stellte hierauf mit Bescheid vom 20.06.2005 fest, Kapitalabfindungen für Versorgungsbezüge würden für die Beitragsbemessung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) herangezogen. Dabei gelte 1/120 der Abfindung als monatlicher Zahlbetrag. Für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge werde der allgemeine Beitragssatz, der am 01.07. des Vorjahres festgestellt worden sei, zugrunde gelegt. Die 10-Jahresfrist beginne mit dem 01.07.2005 und ende mit dem 30.06.2015. Es ergebe sich ein Monatsbetrag von 35,65 EUR zur gesetzlichen Krankenversicherung und von 4,36 EUR zur Pflegeversicherung, d.h. insgesamt 40,01 EUR.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die Direktversicherung ab 01.07.1998 umgewandelt und von ihr selbst bezahlt worden sei. Die von ihr selbst bezahlten Beiträge in Höhe von jährlich 1.533,- EUR hätten bereits der Kranken- und Pflegeversicherung unterlegen.
Ergänzend legte sie ein Schreiben der Zürich Lebensversicherung-Gesellschaft vom 23.06.1998, wonach mit Wirkung ab 01.01.1999 die Versicherungsnehmereigenschaft von ihrem bisherigen Arbeitgeber auf sie übertragen worden ist, vor. Bezugnehmend hierauf führte sie aus, spätestens seit dem 01.07.1998 handle es sich nicht mehr um eine Versicherungsleistung, die als "Rente der betrieblichen Altersversorgung" zu beurteilen sei. Die Prämienzahlungen seien aus "versteuertem Einkommen" veranlasst worden und wären deshalb nicht aus Mitteln vorgenommen worden, die im weitesten Sinne einen Bezug zu ihrer Arbeitstätigkeit hätten und deswegen in den Bereich der betrieblichen Altersversorgung eingestuft werden könnten. Nur bis 30.06.1998 und damit zur Hälfte sei die Versicherung als "betriebliche Altersversorgung" angespart worden. Deshalb könne nur eine Summe von 15.389 EUR zu Grunde gelegt werden. Hieraus errechne sich ein Betrag in Höhe von 20,01 EUR.
Mit Bescheid vom 24.08.2005 setzte die Beklagte ab 01.07.2005 wegen einer nicht korrekten Beitragsaufschlüsselung und eines Zuschlags bei nicht nachgewiesener Elternschaft in der Pflegeversicherung den monatlichen Betrag auf 40,14 EUR fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der Bezug zu einer betrieblichen Altersversorgung dann gegeben sei, wenn aufgrund einer bestimmten Berufstätigkeit eine Mitgliedschaft in einer entsprechenden Einrichtung bestehe. Dies gelte auch dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis beendet werde und der Versicherungsnehmer die Beiträge auf freiwilliger Basis weiterbezahle. Es liege eine Unteilbarkeit bei den Versorgungsbezügen vor. Durch den Wechsel des Versicherungsnehmers hätten sich die Vertragsbedingungen im übrigen nicht geändert. Die Klägerin hätte den Vertrag ohne erneute Prüfung (z.B. Gesundheitsgutachten) übernehmen können.
Mit ihrer dagegen zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage wandte sich die Klägerin weiterhin gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sowie eines Zusatzbeitrags auf den Teil der Lebensversicherung, den sie selbst angespart hat. Sie habe ausschließlich außerhalb eines arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnisses liegende private Mittel verwandt. Durch die zeitliche Begrenzung des Arbeitsverhältnisses und Feststellung eines angesparten Bezuges sei eine "Teilbarkeit" des Kapitalbetrages vorzunehmen und zu ermitteln. Es sei nach Einstellung ihrer betrieblichen Tätigkeit ihre freie Entscheidung gewesen, den Lebensversicherungsvertrag fortzuführen oder nicht. Die Heranziehung auch des Betrags, den sie privat einbezahlt habe, sei willkürlich. Sie werde dafür bestraft, dass sie nach Beendigung ihrer Berufstätigkeit das Lebensversicherungsvertragsverhältnis fortgeführt habe. Sie legte den Versicherungsschein-Kopie der Vita Lebensversicherungs-AG der Zürich Versicherungen vor.
Die Beklagte trug dagegen unter Vorlage eines Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 27.07.2005 - S 6 KR 161/04 - vor, die Beitragserhebung aus einem kapitalisierten Versorgungsbezug sei rechtens. Entscheidend sei, dass der Abschluss der Direktversicherung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe. Die Heranziehung sei auch sachgerecht, denn auch für Versorgungsbezüge in den anderen Durchführungswegen (z.B. Pensionskassen) müssten Beiträge bezahlt werden. Auch dabei sei die Frage der Finanzierung ebenso unbeachtlich wie bei einer Direktversicherung. Würde man den Anteil, der mit freiwilligen Beiträgen finanziert worden sei, nicht heranziehen, trete eine Ungleichbehandlung mit denjenigen ein, die weiterhin beschäftigt seien und die Beiträge z.B. zu einer Direktversicherung ebenfalls aus ihrem Nettoeinkommen finanzieren würden. Dass die Klägerin nach dem Ende ihrer Beschäftigung Versicherungsnehmerin geworden sei, ändere an der Beitragspflicht nichts. Durch den Wechsel der Versicherungsnehmerin hätten sich die Vertragsbedingungen nicht geändert.
Mit Urteil vom 10.04.2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 14.04.2006, wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, bei versicherungspflichtigen Rentnern würden der Beitragsbemessung unter anderem Versorgungsbezüge zugrunde gelegt. Zu den Versorgungsbezügen gehörten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung. Die Direktversicherung sei der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezwecken würden. Diesen Anforderungen werde der ursprüngliche Versicherungsvertrag vom Juli 1991 gerecht. Die Leistung aus der Lebensversicherung verliere ihren Charakter als Versorgungsbezug auch nicht deshalb, weil sie - teilweise - durch eine Eigenleistung der Klägerin finanziert worden sei. Würden Versorgungsbezüge aus einer Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gezahlt, sei unerheblich, ob sie auf Leistungen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers bzw. des Bezugsberechtigten beruhen würden. Auch wenn der Arbeitgeber die Direktversicherung auf den Arbeitnehmer übertrage, bestehe noch ein hinreichender Zusammenhang zwischen den Leistungen aus der Lebensversicherung und der früheren Berufstätigkeit. Es handele sich hierbei um die Fortsetzung des bisherigen Versicherungsverhältnisses unter veränderten Bedingungen.
Hiergegen richtet sie die am 11.05.2006 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist weiter der Auffassung, dass die Kapitallebensversicherung seit dem 01.01.1999 nicht im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis angespart worden sei. Seit diesem Datum sei keine "Direktversicherung" im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrAVG fortgeführt worden. Das Arbeitsverhältnis sei beendet gewesen. Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung grenze den Rechtsstatus hinsichtlich der Rechte, die während des Arbeitsverhältnisses angespart worden seien, und dem Rechtsstatus "danach" ab. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestünden die früheren Verfügungsbeschränkungen nicht mehr. Die Klägerin hätte die von ihr geführte Lebensversicherung auch verkaufen können. Im übrigen hätten keine Sondervergünstigungen etwa in Form eines "Gruppen-Sondertarifes" bestanden. Die Annahme, auch zum Zeitpunkt der Auszahlung des Kapitalguthabens habe eine betriebliche Altersversorgung weiterhin bestanden, verletze Artikel 14 Grundgesetz (GG).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. April 2006 sowie die Bescheide vom 20. Juni 2005 und 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. September 2005 insoweit aufzuheben, als der festgesetzte monatliche Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01. Juli 2005 einen Betrag von 20.07 EUR übersteigt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Ausführungen hinsichtlich eines privaten Verkaufs des Lebensversicherungsvertrages seien für die Beurteilung dieses Rechtsstreits nicht relevant.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht komme und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Berufung, über die der Senat gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entscheidet, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, ist zulässig und insbesondere statthaft, da die Berufung eine Beitragsforderung von mehr als einem Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Einstufungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Kapitalzahlung aus der Lebensversicherung unterliegt auch insoweit, als die Klägerin die Beiträge ab 01.01.1999 selbst bezahlt hat, der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. auch Urteile des Senats vom 15.11.2005 - L 11 KR 3216/05 -, vom 24.01.2006 - L 11 KR 2032/05, vom 11.04.2006 - L 11 KR 804/06; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 03.03.2006 - L 5 KR 89/04 und Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 05.05.2006 - L 1 KR 25/06 ER -).
Wie das SG zu Recht dargelegt hat, wird bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung unter anderem der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- und/oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Zu solchen Versorgungsbezügen zählen auch Bezüge aus einer Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 des BetrAVG vom 19.12.1974 (BGBl. I 3610). Anzuknüpfen ist dabei an den Zahlbetrag, nicht lediglich an den sogenannten Ertragsanteil (vgl. LSG Hamburg, 21.01.2004 - L 1 KR 24/02, P 10/02 -).
Bei der Direktversicherung handelt es sich um eine vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer mit einem Versicherungsunternehmer im Wege einer Gruppen- oder Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Arbeitnehmers abgeschlossene Kapitalversicherung, bei welcher der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Als Versicherungsnehmer ist der Arbeitgeber zur Zahlung der Prämien verpflichtet. Direktversicherungsbeiträge werden pauschal besteuert, wobei der Satz der Pauschalbesteuerung von ursprünglich 10 % schrittweise auf 20 % angehoben wurde (§ 40 b Einkommenssteuergesetz - EStG). Die Pauschalbesteuerung von Prämien für eine Direktversicherung führt zu Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung, wenn die Direktversicherung zusätzlich zum Arbeitsentgelt tritt (BSG, Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 10/02 R -), soweit ein jährlicher Höchstbetrag nicht überschritten wird.
Die Versicherungsleistung aus der Direktversicherung ist grundsätzlich ein Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.1996 - 12 RV 21/95 - in SozR 3 - 2500 § 229 Nr. 13).
Dass eine solche Konstellation bei der Klägerin vorlag, ergibt sich aus dem Versicherungsschein der Vita Lebensversicherungs-AG vom 12.07.1991. Begünstigte des Vertrags war die Klägerin. Versicherungsnehmer war der Arbeitgeber der Klägerin, der die Beiträge leistete. Als Ablaufalter war die Vollendung des 59. Lebensjahres bestimmt worden. Insoweit besteht ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistung aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit der Klägerin.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Klägerin seit 01.01.1999 die Versicherungsprämien selbst bezahlt hat, Versicherungsnehmerin wurde und die Kapitalleistung erst nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gezahlt worden ist. Die "Betrieblichkeit" der betrieblichen Altersversorgung besteht dadurch weiterhin. Dies hatte das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 08.12.1998 - 12 RK 46/86 - zwar noch ausdrücklich offen gelassen. In späteren Entscheidungen hat es jedoch auch Renten in die Beitragspflicht mit einbezogen, wenn der Versicherte der Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung nur aufgrund einer früheren Berufstätigkeit beitreten konnte, auch wenn er während der Mitgliedschaft keine Berufstätigkeiten mehr ausgeübt und die Beiträge allein getragen hat (vgl. BSG, Urteil vom 06.02.1992 - 12 RK 37/91 - und vom 26.03.1996 - 12 RK 21/95 -). Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit besteht hier deshalb, weil die Klägerin die Lebensversicherung nur deshalb ausbezahlt bekommen hat, weil ihr Arbeitgeber ursprünglich für sie diese Lebensversicherung abgeschlossen hat. Nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis hatte sie die Möglichkeit, diese vom Arbeitgeber abgeschlossene Lebensversicherung zu übernehmen. Sie hat weiterhin den selben Beitrag bezahlt. Der Vertrag wurde auf sie umgewandelt, er wurde nicht neu abgeschlossen. Dies zeigt sich auch darin, dass keinerlei Gesundheitsuntersuchung der Klägerin notwendig wurde, vielmehr allein auf schriftlichem Wege eine Änderung der Versicherungsnehmereigenschaft vorgenommen wurde. Hiervon ist auch nicht unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG abzuweichen. Der Gesetzgeber hat insoweit eine Regelung hinsichtlich der Abtretung und Beleihung der betrieblichen Altersversorgung getroffen und unterschiedliche Regeln für die Zeit während der betrieblichen Tätigkeit und nach Abschluss der betrieblichen Tätigkeit aufgestellt. Diese Regelung betrifft jedoch nur das arbeits- und privatrechtliche Verhältnis. Auf die Sozialversicherung ist diese Norm nicht übertragbar.
Da die Kapitalleistung erst nach dem 01.01.2004, nämlich am 01.07.2005 fällig wurde, ist die Neuregelung für die Klägerin einschlägig. Ein Vertrauensschutz der Klägerin aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre nur zu berücksichtigen, wenn es sich um eine echte Rückwirkung handeln würde. Eine solche läge vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen würde (BVerfGE 57, 361, 391) bzw. wenn die Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt eintreten sollten und nicht für einen nach oder mit der Verkündung beginnenden Zeitraum (BVerfGE 72, 200, 242). Eine echte Rückwirkung ist indes vorliegend nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich um eine unechte Rückwirkung. Eine unechte Rückwirkung liegt nach der Rechtsprechung des BVerfGE 95, 64, 86 - ständige Rechtsprechung - vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Von unechter Rückwirkung oder auch tatbestandlicher Rückanknüpfung wird auch gesprochen, wenn eine Norm künftige Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht (BVerfGE 72, 200, 242; 79, 29, 45 ff.). Bei einer unechten Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung wird somit ein Tatbestand geregelt, der zwar vor Gesetzesverkündung begonnen hat, aber noch nicht vollständig abgeschlossen oder - mit anderen Worten - bereits vor Verkündung "in Kraft gesetzt" worden ist (BVerfGE 97, 67, 79). So liegt es hier, da die Gesetzesänderung zwar vor Fälligwerden der Lebensversicherung in Kraft trat, aber der Wert der Altersversorgung dadurch geschmälert wurde. Die Direktversicherung wurde bereits 1991 abgeschlossen, gelangte aber erst am 01.07.2005, d.h. nach dem Stichtag der Änderung des § 229 SGB V durch das GMG zur Auszahlung. Eine unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig (Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Artikel 20 Rdnr. 73), weil das vom Gesetzgeber verfolgte Gemeinwohlinteresse in der Regel das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand einer ihn begünstigenden Rechtslage überwiegt. Die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist im Sozialversicherungsrecht, ebenso wie im Steuerrecht, nicht geschützt.
Auch im übrigen hat der Senat keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Neuregelung sollte gerade Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge beseitigen (BT-Drs. 15/1525 S. 139) und zu einer gleichmäßigen Behandlung aller Betroffenen führen (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 229 SGB V Rdnr. 16). Deswegen verstößt die neue Regelung auch nicht gegen Artikel 3 GG, sondern dient gerade der Gleichbehandlung aller Versicherten. Ein Eingriff in Artikel 14 GG liegt ebenfalls nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt Artikel 14 GG grundsätzlich nicht gegen Zugriffe auf das Vermögen oder Einkommen durch Auferlegung von Geldleistungspflichten; das gilt auch für Zwangsbeiträge (vgl. Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 14 Rdnr. 15; BSG Urteil vom 22.04.1986 - 12 RK 50/84 -).
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimisst.
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