L 2 U 4060/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 2159/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 4060/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 6. August 1999 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente auf Grund des von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses vom 7. September 1971 streitig.

Der am 1950 geborene Kläger absolvierte von August 1968 bis April 1972 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser bei der W. R. Maschinen- und Apparatebau KG in Sch ...

Mit Schreiben vom 31. Juli 1995, das am 3. August 1995 bei der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft einging, die es zuständigkeitshalber an die Beklagte abgab, teilte der Kläger mit, dass er am 7. September 1971 versehentlich aus einer Milchtüte, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wurde und in die eine größere Menge weiß aussehender Bohremulsion gelangt war, getrunken habe, was zu einer sofortigen Notfallbehandlung im Krankenhaus Sch. geführt habe. Seither bestünden bei ihm Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, die im Februar 1982 eine Magenresektion erforderlich gemacht hätte. Zur Bestätigung seiner Angaben legte er u. a. eine Zeugenaussage des ehemaligen Lehrmeisters Sche. und den Bericht des Krankenhauses Sch. (KH) vom 15. September 1971 vor; aus letzterem ergibt sich, dass der Kläger bei Aufnahme über Bauchschmerzen klagte und im Verlauf des vom 7. bis 11. September 1971 dauernden stationären Aufenthalts bei Schonkost objektives und subjektives Wohlbefinden zeigte. Blutbild, Leber- und Nierenwerte waren bis auf veränderte Transaminasen unauffällig, die abschließende Kontrolle zeigte jedoch auch insoweit normale Befunde (SGOT 6,0; SGPT 11,0 mU). Abschließend empfahl das KH wegen der Gefahr von Spätschäden eine nochmalige Kontrolle in ca. sechs Wochen (Bl. 6/7 Verwaltungsakte (VA)).

Da die ursprüngliche Unfallakte wegen Ablaufs der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht vernichtet worden war, leitete die Beklagte neue Ermittlungen ein. Die R. KG übersandte die dort noch vorhandenen Unterlagen, insbesondere die Unfallanzeige vom 10. September 1971 (Bl. 20 VA). Die AOK L. übermittelte das Vorerkrankungsverzeichnis für den Zeitraum von 1969 bis 1980, das Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen ulcus duodeni vom 30. August bis 20. Oktober 1974 und 1. bis 12. Juni 1976, wegen Gastroenteritis vom 22. bis 23. März 1978 und akuter Gastroenteritis vom 2. bis 13. Juli 1980 ausweist, die Technikerkrankenkasse Freiburg (TK) das Erkrankungsverzeichnis ab Juli 1982 mit weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Magenperforation und Zustand nach Magen-Operation (Billroth I) 1983 und Gastroenteritis im Januar/Februar 1993 (Bl. 72 VA). Der Kläger gab weitere ärztliche Unterlagen (Bl. 30-41, 92/93, 101 VA) sowie Auflistungen über Krankheiten (Bl. 88/89 VA) und von ihm 1995/1996 konsultierten Ärzten (Bl. 90 VA) zu den Akten. Die Beklagte zog Unterlagen von Prof. Dr. R. (Bl. 58-62 VA) sowie der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses L. (KKH; Bl. 64-71 VA) bei, erhob den Bericht von Dr. W. vom 15. März 1996 und veranlasste eine Begutachtung des Klägers bei Prof. Dres. St. und N:, Institut für Arbeits- und Sozialmedizinische Allergiediagnostik Münster. In ihrem Gutachten vom 24. Juni 1996 gingen die Sachverständigen - auf Grund vom Kläger vorgelegter Unterlagen (Bl. 169-185) - in zwei Punkten von einem neuen Sachverhalt aus, zum Einen war die Zusammensetzung des als Bohröl bezeichneten Kühlschmierstoffs "Aral Emusol-B 20.10" bekannt und zum Anderen war dieser Stoff nicht in die Milch des Klägers geschüttet worden, sondern seine Milchtüte war von zwei Mit-Lehrlingen durch eine mit verdünntem Bohrwasser (10 Teile Wasser, 1 Teil Bohröl) ausgetauscht worden. Die dortige körperliche Untersuchung des Klägers hatte keinen wesentlichen pathologischen Befund gezeigt. Deswegen kamen die Sachverständigen zu der Beurteilung, dass kein bleibender körperlicher Schaden durch die damalige Vergiftung verursacht worden sei; die in dem Konzentrat enthaltenen gesundheitsschädlichen Komponenten hätten wahrscheinlich zu einer vorübergehenden Störung des Leberstoffwechsels geführt, doch sei diese bereits bei der Entlassung des Klägers aus dem KH nicht mehr nachzuweisen gewesen. Das Unfallereignis sei vom Kläger jedoch als lebensbedrohlich erlebt worden und in zeitlichem Zusammenhang hiermit habe sich höchstwahrscheinlich das Magen-Darm-Leiden und hiermit wiederum eine psychische Störung basierend auf einer Fehlverarbeitung der Eindrücke am Unfalltage entwickelt. Deshalb betrachteten die Sachverständigen als Folge des Unfalls die bestehende psychische Störung (im Sinne einer posttraumatischen Fehlsteuerung mit hypochondrieartiger Fixierung auf die eigenen Krankheiten) sowie auch deren somatische Auswirkungen (Magenleiden, Störungen der Darmfunktion und Cephalgien). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzten sie - "allerdings nicht als Dauerzustand" - mit 50 vom Hundert (vH) ein. Diesem Gutachten folgte die Beklagte nicht und holte ein psychiatrisches Gutachten bei Prof. Dr. F., Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., ein. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 10. Juni 1997 zu der Beurteilung, beim Kläger könne auf Grund der eigenen Untersuchung, bei der sich unauffällige allgemein-körperliche, neurologische und psychische Untersuchungsbefunde ergeben hätten, keine psychische Erkrankung festgestellt werden. Eine posttraumatische Stressreaktion (PTB) liege - entgegen Prof. Dr. N: - nicht vor; diese werde definitionsgemäß nur durch schwere Katastrophenerlebnisse ausgelöst. Die angegebenen Beschwerden mit Magensymptomatik, Cephalgien sowie Augen- und Wirbelsäulenbeschwerden bestünden unabhängig (Blatt 234 VA) von dem Unfallereignis. Mit Bescheid vom 18. November 1997 (Bl. 262 VA) lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls vom 7. September 1971 mit der Begründung ab, bleibende körperliche Schäden seien durch den Arbeitsunfall nicht verursacht und auf psychiatrischem Fachgebiet kein pathologischer Befund, insbesondere keine PTB, festgestellt worden. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Internisten und Lungenfacharztes Dr. T. (Bl. 279 VA) mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 1998 zurück (Bl. 294 VA).

Deswegen hat der Kläger am 23. Juli 1998 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und u. a. vorgetragen, die Besonderheit seines Falles liege darin, dass er damals ca. 200 ml KSS oral aufgenommen habe, weswegen zu prüfen sei, ob durch oral zugeführte KSS entzündliche und nicht mehr behebbare Vorgänge ausgelöst werden könnten, die zu einem "dauerentzündlichen Geschehen" führten. Das SG hat Ärztin für Psychiatrie Dr. Bi., Allgemeinärztin Dr. P. und Internist Dr. W. als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dr. Bi. (Aussage vom 2. November 1998, Blatt 28 SG-Akte) hat mitgeteilt, dass sie den Kläger nach kurzer Behandlung von Ende April bis Mitte Juni 1997 wegen einer ausgeprägten Konversionsneurose zur Psychotherapie an Dipl.-Psych. G. delegiert habe. Dr. P. (Aussage vom 17. Dezember 1998, Bl. 40 ff SG-Akte) hat die Behandlung seit Mai 1998 beschrieben und den Entlassungsbericht des Krankenhauses H., B., über den stationären Aufenthalt vom 18. August bis 4. September 1998 vorgelegt. Dr. W. (Aussage vom 5. Januar 1999, Bl. 45 SG-Akte) hat über die Behandlungen ab Oktober 1983 berichtet. In der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 1999 hat der Kläger eine Bescheinigung des Dipl.-Psych. G. vorgelegt, in der dieser - in Übereinstimmung mit Prof. Dr. N: - das Vorliegen einer PTB attestiert hat. Daraufhin hat das SG ein psychiatrisches Gutachten bei PD Dr. E., Oberarzt der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik F., eingeholt. Auf Grund Untersuchung am 25. Juni 1999 hat der Sachverständige beim Kläger eine rezidivierende depressive Störung bei derzeit mittelschwerer depressiver Episode diagnostiziert. Einen ursächlichen Zusammenhang dieser Störung mit dem Unfallereignis von 1971 hat er ebenso verneint wie das Vorliegen einer PTB. Mit Urteil vom 6. August 1999 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten der Prof. Dres. St. und N: und Dr. E. abgewiesen. Die für den Kläger bestimmte Ausfertigung des Urteils ist am 30. August 1999 als Übergabe-Einschreiben zur Post aufgegeben worden. Der Kläger hat am 28. September 1999 Berufung eingelegt und insgesamt an seinem Begehren festgehalten. Nachdem er im weiteren Verfahrensverlauf seine Erkrankungen nicht mehr nur auf den Arbeitsunfall vom 7. September 1971, sondern auch auf den Umgang mit Gefahrstoffen während seiner Tätigkeit bei der R. KG zurückgeführt hatte, hat die Beklagte ein BK-Feststellungsverfahren eingeleitet, weswegen der Senat mit Beschluss vom 3. Mai 2000 mit Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des anhängigen Verfahrens L 2 U 3921/99 angeordnet hat (Bl. 105 SG-Akte). Der Kläger hat den Rechtsstreit mit Schreiben an das SG vom 23. September 2003 wieder angerufen und das an ihn gerichtete Schreiben des Prof. Dr. N: vom 26. Juli 2003 vorgelegt; der Senat hat den Rechtsstreit unter dem Az L 2 U 4060/03 fortgeführt. In der Nichtöffentlichen Sitzung vom 21. Dezember 2005 hat der Kläger einen Antrag an die AOK L. auf Gewährung bzw. Weitergewährung von Psychotherapie von April und August 1970 vorgelegt und dazu ausgeführt, die ca. zweijährige Behandlung sei wegen Depressionen erfolgt; der Arbeitsunfall sei am Ende der Behandlung erfolgt, er habe ihn als sehr schlimm, sogar als lebensbedrohlich empfunden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Feiburg vom 6. August 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung seiner Erkrankungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 7. September 1971 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zum weiteren Vorbringen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, auf die beigezogene Akte des Parallelverfahrens L 2 U 4059/03 sowie auf die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die statthafte (§ 143, § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sowie frist- und formgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente, weil die von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht auf den angeschuldigten Arbeitsunfall vom 7. September 1971 zurückzuführen sind.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 18. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 1998, mit dem die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt hat.

Auf den zutreffend im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) i.V.m. der Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) geltend gemachten Anspruch sind, da sich der angeschuldigte Unfall 1971 und damit weit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 ereignet hat und auch Leistungen vor diesem Zeitpunkt festzustellen sind, gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII noch die Vorschriften der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden.

Nach der Vorschrift des § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der ihr folgenden Bestimmungen Leistungen, insbesondere bei Vorliegen einer MdE um wenigstens ein Fünftel (20 vH) Verletztenrente in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist eine Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (vgl. jetzt ausdrücklich § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Erkrankung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 S. 81 f.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91).

Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass der Kläger am 7. September 1971 einen Arbeitsunfall (von außen auf den Körper einwirkendes schädigendes Ereignis, versicherte Tätigkeit, innerer Zusammenhang) erlitten hat; dies hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 18. November 1997 festgestellt. Nachgewiesen sind auf Grund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen auch die vom Kläger geltend gemachte Magen-Darm-Erkrankung, seine Cephalgien sowie seine psychischen Störungen/Beschwerden.

Der geltend gemachte Anspruch scheitert jedoch daran, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen Erkrankungen und dem angeschuldigten Unfall nicht wahrscheinlich zu machen ist. Der Senat stützt seine Entscheidung auf die Gutachten von Prof. Dres. St./N: vom 24. Oktober 1996 - soweit es die toxikologische Beurteilung der somatischen Beschwerden betrifft - , PD Dr. E. vom 30. Juni 1999 sowie die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. T. vom 7. April 1998. Nach dem erstgenannten Gutachten steht für den Senat fest, dass - wie die Sachverständigen ausgeführt haben - durch die damalige orale Aufnahme des KSS-Gemischs keine bleibende organische Schädigung beim Kläger verursacht worden ist. Diese Beurteilung überzeugt den Senat insbesondere unter Berücksichtigung der vom Kläger aufgenommenen Menge und des dokumentierten Krankheitsverlaufs. In der Anamnese des Berichtes des Krankenhauses Sch. vom 15. September 1971 ist vermerkt, der Kläger habe "einen Schluck Bohröl (Wasser und Mineralöl) getrunken"; ebenso heißt es in der Unfallanzeige vom 10. September 1971 "Zur 9.00 Uhr Vesperpause wurde die Milchtüte [des Klägers] durch eine mit verdünntem Bohrwasser (10 Teile Wasser, ein Teil Bohröl) gefüllte Milchtüte ausgetauscht. Da Bohrwasser ein milchähnliches Aussehen hat, wurde der Tausch [vom Kläger] erst bemerkt, nach dem er einen Schluck Bohrwasser zu sich genommen hatte." Dagegen hat der Kläger später angegeben, "getrunken ca. 100-250 ml" (vgl. "Liste aller Krankheiten Stand 5. August 1996", Bl. 178 VA, wobei er damals davon ausging, diese Menge sei mit ca. ½ l Trinkmilch vermischt worden. Vor dem SG (Schriftsatz vom 5. August 1998, Bl. 12 SG-Akte) hat er vorgetragen, die aufgenommene Menge sei etwa 200 ml gewesen, "der Geschmack war leicht nach Fisch, aber grundsätzlich ähnlich wie Dickmilch, sonst hätte ich es früher bemerkt". In Würdigung dieser unterschiedlichen Angaben misst der Senat den zeitnah dokumentierten einen höheren Beweiswert zu als den 1996 und 1998 gemachten. Es ist nicht plausibel, dass der Kläger 200 ml einer Flüssigkeit getrunken hat, die dem Geschmack frischer Milch nicht entsprach; sehr viel plausibler ist, dass er wegen des anderen Geschmacks den Tausch - wie in der Unfallanzeige beschrieben - nach dem ersten Schluck bemerkt hat, so auch die Aussage des auf Grund der Strafanzeige wegen Mordverdachts als Beschuldigter vernommenen S. (vgl. Parallelverfahren, L 2 U 4059/03, "sofort bemerkt"). Hinzu kommt, dass die getrunkene Flüssigkeit nicht das KSS-Konzentrat (Aral Emulsol-B 20.10), sondern eine im Verhältnis 10 Teile Wasser zu 1 Teil Konzentrat verdünnte Mischung war. Bei Betrachtung des Krankheitsverlaufs ergibt sich aus dem Bericht des KH Schopfheim, dass die Blut-, Leber- und Nierenwerte des Klägers bis auf veränderte Transaminasen keinen auffälligen pathologischen Befund gezeigt haben und letztere sich bei der abschließenden Kontrolluntersuchung am 11. September 1971 (wieder) normalisiert hatten. Im Verlauf dieser stationären Behandlung bzw. Beobachtung hat der Kläger "objektives und subjektives Wohlbefinden" gezeigt. Die vom Kläger auf den Arbeitsunfall zurückgeführten Magenschmerzen sind erstmals während seiner Bundeswehrzeit im Januar 1973 - und somit gut 1 ¼ Jahr nach dem Arbeitsunfall - durch Dr. C. dokumentiert worden, der eine deutliche Irritation der Schleimhaut im Fornixbereich befundet und eine Gastritis diagnostiziert hat (Bl. 172 VA). Angesichts dieser Fakten überzeugt den Senat die Beurteilung der Prof. Dres. St./N:, nach der die in der aufgenommenen Menge enthaltenen gesundheitsschädlichen Komponenten wahrscheinlich zu einer vorübergehenden Störung des Leberstoffwechsels geführt haben, die bei Entlassung aus der stationären Behandlung jedoch bereits nicht mehr nachzuweisen war. Selbst eine lokale Schädigung der Schleimhäute des Intestinaltraktes unterstellt (objektive Hinweise hierauf gibt es in den Akten nicht), wäre nach den Ausführungen dieser Gutachter infolge der guten Regenerationsfähigkeit dieser Schleimhäute "alsbald" zur Abheilung gekommen. Diese Beurteilung wird im Übrigen bestätigt von Dr. T., der zusätzlich darauf hingewiesen hat, dass mangels Brückensymptomen auch zwischen der im Januar 1973 diagnostizierten Gastritis und dem Arbeitsunfall von September 1971 kein ursächlicher Zusammenhang herzustellen ist; schließlich haben auch die Ärzte des Gemeinschaftskrankenhauses H ...eine toxische Verursachung der Beschwerden des Klägers abgelehnt (vgl. 40 ff SG-Akte), ebenso wie Prof. Dr. Dr. B. in seinen gutachtlichen Stellungnahmen vom 22. August und 2. November 2001. Damit sprechen objektiv keine konkreten Gesichtspunkte dafür, dass die Magen-Darm-Erkrankung des Klägers auf den angeschuldigten Arbeitsunfall zurückzuführen ist. Dasselbe gilt für die geltend gemachten Cephalgien - dokumentiert von Dr. H. etwa ab 1976 (Bl. 201 VA) und Dr. W. ab März 1986 (Bl. 45 SG-Akte) - und Augenbeschwerden - dokumentiert von Dr. H. ab 1974 (Bl. 201 VA) -; insoweit fehlt schon objektiv jeglicher Hinweis auf eine toxische Verursachung. Auch soweit Dr. H. mit Blick auf die von ihr 1996 festgestellte reduzierte Akkommodationsbreite ausgeführt hat, eine solche könne nach einer Lebensmittelvergiftung auftreten, hat sie hiermit keinen ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom September 1971 hergestellt. Schließlich lassen sich auch die beim Kläger vorliegenden psychischen Störungen nicht auf den angeschuldigten Arbeitsunfall zurückführen. Hier stützt sich der Senat auf das Gutachten von PD Dr. E. vom 30. Juni 1999, der für den Senat zunächst nachvollziehbar dargelegt hat, dass eine PTB beim Kläger nicht vorliegt, weil psychische Symptome im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall (Gefühl des Betäubtseins, des Unwirklichseins, der panischen Angst oder Todesangst, des Verblassens von Sinneseindrücken) und auch die anderen charakteristischen Symptome einer PTB nach dem Unfall (wie Wiedererleben des Ereignisses in Alpträumen oder durch Schlüsselreize, das Sich-Aufdrängen des Ereignisses im Sinne von "Flashbacks" oder Vermeidungsverhalten) als damals vorliegend nicht erfragt werden konnten; soweit der Kläger - in Kenntnis des Gutachtens von PD Dr. E. - im Termin vom 21. Dezember 2005 vorgetragen hat, er habe den Unfall als sehr schlimm, sogar lebensbedrohlich empfunden, überzeugt dies den Senat nicht, weil er derartige Symptome bei der Begutachtung nicht geschildert hat und auch alle vorliegenden früheren ärztlichen Unterlagen hierauf keine Hinweise enthalten. Ebenso stützt die vom Kläger in diesem Termin vorgelegte Bescheinigung über eine Psychotherapie im Jahre 1970 seinen Vortrag nicht, sie belegt lediglich, dass sich der Kläger schon (mindestens) 1 ½ Jahre vor dem Arbeitsunfall psychisch in einem so labilen Zustand befunden hat, dass er nach ärztlicher Beurteilung einer Psychotherapie bedurfte. PD Dr. E. hat ferner überzeugend dargelegt (S. 23/24 des Gutachtens, Bl. 88/89 SG-Akte), dass sich bezüglich der Entstehung der depressiven Symptomatik keine direkten Zusammenhänge mit dem Unfallereignis 1971 herstellen lassen. Es mangelt einerseits an einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang - es fehlen die Depressionssymptome, die jetzt vorliegen, im Anschluss an das Unfallereignis - und andererseits - so der Sachverständige - ist höchst unwahrscheinlich, dass ein einzelnes Ereignis Ursache eines jahrelangen Verlaufs ist. Dass PD Dr. E. auf Grund der unvollständigen Angaben des Klägers über die vor dem Unfall 1971 durchgeführte Psychotherapie diese bei der Beurteilung nicht berücksichtigen konnte, ändert an der Richtigkeit seiner Wertung nichts; vielmehr spricht dieser Umstand unter dem Gesichtspunkt der konkurrierenden Kausalität eher gegen als für einen wahrscheinlichen rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen der festgestellten psychischen Störung des Klägers und dem Arbeitsunfall vom September 1971. Ebenso hat PD Dr. E. im Ergebnis den Gutachter Prof. Dr. F. bestätigt, der in seinem Gutachten vom 30.04.1997 die Voraussetzungen einer PTB ebenfalls verneint hatte; ebenso eine psychische Erkrankung - insoweit folgt der Senat der Beurteilung von Prof. Dr. F. nicht, sondern schließt sich, wie oben ausgeführt, der Beurteilung von PD Dr. E. an. Die dem entgegenstehenden Beurteilungen von Prof. Dres. St./N: und Dipl.-Psych. G. überzeugen in keiner Weise. Prof. Dres. St./N: haben keinen psychischen Befund erhoben, an Hand dessen der Senat die Diagnose einer PTB nachvollziehen könnte und darüber hinaus fehlt den Sachverständigen die entsprechende Fachkompetenz zur Stellung dieser Diagnose; insoweit kann dieses Gutachten nicht als Entscheidungsgrundlage des Senats dienen. Mit Ausnahme der fehlenden Fachkompetenz gilt das selbe auch für die Stellungnahme des Dipl.-Psych. G ... Die Auflistung der Diagnosekriterien der PTB ersetzt nicht die sorgfältige Erhebung eines psychischen Befundes. Darüber hinaus lässt die Stellungnahme erkennen, dass der Therapeut - jedenfalls zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Stellungnahme - keine Kenntnis von der schon im Jahr 1970 durchgeführten Psychotherapie gehabt hat, denn andernfalls hätte er kaum von einer bis zum Arbeitsunfall "weitgehend unauffälligen lebensgeschichtlichen Entwicklung" berichten können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor ( § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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