Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 2647/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3518/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. August 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Verletztenrente.
Der am 1955 geborene Kläger erlitt am 11. Mai 1999 einen Arbeitsunfall, als er beim Versuch, eine Abdeckplane vom Dach eines LKWs herunterzuholen, ausrutschte und abstürzte.
Bei dem Unfall zog sich der Kläger eine bimalleoläre Sprunggelenksfraktur rechts zu, die durch eine offene Reposition und Osteosynthese am Unfalltag versorgt wurde. Im Oktober 1999 erfolgte die Metallentfernung am Innenknöchel und am 28. Juni 2000 - ambulant - am Außenknöchel. Unter Zugrundelegung von Gutachten des Unfallchirurgen Dr. R. (April und August 2000) sowie nach Einholung einer Stellungnahme von PD Dr. M. gewährte die Beklagte (beginnend ab 15. Februar 2000) eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. (Bescheide vom 9. Juni und 22. September 2000).
Nach einem Gutachten vom 4. Oktober 2001 von Dr. S. und Dr. R. , Unfallchirurgische Abteilung des Krankenhauses B. ("keine Änderung gegenüber dem Vorbefund") kamen in einem weiteren Rentengutachten vom 25. März 2002 Dr. W. und Dr. R. zum Ergebnis, als Unfallfolgen bestünden noch persistierende, klinisch nicht eindeutig verifizierbare Schmerzen im Bereich des rechten Innenknöchels bei beginnender posttraumatischer Arthrose und röntgenologisch knöchern durchbauten Frakturen. Subjektiv gebe der Kläger eine Verschlechterung an, doch sei bei der klinischen Untersuchung gegenüber dem Vorgutachten vom Oktober 2001 eine eindeutige Besserung festzustellen, insbesondere sei die geltend gemachte Schwellneigung in vollem Umfang nicht nachvollziehbar, da er ohne Kompressionsstrümpfe zur Untersuchung gekommen und eine Schwellung des Sprunggelenkes nicht festzustellen gewesen sei. Auch die Bewegungsmaße hätten sich eindeutig gebessert. Die unfallbedingte MdE betrage noch 10 v. H.
Nach vorheriger Anhörung entzog die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 2002, dem Kläger am folgenden Tag zugestellt, mit Ablauf dieses Monats die bis dahin gewährte Rente und lehnte die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, zu welchem er ärztliche Unterlagen und Äußerungen vorlegte und den die Beklagte nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. W. und Dr. R. sowie einer beratungsärztlichen Stellungnahme von PD Dr. M. , der die Befunde auswertete, mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2002 zurückwies.
Deswegen hat der Kläger am 7. Oktober 2002 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Er hat geltend gemacht, die Unfallfolgen führten weiter zu Funktionseinschränkungen im rechten oberen Sprunggelenk. Außerdem bestünden unfallbedingt arthrotische Veränderungen an der Gelenk- bzw. Kontaktfläche zwischen Fibula und Tibia im distalen Tibiofibulargelenk ventral. Er leide unter einem chronischem Schmerzsyndrom sowie degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (WS) und Nervenwurzelreizerscheinungen, die Spätfolgen des Arbeitsunfalles seien.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. I. (mit Dr. Sch. ) mit Zusatzgutachten des Radiologen Dr. R. eingeholt. Prof. Dr. I. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, der Kläger leide noch unter einer unfallbedingten leichten Sprunggelenksarthrose rechts und einem anlagebedingten Os tibiale externum, einem zusätzlichen Fußwurzelknochen, der sich mit seiner gelenkigen Verbindung arthrotisch/pseudoarthrotisch verändert habe. Die Unfallfolgen bedingten unter Berücksichtigung der Aktenlage seit 19. März 2002 eine MdE um 10 v.H. In einer auf Einwände des Klägers vom SG eingeholten Stellungnahme des Dr. Sch. und des Prof. Dr. W. (an Stelle des inzwischen pensionierten Prof. Dr. I. ) haben diese mit näherer Begründung an der bisherigen Einschätzung fest gehalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 21. August 2003 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den am 25. August 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. September 2003 Berufung eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, ausschließliche Ursache für die Beinbeschwerden sei der Arbeitsunfall. Am Sprunggelenk lägen auch unfallbedingte Nervenschädigungen vor. Seine WS-Beschwerden seien ebenso Unfallfolge. Eine inzwischen aufgetretene mittelgradige depressive Episode sei gleichfalls auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. August 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, es sei lediglich eine leichte Sprunggelenksarthrose rechts als Unfallfolge verblieben. Unter Berücksichtigung subjektiver Beschwerden und der Erfahrungswerte sei dies nur bis zum 19. März 2002 mit einer MdE um 20 v. H. zu bewerten. Auch die örtlich ungenau angegebenen Schmerzen im Bereich des rechten Sprunggelenkes seien dabei berücksichtigt. Persistierende Beschwerden an der medialen Fußwurzel seien auf den zusätzlichen anlagebedingten Fußwurzelknochen zurückzuführen und unfallunabhängig. Weitere Veränderungen, insbesondere im Hüftgelenksbereich und der WS sowie die psychische Störung, seien nicht Unfallfolge.
Der Senat hat die in den Akten eines Rentenverfahrens gegen die LVA (jetzt Deutsche Rentenversicherung) Baden-Württemberg enthaltenen ärztlichen Äußerungen (u. a. Schreiben Allgemeinarzt Dr. Sch. vom 27. April und 24. Juli 2005 [seit 1. Dezember 1987 hausärztliche Betreuung mit Erstdiagnose einer depressiven Anpassungsstörung im Mai 2004] sowie Heilverfahren-Entlassungsberichte) beigezogen.
Außerdem hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG Sachverständigengutachten von Dr. Sch. , Dr. M. und Dr. R. eingeholt. Dr. Sch. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, hinsichtlich der Unfallfolgen finde sich im Verlauf postoperativ eine kontinuierliche Verbesserung der Bewegungsausmaße, die im Seitenvergleich lediglich endgradig eingeschränkt seien. Bei der Untersuchung sei keine wesentliche Schwellung des Sprunggelenkes oder Rötung im Sprunggelenk nachweisbar. Die Veränderungen und Beschwerden von Seiten der WS seien nicht wesentlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Es handle sich um über viele Jahre bzw. Jahrzehnte entwickelte degenerative Veränderungen. Ab 20. März 2002 sei die MdE mit 10 v. H. zu bewerten. Dr. M. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, auf neurologischem Gebiet lägen keine Unfallfolgen von funktioneller Bedeutung vor. Die MdE ergebe sich aus den Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. R. ist in seinem Gutachten zum Ergebnis gelangt, der Kläger leide unter einer mittelgradigen depressiven Episode, die mit Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den Arbeitsunfall verursacht sei. Aufgrund der mittelgradigen depressiven Episode bestehe eine MdE um 10 v. H. Unter Berücksichtigung der Einschränkungen auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet ergebe sich eine Gesamt-MdE um 20 v. H. ab 15. Februar 2000 und danach.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente über den Monat April 2002 hinaus.
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung einer vorläufigen Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und begehrt die Gewährung einer Dauerrente. Hierfür ist die Anfechtungsklage die zutreffende Klageart, denn mit Aufhebung des angefochtenen Entziehungsbescheides würde die vorläufig geführte Rente nach Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall schon kraft Gesetzes zur Dauerrente (Vgl. § 62 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]; Ricke in Kasseler Kommentar, § 62 SGB VII, Rdnr. 10).
Eine - während der ersten drei Jahre nach dem Arbeitsunfall - gewährte vorläufige Rente (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) kann in diesem Zeitraum jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer einer Änderung der Unfallfolgen neu festgestellt werden. Bei erstmaliger Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entscheidung kann der Vomhundertsatz der MdE nach § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - der hier vorliegt - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Bei der Bemessung der MdE sind nur Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die Unfallfolge sind. Insoweit müssen die geltend gemachten Gesundheitsstörungen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Gemessen an den vorstehenden Grundlagen hat die Beklagte zu Recht die vorläufige Rente entzogen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente über den April 2002 hinaus sowie auf Dauerrente, denn es liegt keine unfallbedingte MdE um mehr als 10 v.H. (mehr) vor.
Die auf chirurgisch/orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Unfallfolgen bedingen ab März 2002 lediglich noch eine MdE um 10 v. H. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend ausgeführt, dass die Unfallfolgen auf diesem Fachgebiet - ein Zustand nach bimalleolärer Fraktur des Sprunggelenkes - auch unter Berücksichtigung der noch geltend gemachten Beschwerden im Bereich des Innenknöchels jedenfalls ab März 2002 zu keinen wesentlichen funktionellen Ausfällen mehr führen und lediglich eine MdE um 10 v. H. bedingen. Das Os tibiale externum rechts ist unfallunabhängig und hat unfallbedingt jedenfalls über März 2002 hinaus zu keinen weiteren Einschränkungen geführt. Nachdem selbst der auf Antrag des Klägers im Berufungsverfahren nach § 109 SGG gehörte Dr. Sch. diese Einschätzung wiederum bestätigt hat, besteht keine Veranlassung die bereits von Dr. S. und Dr. R. sowie PD Dr. M. vertretene Auffassung und Bewertung der MdE in Zweifel zu ziehen. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist insofern die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend ist anzumerken, dass auch die vom Kläger geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Ungeachtet dessen, dass sie vom Kläger erst Jahre nach dem Unfall geltend gemacht wurden und zeitnah zum Unfall keinerlei WS-Beteiligung festgestellt wurde, liegen weder objektive Befunde noch entsprechende überzeugende ärztliche Äußerungen vor, die die Behauptung des Klägers stützen würden. Dies hat zuletzt auch der auf seinen Antrag gehörte Dr. Sch. bestätigt.
Soweit der Kläger neurologische Unfallfolgen geltend gemacht hat, besteht hierfür nach wie vor keinerlei Anhalt. Selbst die auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Nervenärztin Dr. M. hat Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet verneint.
Hinsichtlich der erstmals nach Vorliegen des Gutachtens von Dr. M. mit Antrag vom Mai 2005 - sechs Jahre nach dem Unfall und etwa zweieinhalb Jahre nach Klageerhebung - auf Einholung eines Gutachtens des Dr. R. im Berufungsverfahren als Unfallfolge sinngemäß geltend gemachten mittelgradigen depressiven Episoden fehlt es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den insofern geltend gemachten Beschwerden. Es spricht nicht mehr für einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis als dagegen. Das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. R. ist insoweit nicht überzeugend. Nach dem Unfall wurde erstmals im Jahr 2004 eine manifest gewordene psychische Erkrankung festgestellt. Auch hat der Kläger nach dem Unfall erstmals im Juli 2004 psychiatrische Hilfe bei Dr. R. in Anspruch genommen. In Anbetracht dieses Intervalls mit Fehlen jedweder Brückensymptome ist ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis nicht nachvollziehbar und nicht wahrscheinlich. Nach dem Unfall, der nach dem beschriebenen äußeren Hergang auch keine lebensbedrohliche existenzielle traumatische Einwirkungen psychischer Natur mit sich brachte, hat der Kläger über Jahre keine psychischen Beeinträchtigungen geltend gemacht und war nach dem Unfall in der ersten Phase der Rekonvaleszenz bereits in der Lage, in Urlaub zu fahren. Er hat erst 2004 und damit mehrere Jahre nach dem Unfall im Zusammenhang mit einem drohenden Haftantritt Dr. R. aufgesucht, um eine ärztliche Bescheinigung zu erlangen, damit die Haft nicht angetreten werden musste. Hinzugetreten sind wirtschaftliche Probleme. Dies und die drohende Haft erscheinen durchaus geeignet, eine mittelgradige depressive Episode, wie sie Dr. R. diagnostiziert, auszulösen, zumal der Kläger - wie im Gutachten von Dr. R. bei der Anamnese angegeben - schon l978 bzw. 1980 psychische Störungen aufwiesen, die auch zu einem Suizidversuch geführt haben sollen. All dies hat Dr. R. nicht berücksichtigt. Angesichts dessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass wesentlich mehr dafür spricht, als dagegen, dass die depressive Erkrankung des Klägers durch das Unfallereignis verursacht ist. Die Enttäuschung über die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu Recht versagende Entscheidungen mag die Psyche beeinträchtigen, ist jedoch nicht wesentlich durch das Unfallereignis verursacht. Außerdem ist - ohne dass es letztlich darauf ankommt - weder die von Dr. R. angenommene MdE um 10 v.H., noch die von ihm vorgenommene Bewertung der Gesamt-MdE mit 20 v.H. schlüssig und nachvollziehbar begründet. Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, worauf Dr. R. eine MdE um 10 v. H. für die Zeit ab März 2002 bis zu seiner ersten Konsultation stützt, nachdem wesentliche nervenärztliche Befunde für diese gesamte Zeit nicht dokumentiert sind.
Somit liegen neben den Unfallfolgen auf chirurgisch/orthopädischen Fachgebiet keine weiteren Unfallfolgen vor, sodass es bei der MdE um 10 v. H. verbleibt und der Kläger jedenfalls ab Mai 2002 keinen Anspruch auf Verletztenrente mehr hat.
Da der Sachverhalt geklärt ist, hat auch kein Anlass zu weiten Ermittlungen bestanden.
Somit ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Verletztenrente.
Der am 1955 geborene Kläger erlitt am 11. Mai 1999 einen Arbeitsunfall, als er beim Versuch, eine Abdeckplane vom Dach eines LKWs herunterzuholen, ausrutschte und abstürzte.
Bei dem Unfall zog sich der Kläger eine bimalleoläre Sprunggelenksfraktur rechts zu, die durch eine offene Reposition und Osteosynthese am Unfalltag versorgt wurde. Im Oktober 1999 erfolgte die Metallentfernung am Innenknöchel und am 28. Juni 2000 - ambulant - am Außenknöchel. Unter Zugrundelegung von Gutachten des Unfallchirurgen Dr. R. (April und August 2000) sowie nach Einholung einer Stellungnahme von PD Dr. M. gewährte die Beklagte (beginnend ab 15. Februar 2000) eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. (Bescheide vom 9. Juni und 22. September 2000).
Nach einem Gutachten vom 4. Oktober 2001 von Dr. S. und Dr. R. , Unfallchirurgische Abteilung des Krankenhauses B. ("keine Änderung gegenüber dem Vorbefund") kamen in einem weiteren Rentengutachten vom 25. März 2002 Dr. W. und Dr. R. zum Ergebnis, als Unfallfolgen bestünden noch persistierende, klinisch nicht eindeutig verifizierbare Schmerzen im Bereich des rechten Innenknöchels bei beginnender posttraumatischer Arthrose und röntgenologisch knöchern durchbauten Frakturen. Subjektiv gebe der Kläger eine Verschlechterung an, doch sei bei der klinischen Untersuchung gegenüber dem Vorgutachten vom Oktober 2001 eine eindeutige Besserung festzustellen, insbesondere sei die geltend gemachte Schwellneigung in vollem Umfang nicht nachvollziehbar, da er ohne Kompressionsstrümpfe zur Untersuchung gekommen und eine Schwellung des Sprunggelenkes nicht festzustellen gewesen sei. Auch die Bewegungsmaße hätten sich eindeutig gebessert. Die unfallbedingte MdE betrage noch 10 v. H.
Nach vorheriger Anhörung entzog die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 2002, dem Kläger am folgenden Tag zugestellt, mit Ablauf dieses Monats die bis dahin gewährte Rente und lehnte die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, zu welchem er ärztliche Unterlagen und Äußerungen vorlegte und den die Beklagte nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. W. und Dr. R. sowie einer beratungsärztlichen Stellungnahme von PD Dr. M. , der die Befunde auswertete, mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2002 zurückwies.
Deswegen hat der Kläger am 7. Oktober 2002 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Er hat geltend gemacht, die Unfallfolgen führten weiter zu Funktionseinschränkungen im rechten oberen Sprunggelenk. Außerdem bestünden unfallbedingt arthrotische Veränderungen an der Gelenk- bzw. Kontaktfläche zwischen Fibula und Tibia im distalen Tibiofibulargelenk ventral. Er leide unter einem chronischem Schmerzsyndrom sowie degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (WS) und Nervenwurzelreizerscheinungen, die Spätfolgen des Arbeitsunfalles seien.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. I. (mit Dr. Sch. ) mit Zusatzgutachten des Radiologen Dr. R. eingeholt. Prof. Dr. I. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, der Kläger leide noch unter einer unfallbedingten leichten Sprunggelenksarthrose rechts und einem anlagebedingten Os tibiale externum, einem zusätzlichen Fußwurzelknochen, der sich mit seiner gelenkigen Verbindung arthrotisch/pseudoarthrotisch verändert habe. Die Unfallfolgen bedingten unter Berücksichtigung der Aktenlage seit 19. März 2002 eine MdE um 10 v.H. In einer auf Einwände des Klägers vom SG eingeholten Stellungnahme des Dr. Sch. und des Prof. Dr. W. (an Stelle des inzwischen pensionierten Prof. Dr. I. ) haben diese mit näherer Begründung an der bisherigen Einschätzung fest gehalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 21. August 2003 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den am 25. August 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2. September 2003 Berufung eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, ausschließliche Ursache für die Beinbeschwerden sei der Arbeitsunfall. Am Sprunggelenk lägen auch unfallbedingte Nervenschädigungen vor. Seine WS-Beschwerden seien ebenso Unfallfolge. Eine inzwischen aufgetretene mittelgradige depressive Episode sei gleichfalls auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. August 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, es sei lediglich eine leichte Sprunggelenksarthrose rechts als Unfallfolge verblieben. Unter Berücksichtigung subjektiver Beschwerden und der Erfahrungswerte sei dies nur bis zum 19. März 2002 mit einer MdE um 20 v. H. zu bewerten. Auch die örtlich ungenau angegebenen Schmerzen im Bereich des rechten Sprunggelenkes seien dabei berücksichtigt. Persistierende Beschwerden an der medialen Fußwurzel seien auf den zusätzlichen anlagebedingten Fußwurzelknochen zurückzuführen und unfallunabhängig. Weitere Veränderungen, insbesondere im Hüftgelenksbereich und der WS sowie die psychische Störung, seien nicht Unfallfolge.
Der Senat hat die in den Akten eines Rentenverfahrens gegen die LVA (jetzt Deutsche Rentenversicherung) Baden-Württemberg enthaltenen ärztlichen Äußerungen (u. a. Schreiben Allgemeinarzt Dr. Sch. vom 27. April und 24. Juli 2005 [seit 1. Dezember 1987 hausärztliche Betreuung mit Erstdiagnose einer depressiven Anpassungsstörung im Mai 2004] sowie Heilverfahren-Entlassungsberichte) beigezogen.
Außerdem hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG Sachverständigengutachten von Dr. Sch. , Dr. M. und Dr. R. eingeholt. Dr. Sch. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, hinsichtlich der Unfallfolgen finde sich im Verlauf postoperativ eine kontinuierliche Verbesserung der Bewegungsausmaße, die im Seitenvergleich lediglich endgradig eingeschränkt seien. Bei der Untersuchung sei keine wesentliche Schwellung des Sprunggelenkes oder Rötung im Sprunggelenk nachweisbar. Die Veränderungen und Beschwerden von Seiten der WS seien nicht wesentlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Es handle sich um über viele Jahre bzw. Jahrzehnte entwickelte degenerative Veränderungen. Ab 20. März 2002 sei die MdE mit 10 v. H. zu bewerten. Dr. M. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, auf neurologischem Gebiet lägen keine Unfallfolgen von funktioneller Bedeutung vor. Die MdE ergebe sich aus den Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. R. ist in seinem Gutachten zum Ergebnis gelangt, der Kläger leide unter einer mittelgradigen depressiven Episode, die mit Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den Arbeitsunfall verursacht sei. Aufgrund der mittelgradigen depressiven Episode bestehe eine MdE um 10 v. H. Unter Berücksichtigung der Einschränkungen auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet ergebe sich eine Gesamt-MdE um 20 v. H. ab 15. Februar 2000 und danach.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente über den Monat April 2002 hinaus.
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung einer vorläufigen Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und begehrt die Gewährung einer Dauerrente. Hierfür ist die Anfechtungsklage die zutreffende Klageart, denn mit Aufhebung des angefochtenen Entziehungsbescheides würde die vorläufig geführte Rente nach Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall schon kraft Gesetzes zur Dauerrente (Vgl. § 62 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]; Ricke in Kasseler Kommentar, § 62 SGB VII, Rdnr. 10).
Eine - während der ersten drei Jahre nach dem Arbeitsunfall - gewährte vorläufige Rente (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) kann in diesem Zeitraum jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer einer Änderung der Unfallfolgen neu festgestellt werden. Bei erstmaliger Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entscheidung kann der Vomhundertsatz der MdE nach § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - der hier vorliegt - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Bei der Bemessung der MdE sind nur Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die Unfallfolge sind. Insoweit müssen die geltend gemachten Gesundheitsstörungen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Gemessen an den vorstehenden Grundlagen hat die Beklagte zu Recht die vorläufige Rente entzogen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente über den April 2002 hinaus sowie auf Dauerrente, denn es liegt keine unfallbedingte MdE um mehr als 10 v.H. (mehr) vor.
Die auf chirurgisch/orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Unfallfolgen bedingen ab März 2002 lediglich noch eine MdE um 10 v. H. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend ausgeführt, dass die Unfallfolgen auf diesem Fachgebiet - ein Zustand nach bimalleolärer Fraktur des Sprunggelenkes - auch unter Berücksichtigung der noch geltend gemachten Beschwerden im Bereich des Innenknöchels jedenfalls ab März 2002 zu keinen wesentlichen funktionellen Ausfällen mehr führen und lediglich eine MdE um 10 v. H. bedingen. Das Os tibiale externum rechts ist unfallunabhängig und hat unfallbedingt jedenfalls über März 2002 hinaus zu keinen weiteren Einschränkungen geführt. Nachdem selbst der auf Antrag des Klägers im Berufungsverfahren nach § 109 SGG gehörte Dr. Sch. diese Einschätzung wiederum bestätigt hat, besteht keine Veranlassung die bereits von Dr. S. und Dr. R. sowie PD Dr. M. vertretene Auffassung und Bewertung der MdE in Zweifel zu ziehen. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist insofern die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend ist anzumerken, dass auch die vom Kläger geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Ungeachtet dessen, dass sie vom Kläger erst Jahre nach dem Unfall geltend gemacht wurden und zeitnah zum Unfall keinerlei WS-Beteiligung festgestellt wurde, liegen weder objektive Befunde noch entsprechende überzeugende ärztliche Äußerungen vor, die die Behauptung des Klägers stützen würden. Dies hat zuletzt auch der auf seinen Antrag gehörte Dr. Sch. bestätigt.
Soweit der Kläger neurologische Unfallfolgen geltend gemacht hat, besteht hierfür nach wie vor keinerlei Anhalt. Selbst die auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Nervenärztin Dr. M. hat Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet verneint.
Hinsichtlich der erstmals nach Vorliegen des Gutachtens von Dr. M. mit Antrag vom Mai 2005 - sechs Jahre nach dem Unfall und etwa zweieinhalb Jahre nach Klageerhebung - auf Einholung eines Gutachtens des Dr. R. im Berufungsverfahren als Unfallfolge sinngemäß geltend gemachten mittelgradigen depressiven Episoden fehlt es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den insofern geltend gemachten Beschwerden. Es spricht nicht mehr für einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis als dagegen. Das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. R. ist insoweit nicht überzeugend. Nach dem Unfall wurde erstmals im Jahr 2004 eine manifest gewordene psychische Erkrankung festgestellt. Auch hat der Kläger nach dem Unfall erstmals im Juli 2004 psychiatrische Hilfe bei Dr. R. in Anspruch genommen. In Anbetracht dieses Intervalls mit Fehlen jedweder Brückensymptome ist ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis nicht nachvollziehbar und nicht wahrscheinlich. Nach dem Unfall, der nach dem beschriebenen äußeren Hergang auch keine lebensbedrohliche existenzielle traumatische Einwirkungen psychischer Natur mit sich brachte, hat der Kläger über Jahre keine psychischen Beeinträchtigungen geltend gemacht und war nach dem Unfall in der ersten Phase der Rekonvaleszenz bereits in der Lage, in Urlaub zu fahren. Er hat erst 2004 und damit mehrere Jahre nach dem Unfall im Zusammenhang mit einem drohenden Haftantritt Dr. R. aufgesucht, um eine ärztliche Bescheinigung zu erlangen, damit die Haft nicht angetreten werden musste. Hinzugetreten sind wirtschaftliche Probleme. Dies und die drohende Haft erscheinen durchaus geeignet, eine mittelgradige depressive Episode, wie sie Dr. R. diagnostiziert, auszulösen, zumal der Kläger - wie im Gutachten von Dr. R. bei der Anamnese angegeben - schon l978 bzw. 1980 psychische Störungen aufwiesen, die auch zu einem Suizidversuch geführt haben sollen. All dies hat Dr. R. nicht berücksichtigt. Angesichts dessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass wesentlich mehr dafür spricht, als dagegen, dass die depressive Erkrankung des Klägers durch das Unfallereignis verursacht ist. Die Enttäuschung über die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu Recht versagende Entscheidungen mag die Psyche beeinträchtigen, ist jedoch nicht wesentlich durch das Unfallereignis verursacht. Außerdem ist - ohne dass es letztlich darauf ankommt - weder die von Dr. R. angenommene MdE um 10 v.H., noch die von ihm vorgenommene Bewertung der Gesamt-MdE mit 20 v.H. schlüssig und nachvollziehbar begründet. Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, worauf Dr. R. eine MdE um 10 v. H. für die Zeit ab März 2002 bis zu seiner ersten Konsultation stützt, nachdem wesentliche nervenärztliche Befunde für diese gesamte Zeit nicht dokumentiert sind.
Somit liegen neben den Unfallfolgen auf chirurgisch/orthopädischen Fachgebiet keine weiteren Unfallfolgen vor, sodass es bei der MdE um 10 v. H. verbleibt und der Kläger jedenfalls ab Mai 2002 keinen Anspruch auf Verletztenrente mehr hat.
Da der Sachverhalt geklärt ist, hat auch kein Anlass zu weiten Ermittlungen bestanden.
Somit ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved