Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 780/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4027/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein vom Kläger geltend gemachtes Ereignis am 06.08.2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und ihm hieraus Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.
Der bei der Firma S. L. D. GmbH als Service-Techniker beschäftigte Kläger holte am 06.08.2003 bei einem Kunden eine 95 Kilogramm schwere Kaffeemaschine ab, um sie in seiner Dienststelle zu reparieren. Zusammen mit einem Mitarbeiter des Kunden hob er die Kaffeemaschine von der Theke. Beim Absetzen der Kaffeemaschine kurz über dem Boden rutschte die Maschine etwas ab und der Kläger musste nachfassen. Hierbei hörte er nach eigenen Angaben einen Knall im rechten Arm und verspürte Schmerzen sowie eine auftretende Kraftlosigkeit des rechten Arms. Er brachte mit Unterstützung von Helfern die Kaffeemaschine in das Transportfahrzeug und fuhr anschließend zur Dienststelle. Am Folgetag brachte er die reparierte Maschine zum Kunden zurück.
Am Nachmittag des 07.08. 2003 suchte der Kläger Dr. E. auf, der eine Ruptur der langen Bizepssehne rechts diagnostizierte (H-Arztbericht vom 07.08.2003). Die von Dr. E. veranlasste Magnetresonanztomographie ergab einen kompletten Riss der langen Bizepssehne mit deutlichem Erguss sowie degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette und eine erhebliche AC-Arthrose (Acromiongelenk = Schultergelenk) mit Einengung des subacromialen Raumes und Begleitbursitis (Arztbrief der Gemeinschaftspraxis Dr. B. und Kollegen vom 08.08.2003). Bei der Arthroskopie am 13.08.2003 wurde außerdem eine partielle Ruptur der Subscapularissehne, eine Hill-Sachs-Impression Grad 2-3 dorsal nach Luxation, eine unfallunabhängige, alte zentrale Bankardt-Läsion und eine AC-Sprengung mit Ruptur des diskus artikularis (in die Gelenkhöhle hineinragende Faserknorpelscheibe) diagnostiziert. In offener Operation am 13.8.2003 wurde die Refixation der langen Bizepssehne vorgenommen. Arbeitsfähigkeit trat zum 02.11.2003 ein (Arztbrief von Dr. E. vom 17.11.2003).
Nach Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 11.08.2003 veranlasste die Beklagte die Angaben des Klägers vom 25.08.2003. Im hierzu übersandten Vordruck wurden die Antwortvorgaben zur Frage des Hergangs des Unfalls durch "Anheben" oder durch "Auffangen" eines Gegenstandes vom Kläger durchgestrichen und stattdessen "Ablassen" der Kaffeemaschine hinzugefügt. Mit Bescheid vom 20.11.2003 lehnte die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 06.08.2003 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen ab. Der angeschuldigte Abstellvorgang sei nicht geeignet gewesen, einen Riss einer gesunden Bizepssehne zu verursachen. Der Bizepssehneriss rechts sei zwar bei Gelegenheit der versicherten Tätigkeit eingetreten, stünde mit ihr aber allenfalls in einem örtlichen und zeitlichen, nicht aber ursächlichem Zusammenhang. Ursächlich seien die konstitutionell bedingten bzw. degenerativen Veränderungen im rechten Schultergelenk gewesen.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, denn aufgrund seiner schweren Verletzungen könne er nach Aussage von Dr. E. den rechten Arm in Zukunft nur noch mit 10 Kilogramm maximal belasten. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.12.2003 verneinte Dr. K. eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit aufgrund des geltend gemachten Ereignisses. Die Angaben des Klägers belegten einen willentlich in Gang gesetzten, von keiner Fehlgängigkeit unterbrochenen Geschehensablauf, was prinzipiell nicht geeignet sei, körpereigenes Gewebe unter Stress zu setzen. Muskulatur- und Skelettsystem seien i. d. R. so aufeinander abgestimmt, dass ihr Zusammenwirken keines ihrer Teile beschädige. Eine überraschende Belastung von Sehne und Muskulatur durch eine plötzliche Spitzenbelastung habe nicht vorgelegen. Gegen den Unfallzusammenhang spreche auch die unfallunabhängige Hill-Sachs- und Bankardt-Läsionen, die auf eine vor dem Ereignis stattgefundene Schultergelenkverrenkung hindeuteten. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 09.02.2004 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das Gutachten vom 30.11.2004 eingeholt. Darin hat Dr. H. den Unfallzusammenhang der Ruptur der Bizepssehne rechts, die der Kläger sich zweifellos am 06.08.2003 zugezogen habe, verneint. Nach den Empfehlungen für die Zusammenhangsbegutachtung bei Schädigung der Rotatorenmanschette, die von der Kommission der deutschen Vereinigung der Schulter- und Ellenbogenchirurgie im Jahr 2000 veröffentlicht worden sind, seien "Pro-" und "Contra-Kriterien" abzuwägen. Bei den für einen Unfall sprechenden Kriterien erfülle der Kläger nur das Kriterium des geforderten Arztbesuchs innerhalb von 24 Stunden. Dagegen sei bei den Contra-Kriterien zu berücksichtigen, dass radiologische Belastungszeichen gegeben seien, kein geeigneter Unfallmechanismus vorliege und der geforderte klinische Primärbefund nicht zutreffe. Danach könne nicht davon ausgegangen werden, dass die lange Bizepssehne weitgehend intakt und belastbar bzw. zwar verschleißbedingt vorgeschädigt, aber immerhin noch so stabil gewesen sei, dass sie bei Alltagbelastungen nicht gerissen wäre. Vielmehr sei die lange Bizepssehne so massiv degeneriert gewesen, dass das Anheben der Kaffeemaschine der letzte Tropfen gewesen sei, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Es sei von einer Gelegenheitsursache auszugehen.
In dem auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten vom 22.01.2006 hat Dr. E. dagegen den unfallbedingten Zusammenhang der Bizepssehnenruptur bejaht. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hat er ab 02.11.2003 mit 20 vH eingeschätzt. Der Unfall sei eine richtungweisende Verschlimmerung eines vorbestehenden unfallunabhängigen Schadens. Unfallfolgen seien die partielle Ruptur der Subscapularissehne und die Ruptur der langen Bizepssehne sowie eine Hill-Sachs-Impressionsfraktur der rechten Schulter mit Humerushochstand mit axialer Instabilität der rechten Schulter. Auf den Körper des Klägers habe beim Transport der Kaffeemaschine mit einem Gewicht von über 90 Kilogramm eine plötzliche, nicht vorhersehbar Kraft eingewirkt, der der Kläger mit maximaler Kraftanstrengung entgegengewirkt habe. Hierdurch sei es zum Abriss der langen Bizepssehne gekommen. Die berufliche Belastungen durch regelmäßiges Heben und Tragen schwerer Gegenstände habe die vermehrte Degeneration des Sehnengewebes der Rotatorenmanschette begünstigt. Der Kläger sei im Zeitpunkt des Unfalls in diesem Zustand versichert gewesen. Die von Dr. H. herangezogenen Empfehlungen der Fachgesellschaft könne jedoch nicht kritiklos auf die Ruptur der Bizepssehne übertragen werden, da sich die Empfehlungen auf die Einschätzung bei Ruptur der Rotatorenmanschette beziehe.
Mit Urteil vom 26.07.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat sich das Sozialgericht auf das Gutachten von Dr. H. unter Hinweis auf die damit übereinstimmenden Ausführungen in der unfallmedizinischen Literatur gestützt. Dr. E. habe dagegen auf einen vom Klägers so nicht geschilderten Ereignisablauf abgestellt, denn nach den Angaben des Klägers habe er sich die Verletzung beim kontrollierten Hebe- und Absetzvorgang zugezogen. Eine plötzliche, nicht vorhersehbar Kraft habe auf den Arm des Klägers gerade nicht eingewirkt.
Der Kläger hat am 10.08.2006 gegen das Urteil Berufung eingelegt und führte zur Begründung aus, er habe erst nach dem Unfall Beschwerden gehabt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei er keinen Vorbelastungen ausgesetzt gewesen. Die gesundheitlichen Auswirkungen seien adäquat kausal durch den Arbeitsunfall verursacht worden. Dies ergebe sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. E ...
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.07.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.01.2004 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 06.08.2003 als Arbeitsunfall festzustellen und Verletztenrente, hilfsweise andere Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die vom Kläger geltend gemachte "leere" Vorgeschichte komme es nicht entscheidend an. Solange auch andere Ursachen in Betracht kämen und der Unfallzusammenhang lediglich eine von mehreren möglichen Ursachen darstelle, sei keine hinreichende Wahrscheinlichkeit gegeben. Entgegen seiner Auffassung habe auch eine vorbestehende Schadensanlage tatsächlich vorgelegen, denn die Magnetresonanztomographie habe eine deutliche Gelenkergussbildung im Schultergelenk sowie eine fortgeschrittene AC-Gelenksarthrose ergeben. Nach seiner Hergangschilderung im Schulterfragebogen wie auch bei der Untersuchung durch Dr. H. sei von einer physiologischen Belastung beim Transport der Kaffeemaschine auszugehen. Eine unphysiologische Belastung durch eine überfallartige Beanspruchung von muskulär gespannten Strukturen habe nicht vorgelegen. Das Überschreiten der physiologischen individuellen Leistungsgrenzen setze einen äußeren Zwang voraus, an dem es hier fehle.
Mit Verfügung vom 11.09.2006 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit Verfügung des Berichterstatters vom 11.09.2006 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls und auf Gewährung einer Verletztenrente bzw. sonstigen Entschädigungsleistungen.
Ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung liegt nicht vor. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Der Unfall - die Eigenschaft als Unfall einmal unterstellt -ist nicht infolge einer versicherten Verrichtung aufgetreten.
Nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Die für einen Arbeitsunfall erforderliche äußere Einwirkung auf den Körper kann aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch darin bestehen, dass durch betriebliche Einflüsse eine krankhafte Störung im Körperinneren bei einer gewillkürten betriebsüblichen Handlung hervorgerufen wird (SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Der Senat geht auf Grund der Angaben des Klägers in dem ihm übersandten Vordruck der Beklagten und bei der Untersuchung durch Dr. H. davon aus, dass es beim Herunterheben der Kaffeemaschine von der Theke des Kunden auf den Boden nicht zu einer dem Kläger aufgezwungenen, unerwarteten Krafteinwirkung auf das Schultergelenk kam. Nach seiner Schilderung musste die Maschine eingeklemmt zwischen den beiden Ellbogengelenke und den Unterarmen angehoben und herabgesetzt werden, weil wegen der Verletzungsgefahr für die Finger die Maschine nicht an der Unterseite angefasst werden konnte. Bei diesem Vorgang war die Maschine kurz über dem Boden etwas abgerutscht, wobei der Kläger willentlich und planvoll und nicht etwa reflexhaft nachgefasst hat und die Maschine langsam nur wenige Zentimeter zu Boden geglitten ist. Inwieweit nach diesen Voraussetzungen von einem einwirkenden äußeren Ereignis auszugehen ist, mag jedoch offen bleiben.
Nach § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung "infolge eines Versicherungsfalls" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
Zur Beurteilung dieses Zusammenhangs gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während für die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a.F.; BSGE 19, 52.; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - = ZfS 2005, 173-174 Kurzwiedergabe).
Für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs müssen somit die objektiven Umstände des Einzelfalls, soweit sie als Anknüpfungstatsachen für die Bewertung des unfallbedingten Zusammenhangs der Erkrankung mit Einwirkungen aus der versicherten Tätigkeit herangezogen werden, nachgewiesen sein.
Welcher Umstand entweder für den Eintritt eines Arbeitsunfalls oder - worauf es auch bei der Feststellung der so genannten haftungsausfüllenden Kausalität entscheidend ankommt - für den Eintritt des Gesundheitsschadens als wesentlich angesehen werden muss, ist durch eine wertende Betrachtung aller in Frage kommenden Umstände zu ermitteln. Die einzelnen Bedingungen müssen gegeneinander abgewogen werden; ob eine von ihnen wesentlich den Erfolg mitbewirkt hat, ist anhand ihrer Qualität zu entscheiden. Auf eine zeitliche Reihenfolge oder die Quantität kommt es nicht an. Zur Bewertung der Qualität einer bestimmten Bedingung hat die Rechtsprechung (vgl. BSGE 59, 193 , 195 = SozR 2200 § 548 Nr 77 m. w. N.) vielfach auf die Auffassung des "täglichen" oder "praktischen" Lebens abgestellt. Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11 , 19 ff m. w. N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156 , 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m. w. N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier des § 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 548 Nr. 96).
Nach diesen Grundsätzen war auch zur Überzeugung des Senats das Absetzen der Kaffeemaschine keine rechtlich wesentliche Bedingung für den eingetretenen Gesundheitsschaden, die Ruptur der Bizepssehne. Dies ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. H., der dargelegt hat, dass beim Kläger eine nicht unerhebliche Vorschädigung des rechten Schultergelenks nachgewiesen ist. Beide Sachverständigen beschreiben als unfallvorbestehend eine Bankardt-Läsion bzw. eine AC-Sprengung mit Ruptur des diskus artikularis sowie eine erhebliche Gelenksarthrose mit Verengung des subacromialen Raumes und Begleitbursitis. Soweit Dr. E. im Hinblick auf den arthroskopischen Befund die von Dr. H. genannten Belastungzeichen nicht als Arthrose des Schultergelenks bewertet, ergeben sich hieraus keine weiteren Folgerungen. Eine Arthrose ergibt sich aus der bereits am 08.08.2003 gefertigten Magnetresonanztomographie der Gemeinschaftspraxis von Dr. B. und Kollegen, die zudem nicht innerhalb 24 Stunden entstanden sein kann. Dahinstehen kann, ob sich die Hill-Sach-Impression erst in Folge der Bizepssehnenruptur, wie Dr. E. meint, entwickelt hat. Der Befund über die unstreitigen Vorschäden weist erhebliche degenerative Erscheinungen im betroffenen Schultergelenk auf.
Demgegenüber ist der bei der Untersuchung durch Dr. H. näher geschilderte Ablauf des geltend gemachten Ereignisses mit keiner relevanten Krafteinwirkung auf die Bizepssehne einhergegangen. Nach diesen Angaben führte der Kläger den Absenkevorgang kontrolliert zu Ende, als die Maschine wenige Zentimeter über dem Boden in dem mit den Unterarmen gebildeten Zangengriff verrutschte. Insgesamt beurteilt Dr. H. die ihm gegebene Schilderung als ein kontrolliertes Zupacken, wobei die Spannung von Muskel und Sehne schon einige Zeit bestanden hatte. Außerdem ist bei den angewinkelten Unterarmen davon auszugehen, dass die Bizepssehne nicht unter maximaler Spannung, wie es z. B. bei gestrecktem Arm der Fall ist, stand. Auch wenn die Empfehlungen der Fachgesellschaft zu Rupturen der Rotatorenmanschette nicht direkt anwendbar sind, ist die Bewertung von Dr. H., dass die deutliche Vorschädigung des rechten Schultergelenks die überragende Mitursache für die Ruptur der Bizepssehne ist, für den Senat daher überzeugend.
Das Gutachten von Dr. E. ist demgegenüber nicht überzeugend. Wie bereits das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, geht Dr. E. von einem nicht einschlägigen Unfallablauf aus. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne ist den Angaben Klägers nicht zu entnehmen. Auch Dr. E. gibt in seinem Gutachten eine solche Schilderung des Klägers nicht wider. Ebenso sind seine Ausführungen, dass von Dr. H. der klinischen Primärbefund unzureichend beschrieben worden sei, nicht weiterführend. Auch wenn bei einer Bizepssehnenruptur ein blutiger Erguss in den Gelenkraum nicht immer zu diagnostizieren ist, lag ein solcher Befund als "Pro-Kriterium" nicht vor. Weitere Schlussfolgerungen sind hieraus demzufolge nicht zu ziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein vom Kläger geltend gemachtes Ereignis am 06.08.2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und ihm hieraus Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.
Der bei der Firma S. L. D. GmbH als Service-Techniker beschäftigte Kläger holte am 06.08.2003 bei einem Kunden eine 95 Kilogramm schwere Kaffeemaschine ab, um sie in seiner Dienststelle zu reparieren. Zusammen mit einem Mitarbeiter des Kunden hob er die Kaffeemaschine von der Theke. Beim Absetzen der Kaffeemaschine kurz über dem Boden rutschte die Maschine etwas ab und der Kläger musste nachfassen. Hierbei hörte er nach eigenen Angaben einen Knall im rechten Arm und verspürte Schmerzen sowie eine auftretende Kraftlosigkeit des rechten Arms. Er brachte mit Unterstützung von Helfern die Kaffeemaschine in das Transportfahrzeug und fuhr anschließend zur Dienststelle. Am Folgetag brachte er die reparierte Maschine zum Kunden zurück.
Am Nachmittag des 07.08. 2003 suchte der Kläger Dr. E. auf, der eine Ruptur der langen Bizepssehne rechts diagnostizierte (H-Arztbericht vom 07.08.2003). Die von Dr. E. veranlasste Magnetresonanztomographie ergab einen kompletten Riss der langen Bizepssehne mit deutlichem Erguss sowie degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette und eine erhebliche AC-Arthrose (Acromiongelenk = Schultergelenk) mit Einengung des subacromialen Raumes und Begleitbursitis (Arztbrief der Gemeinschaftspraxis Dr. B. und Kollegen vom 08.08.2003). Bei der Arthroskopie am 13.08.2003 wurde außerdem eine partielle Ruptur der Subscapularissehne, eine Hill-Sachs-Impression Grad 2-3 dorsal nach Luxation, eine unfallunabhängige, alte zentrale Bankardt-Läsion und eine AC-Sprengung mit Ruptur des diskus artikularis (in die Gelenkhöhle hineinragende Faserknorpelscheibe) diagnostiziert. In offener Operation am 13.8.2003 wurde die Refixation der langen Bizepssehne vorgenommen. Arbeitsfähigkeit trat zum 02.11.2003 ein (Arztbrief von Dr. E. vom 17.11.2003).
Nach Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 11.08.2003 veranlasste die Beklagte die Angaben des Klägers vom 25.08.2003. Im hierzu übersandten Vordruck wurden die Antwortvorgaben zur Frage des Hergangs des Unfalls durch "Anheben" oder durch "Auffangen" eines Gegenstandes vom Kläger durchgestrichen und stattdessen "Ablassen" der Kaffeemaschine hinzugefügt. Mit Bescheid vom 20.11.2003 lehnte die Beklagte die Feststellung des Ereignisses vom 06.08.2003 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen ab. Der angeschuldigte Abstellvorgang sei nicht geeignet gewesen, einen Riss einer gesunden Bizepssehne zu verursachen. Der Bizepssehneriss rechts sei zwar bei Gelegenheit der versicherten Tätigkeit eingetreten, stünde mit ihr aber allenfalls in einem örtlichen und zeitlichen, nicht aber ursächlichem Zusammenhang. Ursächlich seien die konstitutionell bedingten bzw. degenerativen Veränderungen im rechten Schultergelenk gewesen.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, denn aufgrund seiner schweren Verletzungen könne er nach Aussage von Dr. E. den rechten Arm in Zukunft nur noch mit 10 Kilogramm maximal belasten. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.12.2003 verneinte Dr. K. eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit aufgrund des geltend gemachten Ereignisses. Die Angaben des Klägers belegten einen willentlich in Gang gesetzten, von keiner Fehlgängigkeit unterbrochenen Geschehensablauf, was prinzipiell nicht geeignet sei, körpereigenes Gewebe unter Stress zu setzen. Muskulatur- und Skelettsystem seien i. d. R. so aufeinander abgestimmt, dass ihr Zusammenwirken keines ihrer Teile beschädige. Eine überraschende Belastung von Sehne und Muskulatur durch eine plötzliche Spitzenbelastung habe nicht vorgelegen. Gegen den Unfallzusammenhang spreche auch die unfallunabhängige Hill-Sachs- und Bankardt-Läsionen, die auf eine vor dem Ereignis stattgefundene Schultergelenkverrenkung hindeuteten. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 09.02.2004 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das Gutachten vom 30.11.2004 eingeholt. Darin hat Dr. H. den Unfallzusammenhang der Ruptur der Bizepssehne rechts, die der Kläger sich zweifellos am 06.08.2003 zugezogen habe, verneint. Nach den Empfehlungen für die Zusammenhangsbegutachtung bei Schädigung der Rotatorenmanschette, die von der Kommission der deutschen Vereinigung der Schulter- und Ellenbogenchirurgie im Jahr 2000 veröffentlicht worden sind, seien "Pro-" und "Contra-Kriterien" abzuwägen. Bei den für einen Unfall sprechenden Kriterien erfülle der Kläger nur das Kriterium des geforderten Arztbesuchs innerhalb von 24 Stunden. Dagegen sei bei den Contra-Kriterien zu berücksichtigen, dass radiologische Belastungszeichen gegeben seien, kein geeigneter Unfallmechanismus vorliege und der geforderte klinische Primärbefund nicht zutreffe. Danach könne nicht davon ausgegangen werden, dass die lange Bizepssehne weitgehend intakt und belastbar bzw. zwar verschleißbedingt vorgeschädigt, aber immerhin noch so stabil gewesen sei, dass sie bei Alltagbelastungen nicht gerissen wäre. Vielmehr sei die lange Bizepssehne so massiv degeneriert gewesen, dass das Anheben der Kaffeemaschine der letzte Tropfen gewesen sei, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Es sei von einer Gelegenheitsursache auszugehen.
In dem auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten vom 22.01.2006 hat Dr. E. dagegen den unfallbedingten Zusammenhang der Bizepssehnenruptur bejaht. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hat er ab 02.11.2003 mit 20 vH eingeschätzt. Der Unfall sei eine richtungweisende Verschlimmerung eines vorbestehenden unfallunabhängigen Schadens. Unfallfolgen seien die partielle Ruptur der Subscapularissehne und die Ruptur der langen Bizepssehne sowie eine Hill-Sachs-Impressionsfraktur der rechten Schulter mit Humerushochstand mit axialer Instabilität der rechten Schulter. Auf den Körper des Klägers habe beim Transport der Kaffeemaschine mit einem Gewicht von über 90 Kilogramm eine plötzliche, nicht vorhersehbar Kraft eingewirkt, der der Kläger mit maximaler Kraftanstrengung entgegengewirkt habe. Hierdurch sei es zum Abriss der langen Bizepssehne gekommen. Die berufliche Belastungen durch regelmäßiges Heben und Tragen schwerer Gegenstände habe die vermehrte Degeneration des Sehnengewebes der Rotatorenmanschette begünstigt. Der Kläger sei im Zeitpunkt des Unfalls in diesem Zustand versichert gewesen. Die von Dr. H. herangezogenen Empfehlungen der Fachgesellschaft könne jedoch nicht kritiklos auf die Ruptur der Bizepssehne übertragen werden, da sich die Empfehlungen auf die Einschätzung bei Ruptur der Rotatorenmanschette beziehe.
Mit Urteil vom 26.07.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat sich das Sozialgericht auf das Gutachten von Dr. H. unter Hinweis auf die damit übereinstimmenden Ausführungen in der unfallmedizinischen Literatur gestützt. Dr. E. habe dagegen auf einen vom Klägers so nicht geschilderten Ereignisablauf abgestellt, denn nach den Angaben des Klägers habe er sich die Verletzung beim kontrollierten Hebe- und Absetzvorgang zugezogen. Eine plötzliche, nicht vorhersehbar Kraft habe auf den Arm des Klägers gerade nicht eingewirkt.
Der Kläger hat am 10.08.2006 gegen das Urteil Berufung eingelegt und führte zur Begründung aus, er habe erst nach dem Unfall Beschwerden gehabt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei er keinen Vorbelastungen ausgesetzt gewesen. Die gesundheitlichen Auswirkungen seien adäquat kausal durch den Arbeitsunfall verursacht worden. Dies ergebe sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. E ...
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.07.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.01.2004 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 06.08.2003 als Arbeitsunfall festzustellen und Verletztenrente, hilfsweise andere Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die vom Kläger geltend gemachte "leere" Vorgeschichte komme es nicht entscheidend an. Solange auch andere Ursachen in Betracht kämen und der Unfallzusammenhang lediglich eine von mehreren möglichen Ursachen darstelle, sei keine hinreichende Wahrscheinlichkeit gegeben. Entgegen seiner Auffassung habe auch eine vorbestehende Schadensanlage tatsächlich vorgelegen, denn die Magnetresonanztomographie habe eine deutliche Gelenkergussbildung im Schultergelenk sowie eine fortgeschrittene AC-Gelenksarthrose ergeben. Nach seiner Hergangschilderung im Schulterfragebogen wie auch bei der Untersuchung durch Dr. H. sei von einer physiologischen Belastung beim Transport der Kaffeemaschine auszugehen. Eine unphysiologische Belastung durch eine überfallartige Beanspruchung von muskulär gespannten Strukturen habe nicht vorgelegen. Das Überschreiten der physiologischen individuellen Leistungsgrenzen setze einen äußeren Zwang voraus, an dem es hier fehle.
Mit Verfügung vom 11.09.2006 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit Verfügung des Berichterstatters vom 11.09.2006 hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls und auf Gewährung einer Verletztenrente bzw. sonstigen Entschädigungsleistungen.
Ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung liegt nicht vor. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Der Unfall - die Eigenschaft als Unfall einmal unterstellt -ist nicht infolge einer versicherten Verrichtung aufgetreten.
Nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Die für einen Arbeitsunfall erforderliche äußere Einwirkung auf den Körper kann aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch darin bestehen, dass durch betriebliche Einflüsse eine krankhafte Störung im Körperinneren bei einer gewillkürten betriebsüblichen Handlung hervorgerufen wird (SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Der Senat geht auf Grund der Angaben des Klägers in dem ihm übersandten Vordruck der Beklagten und bei der Untersuchung durch Dr. H. davon aus, dass es beim Herunterheben der Kaffeemaschine von der Theke des Kunden auf den Boden nicht zu einer dem Kläger aufgezwungenen, unerwarteten Krafteinwirkung auf das Schultergelenk kam. Nach seiner Schilderung musste die Maschine eingeklemmt zwischen den beiden Ellbogengelenke und den Unterarmen angehoben und herabgesetzt werden, weil wegen der Verletzungsgefahr für die Finger die Maschine nicht an der Unterseite angefasst werden konnte. Bei diesem Vorgang war die Maschine kurz über dem Boden etwas abgerutscht, wobei der Kläger willentlich und planvoll und nicht etwa reflexhaft nachgefasst hat und die Maschine langsam nur wenige Zentimeter zu Boden geglitten ist. Inwieweit nach diesen Voraussetzungen von einem einwirkenden äußeren Ereignis auszugehen ist, mag jedoch offen bleiben.
Nach § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung "infolge eines Versicherungsfalls" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
Zur Beurteilung dieses Zusammenhangs gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während für die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a.F.; BSGE 19, 52.; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - = ZfS 2005, 173-174 Kurzwiedergabe).
Für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs müssen somit die objektiven Umstände des Einzelfalls, soweit sie als Anknüpfungstatsachen für die Bewertung des unfallbedingten Zusammenhangs der Erkrankung mit Einwirkungen aus der versicherten Tätigkeit herangezogen werden, nachgewiesen sein.
Welcher Umstand entweder für den Eintritt eines Arbeitsunfalls oder - worauf es auch bei der Feststellung der so genannten haftungsausfüllenden Kausalität entscheidend ankommt - für den Eintritt des Gesundheitsschadens als wesentlich angesehen werden muss, ist durch eine wertende Betrachtung aller in Frage kommenden Umstände zu ermitteln. Die einzelnen Bedingungen müssen gegeneinander abgewogen werden; ob eine von ihnen wesentlich den Erfolg mitbewirkt hat, ist anhand ihrer Qualität zu entscheiden. Auf eine zeitliche Reihenfolge oder die Quantität kommt es nicht an. Zur Bewertung der Qualität einer bestimmten Bedingung hat die Rechtsprechung (vgl. BSGE 59, 193 , 195 = SozR 2200 § 548 Nr 77 m. w. N.) vielfach auf die Auffassung des "täglichen" oder "praktischen" Lebens abgestellt. Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11 , 19 ff m. w. N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156 , 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m. w. N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier des § 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 548 Nr. 96).
Nach diesen Grundsätzen war auch zur Überzeugung des Senats das Absetzen der Kaffeemaschine keine rechtlich wesentliche Bedingung für den eingetretenen Gesundheitsschaden, die Ruptur der Bizepssehne. Dies ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten von Dr. H., der dargelegt hat, dass beim Kläger eine nicht unerhebliche Vorschädigung des rechten Schultergelenks nachgewiesen ist. Beide Sachverständigen beschreiben als unfallvorbestehend eine Bankardt-Läsion bzw. eine AC-Sprengung mit Ruptur des diskus artikularis sowie eine erhebliche Gelenksarthrose mit Verengung des subacromialen Raumes und Begleitbursitis. Soweit Dr. E. im Hinblick auf den arthroskopischen Befund die von Dr. H. genannten Belastungzeichen nicht als Arthrose des Schultergelenks bewertet, ergeben sich hieraus keine weiteren Folgerungen. Eine Arthrose ergibt sich aus der bereits am 08.08.2003 gefertigten Magnetresonanztomographie der Gemeinschaftspraxis von Dr. B. und Kollegen, die zudem nicht innerhalb 24 Stunden entstanden sein kann. Dahinstehen kann, ob sich die Hill-Sach-Impression erst in Folge der Bizepssehnenruptur, wie Dr. E. meint, entwickelt hat. Der Befund über die unstreitigen Vorschäden weist erhebliche degenerative Erscheinungen im betroffenen Schultergelenk auf.
Demgegenüber ist der bei der Untersuchung durch Dr. H. näher geschilderte Ablauf des geltend gemachten Ereignisses mit keiner relevanten Krafteinwirkung auf die Bizepssehne einhergegangen. Nach diesen Angaben führte der Kläger den Absenkevorgang kontrolliert zu Ende, als die Maschine wenige Zentimeter über dem Boden in dem mit den Unterarmen gebildeten Zangengriff verrutschte. Insgesamt beurteilt Dr. H. die ihm gegebene Schilderung als ein kontrolliertes Zupacken, wobei die Spannung von Muskel und Sehne schon einige Zeit bestanden hatte. Außerdem ist bei den angewinkelten Unterarmen davon auszugehen, dass die Bizepssehne nicht unter maximaler Spannung, wie es z. B. bei gestrecktem Arm der Fall ist, stand. Auch wenn die Empfehlungen der Fachgesellschaft zu Rupturen der Rotatorenmanschette nicht direkt anwendbar sind, ist die Bewertung von Dr. H., dass die deutliche Vorschädigung des rechten Schultergelenks die überragende Mitursache für die Ruptur der Bizepssehne ist, für den Senat daher überzeugend.
Das Gutachten von Dr. E. ist demgegenüber nicht überzeugend. Wie bereits das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, geht Dr. E. von einem nicht einschlägigen Unfallablauf aus. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne ist den Angaben Klägers nicht zu entnehmen. Auch Dr. E. gibt in seinem Gutachten eine solche Schilderung des Klägers nicht wider. Ebenso sind seine Ausführungen, dass von Dr. H. der klinischen Primärbefund unzureichend beschrieben worden sei, nicht weiterführend. Auch wenn bei einer Bizepssehnenruptur ein blutiger Erguss in den Gelenkraum nicht immer zu diagnostizieren ist, lag ein solcher Befund als "Pro-Kriterium" nicht vor. Weitere Schlussfolgerungen sind hieraus demzufolge nicht zu ziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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