L 7 SO 2998/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 4211/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2998/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eingliederungshilfe; Leistungsvereinbarung
Zu den inhaltlichen Anforderungen an eine Leistungsvereinbarung i.S.v. § 75 Abs. 3 SGB XII; Abgrenzung von Einzelvereinbarungen i.S.v. § 75 Abs. 4 SGB XII.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 2. Mai 2005 aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf der Grundlage der Leistungs- und Prüfungsangebote der Klägerin vom 15. November 2005 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 26.937,00 Euro festgesetzt

Gründe:

I.

Streitig unter den Beteiligten ist die Verpflichtung des Antragsgegners zum Abschluss von Leistungs- und Prüfvereinbarungen im Sinne des § 75 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf der Grundlage von entsprechenden, auf den 15. November 2005 datierenden Angeboten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Antragstellerin, eine vom Bistum Rottenburg-Stuttgart und vom Caritasverband der Diözese gegründete kirchliche Stiftung, betreibt in S. eine Einrichtung der Behindertenhilfe, in welcher rund 350 Menschen mit Behinderungen in stationären, teilstationären und ambulanten Betreuungsformen leben. Hierzu gehört auch die stationäre Betreuung von Menschen mit geistiger und/oder mehrfacher Behinderung, die zusätzlich schwerwiegende Verhaltensauffälligkeiten (z.B. im Sinne einer Auto- oder Fremdaggression) zeigen. Im Februar 2002 schloss die Klägerin für diesen, damals zwölf behinderte Menschen umfassenden Personenkreis mit dem damaligen Landeswohlfahrtsverband als überörtlichem Träger der Sozialhilfe auf der Grundlage eines am 15. Dezember 1998 u.a. mit dem Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart vereinbarten Rahmenvertrages nach § 93d Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) eine ab 1. Februar 2002 geltende "Vereinbarung über die auf drei Jahre befristete modellhafte Erprobung des möglichen Leistungstyps I.7 (analog § 93 Abs. 2 BSHG i.V.m. § 93a Abs. 1 BSHG)", die bis 31. Dezember 2004 befristet war und schließlich in Einzelfällen bis 30. Juni 2005 verlängert wurde. Mit diesem Modellversuch wurden so genannte therapeutische Wohngruppen gebildet, in denen ein neuer Leistungstyp erprobt werden sollte, der über den im Rahmenvertrag beschriebenen Leistungstyp I.2.1 hinaus ein spezielles Betreuungs- und Förderprogramm bei einem Personalschlüssel von 1:0.71 vorsah. Trotz wiederholter Verhandlungen auf Trägerebene über eine Anschlusslösung für den vom Modellversuch erfassten Personenkreis kam es auf der Ebene der zu einem Rahmenvertrag nach § 79 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gebildeten Vertragskommission bislang zu keiner Einigung.

Mit Schreiben vom 15. November 2005 forderte die Antragstellerin die jeweiligen Herkunftslandkreise als nach Auflösung der überörtlichen Träger der Sozialhilfe durch das Verwaltungsstruktur-Reformgesetz vom 1. Juli 2004 - VRG - (GBl. S. 469) zuständig gewordene örtliche Träger der Sozialhilfe, darunter auch den zudem für die Einrichtung der Behindertenhilfe örtlich zuständigen Antragsgegner, sowie außerdem den ebenfalls nach dem VRG gegründeten Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) zu Verhandlungen über Einzelleistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen für insgesamt zehn namentlich genannte, in ihrer Einrichtung betreute behinderte Menschen jeweils unter Beifügung eines Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsangebots für die betreffende Person auf. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 wies der KVJS namens der beteiligten örtlichen Träger der Sozialhilfe das Angebot auf Abschluss von Einzelvereinbarungen zurück.

Am 28. Dezember 2005 hat die Antragstellerin gegen den Antragsgegner beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben (S 7 SO 4212/05); sie hat geltend gemacht, dass ihr auf Grund der Rückstufung der zehn Dauerwohnplätze ein monatliches, anderweitig nicht ausgleichbares Defizit von 8.979,00 Euro entstehe. Auf den ebenfalls am 28. Dezember 2005 beim SG gestellten Antrag hat das SG den Antragsgegner mit Beschluss vom 2. Mai 2006 "verurteilt, die Leistungs- und Prüfungsangebote der Antragstellerin vom 15.11.2005 über die Erbringung von vollstationären Hilfen für Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung und zusätzlichen auf nicht absehbare Zeit bestehenden massiven Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen einer heilpädagogischen Dauerwohngruppe für insgesamt zehn Plätze bis zur Entscheidung in der Hauptsache anzunehmen".

Gegen diesen dem Antragsgegner am 11. Mai 2006 zugestellten Beschluss hat er am 6. Juni 2006 Beschwerde beim SG eingelegt; das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 9. Juni 2006).

Während des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22. Mai 2006 die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII angerufen. In der Sitzung der Schiedsstelle vom 3. Juli 2006 ist zunächst das Ruhen des Schiedsstellenverfahrens angeordnet worden, nachdem der Antragsgegner sich zu konkreten Verhandlungen mit der Antragstellerin über eine Leistungs-, Prüfungs- und Entgeltvereinbarung bereit erklärt hatte. In der genannten Sitzung waren die dortigen Parteien seitens der Schiedsstelle auch darauf hingewiesen worden, dass die Festsetzung einer Entgeltregelung durch die Schiedsstelle nur auf der Grundlage einer detaillierten Leistungs- und Prüfungsvereinbarung möglich sei, welche über die Aufforderung zu Verhandlungen vom 15. November 2005 hinausgehe. In dessen Folge hat die Antragstellerin dem KVJS und dem Antragsgegner als Anlage zu einem Schriftsatz vom 14. Juli 2006 ein weiteres "Angebot zum Abschluss einer Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung" für die Intensivbetreuung der bereits unter dem 15. November 2005 namentlich benannten Personen vorgelegt; der KVJS hat mit Schriftsatz vom 29. Juli 2006 ebenfalls ein Angebot auf Abschluss entsprechender Vereinbarungen unterbreitet. Nach Scheitern der Verhandlungen hat die Schiedsstelle mit Schiedsspruch vom 25. September 2006 u.a. beschlossen, dass "für über Leistungen Typ I.2.1 gemäß Leistungsvereinbarung zwischen den Parteien hinausgehende Leistungen für Menschen mit einer geistigen und/oder mehrfachen Behinderung und zusätzlichen auf nicht absehbare Zeit bestehenden massiven Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen einer heilpädagogischen Dauerwohngruppe für insgesamt zehn Plätze bis zur Entscheidung in der Hauptsache vor dem SG Ulm (Az.: S 3 SO 4212/05) bzw. bis zu einer der Beschwerde vor dem Landessozialgericht stattgebenden Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ab 23.05.2006 ein Entgelt in Höhe von 29,93 EUR pro Tag und Platz festgesetzt" werde. Im Hinblick auf diesen Schiedsspruch hat die Antragstellerin dem Antragsgegner eine Zahlungsfrist bis 15. November 2006 gesetzt.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 2. Mai 2006 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Er ist der Auffassung, dass die durch den angefochtenen Beschluss des SG geschaffene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung keine tragfähige Grundlage für die nunmehr von der Schiedsstelle einstweilen festgesetzte Vergütung sei.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat mit Schriftsatz vom 9. August 2006 ein "Angebot zum Abschluss einer Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung für 10 Plätze gem. § 75 Abs. 3 SGB XII in zwei Heilpädagogischen Wohngruppen" zu den Akten gereicht. Sie ist der Auffassung, dass mit diesem weiteren Angebot lediglich eine nähere Konkretisierung der bereits mit Datum vom 15. November 2005 vorgelegten Leistungs- und Prüfungsangebote erfolgt sei.

Die Beteiligten sind mit der gerichtlichen Verfügung vom 20. September 2006 darauf hingewiesen worden, dass sich die Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 durch das mit Schriftsatz vom 9. August 2006 vorgelegte Angebot erledigt haben dürften.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Beschluss des SG vom 2. Mai 2006 ist schon deswegen aufzuheben, weil die ingesamt zehn Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 jedenfalls mit dem mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 9. August 2006 eingereichten Angebot zum Abschluss einer Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung für zehn Plätze in zwei Heilpädagogischen Wohngruppen auf der Grundlage des § 75 Abs. 3 SGB XII gegenstandslos geworden sind. In dem mit Schriftsatz vom 1. September 2006 gestellten Antrag der Antragstellerin auf Zurückweisung der Beschwerde, der trotz des gerichtlichen Hinweises vom 20. September 2006 aufrechterhalten geblieben ist, kann eine Antragsänderung entsprechend § 99 SGG nicht gesehen werden, wobei eine derartige Änderung des Streitgegenstandes ohnehin nur unter den Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 und 2 SGG zulässig gewesen wäre. Mit ihrem Beschwerdezurückweisungsantrag hat die Antragstellerin hingegen zum Ausdruck gebracht, dass sie an dem im Schriftsatz vom 22. Dezember 2005 beim SG gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf der Grundlage der Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 festhalten möchte; diese Angebote sind daher nach wie vor Streitgegenstand (vgl. § 123 SGG). Mit der insoweit letztlich erstrebten Sachentscheidung vermag die Antragstellerin indes nicht durchzudringen, weil die Angebote vom 15. November 2005 jedenfalls mit dem Angebot vom 9. August 2006 als erledigt zu behandeln sind. Denn mit diesem Angebot zum Abschluss einer Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung wollte die Antragstellerin ganz offenkundig den rechtlichen Hinweisen der Schiedsstelle in der Sitzung vom 3. Juli 2006 sowie ferner in der gerichtlichen Verfügung vom 17. Juli 2006 Rechnung tragen, in der die Berichterstatterin unter Bezugnahme auf den Senatsbeschluss vom 13. Juli 2006 - L 7 SO 1902/06 ER-B - (veröffentl. in Sozialrecht aktuell 2006, 168) sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover vom 16. Dezember 2005 - 7 A 4338/05 - (veröffentl. in juris) Bedenken hinsichtlich der Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 geäußert hatte. Damit spricht viel dafür, dass es für das bezüglich der Angebote vom 15. November 2005 aufrechterhaltene Begehren der Antragstellerin bereits am Rechtsschutzbedürfnis (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 131 Nr. 5; Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, vor § 51 Rdnr. 18) mangelt. Jedenfalls hat der Antragsgegner mit seiner Beschwerde aber schon deswegen Erfolg, weil diese Angebote spätestens auf Grund des nachfolgenden Angebots vom 9. August 2006 obsolet geworden sind. Die Antragstellerin hat dieses Angebot auch nicht zurückgenommen; vielmehr meint sie, hiermit die Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 lediglich "näher konkretisiert" zu haben. Dem ist indessen nicht so.

Die (ursprünglich an die Herkunftslandkreise der in der Einrichtung der Antragstellerin betreuten behinderten Menschen mit schweren Verhaltensauffälligkeiten gerichteten) insgesamt zehn Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 waren - dies hat auch die Schiedsstelle im Schiedsspruch vom 25. September 2006 zu Recht bemängelt - nicht geeignet, den Anforderungen an personenunabhängige Vereinbarungen im Sinne der §§ 75 Abs. 3, 76 SGB X zu genügen; darauf hat der Senat im Übrigen bereits in der Verfügung vom 17. Juli 2006 hingewiesen. Diese Angebote erweckten den Anschein - die Antragstellerin hat in der Antragsschrift vom 22. Dezember 2005 an das SG selbst von "Einzelleistungsangeboten" gesprochen -, dass hier auf der Grundlage des Bedarfs der einzelnen namentlich genannten behinderten Menschen, möglicherweise in Verkennung der Regelungen des § 75 Abs. 3 und 4 SGBXII, eine Vergütung erzwungen werden sollte, obwohl, wie im Schiedsspruch zutreffend dargelegt, Gegenstand der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht die Bedarfslagen einzelner Personen, sondern die von der Einrichtung zur Erfüllung der sozialhilferechtlichen Hilfeansprüche zu erbringenden Dienst- und Sachleistungen sind (vgl. Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 76 Rdnrn. 3 f., 24), wenngleich schon mit Blick auf die Bestimmung des § 76 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auch der Bedarfsdeckungsgrundsatz des Sozialhilferechts Beachtung zu finden hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 108, 47; Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 1. Auflage, § 76 Rdnr. 15; Neumann in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr.10; zum Bedarfsdeckungsprinzip schon Senatsbeschluss vom 22. September 2005 - L 7 SO 3421/05 ER-B - FEVS 57, 322 m.w.N. (dort auch zum Vergütungsübernahmeanspruch des behinderten Menschen im Rahmen des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses)). Die für die Leistungsvereinbarung wesentlichen Leistungsmerkmale zur näheren Bestimmung von Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung sind im Übrigen in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XII umschrieben. Da die Leistungsvereinbarung als kalkulatorische Grundlage wesentliche Voraussetzung für eine Vergütungsregelung ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juli 2006 a.a.O.; Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 20. Juni 2005 - L 7 SO 2/05 ER - FEVS 57, 153; ferner Neumann in Hauck/Noftz, a.a.O., K § 77 Rdnr. 8), bedarf es mithin eines differenzierten, den rechtlichen Vorgaben des § 76 Abs. 1 SGB XII entsprechenden, hinreichend konkretisierten Leistungsangebots, das auch eine externe Vergleichbarkeit der Leistungen der Einrichtungen erlaubt (vgl. VG Hannover, Urteil vom 14. Dezember 2005 a.a.O.; ferner Niedersächs. Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 24. August 2005 - 4 L 811/99 - NDV-RD 2005, 114; Schoenfeld in Grube/Wahrendorf, a.a.O., Rdnr. 4; Neumann in Hauck/Noftz, a.a.O., K § 76 Rdnrn. 5 f.). Diesen Anforderungen haben die Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 indessen, was auch das SG im angefochtenen Beschluss verkannt hat, nicht entsprochen.

Das hat letztlich auch die Antragstellerin erkannt, indem sie schließlich Nachbesserungen zunächst mit dem Angebot vom 14. Juli 2006 versucht hat, welches den dargestellten gesetzlichen Erfordernissen jedoch ebenfalls nicht Rechnung getragen haben dürfte, denn wiederum war vordergründig auf den Hilfebedarf einzelner namentlich bezeichneter behinderter Menschen abgestellt. Das bedarf indessen vorliegend keiner abschließenden Klärung, zumal die Antragstellerin mit ihrem mit Schriftsatz vom 9. August 2006 unterbreiteten "Angebot zum Abschluss einer Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung für 10 Plätze gem. § 75 Abs. 3 SGB XII" ihr Verhandlungsangebot auf eine völlig neue Grundlage und damit auf einen anderen Sachverhalt gestellt hatte; keineswegs stellt dieses Angebot bloß eine Konkretisierung der Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 dar. Denn die nunmehr vorgeschlagene Leistungsvereinbarung (vgl. § 2 Abs. 1 des Angebots vom 9. August 2006) ist auf eine Bedarfsgruppe, nicht mehr jedoch auf einzelne Personen zugeschnitten, wobei der Senat davon ausgeht, dass dieses und nicht das Angebot vom 14. Juli 2006 dem Schiedsspruch vom 25. September 2006 zugrunde lag. Ob jedoch das Angebot vom 9. August 2006 einer gerichtlichen Überprüfung standhielte, nachdem etwa wiederum im Dunkeln bleibt, nach welchem Personalschlüssel die Antragstellerin die für erforderlich gehaltene Betreuung des beschriebenen Personenkreises sicherstellen möchte (vgl. hierzu im Übrigen nochmals Senatsbeschluss vom 13. Juli 2006 a.a.O.), kann ebenfalls dahingestellt bleiben, denn dieses Angebot ist - und darauf sind die Beteiligten bereits in der gerichtlichen Verfügung vom 20. September 2006 hingewiesen worden - nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden. Das Leistungs- und Prüfungsangebot vom 9. August 2006 hätte nur dann - unter Beachtung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 99 Abs. 1 und 2 SGG - Grundlage für die gerichtliche Entscheidung sein können, wenn die Antragstellerin eine entsprechende Antragsänderung mit dem Ziel eines anderen Ausspruchs des Gerichts (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 99 Rdnrn. 2 bis 2b) hätte herbeiführen wollen. Das hat sie indessen nicht getan. Vielmehr hat sie im Schriftsatz vom 5. Oktober 2006 daran festgehalten, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens die "durch den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 02.05.2006 im Wege der einstweiligen Anordnung erzeugte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung" sei und die Schiedsstelle - was im Übrigen so nicht zutrifft - auf "Basis der ursprünglich mit Datum vom 15.11.2005 vorgelegten Leistungs- und Prüfungsvereinbarung ..." dem Schiedsstellenantrag stattgegeben habe.

Schon aus diesen Gründen ist der Senat an einer gerichtlichen Prüfung des Leistungs- und Prüfungsangebots vom 9. August 2006 im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 86b Abs. 2 SGG) gehindert. Die Angebote vom 15. November 2005 sind hingegen - wie im Übrigen auch das Angebot vom 14. Juli 2006 - gerade wegen des Angebots vom 9. August 2006 überholt, sodass der auf die Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 gestützte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als erledigt zu werten ist. Dem hätte die Antragstellerin durch eine entsprechende Prozesserklärung Rechnung tragen müssen; das hat sie indes nicht getan, sodass die Beschwerde des Antragsgegners bereits aus diesem Grund Erfolg haben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Dabei hat der Senat auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die streitgegenständlichen Leistungs- und Prüfungsangebote vom 15. November 2005 schon vor ihrer Erledigung durch das Angebot vom 9. August 2006 keine ausreichende Grundlage für eine dem einstweiligen Rechtsschutzantrag stattgebende Entscheidung geboten hätten.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 4 und 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Dabei hat der Senat für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Anbetracht der von der Antragstellerin bezifferten monatlichen Defizite von 8.979,00 Euro ein Viertel des Jahresbetrages (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 13. Juli 2006 a.a.O.), das sind 26.937,00 Euro (12 x 8.79,00 Euro = 107.748,00 Euro: 4), für angemessen erachtet.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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