L 1 U 1994/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1956/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1994/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 30. Januar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) besteht und der Kläger deshalb Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Rente hat.

Der 1950 geborene Kläger war seit 1978 als Maschinenarbeiter beschäftigt, seit 21. September 1987 bei der Firma K., die Lacksprays und Lackstifte herstellt. Nach den Angaben dieser Firma (Schreiben vom 1. April 1997) war der Kläger zunächst kurzzeitig in der Abteilung Color-Strip-Fertigung eingesetzt, ab Oktober 1988 überwiegend als Maschinenarbeiter in der Deckelspritzerei, ab Mai 1992 in der Plasmaabteilung, ab August 1992 auf Grund eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht H. in der Deckelspritzerei als Maschinenarbeiter und teilweise als Urlaubs- und Krankheitsvertretung als Maschinenführer, nach Verlangen unter Vorlage ärztlicher Atteste, keine Acetonarbeiten mehr zugewiesen zu bekommen, ab Oktober 1995 in der Aktenvernichtung und ab März 1996 an der Plasmaanlage als Maschinenarbeiter, wobei er zugleich eine in der Nähe stehende Pinselaufsteckmaschine zu beobachten hatte. Nach Verlagerung der Produktion von Lackstiften zum 1. April 2003 war er mit dem Entfernen von Etiketten von befüllten Lacksprühdosen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund einer vor dem Integrationsamt des Landeswohlfahrtsverbandes W. (heute Kommunalverband für Jugend und Soziales B.) geschlossenen Vereinbarung vom 24. Juni 2004 zum 30. Juni 2004. Des Weiteren war der Kläger von Mai 1999 bis April 2004 als Aushilfe bei einem Gebäudereinigungsunternehmen geringfügig und vom 14. Dezember 1990 bis 1996 bei einem Fast Food-Unternehmen als Aushilfskraft beschäftigt.

Der Kläger unternahm im Februar 1989 einen Selbstmordversuch mit Phosphorsäureester, der aufgrund der Langzeitbeatmung zur Bildung einer Trachealstenose (Einengung der Luftröhre) führte, die am 19. September 1989 reseziert wurde. Am 28. März 1994 erfolgte eine Narkosebronchoskopie mit Fadenrestentfernung von der proximalen Trachea (Bericht des Dr. W. vom 13. April 1994).

Der Kläger teilte im Dezember 1996 der Beklagten mit, er leide an Atemwegserkrankungen, welche durch die verwendeten Lacke und auftretenden Gase wie Aceton und Ozon verursacht seien.

Die Firma legte der Beklagten eine Arbeitsplatzbeschreibung vor. Danach wurden in der Deckelspritzerei die aufgesetzten Teile (Deckel, Hülsen und Kappen) automatisch an einer Farbspritzanlage vorbeigeführt, lackiert und nach Durchlaufen eines Trocknungskanals in bereitgestellte Transportbehälter teils automatisch teils manuell eingefüllt. Die Vorbereitung des Spritzvorganges, das Bedienen der Spritzanlage und die Überwachung der Produktionsvorschriften waren vom Maschinenführer vorzunehmen. Die Plasmaanlage wurde mit einer Schippe mit Kunststoffdeckel befüllt, anschließend die Trommeltüre geschlossen und die Anlage eingeschaltet. Nach Ende des automatischen Produktionsvorgangs wurde die Trommel wieder geöffnet, leicht nach vorne gekippt und die Deckel über ein integriertes Förderband direkt in bereitgestellte Kartonagen geleitet. Weiter gab die Firma an, eine wegen einer behaupteten Ozonbelastung und daraus resultierender gesundheitlicher Probleme bei der Arbeit an der Plasmaanlage eingereichte arbeitsgerichtliche Klage sei erfolglos geblieben. Eine Ozonmessung der Berufsgenossenschaft habe eine Konzentration im Arbeitsbereich des Klägers unterhalb von 0,002 ppm (MAK 0,1 ppm) ergeben. In der Deckelspritzerei sei Aceton als Lösungsmittel durch den Spritzvorgang, der nur bei eingeschalteter Absaugung möglich gewesen sei, freigesetzt worden. An der Plasmaanlage habe keine Kontaminierung mit Gefahrstoffen bestanden. Das Öffnen des Reaktors sei erst nach dem Absaugen des Innenvolumens möglich gewesen.

Die Lungenärztin Dr. R. gab auf Anfrage der Beklagten an, die chronischen bronchitischen Beschwerden seien teilweise durch Infekte verschlechtert und ausgelöst, jedoch auch durch den über elf Jahre ausgeübten Beruf in der Lackiererei verschlechtert worden. Im Urlaub bestünden wesentlich weniger Beschwerden. Es bestehe eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit schwergradiger obstruktiver Ventilationsstörung (zentral durch Tracheastenose und peripher durch obstruktive Atemwegserkrankung). Trotz ausgiebiger therapeutischer Maßnahmen sei es immer wieder zu Verschlechterungen durch den ständig ausgelösten Hustenreiz am Arbeitsplatz gekommen.

Der Internist und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. M. erstattete das Gutachten vom 10. Dezember 1997. Es bestehe eine hochgradige Trachealstenose mit schwerer zentraler und peripherer obstruktiver Ventilationsstörung. Die Atemwegserkrankung stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit den Folgeschäden, die nach dem Suizidversuch entstanden seien. Ein Zusammenhang der Atemwegserkrankung mit beruflicher Exposition mit Schadstoffen sei rein spekulativ und lasse sich mit den durchgeführten Untersuchungen nicht herstellen. Eine wie auch immer geartete weitere inhalative Belastung der Atemwege sei dringend zu unterlassen, da die Atemwegserkrankung hierdurch zunehmen könne. Eine Berufskrankheit lasse sich nicht nachweisen Die konkrete Gefahr der Entstehung einer Berufskrankheit bestehe nicht, aber die Gefahr, dass die bestehende Grunderkrankung durch inhalative Einflüsse sich verschlechtere.

Die Staatliche Gewerbeärztin Dr. H. sprach sich gegen die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nummer 4302 der Anlage zur BKV aus, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Erkrankung nicht wahrscheinlich gemacht werden könne (Stellungnahme vom 3. Februar 1998).

Die Beklagte lehnte es daraufhin ab, eine Berufskrankheit nach Nummer 4302 der Anlage zur BKV anzuerkennen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu bewilligen (Bescheid vom 26. März 1998). Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 4. August 1998). Die bestehende hochgradige Trachealstenose mit schwerer zentraler und peripherer Ventilationsstörung sei Folge der Langzeitbeatmung während der stationären Behandlung ab Februar 1989, die durch private Umstände verursacht worden sei. Ein Zusammenhang zwischen der Atemwegserkrankung und der beruflichen Exposition gegenüber Lackprodukten lasse sich bei den durchgeführten ärztlichen Untersuchungen nicht herstellen.

Der Kläger hat am 20. August 1998 Klage beim Sozialgericht H. erhoben. In der Plasmaabteilung seien auf Grund der Bearbeitung von Kunststoffen Oxidationen entstanden, welche stark sauer seien und Reizungen des Hals- und Rachenraums bedingten. An der Plasmamaschine habe sich kein Abzug befunden.

Im Auftrag des Sozialgerichts hat Prof. Dr. G. das lungenärztlich-internistische Gutachten vom 10. Juni 1999 erstattet. Es handele es sich um eine Einengung der Trachea nach Operation mit anatomisch bedingter Atemnot. Eine weitere Verschlechterung der Atmung könne durch Inhalation von irritierenden Stoffen, z.B. durch Aceton, Ozon und Lacke, im Sinne einer Leidensverschlimmerung eintreten. Insofern liege zusätzlich eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV vor, deren Ausmaß nur durch einen kaum vertretbaren arbeitsplatzbezogenen Expositionsversuch abgeschätzt werden könne. Durch die Trachealstenose und die Obstruktion durch Schwellung der Schleimhaut, die mit einer stärkeren Behinderung wegen Atemnot einhergehe, sei eine MdE von 60 vH angebracht.

Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Lungenarztes Dr. T. vom 1. Dezember 1999 vorgelegt. Eine wesentliche berufliche Mitursache im Sinne einer richtunggebenden anhaltenden Verschlimmerung der primär beruflich unabhängigen Atemwegskrankheit des Klägers sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Prof. Dr. G. ist in der ergänzenden Stellungnahme vom 26. April 2000 bei seiner Auffassung geblieben. Eine berufliche Mitursache ergebe sich aus der Anamnese, wonach der Kläger, wenn er arbeite, öfters Sultanol-Spray brauche als zu Hause.

Die Beklagte hat des Weiteren eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtdiensts vom 25. Januar 2002 vorgelegt, wonach am Arbeitsplatz des Klägers bei Messungen am 6. Dezember 2001 die jeweiligen Grenzwerte für Ozon und Lösungsmittel eingehalten gewesen seien. Auffällig sei neben Konzentrationsspitzen, die für Farbbehälterwechsel und Umfüllen von Farbe stünden, eine hohe Grundlast von Lösungsmitteln über die gesamte Messzeit, dessen Ursache die gelagerten frisch gespritzten und oberflächlich trockenen Deckel und Hülsen seien. Hierzu hat der Kläger eingewandt, die Messungen seien nicht korrekt, weil sie nicht in der Hauptarbeitszeit, sondern nach der Mittagspause, als alle Maschinen 45 Minuten ausgeschaltet gewesen seien, durchgeführt worden seien.

Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat Prof. Dr. W. das Gutachten vom 18. Juni 2003 erstattet. Zweifelsohne habe eine Einwirkung chemisch-irritativ und toxisch wirkender Gefahrstoffe vorgelegen. Auf Grund der sicherheitstechnisch ermittelten Gefahrstoffeinwirkung am Arbeitsplatz sei von einer wesentlichen Teilursächlichkeit der obstruktiven Atemwegserkrankung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV auszugehen. Der Vorschaden sei durch die chemisch-irritativ und toxisch wirkenden Gefahrstoffe am Arbeitsplatz wesentlich teilursächlich verschlimmert worden. Auf Grund der schweren obstruktiven Ventilationsstörung, dem Erfordernis einer antiobstruktiven Dauermedikation und der erheblichen Einschränkung der Leistungsbreite werde die Gesamt-MdE auf 50 vH eingeschätzt. Der medizinisch funktionelle Anteil werde im Rahmen einer freien Schadensschätzung wegen des Erfordernisses einer Therapiebedürftigkeit und der erheblichen Belastungseinschränkung auf 25 vH eingeschätzt ... Die abweichende Beurteilung gegenüber Dr. M. und Dr. T. gründe sich insbesondere in der jetzt erstmals nachgewiesenen reversiblen obstruktiven Ventilationsstörung, die nicht auf die Folgen des Suizidversuchs zurückzuführen sei.

Auch zu diesem Gutachten hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. T. vom 29. September 2003 vorgelegt. Von einer gesundheitsgefährdenden Exposition könne nicht ausgegangen werden. Der erstmals beschriebene Nachweis einer reversiblen obstruktiven Ventilationsstörung sei logisch nicht nachvollziehbar. Krankheitsverlauf und angegebene Beschwerden seien hinreichend durch die Trachealstenose als Folge des Suizidversuchs erklärt. Einer zusätzlichen beruflichen Ursache bedürfe es hierfür nicht. Die Beschwerdeauslösung auch am Arbeitsplatz sei nachvollziehbar, eine wesentliche Verschlimmerung durch berufliche Einflüsse sei jedoch nicht erkennbar bzw. nicht zweifelsfrei bzw. nicht objektiviert und dokumentiert. In der ergänzenden Stellungnahme vom 19. November 2003 ist Prof. Dr. W. bei seiner Auffassung geblieben. Zusätzlich zu der irreversiblen Trachealstenose liege eine reversible obstruktive Ventilationsstörung vor. In einer von der Beklagten hierzu vorgelegten weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23. Januar 2004 ist auch Dr. T. bei seiner Auffassung geblieben, das Gutachten stütze sich fast ausschließlich auf die einmalige Lungenfunktionsmessung.

Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 26. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 1998 aufgehoben, festgestellt, dass die Verschlimmerung der obstruktiven Atemwegserkrankung des Klägers Folge betrieblicher Einwirkungen chemisch-irritativer oder toxisch wirkender Stoffe ist und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Januar 2004). Es hat sich hinsichtlich der schädigenden Einwirkungen, der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität sowie der Frage des Anteils einer berufsbedingten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf das Gutachten des Prof. Dr. W. gestützt. Im Einzelfall könne auch bei Einhaltung der MAK-Werte eine Gefährdung in gesundheitsschädigendem Ausmaß bestehen. Im Hinblick auf den beim Kläger vorliegenden Vorschaden und dessen Ausprägung sowie den von dem Gutachter beschriebenen Einwirkungen chemisch-irritativer und toxischer Art bestünden keine Zweifel an einer geeigneten schädigenden Einwirkung. Dem Gutachten des Prof. Dr. W. hat es sich nicht angeschlossen, soweit er von der Aufgabe einer schädigenden Tätigkeit ausgehe, weil die Arbeitsbedingungen des Klägers unverändert seien und deshalb unverändert von schädigenden Einwirkungen in dem beschriebenen Ausmaß ausgegangen werden müsse. Da der Tatbestand der Nr. 4302 der Anlage zur BKV nicht voll erfüllt sei, habe eine Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente nicht erfolgen können.

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten erster Instanz am 29. April 2004 zugestellte Urteil am 1. Juni 2004 (Dienstag nach Pfingsten) Berufung eingelegt. Die Beklagte hat gegen das ihr am 30. April 2004 zugestellte Urteil am 25. Mai 2004 Berufung eingelegt.

Der Kläger macht geltend, aus finanziellen Gründen gezwungen gewesen zu sein, an seinem (früherem) Arbeitsplatz weiter zu arbeiten. Er bezweifle, dass die Grenzwerte eingehalten worden seien. Die im Dezember 2001 durchgeführten Messungen seien nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts H. vom 30. Januar 2004 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 26. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 1998 aufzuheben und die Beklagte auch zu verurteilen, an ihn Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 vH zu zahlen sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ein lungenfachärztliches Obergutachten einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts H. vom 30. Januar 2004 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Gutachten des Prof. Dr. W. sei nicht verwertbar, weil er bei der Beurteilung der Arbeitsplatzexposition von falschen Annahmen ausgehe und darauf aufbauend entgegen gängiger medizinischer Lehrmeinung den medizinischen Sachverhalt falsch bewerte. Es seien keine Überschreitungen des jeweiligen Grenzwertes festgestellt worden. Bei derartigen differierenden Lungenfunktionsmessung sei es unerlässlich, mehrfache Messungen zur Überprüfung der Reproduzierbarkeit des Bronchospasmolyseeffekts durchzuführen

Sie hat die weiteren beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. T. vom 7. Februar 2005 und vom 23. September 2005 vorgelegt, wonach eine Verschlimmerung der Trachealstenose durch berufliche Einflüsse nicht wahrscheinlich sei.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte (Arzt für Allgemeinmedizin Dr. F., Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. B., Arzt für Chirurgie/Thorax-Gefäßchirurgie/Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. W.) als sachverständige Zeugen über die Behandlungen des Klägers gehört und die Akten des Kommunalverbands für Jugend und Soziales B. beigezogen.

Prof. Dr. W. hat die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 21. Februar 2006 erstattet. Er hat seine bisherige Auffassung nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung der Angaben der behandelnden Ärzte bestätigt. Die manifeste und behandlungsbedürftige obstruktive Atemwegserkrankung - eingeschränkt auf ihren funktionell-reversiblen Anteil - werde im Rahmen der Nr. 4302 der Anlage zur BKV im Sinne der wesentlichen Teilursächlichkeit auf die jahrelang anhaltenden, gesundheitsgefährdend verschlimmernden, arbeitsbedingten Einwirkungen der chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Arbeitsstoffgemische zurückgeführt. Dieser wesentlich teilursächliche arbeitsbedingte funktionelle Anteil sei ab dem Zeitpunkt der Unterlassung (der Beschäftigung) auf 25 vH einzuschätzen.

Die Beklagte hat die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Arzts für Arbeits- und Sozialmedizin Prof. Dr. R. vom 19. Mai 2006 und vom 10. August 2006 vorgelegt. Die gesicherte Exposition durch verschiedene Lösungsmittel, insbesondere Aceton, sei wahrscheinlich nicht geeignet, eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV zu verursachen, wahrscheinlich geeignet, eine Verschlimmerung der außerberuflich entstandenen, schwergradigen Trachealstenose mit konsekutiver chronischer Tracheobronchitis teilursächlich herbeizuführen. Anhand der aktenkundigen Untersuchungsbefunde und Anwendung der Kausalitätslehre in der gesetzlichen Unfallversicherung gelinge es ärztlich nicht, einen möglichen beruflichen Verschlimmerungsanteil abzugrenzen. Die Erkrankung hätte auf Grund der Erfahrungen mit dem natürlichen Verlauf von schwergradigen Trachealstenosen mit großer Wahrscheinlichkeit auch ohne die berufliche Exposition den gleichen Verlauf gezeigt. Es habe die Notwendigkeit bestanden, die ausgeübte Tätigkeit zu unterlassen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist nur die Frage, ob eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV vorliegt. Denn die Beklagte lehnte mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. März 1998 nur die Anerkennung dieser Berufskrankheit ab. Hinsichtlich anderer Berufskrankheiten entschied die Beklagte in diesem Bescheid nicht. Die Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Berufskrankheit beinhaltet nicht gleichzeitig die Anerkennung oder Ablehnung anderer Listenkrankheiten, die bei dem Krankheitsbild des Versicherten möglicherweise ebenfalls in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -).

Möglicherweise ergangene Bescheide der Beklagten zu Leistungen des § 3 BKV sind nicht nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens geworden, da sie den zuvor genannten Bescheid weder abändern noch ersetzen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 1998 ist rechtmäßig. Eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV liegt nicht vor, sodass der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Nach § 26 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen, u.a. als Rente. Nach § 56 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vH mindern ... Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter. infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten erleidet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch die Arbeit in bestimmten Unternehmen verursacht worden sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Aufgrund dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung die BKV erlassen, in deren Anlage als Berufskrankheit nach Nr. 4302 bezeichnet ist: Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

1. Beim Kläger besteht eine obstruktive Atemwegserkrankung. Dies ergibt sich aus allen vorliegenden Befundberichten. Auch waren am Arbeitsplatz des Klägers chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe vorhanden. Jedenfalls bei der Tätigkeit in der Deckelspritzerei und an der Plasmaanlage bestand eine Belastung mit Aceton, ohne dass allerdings eine Überschreitung der MAK-Werte vorlag. Auch die Ozon-Konzentration lag an den Arbeitsplätzen des Klägers innerhalb der MAK-Werte. Dies ergibt sich aus der Messung durch den Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten (Stellungnahme vom 25. Januar 2002).

Die obstruktive Atemwegserkrankung ist zur Überzeugung des Senats nicht durch die Stoffe, denen der Kläger während seiner früheren Beschäftigung ausgesetzt war, wesentlich verursacht bzw. zumindest wesentlich mit verursacht.

Für das Vorliegen des Tatbestandes der Berufskrankheit ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung erforderlich. Zur Bejahung dieses ursächlichen Zusammenhangs ist die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt. Eine Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne (conditio sine qua non) reicht nicht aus, um die geltend gemachte Gesundheitsstörung als Folge einer Berufskrankheit zu qualifizieren. Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung sind als Ursache und Mitursache im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nämlich nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Das heißt, dass nicht jeder Gesundheitsschaden, der durch ein Ereignis naturwissenschaftlich verursacht wird, im Sozialrecht als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit anerkannt wird, sondern nur derjenige, der "wesentlich" durch das Ereignis verursacht wurde. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind. (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.).

Wesentliche Ursache der obstruktiven Atemwegserkrankung des Klägers ist die als Folge des Selbstmordversuchs bestehende Trachealstenose. Es besteht eine langstreckige Einengung der Trachea nach mehrfachen Eingriffen wegen Postintubationsstenose mit resultierender zentraler und peripherer Obstruktion. Dies ergibt sich aus dem Bericht des behandelnden Arztes Dr. W. vom 13. Dezember 1995 sowie aus den Gutachten des Dr. M. vom 10. Dezember 1997 und des Prof. Dr. G. vom 10. Juni 1999. Dieser Befund wird auch von Prof. Dr. W. nicht in Frage gestellt. Diese Erkrankung ist durch Einwirkungen bei der versicherten Tätigkeit nicht verschlimmert worden. Auf Grund der Trachealstenose, die nicht durch die versicherte Tätigkeit verursacht ist, besteht eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber einwirkenden Stoffen. Jegliche Belastung, sei es durch eine versicherte Tätigkeit oder sei es durch eine nicht versicherte Tätigkeit, führt zu einer Verschlimmerung der inneren Stenose, ohne dass es hierzu einer spezifischen Exposition am Arbeitsplatz bedarf. Dies haben Dr. M. und Prof. Dr. G. in ihren Gutachten dargelegt, ebenso wie Dr. T. in seiner Stellungnahme vom 23. September 2005. Die durch den Selbstmordversuch entstandene hochgradige Einengung der Luftröhre und die dadurch bedingte Atemnot führt bei jeder weiteren Schwellung der Schleimhäute zu einer zusätzlichen Verstärkung der Einengung der Luftröhre. Deshalb können auch bei Unterschreitung der MAK Werte bei vorgeschädigten Atemwegen Atembeschwerden entstehen (so Dr. T. in seiner Stellungnahme vom 1. Dezember 1999, S. 6). Auch Prof. Dr. R. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19. Mai 2006 aus, dass auf Grund der schweren Grunderkrankung eine geeignete Einwirkung durch Aceton am Arbeitsplatz des Klägers vorlag, die zu einer Verschlimmerung der vorbestehenden Grunderkrankung führen konnte. Dies zeigt sich auch darin, dass dem Kläger auch ein Arbeiten unter Einwirkung von Staub nicht möglich ist. Im Rahmen des vom früheren Arbeitgeber eingeleiteten Verfahrens zur Zustimmung zunächst zu einer Änderungskündigung später dann zu einer ordentlichen Kündigung wurde geprüft, welche Arbeitsplätze für den Kläger in Betracht kommen. Unter anderem wurde auch eine Tätigkeit im Fertigwarenlager geprüft, aber eine Tätigkeit wegen des (Papier-)Staubs, der durch das Aufrichten oder Zusammenfalten von Verpackungsmaterialien entsteht, wieder verworfen (Blatt 27 LSG-Akte). Dem lag eine Untersuchung des Betriebsarztes des früheren Arbeitgebers Dr. Abend vom 2. September 2003 zu Grunde (Blatt 71 der LSG-Akte). Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war auch maßgebend, dass dem Kläger keinerlei Arbeitsplatz mehr angeboten werden konnte, weil im gesamten Betrieb Dämpfe, die von den Gebinden und auch jeder einzelnen Lackdose abgehen, bestehen und durch technische Umrüstungsmaßnahmen nicht zu verhindern sind.

Da bereits geringste Einwirkungen zu einer Verschlechterung der Atmung führen, lässt sich der Anteil der Einwirkung durch die chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffe nicht abgrenzen. Prof. Dr. G. sah sich in seinem Gutachten vom 10. Juni 1999 nicht in der Lage, das genaue Ausmaß festzustellen. Er hielt hierzu einen arbeitsplatzbezogenen Expositionsversuch für erforderlich, bezeichnete diesen aber für den Kläger als nicht zumutbar. Mit der Problematik der Abgrenzung haben sich auch Dr. T. und Prof. Dr. R. in ihren von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen, die der Senat als Parteivorbringen der Beklagten berücksichtigt, auseinandergesetzt. Insbesondere Prof. Dr. R. legt in seiner Stellungnahme nochmals dar, dass von ärztlicher Seite eine Abgrenzung eines durch die Exposition von Stoffen am früheren Arbeitsplatz verursachten Verschlimmerungsanteils nicht möglich ist. Hierfür spricht auch, dass der von den behandelnden Ärzten erhobene Befund über Jahre hinweg gleich bleibend war. Behandlungsbedürftigkeit bestand wegen Infekten (Bericht der Dr. Rebholz vom März 1997; Arztbrief des Dr. Bohnacker vom 26. Mai 2000) sowie wegen der Notwendigkeit der Beseitigung von Granulationen im Bereich des Stents (Ambulanzbericht des Dr. W. vom 24. November 2004). Granulationsgewebe beschrieb auch Prof. Dr. G. bei der der von ihm durchgeführten Bronchoskopie.

Lediglich Prof. Dr. W. vertrat die Auffassung, eine Abgrenzung sei möglich. Er stützt seine Beurteilung, die versicherte Tätigkeit habe die durch den Selbstmordversuch verursachte obstruktive Ventilationsstörung wesentlich verschlimmert, auf das Ergebnis seiner Lungenfunktionsuntersuchungen, insoweit insbesondere darauf, dass bei einer Untersuchung, bei der ein Bronchospasmylosetest erfolgte, eine reversible obstruktive Ventilationsstörung festzustellen war und es zu einer deutlichen Besserung der Ventilationsparameter kam. Dies vermag den Senat nicht zu überzeugen. Denn dies ist ein einmaliges Untersuchungsergebnis. In anderen Lungenfunktionsuntersuchungen, auch in denen, die wenige Stunden zuvor Prof. Dr. W. durchführte, konnte eine solche reversible obstruktive Ventilationsstörung nicht festgestellt werden. Dr. T. hat dies in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 7. Februar 2005 und 23. September 2005 eingehend dargelegt, in der zuletzt genannten beratungsärztlichen Stellungnahme insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben der den Kläger seit Jahren behandelnden Ärzte. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb durch die Gabe entsprechend wirksamer Medikamente die durch die Traechealstenose verursachte obstruktive Ventilationsstörung nicht verbessert werden kann, hingegen eine durch die Einwirkung von chemisch-irritativ wirkenden Stoffen verursachte obstruktive Ventilationsstörung.

2. Eine Umkehr der Beweislast greift nicht ein, weil der Senat auf Grund der Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt ist, dass wesentliche Ursache der obstruktiven Atemwegserkrankung des Klägers die Trachealstenose ist und damit keine Beweislastentscheidung trifft. Im Übrigen tritt bei einem Beweisnotstand, auch wenn er auf einer fehlerhaften Beweiserhebung oder sogar auf einer Beweisvereitelung durch denjenigen beruht, dem die Unerweislichkeit der Tatsachen zum prozessualen Vorteil gereicht, keine Umkehr der Beweislast ein. Vielmehr sind die Tatsachengerichte in einem derartigen Fall berechtigt, im Rahmen der vielfältigen Möglichkeiten der Beweiswürdigung an den Beweis der Tatsachen, auf die sich der Beweisnotstand bezieht, weniger hohe Anforderungen zu stellen (BSG SozR 3-1500 § 128 Nr. 11; Beschluss vom 13. September 2005 - B 2 U 365/04 B -, veröffentlicht in juris).

3. Unabhängig von der Frage des ursächlichen Zusammenhangs waren vor dem 1. Juli 2004 die Voraussetzungen für einer Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV nicht gegeben, weil der Kläger die schädigende Tätigkeit nicht aufgegeben hatte. Bereits aus diesem Grund hätte das Sozialgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung am 30. Januar 2004 die Klage abweisen müssen. Der Versicherungsfall einer Berufskrankheit ist eingetreten, wenn alle Tatbestandsmerkmale des § 9 SGB VII in Verbindung mit der betreffenden Nummer der Anlage zur BKV erfüllt sind (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2). Der Eintritt des Versicherungsfalls der Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV setzt das erzwungene Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten voraus, wozu auch gehört, dass die wegen der berufsbedingten Erkrankung objektiv notwendige Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich objektiv verwirklicht ist, wobei es auf das Motiv des Versicherten nicht ankommt. Eine Tätigkeitsaufgabe ist nicht bereits dann gegeben, wenn diejenige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird, welche die Berufskrankheit herbeigeführt oder verschlimmert hat (ständige Rechtsprechung z.B. BSG aaO; siehe auch Becker NZS 2004, 616 (620) mwN).

4. Der Senat sieht sich nicht gedrängt, ein weiteres Gutachten einzuholen. Dies ist nicht deshalb erforderlich, weil divergierende Beurteilungen vorliegen. In einem solchen Fall muss sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem Gutachten auseinander setzen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 103 Rdnr. 11b und § 128 Rdnr. 7e). Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das SGG - nicht vor (BSG, Beschluss vom 17. November 2003 - B 3 P 23/03 B -, veröffentlicht in juris).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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