L 12 AL 1923/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 3403/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1923/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.02.2006 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Arbeitslosengeld wegen einer Nebentätigkeit des Klägers im Streit.

Der 1945 geborene Kläger ist Äthiopier. Er hat bei der Beklagten erstmalig am 11.02.1997 Arbeitslosengeld beantragt und hierbei durch seine Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Beklagte bewilligte Arbeitslosengeld ab dem 01.03.1997 in Höhe von 56,60 DM täglich.

In der Folgezeit wurde der Beklagten bekannt, dass der Kläger eine Gewerbeanmeldung für die Tätigkeit "Kleintransporte mit eigenem Pkw" hatte (Gewerbeanzeige vom 25.08.1997). Der Kläger gab hierzu an, dass das Gewerbe angemeldet sei, er jedoch keine Aufträge und somit keine Einnahmen habe. In der Folgezeit erfuhr die Beklagte aufgrund von Überschneidungsmitteilungen nach einem Datenabgleich, dass der Kläger für die Firma K. und T. GmbH in S. geringfügig tätig gewesen war. Die Beklagte setzte daraufhin ein Bußgeld gegen den Kläger fest, da dieser diese Tätigkeit nicht mitgeteilt hatte, und nahm für die erste Bewilligung von Arbeitslosengeld sowie die Folgebewilligungen jeweils eine Anrechnung des Lohns des Klägers aus seiner geringfügigen Beschäftigung vor. Sowohl der Bescheid über das Bußgeld als auch die Anrechnungsbescheide der Beklagten sind bestandskräftig geworden.

Während eines Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche des Arbeitgebers des Klägers wegen Steuerhinterziehung und Betrug verdächtigte die Landespolizeidirektion S. II den Kläger, für seine Tätigkeit als Arbeitnehmer der Firma Schwarzlohnzahlungen erhalten zu haben. Diese Zahlungen seien von dem Arbeitgeber als Kilometergeldzahlungen steuerlich geltend gemacht worden, obwohl sie ausweislich den Angaben des Beschuldigten nach so nicht zur Auszahlung gekommen sein sollen. Aus den sichergestellten Unterlagen ergebe sich, dass der Kläger über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus Lohnzahlungen erhalten habe. Es liege der Verdacht vor, dass durch unwahre Nebenverdienstbescheinigungen des Klägers der tatsächlich Lohn gegenüber dem Arbeitsamt verschleiert worden sei. Dem Schreiben der Polizei waren Unterlagen über Lohndaten des Klägers bei seinem Arbeitgeber beigefügt. Hieraus ergab sich für die Zeit ab September 1997 neben dem angemeldeten Bruttolohn von 595,-DM (bis Dezember 1997), 600,- DM monatlich (bis März 1999), 630.- DM (bis Dezember 1999) bzw. 300,- DM (bis Dezember 2000) bzw. 300,- EUR (bis April 2001) ein monatlich gezahltes Kilometergeld, welche zwischen 1.849,-DM und 2.484,- DM schwankt.

Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin zur beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.09.1997 bis zum 01.04.1999 an, weil dieser seit dem 01.09.1997 in einem mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis stehe. Die Überzahlung sei durch den Kläger verursacht worden, da dieser eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in seinen Verhältnissen nicht richtig angezeigt habe.

Der Kläger gab an, dass es sich bei seiner Tätigkeit lediglich um eine Nebenbeschäftigung bei einem Kurierdienst gehandelt habe. Die Unterlagen hierzu seien noch vorhanden und er werde diese nachreichen.

In der Folgezeit legte der Kläger jedoch keine Unterlagen vor. Mit Bescheid vom 14.04.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.09.1997 bis zum 11.04.1999 auf und stellte fest, dass der Kläger zuzüglich gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einen Betrag von 19.909,46 EUR zu erstatten habe.

Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, dass er nicht in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gestanden habe. Es habe sich um eine Nebenbeschäftigung gehandelt, wobei in der Vergangenheit bereits eine Anrechnung des Verdienstes auf dieser Nebenbeschäftigung auf das Arbeitslosengeld erfolgt sei.

In der Akte der Beklagten befindet sich dann ein Vorschlag für eine teilweise Abhilfe vom 28.04.2004, da der Beklagten bereits mit dem Zugang der Gehaltsabrechnung für April 1998 bzw. der Nebeneinkommens-Bescheinigungen für Mai und Juni 1998 hätte bekannt sein können, dass die Beschäftigung zumindest ab Juni 1998 mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt worden sei.

Mit Änderungsbescheid vom 30.04.2004 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass Arbeitslosengeld lediglich für den Zeitraum vom 01.09.1997 bis zum 31.05.1998 zu erstatten sei (6.299,34 EUR Arbeitslosengeld zuzüglich 2.050,- EUR Krankenversicherungsbeiträge zuzüglich 268,08 EUR Pflegeversicherungsbeiträge.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2004 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Durch das polizeiliche Ermittlungsverfahren habe sich herausgestellt, dass während der Nebenbeschäftigung des Klägers zusätzlich Schwarzlohnzahlungen durch Kilometergeld-Abrechnungen erfolgt seien. Damit seien die Anmeldung als geringfügige bzw. versicherungsfreie Beschäftigung und die ausgestellten Nebenverdienstbescheinigung als unrichtig einzustufen. Es liege daher bereits ab dem 01.09.1997 keine Arbeits- bzw. Beschäftigungslosigkeit mehr vor. Der Kläger sei vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig seiner Mitteilungspflicht nicht nachgekommen, da das ihm ausgehändigte Merkblatt darauf hinweise, dass im Falle des Klägers ein Arbeitslosengeldanspruch nicht bestanden hätte.

Der Kläger hat am 01.06.2004 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Das SG zog die Akte des Strafverfahrens gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart (Az.: 183 Js 107913/98) bei und nahm Kopien hieraus zu den Akten. Aus den Akten ergibt sich unter anderem, dass das Strafverfahren durch Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart-Cannstatt vom 26.10.2005 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden ist. Das Strafverfahren gegen seinen Arbeitgeber B. (183 Js 26509/04) ist nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden, weil in einem anderen Strafverfahren wegen einer anderen Tat eine Strafe / Maßregel und Sicherung / Ahndung zu erwarten sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärte der Kläger, es habe sich für ihn um eine reine Nebentätigkeit gehandelt, weil er nicht so viel Geld bekommen habe. Er sei zur Firma in S.-F. gegangen und habe dort das Auto geholt, dann habe er Ware im Lager in L. abholen und sei dann anschließend die Tour gefahren, die man ihm mitgeteilt habe. Die Tätigkeitsnachweise gemäß Blatt 41 der Verwaltungsakte seien nicht von ihm ausgefüllt worden. Ihm sei immer erst am Tag selbst mitgeteilt worden, welche Tour er zu fahren habe. Auf die Frage des Gerichts, ob sich im Juni 1998 seiner Ansicht nach bei seiner Arbeit etwas geändert habe, erklärte der Kläger, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Er habe mal mehr gearbeitet, wenn jemand ausgefallen sei, aber eine bewusste Veränderung dahingehend, dass ab diesem Zeitpunkt mehr als vorher gearbeitet habe, habe nicht vorgelegen. Das Kilometergeld habe er nicht erhalten. Der Arbeitgeber habe überhaupt immer zögerlich bezahlt. Samstags sei er meistens die Tour nach L. gefahren, wenn er gefahren sei. Er sei immer Touren hier in der S. Gegend gefahren, wobei er sich nicht an alle kleinen Orte erinnern könne. Der Ort N. sei jedoch unter anderem auch von ihm angefahren worden.

Mit Urteil vom 24.02.2006 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 14.04.2004 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 30.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2004 auf, soweit darin die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.05. bis zum 31.05.1998 aufgehoben worden sei. Im Übrigen wies das SG die Klage zurück. Zur Überzeugung des Gerichts habe der Kläger am 01.09.1997 eine nicht geringfügige Beschäftigung mit einer Regelarbeitszeit von mindestens 18 Stunden wöchentlich aufgenommen. Nach den vorliegenden Tätigkeitsnachweisen habe der Kläger regelmäßig sechs Tage pro Woche für seinen Arbeitgeber Auslieferungstouren gefahren. Nach seinen eigenen Auskünften in der mündlichen Verhandlung habe er zunächst von seiner Wohnung in S. zum Firmensitz S.-F. fahren müssen, um das Auto zu holen, und dann anschließend zum Lager nach L., um dort die Ware abzuholen. Dieser Weg nehme zuzüglich des erforderlichen Rückwegs bereits täglich eine Stunde Arbeitszeit in Anspruch. Hinzuzufügen sei die an dem jeweiligen Tag gefahrene Auslieferungstour. Nach den Berechnungen der Kammer, die beispielsweise für die Route 1315 durchgeführt worden sei, nehme diese als reine Fahrzeit mindestens zwei Stunden in Anspruch. Des Weiteren seien auf der Fahrt jedoch zwölf Apotheken zu beliefern gewesen. Selbst wenn man für die Abgabe der Ware jeweils nur fünf Minuten rechne, entstehe eine weitere Arbeitszeit von 60 Minuten, so dass für die Tour alleine pro Tag bereits mindestens drei Stunden Arbeitszeit angefallen sein. Insofern entstehe schon bei Zugrundelegung einer 5 Tage Woche eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich. Da der Kläger regelmäßig auch samstags gearbeitet habe, liege ein deutliches Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze vor. Diese Annahme werde auch dadurch gestützt, dass der Arbeitgeber des Klägers diesen bereits im Juni 1998 als nicht mehr geringfügig beschäftigt gemeldet habe, obwohl sich nach Aussagen des Klägers in der mündlichen Verhandlung seine Arbeitszeiten während der gesamten Arbeitszeit, von gelegentlichen Abweichungen abgesehen, nicht verändert hätten. Zwar habe der Steuerberater des Arbeitgebers nach der Rechtsänderung zum 01.01.1998 im Juni 1998 eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden angegeben, wohingegen für den Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme im September 1997 18 Stunden täglich maßgebend sein. In den vorherigen Meldungen sei die Arbeitszeit des Klägers jedoch mit 56 Stunden monatlich angegeben worden, was einer wöchentlichen Arbeitszeit von 12,9 Stunden entspreche. Demnach hätte sich die Arbeitszeit des Klägers trotz der Rechtsänderung spürbar verändert haben müssen, wenn die Angaben der Arbeitszeit von 12.9 Stunden wöchentlich korrekt gewesen wäre. Desweiteren seien von dem Arbeitgeber seit September 1997 monatlich mindestens 1849,- DM Kilometergeld für den Kläger angemeldet worden. Zwar habe der Kläger bestritten, diese Geld erhalten zu haben. Dies

sei jedoch unerheblich für die Tatsache, dass sich aus den Angaben Rückschlüsse auf die erhebliche Zahl der vom Kläger gefahrenen Kilometer ziehen lasse, was wiederum bestätige, dass der Kläger einer Tätigkeit von mindestens 18 Stunden wöchentlich nachgegangen sei. Der Kläger habe auch die Aufnahme der mehr als kurzzeitigen Beschäftigung grob fahrlässig der Beklagten gegenüber nicht angegeben. Aufgrund der Hinweise in dem Merkblatt, dessen Empfang er bestätigt habe, hätte er wissen müssen, dass er die Arbeitsaufnahme über der Geringfügigkeitsgrenze sofort hätte anzeigen müssen. Wenn er das Merkblatt nicht gelesen habe, sei dies nach Überzeugung der Kammer als grob fahrlässig anzusehen. Die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung für Mai 1998 sei hingegen rechtswidrig gewesen, da die Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X verstrichen gewesen sein. Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X müsse die Aufhebung eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes innerhalb einer Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, erfolgen. Dies sei für den Monat Mai 1998 nicht der Fall gewesen. Aus den vom Hauptzollamt mit Schreiben vom 09.09.1998 vorgelegten Unterlagen hätte die Beklagte aufgrund der Tätigkeitsnachweise für Mai 1998 errechnen können, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt mindestens 15 Stunden pro Woche versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Insofern hätte die Aufhebung innerhalb eines Jahres nach Eingang des Schreibens des Hauptzollamtes erfolgen müssen. Da die Aufhebung jedoch erst mit Bescheid vom 14.04.2004 erfolgt sei, sei die Jahresfrist zu diesem Zeitpunkt verstrichen gewesen. Für die Zeit vom 01.09.1997 bis zum 30.04.1998 sei die Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 3 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten, da die Tatsache, dass der Kläger auch davor eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt hatte, erst mit Schreiben der Landespolizeidirektion Stuttgart, welches bei der Beklagten am 03.02.2004 eingegangen sei, bekannt geworden sei. Das Urteil des SG wurde dem Kläger am 22.03.2006 zugestellt.

Die Bevollmächtigte des Klägers hat am 13.04.2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Der Kläger habe seine Nebentätigkeit zunächst nicht persönlich bei der Beklagten gemeldet, weil er darauf vertraut habe, dass die Arbeitsgeberin dies wie vereinbart vornehmen werde. Das erzielte Einkommen des Klägers sei dann jeweils mit dem Arbeitslosengeld verrechnet worden, nachdem die Beklagten Kenntnis von der Tätigkeit erlangt habe. Wegen der Nichtmeldung der Tätigkeit sei der Kläger mit einem Bußgeld belegt worden, welches er bezahlt habe. Der Kläger bestreite jedoch, dass die von ihm aufgenommene Tätigkeit wöchentlich mehr als 18 Stunden bzw. ab Januar 1998 mehr als 15 Stunden umfasst habe. Er habe regelmäßig an fünf Tagen in der Woche eine Tour gefahren und nur ausnahmsweise bei Vertretung wegen Krankheit auch samstags einspringen müssen, wobei die Samstagstour höchstens 1,5 Stunden in Anspruch genommen habe. Soweit der Kläger sich noch erinnern könne, sei er im Durchschnitt täglich ca. 2.5 Stunden unterwegs gewesen; hierbei sie es vorgekommen, dass eine Tour auch einmal 3 Stunden in Anspruch genommen habe, dafür eine andere Tour am nächsten Tag aber wieder nur 1 Stunde. Wenn das SG für die Tour 1315 mindestens 3 Stunden berechnet habe, sage dies nichts über die Wochenarbeitszeit aus, da der Kläger unterschiedliche Touren gefahren sei. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt eine Lohnabrechnung erhalten, das Geld sei immer bar und höchst unregelmäßig gezahlt worden. Auch die sich in der Akte befindliche Lohnabrechnung von April 1998 (Blatt 37 der Akten) habe der Kläger nie erhalten. Auch habe er zu keinem Zeitpunkt irgendwelches Kilometergeld erhalten. Da auch gegen den Arbeitgeber wegen Betrugs ermittelt worden sei, werde beantragt, die Strafrechtsakten betreffend den Kläger erneut und erstmalig auch die Strafakten des Arbeitsgebers beizuziehen. Selbst wenn von einem Überschreiten der Stundengrenze auszugehen sei, sei jedoch die Frist für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs insgesamt versäumt. Auf Blatt 37 der Akten sei auch die Lohnabrechnung für April 1998 in Kopie vorhanden, aus deren Kilometergeld-Angabe auch nur der Schluss gezogen werden könne, dass der Kläger mehr als 15 Stunden pro Woche gearbeitet habe. Hieraus lasse sich jedoch auch entnehmen, dass bereits in der Zeit von Januar bis März 1998 eine umfangreichere Tätigkeit vorgelegen habe, da für den Zeitraum von Januar bis April 1998 ein Gesamtbruttolohn von 9.854,72 DM angegeben sei. Da über die Angaben des Steuerberaters und dessen Bestätigung über den Nebenverdienst bekannt sei, dass sich seit September 1997 insoweit keine Veränderung ergeben habe, könne insofern nur der Schluss gezogen werden, dass insofern bereits seit September 1997 eine gleichbleibende Beschäftigung vorgelegen habe. Dies alles habe die Beklagte bereits im Jahre 1998 wissen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 24.02.2006 insoweit aufzuheben, als seine Klage darin abgewiesen worden ist, sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.04.2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2004 auch aufzuheben, soweit die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.09.1997 bis zum 30.04.1998 aufgehoben worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Im Berufungsverfahren wurden erneut die Strafakten des Klägers sowie die Akten des Strafverfahrens gegen den Arbeitgeber des Klägers (Az.: 183 Js 26509/04) beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, Strafakten, Akten des SG sowie Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt. Das SG hat zutreffend die einschlägigen rechtlichen Grundlagen benannt und ebenso zutreffend entschieden, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit für den Bezug von Arbeitslosengeld nicht erfüllte und deswegen zur Erstattung der zu Unrecht bezogenen Leistungen verpflichtet ist.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Die Angaben des Klägers zum Umfang seiner Beschäftigung erscheinen dem Senat auch deswegen unglaubhaft, weil dieser in der Vergangenheit gegenüber der Beklagten hierzu nie von sich aus Angaben gemacht hat. So hat die Beklagte erst auf Umwegen erfahren, dass der Kläger eine Gewerbeanmeldung hatte, die er jedoch dann angeblich nach seiner ersten Einlassung hierzu nicht nutzte. Diese Information war falsch, was die Beklagte dann anschließend wiederum nicht vom Kläger selbst erfuhr, als ihr das Einkommen des Klägers aus dessen Tätigkeit als Kurierfahrer bekannt geworden ist. Dadurch entsteht der Eindruck, dass der Kläger seine Mitteilungspflichten zu keinem Zeitpunkt erfüllen wollte und immer nur soviel Nebentätigkeit eingeräumt hat, wie zweifelsfrei dokumentiert war und sich nicht mehr leugnen ließ.

Aufgrund der umfangreichen und überzeugenden Erwägungen des SG ist der Senat davon überzeugt, dass insofern eine noch umfangreichere Tätigkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen haben muss. Der Kläger hat es von Anfang an darauf angelegt, gegenüber der Beklagten keine vollständigen Angaben zu machen und hierdurch Vorteile zu erzielen. Hierdurch war es der Beklagten nicht möglich, zeitnahe Ermittlungen anzustellen und Beweise für den Umfang der Tätigkeit des Klägers zu sichern. Die pflichtwidrigen Unterlassungen des Klägers, seine Tätigkeiten zu melden, rechtfertigen daher eine Beweiserleichterung zugunsten der Beklagten (BSG SozR 3-1750 § 444 Nr. 1). Die Grundsätze der Beweislastumkehr greifen ein, wenn es um in der Sphäre des Arbeitslosen liegende Tatsachen geht, die die Beklagte in Ermangelung entsprechender Angaben des Arbeitslosen nicht kennt und nicht kennen muss (BSGE 71, 256 , 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 7).

Insoweit ergeben sich aus der Pflicht der Sozialgerichte zur Amtsermittlung keine weiteren Ansatzpunkte für eine weitere Sachverhaltsermittlung, nachdem die Strafakten des Klägers und seines Arbeitsgebers beigezogen worden sind, beide Strafverfahren eingestellt worden sind und sowohl der Kläger als auch der Arbeitgeber die Vorwürfe der Beklagten leugnen, allerdings auch selbst keine weiteren Unterlagen zu dem streitgegenständlichen Sachverhalt mehr vorlegen können (vgl. BSG, Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 88/03 R -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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