Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 4458/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2321/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 31.03.2006 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Arbeitslosengeld im Streit.
Die 1963 geborene Klägerin arbeitete seit 1981 als Justizangestellte im Schreib- und Bürodienst des Kammergerichts B. Vom 01.08.2002 bis zum 31.07.2005 wurde ihr Sonderurlaub unter Fortfall der Bezüge gem. § 50 Abs. 1 Bundesangestelltentarif (BAT) gewährt. Die Klägerin hatte diese Lösung angestrebt, weil sie sich um die Erziehung ihrer beiden Kinder, deren jüngstes am 16.09.1996 geboren ist, kümmern wollte. Am 20.06.2005 schloss die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag, nachdem das Arbeitsverhältnis gem. § 58 BAT im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 31.07.2005 endete.
Am 01.06.2005 meldete die Klägerin sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Sie gab an, dass ihr Ehemann in B.-W. Arbeit gefunden habe, weswegen sie vor drei Jahren mit beiden Kindern hierher gezogen seien. Nach dem Ablauf des für drei Jahre gewährten Sonderurlaubs habe ihr Arbeitgeber in B. sie um Rückkehr oder um Auflösung des Arbeitsverhältnisses gebeten. Sie habe dann der Auflösung des Dienstverhältnisses zugestimmt, da der B. Arbeitsmarkt für ihren Ehemann sich inzwischen nicht verändert habe. Sie habe sich für die Familie entschieden und beantrage nunmehr in B.-W. die Gewährung von Arbeitslosengeld. Wegen der weiterhin erforderlichen Kinderbetreuung stehe sie dem Arbeitsmarkt lediglich halbtags (20 Stunden wöchentlich) zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 26.10.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab. Die Klägerin habe die Anwartschaft nicht erfüllt, da sie innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 01.06.2005 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Die Ausnahmevorschrift für Saisonarbeitsnehmer treffe auf die Klägerin nicht zu. Bei dieser Entscheidung seien alle nachgewiesenen Versicherungszeiten berücksichtigt worden (unter Hinweis auf §§ 117, 123, 124 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -).
Die Klägerin begründet ihren Widerspruch damit, dass sie eine Dienstzeit von über 20 Jahren nachweisen könne. Selbst die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) rechne ihr eine Berücksichtungszeit wegen Erziehung eines Kindes bis zum 30.09.2003 an. Außerdem habe sie sich aktiv um einen neuen Arbeitsplatz bemüht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. § 118 Abs. 1 SGB III bestimme, dass Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit nur habe, wer unter anderem die Anwartschaftszeit erfülle. Die Anwartschaftszeit erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe, § 123 SGB III i. V. m. § 434 j Abs. 3 SGB III. Die Rahmenfrist betrage drei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, § 124 SGB III i. V. m. § 434 j Abs.3 SGB III. Vorliegend umfasse die Rahmenfrist daher die Zeit vom 01.06.2002 bis zum 31.05.2005. Innerhalb dieser Rahmenfrist seien nur 61 Kalendertage (vom 01.06.2002 bis zum 31.07.2002) zu berücksichtigen, in denen die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis im Sinne des § 24 SGB III gestanden habe bzw. versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne des § 26 SGB III gewesen sei. Die Anwartschaft sei daher nicht erfüllt, weil nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nachgewiesen seien.
Die Klägerin hat am 23.12.2005 Klage zum Sozialgericht R. (SG) erhoben. Die Beklagte habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie zuvor über 20 Jahre lang versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Es sei nicht einleuchtend, dass bereits nach einem Jahr die Anwartschaftszeit erfüllt werden könne, nicht jedoch nach zuvor geleisteten 20 Jahren Arbeit. Sie sei im übrigen weder von ihrem Arbeitgeber noch von dem zuständigen Arbeitsamt auf die dreijährige Rahmenfrist hingewiesen worden. Das Arbeitsamt V.-S. hätte sie bereits im Januar 2003 bei einer Vorsprache aufklären müssen. Insofern mache sie einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2006 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung verwies das Gericht nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides. Ergänzend führt es aus, dass die Klägerin unstreitig in der dreijährigen Rahmenfrist keine 12 Monate/360 Kalendertage in einem Versicherungspflichtverhältnis zurückgelegt habe. Da die Klägerin auch kein Kind habe, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet habe, komme auch eine versicherungspflichtige Eltern-/Erziehungszeit im Sinne von § 26 SGB III nicht in Betracht. Die Regelung in § 26 Abs. 2 a SGB III, nach der sich diese besondere Versicherungspflicht nur auf Kinder beziehe, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, enthalte keine Gesetzeslücke und sei insofern auch nicht verfassungswidrig (unter Hinweis auf BSG SGB 2003, 681 und Niesel, SGB III, 3. Auflage, Rdnr. 26). Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Zeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem eindeutigen Wortlaut und Sinngehalt der gesetzlichen Regelung in den § 123 und 124 SGB III nicht an. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien nicht gegeben. Für etwaige Beratungsmängel ihres früheren Arbeitgebers hafte die Beklagte bereits grundsätzlich nicht. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich aber auch nicht, dass sie sich wegen des streitgegenständlichen Sachverhalts rechtzeitig mit einem konkreten Beratungsersuchen an die Beklagte gewandt habe. Selbst wenn insofern eine konkrete Anfrage vorläge, könne im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zwar die rechtzeitige Antragstellung fingiert werden, nicht aber die weiterhin notwendige tatbestandsmäßige Voraussetzung der Verfügbarkeit der Klägerin in der Vergangenheit (unter Hinweis auf BSG SozR 3 - 4100 § 125 Nr. 1 mit weitern Nachweisen). Insoweit käme allenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung in Betracht, über den nach Artikel 34 Grundgesetz (GG) ausschließlich die Zivilgerichte zu entscheiden hätten. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 05.04.2006 zugestellt.
Deswegen hat die Klägerin am 04.05.2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Vortrag wiederholt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2005 zu verurteilen, ihr ab dem 01.06.2005 Arbeitslosengeld im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten vorliegend durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 SGG.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit haben nach § 118 Abs. 1 SGB III in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Die Anwartschaftszeit hat nach § 123 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat; Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit. Nach § 124 Abs. 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Aufgrund der Regelung in § 434 j Abs. 3 SGB III ist im Falle der Klägerin nach § 124 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung von einer dreijährigen Rahmenfrist auszugehen.
Auch in dieser längeren dreijährigen Rahmenfrist erfüllt die Klägerin jedoch nicht die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld. Die Klägerin hat am 01.06.2005 die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt. Demnach umfasst die Rahmenfrist vorliegend den Zeitraum vom 01.06.2002 bis zum 31.05.2005. In dieser Zeit hat die Klägerin - was unstreitig ist - lediglich zwei Monate mit Zeiten der Versicherungspflicht belegt (vom 01.06.2002 bis zum 31.07.2002), weil sie ab dem 01.08.2002 Sonderurlaub unter Fortfall der Bezüge gem. § 50 Abs. 1 Bundesangestelltentarif (BAT) hatte. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Versicherungspflicht auch nicht nach § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III vorlag, weil diese zur Voraussetzung hat, dass die Betreuung eines Kindes erfolgt, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Es ist nicht erkennbar, inwiefern die vorliegenden Regelungen, die zum Ausschluss der Klägerin vom Bezug von Arbeitslosengeld führen, verfassungswidrig sein könnten. Zwar fällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz - GG - (BVerfGE 72, 9), wobei das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung jedoch gleichzeitig entschieden hat, dass die im Arbeitsförderungsrecht geltende Anwartschaftszeit für den Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung einer langen Tradition entspricht und grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Eine Verletzung des Art. 14 GG liegt daher nicht vor.
Auch ein Verstoß gegen den von der Klägerin indirekt angeführten allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 GG, liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Dabei liegt es grundsätzlich in der Zuständigkeit des Gesetzgebers, die Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll (vgl. BVerfGE 93, 319, 348 f. m.w.N.). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur dann, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 102, 41, 54; st. Rspr. des BVerfG).
Vorliegend wird die Klägerin mit allen anderen Versicherten gleich behandelt, die wie sie innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 01.06.2005 nicht mindestens 12 Monaten in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben (vgl. BVerfGE 60,68 zur Bildung der für die Prüfung nach Art. 3 Abs. 1 GG maßgebliche Vergleichsgruppen). Eine Ungleichbehandlung liegt gegenüber denjenigen Arbeitslosen vor, die innerhalb der Rahmenfrist die zwölfmonatige Vorversicherungszeit zurückgelegt haben. Für die festgestellte ungleiche Behandlung liegt ein sachlicher Grund vor. Durch die größere zeitliche Entfernung - die alle Versicherten aufgrund des gleichen Stichtags in gleicher Weise trifft - liegt ein Sachverhalt vor, der es nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lässt, bei der Gewährung von Arbeitslosengeld von einer Entgeltersatzleistung zu sprechen. Denn dann ist im Regelfall zwei Jahre lang der Lebensunterhalt ohne das zuvor versicherungspflichtige Entgelt bestritten worden, weswegen die Betroffenen im Sinne der sozialen Sicherung weniger schutzbedürftig hinsichtlich des Ersatzes dieses Entgeltes sind.
Die Zulässigkeit der beanstandeten Rahmenfrist ergibt sich im Übrigen aus dem bereits oben zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 72, 9. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht beanstandet, dass durch Art. 1 § 1 Nr. 36 Buchst. a des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz - AFKG) vom 22.12.1981 (BGBl. I S. 1497) die Anwartschaftszeit innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist von 180 auf 360 Tage auch für diejenigen Arbeitslosen verdoppelt worden ist, welche die zuvor geltende Anwartschaftszeit von 180 Tagen bereits erfüllt hatten. Das Bundesverfassungsgericht weist in dieser Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass der Äquivalenzgedanke, wonach die eingezahlten Beiträge eine gewisse Entsprechung auf der Leistungsseite finden müssen - anders als im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung - als vorrangiger Maßstab für die Bemessung des Arbeitslosengeldes angesichts der für die Arbeitslosenversicherung typischen kurzen Anwartschaftszeiten, des kurzen Bemessungszeitraums und der häufig nur kurzen Leistungsbezugszeit nicht in Betracht kommt (unter Hinweis auf BVerfGE 51, 115, 124). Damit stellt das Bundesverfassungsgericht die auch vorliegend zu Lasten der Klägerin wirksame kurze Rahmenfrist gerade als Wesensmerkmal der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung heraus, woraus hervorgeht, dass dieses Element der Arbeitslosenversicherung von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist.
Sofern die Klägerin sich darauf beruft, dass sie den vorliegenden Nachteil deswegen erleidet, weil sie sich um ihre Familie bzw. um ihre Kinder gekümmert hat (Art. 6 Abs. 1 und Abs. 4 GG), ist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 - 1 BvL 10/01 - hinzuweisen. Das Bundesverfassungsgericht führt in diesem Beschluss Folgendes aus (NJW 2006, 1721-1723):
"Der Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG bedeutet zwar nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BVerfGE 60, 68 (74)). Der Gesetzgeber ist - nicht anders als im Falle des Art. 6 Abs. 1 GG - nicht verpflichtet, dem Förderungsgebot ohne Rücksicht auf sonstige Belange nachzukommen (vgl. BVerfGE 82, 60 (81); BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. April 1996, NVwZ 1997, S. 54 (55)). Untersagt er aber, wie in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG , der Frau für eine bestimmte Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes die Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung, so ist er gehalten, die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden sozialrechtlichen Nachteile soweit wie möglich auszugleichen. Dazu gehört auch der sozialversicherungsrechtliche Schutz im Falle der Arbeitslosigkeit. Die vom Beschäftigungsverbot betroffene Mutter wird gehindert, durch Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihres versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses eine Anwartschaft in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung gemäß § 123 SGB III aufzubauen oder den Aufbau einer Anwartschaft fortzusetzen. Diese Konsequenz aus den mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten darf der Frau nicht zum Nachteil gegenüber anderen Arbeitnehmern gereichen, die nicht von solchen Verboten betroffen sind. Insoweit ist die grundsätzlich bestehende Freiheit des Gesetzgebers, zu entscheiden, wie er die ihm durch Art. 6 Abs. 4 GG auferlegte Förderung von Müttern ausgestaltet, auf Grund seines eigenen gesetzgeberischen Handelns, durch Beschäftigungsverbote der werdenden Mutter und dem Kind Schutz zu bieten, determiniert und eingeschränkt. Der mit den Beschäftigungsverboten angestrebte Schutz bleibt, gemessen an Art. 6 Abs. 4 GG , unvollständig, wenn er nicht von Maßnahmen begleitet wird, die die sich daraus ergebende Benachteiligung der Mutter, die während der Mutterschutzfrist an der Erfüllung der Anwartschaftszeit gehindert ist, soweit wie möglich ausgleichen (vgl. auch BVerfGE 60, 68 (77)). Es ist daher mit Art. 6 Abs. 4 GG , der eine Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips für den speziellen Bereich des Mutterschutzes darstellt (vgl. BVerfGE 32, 273 (279)), nicht zu vereinbaren, dass die Zeiten der Beschäftigungsverbote bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung während des hier maßgeblichen Zeitraums zwischen 1998 und 2002 - und damit abweichend von dem vorher und nachher geltenden Recht (siehe oben unter A I 2 und 4) - nicht berücksichtigt wurden. Der Gesetzgeber erschwerte der Mutter im Falle der Arbeitslosigkeit den Zugang zum Arbeitslosengeld in einer Weise, die dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG nicht mehr entsprach. Darüber hinaus stand dies auch im Widerspruch zur sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von Personen, die wegen Krankheit ebenfalls unfreiwillig ihre Beschäftigung unterbrechen und Krankengeld erhalten; diese sind gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III versicherungspflichtig und können während des Leistungsbezugs eine Anwartschaft aufbauen oder deren Aufbau fortsetzen."
Aus diesem Beschluss wird erkennbar, dass das Bundesverfassungsgericht einen grundgesetzlichen Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 1 bzw. Abs. 4 GG im Sinne des Klageziels der Klägerin nur deswegen anerkennt, weil während der Zeiten des Mutterschutzes die Beschäftigung der Mutter untersagt wird und deswegen aufgrund einer gesetzlichen Regelung eine Lücke in der Rahmenfrist entstehen kann. Hiervon kann im Falle der Klägerin nicht die Rede sein. Außerdem hat die Klägerin sich auch nicht um Kleinkinder gekümmert, sondern um Kinder im schulpflichtigen Alter. Nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in den oben genannten Entscheidungen ist nicht anzunehmen, dass der grundgesetzliche Schutzauftrag für Familie und Kinder eine solch weit reichende Begünstigung verlangt.
Da der Senat nach den obigen Ausführungen nicht von der Verfassungswidrigkeit der zugrunde gelegten Vorschriften überzeugt ist, scheidet auch die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht aus.
Schließlich kann auch der von der Klägerin zitierte sozialrechtliche Herstellungsanspruch der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Denn wie das SG zutreffend ausführt, lässt sich hiermit die Verfügbarkeit der Klägerin für Zeiträume in der Vergangenheit nicht fingieren (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2006 - B 11a AL 15/05 R - mit weiteren Nachweisen; juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Arbeitslosengeld im Streit.
Die 1963 geborene Klägerin arbeitete seit 1981 als Justizangestellte im Schreib- und Bürodienst des Kammergerichts B. Vom 01.08.2002 bis zum 31.07.2005 wurde ihr Sonderurlaub unter Fortfall der Bezüge gem. § 50 Abs. 1 Bundesangestelltentarif (BAT) gewährt. Die Klägerin hatte diese Lösung angestrebt, weil sie sich um die Erziehung ihrer beiden Kinder, deren jüngstes am 16.09.1996 geboren ist, kümmern wollte. Am 20.06.2005 schloss die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag, nachdem das Arbeitsverhältnis gem. § 58 BAT im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 31.07.2005 endete.
Am 01.06.2005 meldete die Klägerin sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Sie gab an, dass ihr Ehemann in B.-W. Arbeit gefunden habe, weswegen sie vor drei Jahren mit beiden Kindern hierher gezogen seien. Nach dem Ablauf des für drei Jahre gewährten Sonderurlaubs habe ihr Arbeitgeber in B. sie um Rückkehr oder um Auflösung des Arbeitsverhältnisses gebeten. Sie habe dann der Auflösung des Dienstverhältnisses zugestimmt, da der B. Arbeitsmarkt für ihren Ehemann sich inzwischen nicht verändert habe. Sie habe sich für die Familie entschieden und beantrage nunmehr in B.-W. die Gewährung von Arbeitslosengeld. Wegen der weiterhin erforderlichen Kinderbetreuung stehe sie dem Arbeitsmarkt lediglich halbtags (20 Stunden wöchentlich) zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 26.10.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab. Die Klägerin habe die Anwartschaft nicht erfüllt, da sie innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 01.06.2005 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Die Ausnahmevorschrift für Saisonarbeitsnehmer treffe auf die Klägerin nicht zu. Bei dieser Entscheidung seien alle nachgewiesenen Versicherungszeiten berücksichtigt worden (unter Hinweis auf §§ 117, 123, 124 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -).
Die Klägerin begründet ihren Widerspruch damit, dass sie eine Dienstzeit von über 20 Jahren nachweisen könne. Selbst die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) rechne ihr eine Berücksichtungszeit wegen Erziehung eines Kindes bis zum 30.09.2003 an. Außerdem habe sie sich aktiv um einen neuen Arbeitsplatz bemüht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. § 118 Abs. 1 SGB III bestimme, dass Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit nur habe, wer unter anderem die Anwartschaftszeit erfülle. Die Anwartschaftszeit erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe, § 123 SGB III i. V. m. § 434 j Abs. 3 SGB III. Die Rahmenfrist betrage drei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, § 124 SGB III i. V. m. § 434 j Abs.3 SGB III. Vorliegend umfasse die Rahmenfrist daher die Zeit vom 01.06.2002 bis zum 31.05.2005. Innerhalb dieser Rahmenfrist seien nur 61 Kalendertage (vom 01.06.2002 bis zum 31.07.2002) zu berücksichtigen, in denen die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis im Sinne des § 24 SGB III gestanden habe bzw. versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne des § 26 SGB III gewesen sei. Die Anwartschaft sei daher nicht erfüllt, weil nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nachgewiesen seien.
Die Klägerin hat am 23.12.2005 Klage zum Sozialgericht R. (SG) erhoben. Die Beklagte habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie zuvor über 20 Jahre lang versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Es sei nicht einleuchtend, dass bereits nach einem Jahr die Anwartschaftszeit erfüllt werden könne, nicht jedoch nach zuvor geleisteten 20 Jahren Arbeit. Sie sei im übrigen weder von ihrem Arbeitgeber noch von dem zuständigen Arbeitsamt auf die dreijährige Rahmenfrist hingewiesen worden. Das Arbeitsamt V.-S. hätte sie bereits im Januar 2003 bei einer Vorsprache aufklären müssen. Insofern mache sie einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2006 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung verwies das Gericht nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides. Ergänzend führt es aus, dass die Klägerin unstreitig in der dreijährigen Rahmenfrist keine 12 Monate/360 Kalendertage in einem Versicherungspflichtverhältnis zurückgelegt habe. Da die Klägerin auch kein Kind habe, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet habe, komme auch eine versicherungspflichtige Eltern-/Erziehungszeit im Sinne von § 26 SGB III nicht in Betracht. Die Regelung in § 26 Abs. 2 a SGB III, nach der sich diese besondere Versicherungspflicht nur auf Kinder beziehe, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, enthalte keine Gesetzeslücke und sei insofern auch nicht verfassungswidrig (unter Hinweis auf BSG SGB 2003, 681 und Niesel, SGB III, 3. Auflage, Rdnr. 26). Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es auf weiter in der Vergangenheit zurückliegende Zeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem eindeutigen Wortlaut und Sinngehalt der gesetzlichen Regelung in den § 123 und 124 SGB III nicht an. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien nicht gegeben. Für etwaige Beratungsmängel ihres früheren Arbeitgebers hafte die Beklagte bereits grundsätzlich nicht. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich aber auch nicht, dass sie sich wegen des streitgegenständlichen Sachverhalts rechtzeitig mit einem konkreten Beratungsersuchen an die Beklagte gewandt habe. Selbst wenn insofern eine konkrete Anfrage vorläge, könne im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zwar die rechtzeitige Antragstellung fingiert werden, nicht aber die weiterhin notwendige tatbestandsmäßige Voraussetzung der Verfügbarkeit der Klägerin in der Vergangenheit (unter Hinweis auf BSG SozR 3 - 4100 § 125 Nr. 1 mit weitern Nachweisen). Insoweit käme allenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung in Betracht, über den nach Artikel 34 Grundgesetz (GG) ausschließlich die Zivilgerichte zu entscheiden hätten. Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 05.04.2006 zugestellt.
Deswegen hat die Klägerin am 04.05.2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Vortrag wiederholt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2005 zu verurteilen, ihr ab dem 01.06.2005 Arbeitslosengeld im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten vorliegend durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 SGG.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit haben nach § 118 Abs. 1 SGB III in der seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Die Anwartschaftszeit hat nach § 123 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat; Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit. Nach § 124 Abs. 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Aufgrund der Regelung in § 434 j Abs. 3 SGB III ist im Falle der Klägerin nach § 124 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung von einer dreijährigen Rahmenfrist auszugehen.
Auch in dieser längeren dreijährigen Rahmenfrist erfüllt die Klägerin jedoch nicht die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld. Die Klägerin hat am 01.06.2005 die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt. Demnach umfasst die Rahmenfrist vorliegend den Zeitraum vom 01.06.2002 bis zum 31.05.2005. In dieser Zeit hat die Klägerin - was unstreitig ist - lediglich zwei Monate mit Zeiten der Versicherungspflicht belegt (vom 01.06.2002 bis zum 31.07.2002), weil sie ab dem 01.08.2002 Sonderurlaub unter Fortfall der Bezüge gem. § 50 Abs. 1 Bundesangestelltentarif (BAT) hatte. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Versicherungspflicht auch nicht nach § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III vorlag, weil diese zur Voraussetzung hat, dass die Betreuung eines Kindes erfolgt, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Es ist nicht erkennbar, inwiefern die vorliegenden Regelungen, die zum Ausschluss der Klägerin vom Bezug von Arbeitslosengeld führen, verfassungswidrig sein könnten. Zwar fällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz - GG - (BVerfGE 72, 9), wobei das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung jedoch gleichzeitig entschieden hat, dass die im Arbeitsförderungsrecht geltende Anwartschaftszeit für den Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung einer langen Tradition entspricht und grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Eine Verletzung des Art. 14 GG liegt daher nicht vor.
Auch ein Verstoß gegen den von der Klägerin indirekt angeführten allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 GG, liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Dabei liegt es grundsätzlich in der Zuständigkeit des Gesetzgebers, die Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll (vgl. BVerfGE 93, 319, 348 f. m.w.N.). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur dann, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 102, 41, 54; st. Rspr. des BVerfG).
Vorliegend wird die Klägerin mit allen anderen Versicherten gleich behandelt, die wie sie innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 01.06.2005 nicht mindestens 12 Monaten in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben (vgl. BVerfGE 60,68 zur Bildung der für die Prüfung nach Art. 3 Abs. 1 GG maßgebliche Vergleichsgruppen). Eine Ungleichbehandlung liegt gegenüber denjenigen Arbeitslosen vor, die innerhalb der Rahmenfrist die zwölfmonatige Vorversicherungszeit zurückgelegt haben. Für die festgestellte ungleiche Behandlung liegt ein sachlicher Grund vor. Durch die größere zeitliche Entfernung - die alle Versicherten aufgrund des gleichen Stichtags in gleicher Weise trifft - liegt ein Sachverhalt vor, der es nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lässt, bei der Gewährung von Arbeitslosengeld von einer Entgeltersatzleistung zu sprechen. Denn dann ist im Regelfall zwei Jahre lang der Lebensunterhalt ohne das zuvor versicherungspflichtige Entgelt bestritten worden, weswegen die Betroffenen im Sinne der sozialen Sicherung weniger schutzbedürftig hinsichtlich des Ersatzes dieses Entgeltes sind.
Die Zulässigkeit der beanstandeten Rahmenfrist ergibt sich im Übrigen aus dem bereits oben zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 72, 9. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht beanstandet, dass durch Art. 1 § 1 Nr. 36 Buchst. a des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz - AFKG) vom 22.12.1981 (BGBl. I S. 1497) die Anwartschaftszeit innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist von 180 auf 360 Tage auch für diejenigen Arbeitslosen verdoppelt worden ist, welche die zuvor geltende Anwartschaftszeit von 180 Tagen bereits erfüllt hatten. Das Bundesverfassungsgericht weist in dieser Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass der Äquivalenzgedanke, wonach die eingezahlten Beiträge eine gewisse Entsprechung auf der Leistungsseite finden müssen - anders als im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung - als vorrangiger Maßstab für die Bemessung des Arbeitslosengeldes angesichts der für die Arbeitslosenversicherung typischen kurzen Anwartschaftszeiten, des kurzen Bemessungszeitraums und der häufig nur kurzen Leistungsbezugszeit nicht in Betracht kommt (unter Hinweis auf BVerfGE 51, 115, 124). Damit stellt das Bundesverfassungsgericht die auch vorliegend zu Lasten der Klägerin wirksame kurze Rahmenfrist gerade als Wesensmerkmal der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung heraus, woraus hervorgeht, dass dieses Element der Arbeitslosenversicherung von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist.
Sofern die Klägerin sich darauf beruft, dass sie den vorliegenden Nachteil deswegen erleidet, weil sie sich um ihre Familie bzw. um ihre Kinder gekümmert hat (Art. 6 Abs. 1 und Abs. 4 GG), ist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 - 1 BvL 10/01 - hinzuweisen. Das Bundesverfassungsgericht führt in diesem Beschluss Folgendes aus (NJW 2006, 1721-1723):
"Der Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG bedeutet zwar nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BVerfGE 60, 68 (74)). Der Gesetzgeber ist - nicht anders als im Falle des Art. 6 Abs. 1 GG - nicht verpflichtet, dem Förderungsgebot ohne Rücksicht auf sonstige Belange nachzukommen (vgl. BVerfGE 82, 60 (81); BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. April 1996, NVwZ 1997, S. 54 (55)). Untersagt er aber, wie in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG , der Frau für eine bestimmte Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes die Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung, so ist er gehalten, die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden sozialrechtlichen Nachteile soweit wie möglich auszugleichen. Dazu gehört auch der sozialversicherungsrechtliche Schutz im Falle der Arbeitslosigkeit. Die vom Beschäftigungsverbot betroffene Mutter wird gehindert, durch Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihres versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses eine Anwartschaft in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung gemäß § 123 SGB III aufzubauen oder den Aufbau einer Anwartschaft fortzusetzen. Diese Konsequenz aus den mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten darf der Frau nicht zum Nachteil gegenüber anderen Arbeitnehmern gereichen, die nicht von solchen Verboten betroffen sind. Insoweit ist die grundsätzlich bestehende Freiheit des Gesetzgebers, zu entscheiden, wie er die ihm durch Art. 6 Abs. 4 GG auferlegte Förderung von Müttern ausgestaltet, auf Grund seines eigenen gesetzgeberischen Handelns, durch Beschäftigungsverbote der werdenden Mutter und dem Kind Schutz zu bieten, determiniert und eingeschränkt. Der mit den Beschäftigungsverboten angestrebte Schutz bleibt, gemessen an Art. 6 Abs. 4 GG , unvollständig, wenn er nicht von Maßnahmen begleitet wird, die die sich daraus ergebende Benachteiligung der Mutter, die während der Mutterschutzfrist an der Erfüllung der Anwartschaftszeit gehindert ist, soweit wie möglich ausgleichen (vgl. auch BVerfGE 60, 68 (77)). Es ist daher mit Art. 6 Abs. 4 GG , der eine Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips für den speziellen Bereich des Mutterschutzes darstellt (vgl. BVerfGE 32, 273 (279)), nicht zu vereinbaren, dass die Zeiten der Beschäftigungsverbote bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung während des hier maßgeblichen Zeitraums zwischen 1998 und 2002 - und damit abweichend von dem vorher und nachher geltenden Recht (siehe oben unter A I 2 und 4) - nicht berücksichtigt wurden. Der Gesetzgeber erschwerte der Mutter im Falle der Arbeitslosigkeit den Zugang zum Arbeitslosengeld in einer Weise, die dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG nicht mehr entsprach. Darüber hinaus stand dies auch im Widerspruch zur sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von Personen, die wegen Krankheit ebenfalls unfreiwillig ihre Beschäftigung unterbrechen und Krankengeld erhalten; diese sind gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III versicherungspflichtig und können während des Leistungsbezugs eine Anwartschaft aufbauen oder deren Aufbau fortsetzen."
Aus diesem Beschluss wird erkennbar, dass das Bundesverfassungsgericht einen grundgesetzlichen Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 1 bzw. Abs. 4 GG im Sinne des Klageziels der Klägerin nur deswegen anerkennt, weil während der Zeiten des Mutterschutzes die Beschäftigung der Mutter untersagt wird und deswegen aufgrund einer gesetzlichen Regelung eine Lücke in der Rahmenfrist entstehen kann. Hiervon kann im Falle der Klägerin nicht die Rede sein. Außerdem hat die Klägerin sich auch nicht um Kleinkinder gekümmert, sondern um Kinder im schulpflichtigen Alter. Nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in den oben genannten Entscheidungen ist nicht anzunehmen, dass der grundgesetzliche Schutzauftrag für Familie und Kinder eine solch weit reichende Begünstigung verlangt.
Da der Senat nach den obigen Ausführungen nicht von der Verfassungswidrigkeit der zugrunde gelegten Vorschriften überzeugt ist, scheidet auch die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht aus.
Schließlich kann auch der von der Klägerin zitierte sozialrechtliche Herstellungsanspruch der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Denn wie das SG zutreffend ausführt, lässt sich hiermit die Verfügbarkeit der Klägerin für Zeiträume in der Vergangenheit nicht fingieren (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2006 - B 11a AL 15/05 R - mit weiteren Nachweisen; juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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