Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 4030/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1832/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. März 2006 wird zurückgewiesen. Die am 6. April 2006 erhobene Leistungsklage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Der am 1939 geborene Kläger ist Mieter einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit 45 qm Wohnfläche, die er bis Mitte November 2004 mit seiner damaligen Lebensgefährtin und einem gemeinsamen, am 2001 geborenen Kind bewohnte; seitdem lebt der Kläger allein in der Wohnung. Die monatlichen Gesamtmietkosten (einschließlich der Miete für einen KFZ-Stellplatz) belaufen sich auf 480,61 Euro.
Der Kläger bezog im Dezember 2004 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab Januar 2005 Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderungen nach den Bestimmungen des vierten Kapitels des SGB XII. Hierbei wurden die monatlichen angemessenen Nettomietkosten von der Beklagten mit 331,10 Euro angesetzt und zunächst übernommen. Im Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2005 wurde der Kläger - unter Zugrundelegung (noch) niedrigerer angemessener Unterkunftskosten nach dem SGB XII - darauf hingewiesen, dass die Kostenübernahme in der bisherigen Höhe (331,10 Euro) nur noch für sechs Monate erfolgen werde; anschließend würden nur noch die niedrigeren Nettomietkosten bezahlt. Dementsprechend wurden die Grundsicherungsleistungen des Klägers mit Bescheid der Beklagten vom 1. August 2005 für die Zeit von August bis November 2005 neu festgesetzt unter Einstellung einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von 278,20 Euro in die Bedarfsberechnung. Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und beanspruchte die Anerkennung der Kaltmiete in der seitherigen Höhe.
Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. November 2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 3. November 2005 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
Am 7. Dezember 2005 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. März 2006 hat das SG die Klage als unzulässig, weil verfristet, abgewiesen.
Gegen den ihm am 21. März 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6. April 2006 zur Niederschrift des SG Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und unter Hinweis daraus, dass seine Wohnung mittlerweile fristlos gekündigt worden sei, außerdem die Übernahme von Mietrückständen in Höhe von 964,50 Euro sowie der künftigen Miete durch die Beklagte verlangt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 1. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2005 zu verurteilen, im Rahmen der Grundsicherungsleistungen die Unterkunftskosten ab August 2005 weiterhin in Höhe von 331,10 Euro monatlich zu übernehmen.
Der Kläger beantragt außerdem,
die Beklagte zu verurteilen, Mietrückstände in Höhe von 964,50 Euro sowie die künftigen Mietkosten zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist aber unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Ausweislich der Behördenakte ist der angefochtene Widerspruchsbescheid dem Kläger am 3. November 2005 ordnungsgemäß durch Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Damit hätte die Klage gemäß § 87 Abs. 1 SGG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe, vorliegend also bis zum 5. Dezember 2005 (vgl. § 64 Abs. 1 und 3 SGG) erhoben werden müssen. Tatsächlich ging die - vom 2. Dezember 2005 datierte - Klageschrift aber erst am 7. Dezember 2005 beim SG ein.
Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere genügt der (Halb-) Satz am Ende der Klageschrift ("u. bin krank, kann nicht laufen bzw. gehen") nicht für die Glaubhaftmachung, dass der Kläger ohne sein Verschulden an der Wahrung der Klagefrist gehindert war (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die mit der Berufungseinlegung erhobene Leistungsklage ist unzulässig. Darin liegt eine Änderung gegenüber dem erstinstanzlichen Streitgegenstand - Weitergewährung der Unterkunftskosten ab August 2005 in bisheriger Höhe - und damit eine Klageänderung i.S.v. § 99 SGG. Eine Klageänderung in der Berufungsinstanz ist zwar grundsätzlich wie in der ersten Instanz möglich (§ 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 99 SGG; vgl. BSGE 8, 113, 114 f.). Allerdings setzt eine zulässige Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG deren Sachdienlichkeit oder die Einwilligung der übrigen Beteiligten voraus. An Beidem fehlt es ersichtlich für das Leistungsbegehren des Klägers. Auf die Unzulässigkeit der Klageänderung wurde der Kläger bereits im Schreiben des (damaligen) Berichterstatters vom 18. April 2006 hingewiesen, ohne dass er hierauf reagiert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Der am 1939 geborene Kläger ist Mieter einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit 45 qm Wohnfläche, die er bis Mitte November 2004 mit seiner damaligen Lebensgefährtin und einem gemeinsamen, am 2001 geborenen Kind bewohnte; seitdem lebt der Kläger allein in der Wohnung. Die monatlichen Gesamtmietkosten (einschließlich der Miete für einen KFZ-Stellplatz) belaufen sich auf 480,61 Euro.
Der Kläger bezog im Dezember 2004 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und ab Januar 2005 Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderungen nach den Bestimmungen des vierten Kapitels des SGB XII. Hierbei wurden die monatlichen angemessenen Nettomietkosten von der Beklagten mit 331,10 Euro angesetzt und zunächst übernommen. Im Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2005 wurde der Kläger - unter Zugrundelegung (noch) niedrigerer angemessener Unterkunftskosten nach dem SGB XII - darauf hingewiesen, dass die Kostenübernahme in der bisherigen Höhe (331,10 Euro) nur noch für sechs Monate erfolgen werde; anschließend würden nur noch die niedrigeren Nettomietkosten bezahlt. Dementsprechend wurden die Grundsicherungsleistungen des Klägers mit Bescheid der Beklagten vom 1. August 2005 für die Zeit von August bis November 2005 neu festgesetzt unter Einstellung einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von 278,20 Euro in die Bedarfsberechnung. Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und beanspruchte die Anerkennung der Kaltmiete in der seitherigen Höhe.
Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. November 2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 3. November 2005 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
Am 7. Dezember 2005 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. März 2006 hat das SG die Klage als unzulässig, weil verfristet, abgewiesen.
Gegen den ihm am 21. März 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6. April 2006 zur Niederschrift des SG Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und unter Hinweis daraus, dass seine Wohnung mittlerweile fristlos gekündigt worden sei, außerdem die Übernahme von Mietrückständen in Höhe von 964,50 Euro sowie der künftigen Miete durch die Beklagte verlangt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 1. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2005 zu verurteilen, im Rahmen der Grundsicherungsleistungen die Unterkunftskosten ab August 2005 weiterhin in Höhe von 331,10 Euro monatlich zu übernehmen.
Der Kläger beantragt außerdem,
die Beklagte zu verurteilen, Mietrückstände in Höhe von 964,50 Euro sowie die künftigen Mietkosten zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist aber unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Ausweislich der Behördenakte ist der angefochtene Widerspruchsbescheid dem Kläger am 3. November 2005 ordnungsgemäß durch Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Damit hätte die Klage gemäß § 87 Abs. 1 SGG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe, vorliegend also bis zum 5. Dezember 2005 (vgl. § 64 Abs. 1 und 3 SGG) erhoben werden müssen. Tatsächlich ging die - vom 2. Dezember 2005 datierte - Klageschrift aber erst am 7. Dezember 2005 beim SG ein.
Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere genügt der (Halb-) Satz am Ende der Klageschrift ("u. bin krank, kann nicht laufen bzw. gehen") nicht für die Glaubhaftmachung, dass der Kläger ohne sein Verschulden an der Wahrung der Klagefrist gehindert war (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die mit der Berufungseinlegung erhobene Leistungsklage ist unzulässig. Darin liegt eine Änderung gegenüber dem erstinstanzlichen Streitgegenstand - Weitergewährung der Unterkunftskosten ab August 2005 in bisheriger Höhe - und damit eine Klageänderung i.S.v. § 99 SGG. Eine Klageänderung in der Berufungsinstanz ist zwar grundsätzlich wie in der ersten Instanz möglich (§ 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 99 SGG; vgl. BSGE 8, 113, 114 f.). Allerdings setzt eine zulässige Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG deren Sachdienlichkeit oder die Einwilligung der übrigen Beteiligten voraus. An Beidem fehlt es ersichtlich für das Leistungsbegehren des Klägers. Auf die Unzulässigkeit der Klageänderung wurde der Kläger bereits im Schreiben des (damaligen) Berichterstatters vom 18. April 2006 hingewiesen, ohne dass er hierauf reagiert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved