Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1533/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2047/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. April 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Der am 1950 geborene Kläger, der seit 1973 in Deutschland lebt und arbeitete, ist seit Dezember 2001 arbeitsunfähig, seit Mai 2002 arbeitslos.
Vom 28.01. bis 20.02.2002 führte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik G. durch. Im ärztlichen Entlassungsbericht wurde eine mittelschwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung diagnostiziert, eine residuale Facialis-, Recurrens- und Glossopharyngeus-Parese bei Zustand nach Akustikusneurinom-OP links 1992, ein chronisches cervicales und lumbales Schmerzsyndrom sowie eine Adipositas. Leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ohne Akkord, ohne Zeitdruck und ohne Wechselschichttätigkeit unter Vermeidung von Heben und Tragen auch mittelschwerer Lasten und von Zwangshaltungen sowie Lärmerschütterung und Vibration wurden sechs Stunden und mehr für zumutbar gehalten.
Auf den Rentenantrag vom 28.03.2002 veranlasste die Beklagte eine Untersuchung durch den Facharzt für Chirurgie und Allgemeinmedizin (Sozialmedizin) Dr. Sch. , der eine Restlähmung des linken Gesichtsnervs und Schlundnervs mit wiederkehrenden Schluckstörungen, Taubheit des linken Ohres, Ohrgeräusche links nach Operation eines Akustikusneurinoms 1992, eine wiederkehrende depressive Störung mit Störungen der verbalen Impulskontrolle, eine Arthrose im Kniescheibengelenk links und einen Verdacht auf initiale innenseitige Kniegelenksarthrose rechts, eine initiale Arthrose im Kniescheibengelenk rechts, sowie leichte bis mäßiggradige Verschleißzeichen in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule diagnostizierte. Er sei in der Lage, leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Wechselschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne Gefährdung durch Lärm und ohne Reizüberflutung durch Lärm, Licht und besondere Unruhe vollschichtig auszuführen.
Mit Bescheid vom 07.10.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung ab, es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Auf den Widerspruch veranlasste die Beklagte eine Untersuchung durch den Nervenarzt Dr. Sch. , der eine leichtgradig ausgeprägte Restsymptomatik nach depressiver Episode Anfang 2002, eine nach Akustikusneurinom-Operation 1992 verbliebene Beeinträchtigung der caudalen Hirnnerven links, sowie wirbelsäulenbezogene Beschwerden ohne segmentale Reiz- oder Ausfallserscheinungen diagnostizierte. Der Kläger könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Wechsel- oder Nachtschicht, und ohne überdurchschnittlichen Zeitdruck sechs Stunden am Tag ausüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 01.07.2003 mit dem Ziel einer Rente wegen voller Erwerbsminderung Klage zum Sozialgericht Ulm erhoben und darauf hingewiesen, dass seine Beschwerden laufend zunähmen.
Vom 15.10. bis 04.11.2003 hat der Kläger in der Abteilung für medizinisch-berufliche Rehabilitation im Rehabilitationskrankenhaus U. eine ambulante Belastungserprobung durchgeführt. Im Abschlussbericht vom 12.11.2003 ist angegeben worden, die Maßnahme sei zunächst bis 18.11.2003 geplant gewesen. Durch deutliche Zunahme der Belastungseinschränkungen sei die Maßnahme verkürzt worden. Der Kläger habe eine kontinuierliche Zunahme von Schlafstörungen und Ohrgeräuschen beklagt, ferner Kopfschmerzen und Rückenschmerzen bekundet. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Integration in die Arbeitswelt nicht denkbar.
Das Sozialgericht hat nach Einholung von Auskünften der behandelnden Ärzte das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 10.02.2004 eingeholt. Der Sachverständige hat zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger liege eine leichte depressive Störung vor, wobei nicht auszuschließen sei, dass in der Vergangenheit tatsächlich eine stärkere depressive Verstimmung bestanden habe. Die leichte depressive Störung habe praktisch keine Auswirkungen auf den Tagesablauf des Klägers, so beschäftige er sich mit seinem fünfjährigen Enkelsohn, erhalte fast täglich Besuch von dreien seiner Kinder, feiere die moslemischen Festtage, mache Besuche, lege viermal täglich eine Wegstrecke von mindestens 500 m zurück, um seinen Enkelsohn zum Kindergarten zu bringen und ihn wieder abzuholen. Der im Jahr 1992 operierte gutartige Hirntumor habe zu einer bleibenden Störung der kaudalen Hirnnerven geführt. Es sei davon auszugehen, dass diese Störung postoperativ aufgetreten sei und nicht erst fünf Jahre nach der Operation, wie der Kläger jetzt glaubhaft machen wolle. Damit sei er über einen Zeitraum von fast zehn Jahren nach der Durchführung der Operation noch in seinem Beruf als Punktschweißer tätig gewesen. Das außerdem vorliegende Wirbelsäulensyndrom sei ohne radikuläre Symptomatik. Leichte Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne Absturzgefahr seien dem Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht das Gutachten des Dr. Sch. vom 28.07.2004 eingeholt. Der Kläger sei nicht mehr fähig, einer Arbeit nachzugehen, auch nicht bis drei Stunden täglich. Die Beschwerden und Erkrankungen seien seit Anfang der Behandlung (2001) bekannt. Der Zustand des Klägers habe sich im Vergleich zu den Jahren zuvor erheblich verschlechtert.
Das Sozialgericht hat weiter das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G. , vom 21.02.2005 eingeholt. Der Sachverständige hat eine inkomplette Gesichtslähmung links, eine Gefühlsstörung der linken Gesichtshälfte, eine Taubheit links, einen Tinnitus links sowie eine Stimmbandlähmung nach Akustikusneurinomoperation im Mai 1992, die zu keiner wesentlichen Leistungseinschränkung geführt habe, sowie einen ausgeprägten Rentenwunsch diagnostiziert. Der Kläger sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Kläger hat noch zahlreiche ärztliche Befundberichte, u.a. des Privatdozenten Dr. K. , Leitender Arzt der Neurochirurgischen Abteilung am Bundeswehrkrankenhaus U. vom 02.03.2005 vorgelegt (Diagnose: Pansinusitis).
Mit Urteil vom 20.04.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er könne leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne besondere Anforderung an die geistig-psychische Belastbarkeit sowie den Bewegungs- und Haltungsapparat, ohne Schicht- oder Akkordarbeit, ohne häufiges Klettern oder Steigen mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies ergebe sich überzeugend aus den Gutachten des Dr. Sch. , des Dr. D. und des Prof. Dr. Dr. W ... Den Ausführungen von Dr. Sch. könne nicht gefolgt werden, da die dort geäußerte Auffassung einer mittelgradigen somatogenen Depression nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger leide zwar an einer teilweisen Lähmung der linken Gesichtshälfte, einhergehend mit einer Gefühlsstörung der linken Gesichtshälfte sowie Taubheit links. Dr. D. und Prof. Dr. Dr. W. hätten jedoch überzeugend dargelegt, dass das Vorbringen des Klägers nicht glaubhaft sei, dass diese Beschwerden erst in jüngster Zeit massiv aufgetreten seien. Sie hätten vielmehr darauf hingewiesen, dass diese gesundheitlichen Beschwerden in engem zeitlichem Zusammenhang mit der operativen Behandlung des gutartigen Hirntumors 1992 aufgetreten sein müssten und über einen Zeitraum von ca. zehn Jahren nicht zu einer beruflichen Beeinträchtigung geführt hätten. Auch hätten Dr. D. und Prof. Dr. Dr. W. eine Herabgestimmtheit im Sinne einer depressiven Verstimmung nicht feststellen können, auch bei verschiedenen Vorsprachen vor Gericht und in der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2005 sei hiervon nichts zu spüren gewesen. Im Gegenteil habe sich der Kläger aggressiv, gereizt und fordernd gezeigt. Die von Dr. D. konstatierte leichte depressive Episode habe sich nur insoweit auf die möglichen beruflichen Tätigkeiten ausgewirkt, als besondere Anforderungen an die geistig-psychische Belastbarkeit und Schicht-/Akkordarbeit vermieden werden sollten. Auch aus der gescheiterten Belastungserprobung im Rehabilitationskrankenhaus U. ergebe sich nichts Gegenteiliges. Diese Belastungserprobung sei offensichtlich deshalb gescheitert, weil der Kläger schon von vorneherein und nach wie vor der Auffassung sei, dass er nicht arbeiten könne. Prof. Dr. Dr. W. habe mit testpsychologischen Untersuchungen überzeugend herausgearbeitet, dass die subjektiv geklagten Beschwerden des Klägers und die objektiven Befunde in keinster Weise in Einklang zu bringen seien. Anhaltspunkte für eine schwerere psychische Störung hätten sich nicht ergeben, jedoch im Gegenzug deutliche Anhaltspunkte für eine Aggravation.
Gegen das am 12.05.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.05.2005 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, die im Rehabilitationskrankenhaus in U. durchgeführte Belastungserprobung habe deutlich gezeigt, dass er vor allem auch aufgrund seiner Einschränkungen in psychischer Hinsicht nicht mehr in der Lage sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Dies habe auch Dr. Sch. , der ihn seit Jahren kenne, bestätigt. Im Übrigen habe auch die Agentur für Arbeit aufgrund seines eingeschränkten Leistungsvermögens keine Vermittlungsbemühungen mehr unternommen. Er legt das Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M.-T. vom 25.10.2005 vor. Sie hat zusammenfassend ausgeführt, im Vordergrund stehe beim Kläger derzeit und seit Jahren eine depressive Störung neben einer deutlichen Antriebsstörung, sozialem Rückzug, Interessensverarmung, Voralterung, Schlafstörung und Somatisierung. Ein alleiniges Rentenbegehren liege nicht vor. Der Kläger könne Tätigkeiten leichter Art, ohne Stress, Druck und Nachtarbeit, ohne häufiges Heben, Tragen, Bücken und ohne körperliche Zwangshaltung maximal unter drei Stunden täglich ausführen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. April 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie legt die Stellungnahme des Obermedizinalrates F. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten vom 28.11.2005 vor. Er weist darauf hin, dass bei der durch Dr. M.-T. erstatteten Begutachtung subjektiven Beschwerden und subjektiven Selbstbeurteilungen seitens des Klägers ein relativ breiter Raum gewährt werde. Im Übrigen sprächen bereits die im Rahmen der Begutachtung dargestellten Beschäftigungen bzw. Betätigungen im Alltag und in der Freizeit schon gegen das Ausmaß der Belastbarkeitseinschränkung durch Dr. M.-T ... Im Übrigen habe der Kläger in der Rehaklinik G. eine medikamentöse antidepressive Behandlung abgelehnt, was gegen einen allzu großen Leidensdruck und gegen allzu starke Beeinträchtigungen seitens der Beschwerden im seelischen Bereich im Alltagsleben (und somit auch im Berufsleben) spreche. Auch die Initiative zur aktuellen Begutachtung im neurologisch-psychiatrischen Bereich und die Durchsetzung von deren Durchführung seitens des Klägers spreche gegen ein allzu gravierendes ausgeprägtes depressives Beschwerdebild.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. H. , U. , unter dem 02.01.2006 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat angegeben, der Kläger sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten.
Der Kläger hat dieses Schreiben des Dr. H. mit einem Nachtrag vom 25.01.2006 vorgelegt. Darin hat dieser darauf hingewiesen, dass die bisher abgegebene Beurteilung ausschließlich die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet berücksichtige. Der Kläger habe ihm das nervenärztliche Gutachten von Dr. M.-T. vorgelegt. Danach bestünden auf neurologischem Fachgebiet schwerwiegende Gesundheitsstörungen. Bei Zusammenfassung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet könne der Kläger Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als drei Stunden verrichten. Außerdem hat der Kläger eine gutachtliche Äußerung der Arbeitsamtsärztin Dr. W. vom 05.12.2005 vorgelegt. Diese hat unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. M.-T. die Auffassung vertreten, der Kläger sei derzeit und bis auf Weiteres - voraussichtlich länger als sechs Monate - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht leistungsfähig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt (§ 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeit mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren anzumerken, dass auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten der Dr. M.-T. vom 25.10.2005 zu keinem anderen Ergebnis führt.
Zu Recht hat Obermedizinalrat F. in der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 28.11.2005, die der Senat als qualifiziertes Parteivorbringen verwertet, zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. M.-T. in ihrem Gutachten den vom Kläger geschilderten subjektiven Beschwerden und subjektiven Selbstbeurteilungen relativ breiten Raum gewährt hat. Derartige Beurteilungen sind jedoch als überwiegendes Beurteilungskriterium nicht geeignet. Schon der vom Kläger anlässlich dieser Begutachtung geschilderte Tagesablauf sowie die dargestellten Beschäftigungen im Alltag und in der Freizeit sprechen gegen das Ausmaß der von Dr. M.-T. angegebenen Belastbarkeitseinschränkung. Auch fehlt eine kritische Hinterfragung der hierzu vom Kläger gemachten Angaben durch die Gutachterin. So hat der Kläger einerseits angegeben, er gehe zeitweilig mit seinen Enkeln spazieren bzw. er bringe morgens um 7:30 Uhr das Enkelkind in die Schule, andererseits hat er angegeben, aus dem Haus gehe er eigentlich nur noch, wenn er zur Moschee gehe. Hierin sieht der Senat Widersprüche die von Dr. M.-T. offensichtlich nicht hinterfragt wurden, zumal der Kläger bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. W. im Januar 2005 noch von einem abwechslungsreichen Tagesablauf berichtet hat. So hat er angegeben, er unternehme viel mit seinen Enkelkindern, treffe regelmäßig seine Freunde, helfe beim Blumen pflanzen im Garten und fahre noch mit dem eigenen Pkw. Außerdem unternahm er noch Flugreisen in die Türkei mit anschließender Mietwagenfahrt. Auch ist bei der durch Dr. M.-T. erstatteten Begutachtung nicht zu erkennen, dass eine Prüfung betreffend die Deckungsgleichheit zwischen subjektiven Beschwerden und objektivierbaren Befunden vorgenommen worden wäre. Weiter fehlt in dem Gutachten von Dr. M.-T. eine testpsychologische Befunderhebung zur zusätzlichen Einschätzung der subjektiven Beschwerden. Weiter ist für die sozialmedizinische Beurteilung von Bedeutung, ob eine ausreichende Behandlung durchgeführt wird. Das ist beim Kläger nicht der Fall. Er hat hierzu gegenüber Dr. M.-T. angegeben, die von Dr. Sch. in Anspruch genommene nervenärztliche Behandlung habe nichts gebracht und die Medikamente habe er nicht vertragen, weshalb er inzwischen nur noch Schmerzmittel für seine Wirbelsäule und seine Arme einnehme. Diese Haltung spricht gegen einen allzu großen Leidensdruck und gegen allzu starke Beeinträchtigungen seitens der Beschwerden im seelischen Bereich im Alltags- und Berufsleben.
Bezüglich der Belastungserprobung weist die Beklagte zu Recht ergänzend darauf hin, dass diese in der Zeit nach Beantragung der Rente durchgeführt worden ist und somit die deutliche Gefahr bestanden hat, dass durch die Beantragung einer Rente auch die dort erzielten Ergebnisse beeinflusst worden sind.
Auch der Orthopäde Dr. H. ist in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 02.01.2006 zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich mit Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten. Der von ihm am 25.01.2006 vorgenommene Nachtrag, der Kläger könne unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. M.-T. täglich nur noch weniger als drei Stunden tätig sein, ändert an seiner am 02.01.2000 abgegebenen Aussage nichts, da der Senat das Gutachten von Dr. M.-T. aus oben genannten Gründen nicht für überzeugend hält.
Auch die vom Kläger vorgelegte gutachtliche Äußerung von Dr. W. vom 05.12.2005, wonach der Kläger derzeit und bis auf weiteres auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht leistungsfähig sei, ist für den Senat nicht überzeugend, da diese gutachtliche Äußerung insbesondere auf dem Gutachten von Dr. M.-T. vom 25.10.2005 beruht.
Hinweise dafür, dass - wie der Kläger vorträgt - die Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. und die Oberärztin Dr. Sch. oberflächlich und unkorrekt abgelaufen ist, ergeben sich nicht, zumal den Angaben des Klägers im Gutachten ein breiter Raum eingeräumt worden ist.
Im Übrigen ist auch der Senat davon überzeugt, dass die meisten Beschwerden des Klägers bereits seit der operativen Behandlung im Jahr 1992 bestehen. Hierauf haben schon Dr. D. und Prof. Dr. Dr. W. hingewiesen und der Kläger selbst hat im Berufungsverfahren vorgebracht, dass seit seiner Tumoroperation im Mai 1992 seine linke Gesichtshälfte gelähmt sei, sein linkes Ohr zu 100 % taub und er erhebliche Probleme beim Schlucken habe. Zudem leide er seither unter einem dauerhaften Ohrgeräusch, weshalb dauerhafter Schlaf nie möglich sei. Seit langer Zeit habe er auch sehr starke Rücken- und Knieschmerzen. Genau mit diesen Beschwerden war der Kläger jedoch in der Lage, bis November 2001 zu arbeiten.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Der am 1950 geborene Kläger, der seit 1973 in Deutschland lebt und arbeitete, ist seit Dezember 2001 arbeitsunfähig, seit Mai 2002 arbeitslos.
Vom 28.01. bis 20.02.2002 führte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik G. durch. Im ärztlichen Entlassungsbericht wurde eine mittelschwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung diagnostiziert, eine residuale Facialis-, Recurrens- und Glossopharyngeus-Parese bei Zustand nach Akustikusneurinom-OP links 1992, ein chronisches cervicales und lumbales Schmerzsyndrom sowie eine Adipositas. Leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ohne Akkord, ohne Zeitdruck und ohne Wechselschichttätigkeit unter Vermeidung von Heben und Tragen auch mittelschwerer Lasten und von Zwangshaltungen sowie Lärmerschütterung und Vibration wurden sechs Stunden und mehr für zumutbar gehalten.
Auf den Rentenantrag vom 28.03.2002 veranlasste die Beklagte eine Untersuchung durch den Facharzt für Chirurgie und Allgemeinmedizin (Sozialmedizin) Dr. Sch. , der eine Restlähmung des linken Gesichtsnervs und Schlundnervs mit wiederkehrenden Schluckstörungen, Taubheit des linken Ohres, Ohrgeräusche links nach Operation eines Akustikusneurinoms 1992, eine wiederkehrende depressive Störung mit Störungen der verbalen Impulskontrolle, eine Arthrose im Kniescheibengelenk links und einen Verdacht auf initiale innenseitige Kniegelenksarthrose rechts, eine initiale Arthrose im Kniescheibengelenk rechts, sowie leichte bis mäßiggradige Verschleißzeichen in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule diagnostizierte. Er sei in der Lage, leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Wechselschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne Gefährdung durch Lärm und ohne Reizüberflutung durch Lärm, Licht und besondere Unruhe vollschichtig auszuführen.
Mit Bescheid vom 07.10.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung ab, es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben.
Auf den Widerspruch veranlasste die Beklagte eine Untersuchung durch den Nervenarzt Dr. Sch. , der eine leichtgradig ausgeprägte Restsymptomatik nach depressiver Episode Anfang 2002, eine nach Akustikusneurinom-Operation 1992 verbliebene Beeinträchtigung der caudalen Hirnnerven links, sowie wirbelsäulenbezogene Beschwerden ohne segmentale Reiz- oder Ausfallserscheinungen diagnostizierte. Der Kläger könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Wechsel- oder Nachtschicht, und ohne überdurchschnittlichen Zeitdruck sechs Stunden am Tag ausüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2003 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 01.07.2003 mit dem Ziel einer Rente wegen voller Erwerbsminderung Klage zum Sozialgericht Ulm erhoben und darauf hingewiesen, dass seine Beschwerden laufend zunähmen.
Vom 15.10. bis 04.11.2003 hat der Kläger in der Abteilung für medizinisch-berufliche Rehabilitation im Rehabilitationskrankenhaus U. eine ambulante Belastungserprobung durchgeführt. Im Abschlussbericht vom 12.11.2003 ist angegeben worden, die Maßnahme sei zunächst bis 18.11.2003 geplant gewesen. Durch deutliche Zunahme der Belastungseinschränkungen sei die Maßnahme verkürzt worden. Der Kläger habe eine kontinuierliche Zunahme von Schlafstörungen und Ohrgeräuschen beklagt, ferner Kopfschmerzen und Rückenschmerzen bekundet. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Integration in die Arbeitswelt nicht denkbar.
Das Sozialgericht hat nach Einholung von Auskünften der behandelnden Ärzte das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 10.02.2004 eingeholt. Der Sachverständige hat zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger liege eine leichte depressive Störung vor, wobei nicht auszuschließen sei, dass in der Vergangenheit tatsächlich eine stärkere depressive Verstimmung bestanden habe. Die leichte depressive Störung habe praktisch keine Auswirkungen auf den Tagesablauf des Klägers, so beschäftige er sich mit seinem fünfjährigen Enkelsohn, erhalte fast täglich Besuch von dreien seiner Kinder, feiere die moslemischen Festtage, mache Besuche, lege viermal täglich eine Wegstrecke von mindestens 500 m zurück, um seinen Enkelsohn zum Kindergarten zu bringen und ihn wieder abzuholen. Der im Jahr 1992 operierte gutartige Hirntumor habe zu einer bleibenden Störung der kaudalen Hirnnerven geführt. Es sei davon auszugehen, dass diese Störung postoperativ aufgetreten sei und nicht erst fünf Jahre nach der Operation, wie der Kläger jetzt glaubhaft machen wolle. Damit sei er über einen Zeitraum von fast zehn Jahren nach der Durchführung der Operation noch in seinem Beruf als Punktschweißer tätig gewesen. Das außerdem vorliegende Wirbelsäulensyndrom sei ohne radikuläre Symptomatik. Leichte Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne Absturzgefahr seien dem Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht das Gutachten des Dr. Sch. vom 28.07.2004 eingeholt. Der Kläger sei nicht mehr fähig, einer Arbeit nachzugehen, auch nicht bis drei Stunden täglich. Die Beschwerden und Erkrankungen seien seit Anfang der Behandlung (2001) bekannt. Der Zustand des Klägers habe sich im Vergleich zu den Jahren zuvor erheblich verschlechtert.
Das Sozialgericht hat weiter das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. , Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus G. , vom 21.02.2005 eingeholt. Der Sachverständige hat eine inkomplette Gesichtslähmung links, eine Gefühlsstörung der linken Gesichtshälfte, eine Taubheit links, einen Tinnitus links sowie eine Stimmbandlähmung nach Akustikusneurinomoperation im Mai 1992, die zu keiner wesentlichen Leistungseinschränkung geführt habe, sowie einen ausgeprägten Rentenwunsch diagnostiziert. Der Kläger sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Kläger hat noch zahlreiche ärztliche Befundberichte, u.a. des Privatdozenten Dr. K. , Leitender Arzt der Neurochirurgischen Abteilung am Bundeswehrkrankenhaus U. vom 02.03.2005 vorgelegt (Diagnose: Pansinusitis).
Mit Urteil vom 20.04.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er könne leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne besondere Anforderung an die geistig-psychische Belastbarkeit sowie den Bewegungs- und Haltungsapparat, ohne Schicht- oder Akkordarbeit, ohne häufiges Klettern oder Steigen mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies ergebe sich überzeugend aus den Gutachten des Dr. Sch. , des Dr. D. und des Prof. Dr. Dr. W ... Den Ausführungen von Dr. Sch. könne nicht gefolgt werden, da die dort geäußerte Auffassung einer mittelgradigen somatogenen Depression nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger leide zwar an einer teilweisen Lähmung der linken Gesichtshälfte, einhergehend mit einer Gefühlsstörung der linken Gesichtshälfte sowie Taubheit links. Dr. D. und Prof. Dr. Dr. W. hätten jedoch überzeugend dargelegt, dass das Vorbringen des Klägers nicht glaubhaft sei, dass diese Beschwerden erst in jüngster Zeit massiv aufgetreten seien. Sie hätten vielmehr darauf hingewiesen, dass diese gesundheitlichen Beschwerden in engem zeitlichem Zusammenhang mit der operativen Behandlung des gutartigen Hirntumors 1992 aufgetreten sein müssten und über einen Zeitraum von ca. zehn Jahren nicht zu einer beruflichen Beeinträchtigung geführt hätten. Auch hätten Dr. D. und Prof. Dr. Dr. W. eine Herabgestimmtheit im Sinne einer depressiven Verstimmung nicht feststellen können, auch bei verschiedenen Vorsprachen vor Gericht und in der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2005 sei hiervon nichts zu spüren gewesen. Im Gegenteil habe sich der Kläger aggressiv, gereizt und fordernd gezeigt. Die von Dr. D. konstatierte leichte depressive Episode habe sich nur insoweit auf die möglichen beruflichen Tätigkeiten ausgewirkt, als besondere Anforderungen an die geistig-psychische Belastbarkeit und Schicht-/Akkordarbeit vermieden werden sollten. Auch aus der gescheiterten Belastungserprobung im Rehabilitationskrankenhaus U. ergebe sich nichts Gegenteiliges. Diese Belastungserprobung sei offensichtlich deshalb gescheitert, weil der Kläger schon von vorneherein und nach wie vor der Auffassung sei, dass er nicht arbeiten könne. Prof. Dr. Dr. W. habe mit testpsychologischen Untersuchungen überzeugend herausgearbeitet, dass die subjektiv geklagten Beschwerden des Klägers und die objektiven Befunde in keinster Weise in Einklang zu bringen seien. Anhaltspunkte für eine schwerere psychische Störung hätten sich nicht ergeben, jedoch im Gegenzug deutliche Anhaltspunkte für eine Aggravation.
Gegen das am 12.05.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.05.2005 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, die im Rehabilitationskrankenhaus in U. durchgeführte Belastungserprobung habe deutlich gezeigt, dass er vor allem auch aufgrund seiner Einschränkungen in psychischer Hinsicht nicht mehr in der Lage sei, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Dies habe auch Dr. Sch. , der ihn seit Jahren kenne, bestätigt. Im Übrigen habe auch die Agentur für Arbeit aufgrund seines eingeschränkten Leistungsvermögens keine Vermittlungsbemühungen mehr unternommen. Er legt das Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M.-T. vom 25.10.2005 vor. Sie hat zusammenfassend ausgeführt, im Vordergrund stehe beim Kläger derzeit und seit Jahren eine depressive Störung neben einer deutlichen Antriebsstörung, sozialem Rückzug, Interessensverarmung, Voralterung, Schlafstörung und Somatisierung. Ein alleiniges Rentenbegehren liege nicht vor. Der Kläger könne Tätigkeiten leichter Art, ohne Stress, Druck und Nachtarbeit, ohne häufiges Heben, Tragen, Bücken und ohne körperliche Zwangshaltung maximal unter drei Stunden täglich ausführen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. April 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie legt die Stellungnahme des Obermedizinalrates F. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten vom 28.11.2005 vor. Er weist darauf hin, dass bei der durch Dr. M.-T. erstatteten Begutachtung subjektiven Beschwerden und subjektiven Selbstbeurteilungen seitens des Klägers ein relativ breiter Raum gewährt werde. Im Übrigen sprächen bereits die im Rahmen der Begutachtung dargestellten Beschäftigungen bzw. Betätigungen im Alltag und in der Freizeit schon gegen das Ausmaß der Belastbarkeitseinschränkung durch Dr. M.-T ... Im Übrigen habe der Kläger in der Rehaklinik G. eine medikamentöse antidepressive Behandlung abgelehnt, was gegen einen allzu großen Leidensdruck und gegen allzu starke Beeinträchtigungen seitens der Beschwerden im seelischen Bereich im Alltagsleben (und somit auch im Berufsleben) spreche. Auch die Initiative zur aktuellen Begutachtung im neurologisch-psychiatrischen Bereich und die Durchsetzung von deren Durchführung seitens des Klägers spreche gegen ein allzu gravierendes ausgeprägtes depressives Beschwerdebild.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. H. , U. , unter dem 02.01.2006 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Er hat angegeben, der Kläger sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten.
Der Kläger hat dieses Schreiben des Dr. H. mit einem Nachtrag vom 25.01.2006 vorgelegt. Darin hat dieser darauf hingewiesen, dass die bisher abgegebene Beurteilung ausschließlich die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet berücksichtige. Der Kläger habe ihm das nervenärztliche Gutachten von Dr. M.-T. vorgelegt. Danach bestünden auf neurologischem Fachgebiet schwerwiegende Gesundheitsstörungen. Bei Zusammenfassung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet könne der Kläger Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als drei Stunden verrichten. Außerdem hat der Kläger eine gutachtliche Äußerung der Arbeitsamtsärztin Dr. W. vom 05.12.2005 vorgelegt. Diese hat unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. M.-T. die Auffassung vertreten, der Kläger sei derzeit und bis auf Weiteres - voraussichtlich länger als sechs Monate - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht leistungsfähig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt (§ 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeit mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren anzumerken, dass auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten der Dr. M.-T. vom 25.10.2005 zu keinem anderen Ergebnis führt.
Zu Recht hat Obermedizinalrat F. in der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 28.11.2005, die der Senat als qualifiziertes Parteivorbringen verwertet, zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. M.-T. in ihrem Gutachten den vom Kläger geschilderten subjektiven Beschwerden und subjektiven Selbstbeurteilungen relativ breiten Raum gewährt hat. Derartige Beurteilungen sind jedoch als überwiegendes Beurteilungskriterium nicht geeignet. Schon der vom Kläger anlässlich dieser Begutachtung geschilderte Tagesablauf sowie die dargestellten Beschäftigungen im Alltag und in der Freizeit sprechen gegen das Ausmaß der von Dr. M.-T. angegebenen Belastbarkeitseinschränkung. Auch fehlt eine kritische Hinterfragung der hierzu vom Kläger gemachten Angaben durch die Gutachterin. So hat der Kläger einerseits angegeben, er gehe zeitweilig mit seinen Enkeln spazieren bzw. er bringe morgens um 7:30 Uhr das Enkelkind in die Schule, andererseits hat er angegeben, aus dem Haus gehe er eigentlich nur noch, wenn er zur Moschee gehe. Hierin sieht der Senat Widersprüche die von Dr. M.-T. offensichtlich nicht hinterfragt wurden, zumal der Kläger bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. W. im Januar 2005 noch von einem abwechslungsreichen Tagesablauf berichtet hat. So hat er angegeben, er unternehme viel mit seinen Enkelkindern, treffe regelmäßig seine Freunde, helfe beim Blumen pflanzen im Garten und fahre noch mit dem eigenen Pkw. Außerdem unternahm er noch Flugreisen in die Türkei mit anschließender Mietwagenfahrt. Auch ist bei der durch Dr. M.-T. erstatteten Begutachtung nicht zu erkennen, dass eine Prüfung betreffend die Deckungsgleichheit zwischen subjektiven Beschwerden und objektivierbaren Befunden vorgenommen worden wäre. Weiter fehlt in dem Gutachten von Dr. M.-T. eine testpsychologische Befunderhebung zur zusätzlichen Einschätzung der subjektiven Beschwerden. Weiter ist für die sozialmedizinische Beurteilung von Bedeutung, ob eine ausreichende Behandlung durchgeführt wird. Das ist beim Kläger nicht der Fall. Er hat hierzu gegenüber Dr. M.-T. angegeben, die von Dr. Sch. in Anspruch genommene nervenärztliche Behandlung habe nichts gebracht und die Medikamente habe er nicht vertragen, weshalb er inzwischen nur noch Schmerzmittel für seine Wirbelsäule und seine Arme einnehme. Diese Haltung spricht gegen einen allzu großen Leidensdruck und gegen allzu starke Beeinträchtigungen seitens der Beschwerden im seelischen Bereich im Alltags- und Berufsleben.
Bezüglich der Belastungserprobung weist die Beklagte zu Recht ergänzend darauf hin, dass diese in der Zeit nach Beantragung der Rente durchgeführt worden ist und somit die deutliche Gefahr bestanden hat, dass durch die Beantragung einer Rente auch die dort erzielten Ergebnisse beeinflusst worden sind.
Auch der Orthopäde Dr. H. ist in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 02.01.2006 zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden täglich mit Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten. Der von ihm am 25.01.2006 vorgenommene Nachtrag, der Kläger könne unter Berücksichtigung des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. M.-T. täglich nur noch weniger als drei Stunden tätig sein, ändert an seiner am 02.01.2000 abgegebenen Aussage nichts, da der Senat das Gutachten von Dr. M.-T. aus oben genannten Gründen nicht für überzeugend hält.
Auch die vom Kläger vorgelegte gutachtliche Äußerung von Dr. W. vom 05.12.2005, wonach der Kläger derzeit und bis auf weiteres auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht leistungsfähig sei, ist für den Senat nicht überzeugend, da diese gutachtliche Äußerung insbesondere auf dem Gutachten von Dr. M.-T. vom 25.10.2005 beruht.
Hinweise dafür, dass - wie der Kläger vorträgt - die Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. und die Oberärztin Dr. Sch. oberflächlich und unkorrekt abgelaufen ist, ergeben sich nicht, zumal den Angaben des Klägers im Gutachten ein breiter Raum eingeräumt worden ist.
Im Übrigen ist auch der Senat davon überzeugt, dass die meisten Beschwerden des Klägers bereits seit der operativen Behandlung im Jahr 1992 bestehen. Hierauf haben schon Dr. D. und Prof. Dr. Dr. W. hingewiesen und der Kläger selbst hat im Berufungsverfahren vorgebracht, dass seit seiner Tumoroperation im Mai 1992 seine linke Gesichtshälfte gelähmt sei, sein linkes Ohr zu 100 % taub und er erhebliche Probleme beim Schlucken habe. Zudem leide er seither unter einem dauerhaften Ohrgeräusch, weshalb dauerhafter Schlaf nie möglich sei. Seit langer Zeit habe er auch sehr starke Rücken- und Knieschmerzen. Genau mit diesen Beschwerden war der Kläger jedoch in der Lage, bis November 2001 zu arbeiten.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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