L 5 KR 54/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3538/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 54/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 2. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme einer Operation in einer Privatklinik streitig.

Die 1948 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie litt an einer fortgeschrittenen Arthrose des rechten Kniegelenks. Der Knorpelschaden resultierte aus einer Achsfehlstellung der Beine.

Am 07.01.2003 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer operativen Behandlung in der A.-Klinik in M ... Zur Begründung trug sie vor, Vertragskrankenhäuser könnten ihr nur eine Endoprothese anbieten, für die sie jedoch zu jung sei. Die A.-Klinik dagegen sehe eine arthroskopische Abrasionschondroplastik (=Bioprothese) mit Tibiakopfumstellung vor. Sie habe sich für diesen Behandlungsweg entschieden. Beigefügt wurde ein Bestätigungsschreiben der A.-Klinik vom 21.11.2002 mit Diagnose und Kostenvoranschlag in Höhe von 16.002,04 EUR, in dem die Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass sie die Kostenübernahme mit ihrer Krankenkasse im Voraus abklären möge.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10.01.2003 ab und wies darauf hin, dass die A.-Klinik kein Vertragskrankenhaus, sondern eine Privatklinik sei. Die Klägerin legte Widerspruch ein. Sie hielt sich in der Zeit vom 30.01.2003 bis 03.02.2003 zur stationären Behandlung in der A.-Klinik auf und reichte der Beklagten zwei Rechnungen über 8.810,25 EUR und 2.880,31 EUR zur Abrechnung ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Beklagte vertrat den Standpunkt, sie sei nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) grundsätzlich nur zu Sach- oder Dienstleistungen verpflichtet. Eine Ausnahme wegen unaufschiebbarer Leistung oder fehlender Therapiemöglichkeit in einem Vertragskrankenhaus (Systemversagen) liege nicht vor.

Dagegen hat die Klägerin am 05.12.2003 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Bioprothese sei gegenüber dem künstlichen Kniegelenk die schonendere und langfristig haltbarere Behandlungsmethode. Die A.-Klinik sei auf dieses Behandlungsverfahren spezialisiert. Der Erfolg der Operation gebe ihr Recht, ihre Lebensqualität habe sich deutlich erhöht. Sie könne inzwischen wieder wandern und Sport betreiben. Die Beklagte könne diese Art von Operation nicht in Vertragskrankenhäusern anbieten. Da die Methode jedoch bereits seit ca. 20 Jahren angewandt werde, bestehe ein Systemmangel. Die Gesamtkosten von 15.981,13 EUR seien von der Beklagten zu erstatten.

Das SG hat bei Prof. Dr. C., Arzt für Orthopädie und Rheumatologie von der Orthopädischen Universitätsklinik H. ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Prof. Dr. C. kam in seinem Sachverständigengutachten vom 30.06.2004 zu dem Ergebnis, die X-Bein-Fehlstellung der Klägerin habe durch die vorgenommene Tibiakopfumstellung korrigiert werden können. Diese Therapiemaßnahme sei wissenschaftlich abgesichert und sinnvoll, um die Belastungsachse richtig zu stellen. Auch die partielle Synovektomie (=teilweise Entfernung der Gelenkinnenhaut) sei bei entzündlich veränderten Kniegelenken sinnvoll, um den Reizzustand des Kniegelenks zu reduzieren. Die Mikrofrakturierung, also das Setzen von Blutpunkten, welche die Bildung von Ersatzgewebe anregen könne, sei wissenschaftlich anerkannt. Die Knorpelglättungen wirkten dagegen nur mechanisch. Diese Operationsmethoden würden bundesweit an orthopädischen Universitätskliniken durchgeführt.

Die Abrasionsarthroplastik (=Bioprothese) sei dagegen keine nachweisbar wirksame Methode der Verbesserung des Knorpelschadens. Auch die Abrasionsarthroplastik habe das Ziel, die Ersatzknorpelbildung zu provozieren. Ein Nachweis dafür, dass diese Methode anderen Anwendungen überlegen sei, könne aus wissenschaftlicher Sicht nicht geführt werden. Die Abrasionschondroplastik werde kontrovers diskutiert. Es gebe Hinweise für eine klinische Beschwerdebesserung nach der Durchführung solcher Maßnahmen. Die Abrasionsarthroplastik sei in vielen Kliniken technisch möglich. Da der wissenschaftliche Nachweis der Methode noch nicht geführt sei, werde die Methode in Universitätskliniken allerdings mit äußerster Zurückhaltung eingesetzt.

Beim Beschwerdebild der Klägerin hätte er aufgrund der Röntgenbilder statt dessen einen totalen Kniegelenksersatz empfohlen, weil nicht davon ausgegangen werde könne, dass eine Abrasionsarthroplastik mit Bildung von Ersatzknorpel eine Arthrose langfristig beseitige. Mit Folgeoperationen sei zu rechnen. Die gewählte Operationsmethode sei daher nur mit Zurückhaltung zu empfehlen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss teiltet mit Schreiben vom 6. Oktober 2004 dem SG mit, gem. § 137c SGB V könnten neue Methoden ohne einen entsprechende Empfehlung durch den Ausschuss im stationären Bereich erbracht werden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.12.2004 abgewiesen. Es hat entschieden, ein Kostenerstattungsanspruch scheitere daran, dass kein Systemmangel vorliege. Die bei der Klägerin durchgeführten Behandlungen hätten auch in Vertragskrankenhäusern erbracht werden können. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen die am 08.12.2004 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 05.01.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ihren Vortrag erster Instanz wiederholt und vertieft. Vertragskrankenhäuser würden den Eingriff als technisch höchst anspruchsvoll bezeichnen und, weil selten angewandt, mangels Erfahrung regelmäßig ablehnen.

Als Arzt der Wahl der Klägerin hat der Chirurg Dr. Z. von der A.-Klinik am 22.11.2005 ein Gutachten gem. § 109 SGG erstellt. Dr. Z. beschreibt in seinem Gutachten die gesundheitliche Ausgangslage der Klägerin, die Operationsmethode und deren subjektiv von der Klägerin empfundenen und objektiv durch Nachuntersuchung nachweisbaren Erfolg. In der wissenschaftlichen Literatur verzeichnete Negativerfahrungen mit der angewandten Operationsmethode seien mit Vorsicht zu betrachten, weil es sich häufig um Folgen mangelnder Praxis und technischer Unkenntnis handele. Die Abrasionschondroplastik und das Shaving würden an Vertragskrankenhäusern nur in Einzelfällen angewandt, weil die konsequente Ausbildung und die daraus resultierende Operationserfahrung fehle. Eine Vollprothese als Alternative beeinträchtige die Lebensqualität deutlich. Auf die Frage, ob die durchgeführten Operationsmethoden dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprächen und diese in vergleichbarer Qualität an Vertragskrankenhäusern durchgeführt würden, verweist Dr. Z. auf die Stellungnahme von Prof. Dr. C. und betont die langjährige Erfahrung der A.-Klinik mit der Bioprothese. Die Klägerin sei bei Nachuntersuchungen völlig beschwerdefrei gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 2. Dezember 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten ihrer Knieoperation in der A.-Klinik in Höhe von 15.981,13 EUR zu erstatten,

hilfsweise, bei einer Universitätsklinik eine Stellungnahme dazu einzuholen, ob und falls ja, bei welchen zugelassenen Krankenhäusern das Verfahren der Bioprothese tatsächlich zur Anwendung komme.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Berichterstatterin hat einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt. Wegen der Angaben der Beteiligten wird ergänzend auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist überschritten, da die Klägerin Operationskosten in Höhe von 15.981,13 EUR beansprucht.

Die Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung für die Behandlung durch die Ärzte der A.-Klinik, die unstreitig keine Vertragsärzte sind und deren Klinik unstreitig kein zugelassenes Vertragskrankenhaus (§ 108 SGB V) ist.

In der gesetzlichen Krankenversicherung herrscht das Sachleistungsprinzip. Dieses besagt, dass sächliche Mittel und persönliche Dienste von der Krankenkasse beschafft und ihren Versicherten unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots in Natur zur Verfügung gestellt werden, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden können. Hierüber schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des 4. Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB V). Der Versicherte muss sich daher die Leistung nicht selbst verschaffen und vorfinanzieren, so dass er vor mangelnder medizinischer Versorgung wegen zu hoher finanzieller Belastung geschützt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 182 Nr. 74). Dieser gesetzliche Anspruch auf Dienst- oder Sachleistungen nach § 13 Abs. 1 SGB V setzt daher in der Regel voraus, dass ein an einer vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender, das vorgesehene Zulassungsverfahren durchlaufender Leistungserbringer pflichtgemäß den Eintritt des Versicherungsfalles der Krankheit feststellt und eine nach Zweck oder Art bestimmte Leistung verordnet, wobei es für inländische Behandlungen auf die Zulassung der Leistungserbringer ankommt (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 4). Andere Ärzte als "Kassenärzte" oder Ärzte in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus dürfen nur in Notfällen vertragsärztlich in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Begibt sich der Versicherte ohne Not in privatärztliche Behandlung, verlässt er dadurch grundsätzlich den Schutzbereich der "Solidargemeinschaft der Krankenversicherung" (§ 1 Satz 1 SGB V); er kann deshalb von dieser insoweit nichts beanspruchen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 4).

Dies gilt dann nicht, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V vorliegen. § 13 Abs. 3 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten Kosten für die selbstbeschaffte Leistung entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Die Klägerin hat im Sinne dieser Regelung mit der streitigen Behandlung ab dem 30.01.2003 keine unaufschiebbare Leistung in Anspruch genommen, die die Beklagte nicht rechtzeitig hätte erbringen können. Im Übrigen hat die Beklagte diese auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass § 13 Abs. 3 SGB V lückenlos alle Sachverhalte der berechtigten Selbstbeschaffung von Leistungen im Falle des Systemversagens erfassen will, weshalb bei seiner Auslegung die Merkmale beider Fallgruppen so aufeinander abgestimmt werden müssen, dass dieser Zweck erreicht wird. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, ist hieraus zu folgern, dass ein Kostenerstattungsanspruch nur begründet werden kann, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zumutbar war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22). Durch das Erfordernis, dass grundsätzlich die Krankenkasse vorher angegangen worden sein muss, soll auch die Möglichkeit der Beratung durch die Krankenkasse gewährleistet sein.

Ob eine Leistung unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3, 1. Alt. SGB V ist und damit eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht, beurteilt sich ausschließlich nach medizinischen Kriterien. Der übliche Beschaffungsweg muss daher mit einer für den Berechtigten unvermeidbaren Verzögerung, d. h. mit medizinischen Risiken, nicht aber unbedingt Lebensgefahr verbunden sein, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährden könnte oder der für den Versicherten nicht zumutbar ist (vgl. BSGE 77, 227). Hierbei kommt es ausschließlich auf die objektive Bedarfssituation, jedoch nicht auf private Dispositionen des Versicherten oder termingebundene Zusagen des Leistungserbringers an. Soweit die Klägerin insbesondere für die ab dem 30.01.2003 durchgeführte Operation einen durch akute Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eingetretenen Notfall geltend macht, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Die Klägerin verkennt, dass der Begriff des Notfalls eng auszulegen ist. Es wurde nicht vorgetragen und es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Knieoperation hätte sofort durchgeführt werden müssen. Die Operation war spätestens im November 2002 geplant, wie sich aus einem Schreiben der A.-Klinik an die Klägerin ergibt, in welchem sie darauf hingewiesen wurde, dass eine vorherige Abklärung der Kostenübernahme mit ihrer Krankenkasse angezeigt sei. Die Klägerin hat im Erörterungstermin zwar vorgetragen, ihre Beweglichkeit habe sich Anfang Januar 2003 rapide verschlechtert und sie habe die A.-Klinik gebeten, den für Mai 2003 geplanten Eingriff vorzuziehen. Sie hat sich aber nicht mehr darum bemüht, eine andere Klinik zu finden. Daraus schließt der Senat, dass sie bei einer Ablehnung eines früheren Operationstermins bis zum ursprünglich ausgemachten Termin im Mai 2003 gewartet hätte. Es bestand danach auch nach der eigenen Einschätzung der Klägerin nicht die Notwendigkeit, die Operation sofort, egal wo, durchzuführen. Die Knieoperation wurde dementsprechend erst einige Wochen nach der geltend gemachten akuten Verschlechterung in M. durchgeführt, wohlgemerkt an einem Ort, zu dem die Klägerin trotz der Entfernung offenbar unproblematisch von ihrem Wohnort gelangen konnte. Dieser zeitliche Ablauf nebst Reisewegen schließt die Annahme einer unaufschiebbaren Notfalloperation im Sinne eines hier und jetzt notwendigen Eingriffs aus. Ein Notfall kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass Dr. Z. als Arzt der Wahl der Klägerin die ab dem 30.01.2003 angewandte Operationsmethode als indiziert ansah. Zudem wäre bei einer echten Notfallbehandlung auch zu beachten gewesen, dass die Klinik nach der Rechtsprechung des BSG von der Klägerin gar keine Zahlung hätte verlangen können, sondern sich unmittelbar an die Beklagte hätte wenden müssen (vgl. Urteil des BSG vom 09.10.2001, B 1 KR 6/01 R).

Eine andere, etwa durch eine (faktische) Systemstörung oder Versorgungslücke hervorgerufene dringende Bedarfslage im Sinne des § 13 Abs. 3, Satz 1, 2. Alt. SGB V kommt entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ebenfalls nicht in Betracht. Nachdem keine unaufschiebbare Leistung im Sinne der 1. Alternative dieser Vorschrift vorlag (siehe oben), war es der Klägerin zuzumuten, sich vor der privatärztlichen Durchführung der Operation in der A.-Klinik auf der Grundlage der zuvor geschlossenen privatärztlichen Honorarvereinbarung mit der Beklagten in Verbindung zu setzen, um einen der gesetzlichen Krankenversicherung angeschlossenen alternativen Leistungserbringer oder eine alternative Leistungsmethode zu ermitteln. Das hat sie in schriftlicher Form erstmals am 03.01.2003, zugegangen am 07.01.2003, getan. Die Anspruchstellerin hat in diesem Schreiben allerdings mitgeteilt, sie habe sich bereits für eine Behandlung in der A.-Klinik entschieden. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts hat die Klägerin auf Nachfrage präzisiert, ihr sei nur die A.-Klinik bekannt gewesen. Sie hat sich also bewusst außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln und operieren lassen wollen, indem sie einen nicht zugelassenen Leistungserbringer aufsuchte.

In diesem Zusammenhang kann ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die infolge eines Versagens des gesetzlichen Sachleistungssystems nicht erbracht worden sind, dann gegeben sein, wenn der Versicherte nicht weiß, dass der ärztliche Leistungserbringer ihm eine Fremdleistung verschaffen wollte und die gewählte Kostenerstattung auf einer Verordnung oder Verschaffung eines Vertragsbehandlers beruhte. Der Versicherte muss die Fremdleistung im schutzwürdigen Vertrauen als für ihn kostenfreie Kassenleistung entgegengenommen haben (Höfler in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V Anm. 8; BSG, Urteil vom 23.10.1996, BSGE 79, 190 ff.). So liegt der Fall hier nicht. Die Klägerin hat die Behandlung in der A.-Klinik mit dem Wissen entgegengenommen, dass es sich nicht um die Leistung eines zugelassenen Leistungserbringers handelte, denn die Beklagte hatte ihr das mit Bescheid vom 10.01.2003 mitgeteilt und ihr war die privatärztliche Abrechnung der Klinik auch von vornherein bekannt. Eine privatärztliche Behandlung bedeutet für jedermann verständlich, dass ein Behandlungsvertrag nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse geschlossen wird, weshalb die Rechnungen auch an die Klägerin selbst gingen, da die Beklagte die Übernahme abgelehnt hatte.

Eine Versorgungslücke lag ebenfalls nicht vor. Eine solche ist dann gegeben, wenn eine im Sinne des § 27 SGB V notwendige und von der Krankenkasse geschuldete Sachleistung im System der gesetzlichen Krankenkasse durch eine zugelassene Behandlungsmethode oder einen zugelassenen Leistungserbringer nicht oder nicht zumutbar erbracht werden kann und daher das Beschaffungssystem versagt (BSG, Urteil vom 16.09.1997, 1 RK 28/95; BSGE 81, 54 ff.). Bei der sog. Bioprothese handelte es sich nicht um eine von der Beklagten zu erbringende Sachleistung.

Prof. Dr. C. und Dr. Z. haben im wesentlichen übereinstimmend dargestellt, dass die hier allein streitige Operationsmethode der Abrasionsarthroplastik in der medizinischen Wissenschaft kontrovers diskutiert wird, weil sie einerseits noch nicht als Stand der medizinischen Wissenschaft gilt, andererseits aber zum Teil jahrelange gute Behandlungsergebnisse mit klinisch belegbaren Beschwerdebesserungen erzielt werden. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung ist darauf angelegt, den Versicherten nur hinreichend erprobte, dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Verfahren zur Verfügung zu stellen. Daran fehlt es bei Zugrundelegung der Aussage von Prof. Dr. C., der sich der Senat anschließt, noch.

Darüber hinaus waren sich Prof. Dr. C. und Dr. Z. darin einig, dass die Behandlungsmethode der Abrasionschondroplastik an Vertragskrankenhäusern wie Universitätskliniken durchaus eingesetzt werde. Beide haben in ähnlicher Form darauf hingewiesen, dass im System der gesetzlichen Leistungserbringer eine gewisse Zurückhaltung besteht, die Bioprothese anzubieten, weil sie zur erfolgreichen Durchführung ein hohes Maß an manuellem Geschick und medizinischer Erfahrung voraussetzt, welches nicht überall vorhanden ist. Soweit die Klägerin hieraus schließt, dass demnach eine faktische Nichtanwendung der Bioprothesenoperation vorliege, welche die Versorgungslücke begründe, kann der Senat ihr nicht folgen. Weder das Gutachten von Prof. Dr. C. noch jenes von Dr. Z. stützen diese Schlussfolgerung. Eine "zurückhaltende" Anwendung begründet (noch) nicht den Ausschluss der gesetzlich Versicherten von dieser Behandlungsmethode, es erschwert möglicherweise allein das Finden eines darauf spezialisierten Klinikums. Der Mühe, eine solche Klinik zu finden, hat sich die Klägerin nach Auffassung des Senats trotz der ihr zur Verfügung stehenden Zeit nicht in hinreichendem Maß unterzogen. Es genügt angesichts des von der Klägerin erwarteten hohen Leistungsumfangs nicht, sich nur bei zwei städtischen Kliniken in der Nähe vergeblich zu erkundigen, um sich dann - auf Kosten der Beklagten - für eine Privatklinik zu entscheiden. Es hätte der Klägerin statt dessen oblegen, intensiv bei der Beklagten oder bei Universitätskliniken in ganz Deutschland zu erfragen, ob und in welchem Umfang eine Bioprothese als Knieoperation angeboten wird. Selbst wenn, wie die Klägerin mit ihrem Beweisantrag in ihrem Schriftsatz vom 27. Januar 2006 nachweisen möchte, keine erreichbare Klinik die erwünschte Operationsmethode erbringen würde, wäre dies hier rechtlich ohne Bedeutung, weil zwischen der Inanspruchnahme der A.-Klinik mit der dadurch entstandenen Kostenlast und dem (im Nachhinein behaupteten ) Systemversagen kein Ursachenzusammenhang (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 13 Nr.1 S.5) bestünde

Da sich die Klägerin die Leistungen von einer nicht zugelassenen Einrichtung selbst beschafft hat, kommt eine Wiederherstellung im System des SGB V im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht in Betracht. Ein Anspruch auf Herstellung des Zustandes, der bei richtiger Beratung eingetreten wäre, kann nur dann entstehen, wenn der Berechtigte dem Verwaltungsträger die ausreichende Gelegenheit zur Beratung einräumt, sich zweitens diesem Rat entsprechend verhalten hätte und drittens die Wiederherstellung im Rahmen des Sozialrechtsverhältnisses möglich ist und nicht die Korrektur von außerhalb des Verwaltungsverfahren eingetretenen Tatsachen erfordert (BSG, Beschluss vom 15.03.1989, B 11 AR 1/89), woran es fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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