L 12 AL 332/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AL 3164/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 332/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30.11.2005 insoweit abgeändert wird, als der Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005 nicht aufgehoben wird.

2. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist nach Grund und Höhe die Förderung der beruflichen Weiterbildung der Klägerin zur staatlich geprüften Erzieherin.

Die.1961 geborene Klägerin erhielt antragsgemäß von der Beklagten am 6.9.2004 einen Bildungsgutschein, mit dem für die Dauer bis zu 36 Monaten die Förderung einer Weiterbildung zur staatlich geprüften Erzieherin durch Übernahme der Maßnahmekosten sowie Gewährung von Unterhaltsgeld und Fahrkosten zugesagt wurde. Mit dem Bildungsgutschein war die Klägerin darüber informiert worden, dass Voraussetzung für die Förderung sei, dass die Weiterbildung für die Weiterbildungsförderung zugelassen sei. Die Klägerin solle sich vor Beginn der Teilnahme beim Bildungsträger vergewissern, ob die Weiterbildung zugelassen sei. Wenn die Inhalte der von ihr ausgewählten Weiterbildung nicht mit dem Gutschein übereinstimmten, sei die Bewilligung der Lehrgangskosten sowie die Gewährung der Leistungen zum Lebensunterhalt in Frage gestellt. Die Klägerin wurde schließlich darauf hingewiesen, "dass Veränderungen, die meine Umschulung und/oder die Förderung meiner Umschulung betreffen, so weit möglich, unbedingt vor Wirksamwerden abzusprechen sind. Ist dies nicht der Fall, wird dadurch die Fortsetzung der Umschulung gefährdet oder die Auswirkungen der Veränderungen gehen zu meinen Lasten". Die Klägerin begann mit diesem Bildungsgutschein eine Weiterbildungsmaßnahme zur staatlich geprüften Erzieherin vom 14.9.2004 bis 13.7.2007 bei der H.-K.-Schule in W ... Die Beklagte bewilligte daraufhin Fahrkosten und Unterhaltsgeld (Bescheide vom 19. und 22.11.2004 und vom 3.3.2005). Lehrgangskosten fielen keine an.

Am 11.3.2005 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass sie die Schule gewechselt habe. Bei einer persönlichen Vorsprache am 17.3.2005 legte sie die Schulbescheinigung der L.-O.-P.-Schule in W. vor, wonach sie dort seit 7.3.2005 in Vollzeitunterricht die Klasse 1BKSP2 besuche. Die Beklagten änderte daraufhin durch Bescheid vom 17.3.2005 die Unterhaltsgeldbewilligung ab 1.1.2005 (wegen eines geänderten Anrechnungsbetrages) ab und bewilligte mit Bescheid vom 13.4.2005 geänderte Fahrkosten für die Zeit vom 1.3. bis 30.6.2005. Am 24.6.2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die L.-O.-P.-Schule keine Anerkennung nach dem Sozialgesetzbuch III (SGB III) besitze und somit nicht förderbar sei. Es müsse deshalb "zum jetzigen Zeitpunkt die Förderung eingestellt" werden.

Unter dem 4.7.2005 erließ die Beklagte folgenden "Aufhebungsbescheid": "Sie besuchen ab 7.3.05 die L.-O.-Schule nicht mehr. Somit haben Sie für diese Zeit auch keinen Anspruch auf Leistungen. Dieser Betrag ist daher von Ihnen zu erstatten. Auch nach Ausübung des durch den Gesetzgeber eingeräumten Ermessens war nach Aktenlage keine andere Entscheidung möglich". Mit Bescheid vom 5.7.2005 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Unterhaltsgeld mit Wirkung vom 7.3.2005 mit der Begründung "Ende der förderungsfähigen Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme" auf.

Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein. Sie habe auf Grund von Differenzen die Schule gewechselt und wolle für die Fortsetzung der Weiterbildung an der L.-O.-P.-Schule ihren Bildungsgutschein weiterhin nutzen. Die Schule habe bestätigt, die bisherige Ausbildungszeit anzuerkennen, so dass eine doppelte Förderung ausgeschlossen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 zurück. Die Klägerin habe am 7.3.2005 den Besuch der vom Bildungsgutschein umfassten Maßnahme abgebrochen, die danach besuchte Schule entspreche nicht mehr den Voraussetzungen des Bildungsgutscheins. Die Bewilligung der Leistungen habe deshalb gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III aufgehoben werden müssen.

Einen zwischenzeitlich gestellten Antrag der Klägerin auf Fortsetzung ihrer Umschulung zu den bisherigen Bedingungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.9.2005 ab, den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 zurück. Es handele sich um eine neue Maßnahme und nicht um die Fortsetzung der im September 2004 begonnenen Maßnahme. Deswegen könne kein Unterhaltsgeld in Höhe des früheren Unterhaltsgeldes bewilligt werden, § 434j Abs. 8 SGB III sei nicht anwendbar. Einen weiteren, vom Bevollmächtigten der Klägerin eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.9.2005 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005 als unzulässig zurück.

Am 3.11.2005 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie habe wegen des Wechsels der praktischen Ausbildungsstätte auch die Schule wechseln müssen und die Schulzeiten in der L.-O.-P.-Schule überstiegen die Schulzeiten in W. nur geringfügig. Lehrgangskosten fielen auch dort nicht an, die Fahrkosten verringerten sich sogar. Die gesamte Ausbildungszeit werde eingehalten, der Abschluss sei gleichwertig. Damit gelte der Bildungsgutschein weiter. Schließlich habe die Beklagte durch die Weitergewährung der Leistungen bis 30.6.2005 trotz Kenntnis vom Schulwechsel bei der Klägerin Vertrauen in die Weitergewährung der Förderung auch nach dem Schulwechsel geweckt.

Das SG hat (im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) die Klägerin persönlich gehört und den zuständigen Arbeitsberater T. als (sachverständigen) Zeugen vernommen. Es hat sodann durch Urteil vom 30.11.2005 die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, der Klägerin über den 6.3.2005 hinaus Unterhaltsgeld und Fahrkosten für die Teilnahme an der Ausbildung zur Erzieherin nach den Rechtsvorschriften in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung zu zahlen. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Bewilligung von Unterhaltsgeld und Fahrkosten für die Ausbildung zur Erzieherin vorgelegen hätten, sei nicht eingetreten. Die Ausbildung der Klägerin dauere auch nach dem Wechsel an die Schule in W. weder länger noch werde sie teurer. Zwar habe die Klägerin in W. geringfügig mehr Unterricht, dies ändere aber an der grundsätzlichen Strukturierung der Ausbildung nichts. Letztendlich werde das Ausbildungsziel in der gleichen Zeit erreicht, es werde der gleiche staatlich anerkannte Abschluss erreicht, die gleiche Prüfung abgelegt. Zwar sei die Schule in W. für die Weiterbildungsförderung noch nicht anerkannt, die Anerkennung sei aber unproblematisch zu erteilen und sei auch im Einzelfall der Klägerin erteilt worden. Demnach habe die Klägerin weiterhin Anspruch auf Förderung ihrer Ausbildung nach den bisher angewandten Rechtsvorschriften.

Gegen dieses am 21.12.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.1.2006 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei ein Wechsel des Maßnahmeträgers und damit eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen eingetreten. Die Maßnahme bei der L.-O.-P.-Schule sei noch nicht zugelassen gewesen. Außerdem würden die beiden Maßnahmen inhaltlich wesentlich voneinander abweichen. Bei der H.-K.-Schule handele es sich um eine Maßnahme mit Teilzeitunterricht, bei der L.-O.-P.-Schule erfolge der Unterricht im Vollzeit. Auch die (rückwirkende) Aufhebung der Bewilligung sei zu Recht erfolgt. Die Klägerin sei ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen grob fahrlässig nicht nachgekommen. Sie sei über ihre Mitteilungspflichten ausreichend informiert gewesen, habe jedoch trotzdem den Schulwechsel nicht (rechtzeitig) mitgeteilt. Sie habe damit grob fahrlässig gehandelt. Die Klägerin habe den Bildungsgutschein für die Maßnahmeteilnahme bei der H.-K.-Schule genutzt, der Bildungsgutschein sei damit verbraucht. Der Wechsel der Maßnahme hätte eine erneute Antragstellung vorausgesetzt. Da es somit an einer Zuerkennung eines Anspruchs auf Unterhaltsgeld für die Maßnahme bei der L.-O.-P.-Schule fehle, könne dieser nicht für Zeiten ab dem 1.1.2005 ohne neue Berechnung als Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt werden, § 434j Abs. 8 SGB III.

Anlässlich eines Erörterungstermins am 28.4.2006 hat die Klägerin mitgeteilt, sie beziehe Arbeitslosengeld II. Die Beklagte hat mitgeteilt, es sei am 19.10.2005 ein Erstattungsbescheid über zu viel gezahltes Unterhaltsgeld in Höhe von 2710,92 EUR ergangen. Das Widerspruchsverfahren dagegen sei ruhend gestellt worden.

Die Beklagte stellt den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30.11.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die der Erteilung des Bildungsgutscheins zu Grunde lagen, keine wesentliche Änderung eingetreten ist. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen damit nicht vor. Zwar hat die Klägerin die Schule gewechselt, dies stellt durchaus eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar. Eine solche Änderungen muss jedoch (für die Anwendung von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X) wesentlich sein. Dies ist sie dann, wenn sie rechtserheblich ist. Die Änderung muss sich auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsakts auswirken, bei tatsächlichen Änderungen müssen diese so erheblich sein, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führen (von Wulffen, SGB X-Kommentar, Anm. 9 zu § 48). Eine solche Rechtserheblichkeit liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Soweit die Beklagte dies anders sieht, verkennt sie die rechtliche Bedeutung des Bildungsgutscheins.

Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB III wird dem Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung bescheinigt (Bildungsgutschein). Dieser durch das Hartz-I-Gesetz vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) eingeführte Bildungsgutschein soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Entscheidungs- und Wahlrechte der Arbeitnehmer, die jetzt im Regelfall unter zugelassenen Bildungsmaßnahmen und Trägern frei wählen können, deutlich stärken (vgl. Bundestagsdrucksache 15/25 S. 29). Zwar soll der Bewerber nur unter zugelassenen Bildungsmaßnahmen frei wählen können, auch hat der vom Arbeitnehmer ausgewählte Träger der Agentur für Arbeit den Bildungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen (§ 77 Abs. 3 Satz 3 SGB III), doch schließt der Bildungsgutschein weder ausdrücklich noch vor allem nach seinem Sinn und Zweck einen Wechsel des Maßnahmeträgers aus. Die Rechtsansicht der Beklagten, der Bildungsgutschein sei, wenn er dem ausgewählten Maßnahmeträger vorgelegt werde, eingelöst und damit verbraucht, findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr spricht der gesetzgeberische Wille, Entscheidungs- und Wahlrechte der Arbeitnehmer zu stärken, dafür, ein Wahlrecht bis zur Zweckerreichung des Bildungsgutscheins (oder der endgültigen Nichterreichbarkeit) zu erhalten.

Nachdem in dem der Klägerin erteilten Bildungsgutschein einen konkreter Maßnahmeträger ausdrücklich nicht genannt ist, stellt also ein Wechsel des Maßnahmeträgers auch keine wesentliche Änderung in den für die Erteilung des Bildungsgutscheines maßgebenden Verhältnissen dar. Gegenüber den inhaltlichen Vorgaben des Bildungsgutscheins hat sich durch den Schulwechsel der Klägerin, was das SG ausführlich und zutreffend ausführt und worauf der Senat Bezug nimmt, nichts Wesentliches geändert.

Zutreffend ist allerdings auch, dass die Klägerin bei ihrem Schulwechsel in eine Maßnahme gewechselt ist, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht als förderungsfähige Maßnahme anerkannt war. Der Arbeitsberater T. hat jedoch bei seiner Zeugenaussage vor dem SG ausgesagt, grundsätzlich liege eine Anerkennung zur Weiterbildungsförderung für diese Schule noch nicht vor, sie sei aber beantragt und unproblematisch zu erteilen. Die Schule in W. habe damals diese Anerkennung als Bildungsträger nicht besessen, allerdings liege diese Anerkennung inzwischen vor und könne sehr schnell umgesetzt werden. Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem Wechsel der Klägerin an eine Schule, die eine noch nicht als förderungsfähige anerkannte Maßnahme anbietet, der Bildungsgutschein verbraucht oder hinfällig geworden wäre. Vielmehr ist hier davon auszugehen, dass der Klägerin, hätte sie den Schulwechsel etwa eine Woche vorher angezeigt, dieser Schulwechsel mit einer "Einzelfallzulassung" hätte genehmigt werden müssen. Im übrigen hat ja die Beklagte ausdrücklich in Kenntnis des Schulwechsels Unterhaltsgeld und geänderte Fahrkosten bis 30.6.2005 weitergewährt.

Fraglich ist aber schon, ob der Aufhebungsbescheid vom 4.7.2005 überhaupt eine wirksame Aufhebung der Bewilligung darstellt. Er ist zwar mit "Aufhebungsbescheid" überschrieben. Inhaltlich wird jedoch nicht ersichtlich, welche Regelungen der Verwaltungsakt treffen soll. Zunächst ist der erste Satz "Sie besuchen ab 7.3.2005 die L.-O.-Schule nicht mehr" inhaltlich völlig unverständlich. Eine L.-O.-Schule gibt es zum einen nicht, zum anderen besuchte die Klägerin ab 7.3.2005 die H.-K.-Schule nicht mehr. Der nächste Satz "somit haben Sie für diese Zeit auch keinen Anspruch auf Leistungen" ist damit als rechtliche Folgerung nicht verständlich. Auch inhaltlich stellt dieser Satz lediglich eine rechtliche Information dar, eine Aufhebung einer Leistungsbewilligung kann darin jedoch nicht gesehen werden. Der dritte Satz "dieser Betrag ist daher von Ihnen zu erstatten" ist angesichts dessen weder logisch noch rechtlich zu verstehen. Eine Aufhebung (welcher Leistung?) ist also durch diesen Bescheid nicht erfolgt. Auch der nachfolgende Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 enthält keine Aufhebung der Bewilligung. Er enthält insoweit auf Seite 2 den Satz "mit dem Bescheid vom 4.7.2005 teilte die Agentur für Arbeit mit, dass die Entscheidung über die Bewilligung der Fahrkosten ab 7.3.2005 aufgehoben werde". Dieser Satz ist zum einen inhaltlich unrichtig, zum anderen enthält er selbst keine Aufhebung der Bewilligung. Auf Seite 3 enthält der Widerspruchsbescheid den Satz "die Entscheidung über die Bewilligung von Unterhaltsgeld und Fahrkosten musste deshalb ... aufgehoben werden". Auch dieser Satz verweist lediglich darauf, dass bereits aufgehoben worden sei, enthält nicht jedoch selbst eine Aufhebung der Bewilligung. Damit ist jedoch im Verwaltungsverfahren die Regelung, die die Beklagte aussprechen wollte, gerade nicht ausgesprochen worden. Eine Aufhebung der Bewilligung der Fahrkosten, die bei Würdigung der gesamten Bescheidsituation mit dem Bescheid vom 4.7.2005 geregelt werden sollte, ist nach alledem nicht erfolgt.

Schon gar nicht war die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung der Leistungen zum 7.3.2005 berechtigt. Die Bescheide vom 4. und 5.7.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 geben nicht einmal eine Begründung für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung. Im Klageverfahren hat die Beklagte diese auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gestützt. Die Klägerin sei grob fahrlässig ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse nicht nachgekommen. Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Die Verletzung einer Mitteilungspflicht kann nur dann grob fahrlässig sein, wenn zuvor eindeutig auf die Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen hingewiesen wurde. Dies ist hier nach Meinung des Senats nicht der Fall. Soweit die Klägerin bei der Erteilung des Bildungsgutscheines vom 6.9.2004 darauf hingewiesen worden ist, dass die Zulassung der Weiterbildungsförderung vorausgesetzt werde und sie sich vor Beginn der Teilnahme beim Bildungsträger vergewissern müsse, ob die Weiterbildung zugelassen sei, ist die Klägerin dem nachgekommen. Ein Wechsel des Maßnahmeträgers ist von diesem Hinweis ersichtlich nicht erfasst. Der weitere Hinweis, die Bewilligung der Lehrgangskosten wie die Gewährung der Leistungen zum Lebensunterhalt seien "in Frage gestellt", wenn die Inhalte der ausgewählten Weiterbildung nicht mit dem Gutschein übereinstimmten, ist zum einen inhaltlich unpräzise, zum anderen lässt er nicht erkennen, welche Rechtsfolge eintritt, wenn welcher Umstand nicht mitgeteilt wird. Die Klägerin hat zwar durch ihre Unterschrift bestätigt, dass sie darauf hingewiesen worden sei, dass Veränderungen, die ihre Umschulung betreffen, so weit möglich, unbedingt vor Wirksamwerden abzusprechen seien. "Ist dies nicht der Fall, wird dadurch die Fortsetzung der Umschulung gefährdet oder die Auswirkungen der Veränderungen gehen zu meinen Lasten". Dieser rechtliche Hinweis ist ebenfalls so vage und unpräzise, dass daraus weder eine konkrete Mitteilungspflicht noch eine konkrete Rechtsfolge bei Verletzung dieser Mitteilungspflicht entnommen werden können. Schließlich ist auch hier darauf hinzuweisen, dass die Beklagte, nachdem die Klägerin den Schulwechsel mitgeteilt hatte, zunächst das Unterhaltsgeld und die geänderten Fahrkosten bis 30.6.2005 weitergewährt hat. In dieser Situation ist es nicht angängig, der Klägerin - weder bezüglich der Verletzung einer Mitteilungspflicht noch bezüglich des Erkennenmüssens der Rechtswidrigkeit der Bewilligung - grob fahrlässiges Fehlverhalten anzulasten.

Damit war auch die Ablehnung des Antrags der Klägerin, die Weiterbildung zu den bisherigen Bedingungen weiterhin zu fördern, rechtswidrig.

Die Berufung der Beklagten ist damit als unbegründet zurückzuweisen. Dies allerdings mit folgender Maßgabe: Das SG hat im angefochtenen Urteil den Bescheid vom 22.9.2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.10. und 8.11.2005 aufgehoben. Dies ist deswegen nicht ganz richtig, weil der Widerspruchsbescheid vom 8.11.2005, mit dem der Widerspruch (des Bevollmächtigten) der Klägerin gegen den Bescheid vom 22.9.2005 als unzulässig abgewiesen wurde, weil bereits durch den Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 darüber entschieden worden sei, inhaltlich richtig ist. Auf das Ergebnis des Rechtsstreits hat dies jedoch keinen Einfluss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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