Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2818/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3896/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1948 geborene Kläger hat den Beruf des Zimmermanns erlernt (Gesellenbrief vom 4. April 1967) und den erlernten Beruf versicherungspflichtig bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit im April 2000 ausgeübt; nach Lohnfortzahlung bezog er ab Juni 2000 Krankengeld.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2001 wurde dem Kläger auf seinen im Jahre 2000 gestellten Rentenantrag Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. März 2001 in Höhe von 1388,29 DM netto gewährt. Im Bescheid wird ausgeführt, die Rente beginne am 1. März 2001, weil - wegen einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme vom 24. Januar bis 28. Februar 2001 im Rehabilitationszentrum Lindenallee, B. S. - bis dahin ein Anspruch auf Übergangsgeld, Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld bestehe. Im ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums vom 1. März 2001 wurde angegeben, dass der Kläger zwar seinen bisherigen Beruf nur noch weniger als zwei Stunden in der Woche ausüben könne, aber im Übrigen vollschichtige Erwerbstätigkeit mit bestimmten qualitativen Einschränkungen möglich sei. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte im Bescheid vom 19. Juli 2001 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 9. Oktober 2001 zurückgewiesen. Die auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerichtete Klage zum Sozialgericht Freiburg wurde nach Ermittlungen mit rechtskräftigem Urteil vom 22. August 2002 als unbegründet abgewiesen (Az.: S 11 RJ 2940/01).
Am 18. März 2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, mit der Begründung, dass sich sein Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert habe. Die Beklagte holte ein Gutachten von Dr. D., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, und ein sozialmedizinisches Gutachten von Frau B., Ärztliche Untersuchungsstelle der Beklagten in L., ein. Dr. D. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 14. Mai 2003 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung, einen Zustand nach Vorderwandinfarkt sowie eine Arthrose am Ellenbogengelenk rechts. Der Kläger sei für Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne besondere Belastung und ohne Publikumsverkehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsetzbar. Frau B. hielt in ihrem Gutachten vom 23. März 2003 den an einer Fettstoffwechselstörung und Verschleißerscheinungen des Haltungs- und Bewegungsapparates leidenden Kläger mit qualitativen Einschränkungen für vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen. Mit Bescheid vom 2. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger legte am 12. Juni 2003 Widerspruch ein und bezog sich auf ärztliche Bescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 24. Juli 2003 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 24. Juli 2003. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Ärztin B. (Stellungnahme vom 26. Juni 2003) und ihrer beratenden Ärzte (Stellungnahmen vom 1. Juli 2003 und vom 4. August 2003) ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2003 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der zum Sozialgericht Freiburg am 12.09.2003 erhobenen Klage hat der Kläger unter Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen der ihn behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. F. sein Begehren weiterverfolgt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vom 15. Januar 2004 der Fachärztin für Psychiatrie Dr. E ... Die Sachverständige hat auf ihrem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine anankastische Persönlichkeitsstörung und eine gegenwärtig abstinente Benzodiazepinabhängigkeit konstatiert: Der Kläger verfüge noch über ein qualitativ eingeschränktes vollschichtiges Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten. Mit Urteil vom 29. Juli 2004 hat das SG die Klage abgewiesen, wobei es sich für seine Feststellung, dass der Kläger noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen verfüge, auf das Gutachten der Sachverständigen E. gestützt hat.
Gegen dieses Urteil - dem Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 11. August 2004 - hat der Kläger am 9. September 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, weder das Sozialgericht noch die Sachverständige hätten sich mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt, dass es bei ihm aufgrund einer anankastischen Persönlichkeitsstruktur unter Zeit- und Leistungsdruck zu raschen Erschöpfungszuständen bei gleichzeitig bestehenden depressiven Erschöpfungszuständen komme, und diese Tatsache der Annahme, er könne eine Erwerbstätigkeit noch vollschichtig ausüben, widerspreche.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26 August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anrechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angegriffenen Urteil.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens von Dr. med. L., Psychiater und Psychotherapeut. In seinem Gutachten vom 20. August 2005 hat Dr. L. u.a. ausgeführt, beim Kläger liege eine vieljährige schwerwiegende, chronifizierte sowie fixierte gemischte affektive Störung mit somatischem Korrelat auf dem Hintergrund einer neurotischen Persönlichkeitsentwicklung mit ängstlich-vermeidenden, depressiven und pedantisch anmutenden Zügen vor. Außerdem fänden sich bei ihm eingeschränkte psychische Fähigkeiten zur Verarbeitung lebenstypischer und seelischer Belastungen sowie körperlicher Erkrankungen. Die von Angst und sozialem Rückzug geprägte Symptomatik bestehe seit vielen Jahren, sie sei aufgrund des Herzinfarktes dekompensiert. Die Erkrankung habe auch zu einem erheblichen, regressiven Rückzug geführt. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Allenfalls kämen noch leichte körperliche und geistige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere nervliche Beanspruchung und ohne Publikumsverkehr in Betracht, wobei ihm auch häufige und arbeitsunübliche Erholungspausen zu ermöglichen seien. Für die Ausübung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit und für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei die Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden pro Arbeitstag abgesunken. Falls vom Kläger eine längerdauernde Tätigkeit erwartet werde, sei davon auszugehen, dass diese Tätigkeit erst gar nicht aufgenommen oder gegebenenfalls während der Arbeitszeit wegen verschiedenartiger und wechselnder seelischer und körperlicher Beschwerden - Symptome, die eigentlich Ausdruck einer psychischen Überforderung seien - unterbrochen würde.
Für den Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. am 23. Januar 2006 ausgeführt, soweit erkennbar, verfüge der Kläger noch über einen gut strukturierten Tagesablauf, sei weiterhin sozial integriert (Gesangverein), fahre Auto, mache Spaziergänge und betreibe eine Nebenerwerbslandwirtschaft. Andererseits sei er nur locker haus- und nervenärztlich eingebunden und erhalte zur Nacht lediglich ein mildes pflanzliches Antidepressivum, woraus geschlossen werden könne, dass er sich bei geringem Leidensdruck mit seiner jetzigen Situation recht gut arrangiert habe. Dr. L. setze sich hiermit nicht auseinander und leite aus den dargebrachten Beschwerden mit einem unter dreistündigen Leistungsvermögen und noch zusätzlich erforderlichen Erholungspausen ein wenig realistisches Leistungsbild ab. Um so kritischer gehe er mit den Vorgutachtern um. Biographische Ereignisse zur Ableitung und Sicherung der Diagnose stünden für die sozialmedizinische Fragestellung nicht im Vordergrund. Vielmehr seien entsprechend der ICF-Kriterien die tatsächlichen funktionellen Einschränkungen im Alltagsleben zu werten, um eine schlüssige Leistungsbeurteilung treffen zu können. Dahingehend fänden sich im Gutachten von Dr. L. keine derartigen Beeinträchtigungen, dass sich hieraus ein aufgehobenes Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne Zeitdruck, Publikumsverkehr und ohne Nachtschicht ableiten ließe.
Der Kläger hat eine ärztliche Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Dr. K. vom 30. Mai 2006 vorgelegt, in der u.a. ausgeführt wird, der strukturierte Tagesablauf sei aktive Hilfe gegen die immer wiederkehrenden depressiven Episoden und dürfe daher nicht als Argument für einen sechsstündigen Tagesablauf genutzt werden.
In einer weiteren Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 6. Oktober 2006 erklärte Dr. G., dass er die geäußerte Ansicht, der wiederholt dokumentierte gut strukturierte Tagesablauf dürfe ausschließlich für positiv empfundene Tätigkeiten herangezogen werden und jeglicher Erwerbstätigkeit müsse ein krankmachender Effekt beigemessen werden, nicht nachvollziehen könne. Sie widerspreche auch den Vorstellungen in der Rehabilitation psychisch Kranker. Er finde sowohl im Gutachten von Dr. L. als auch in der aktuellen Stellungnahme von Dr. K. weiterhin keine Argumente, die realistisch gegen die Zumutbarkeit einer leichten Tätigkeit ohne Zeitdruck über einen Zeitraum von sechs Stunden und mehr sprächen.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten des Senats, der Klageakten des SG (S 11 RJ 2940/01 und S 8 RJ 2818/03) und der über den Kläger geführten Rentenakten () Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der hier anzuwendenden seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert im Sinne dieser Regelung sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI sind Versicherte, die unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein können, nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Unter Beachtung dieses Prüfungsmaßstabs ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Nach Überzeugung des Senats kann der Kläger, der im internistischen und orthopädischen Bereich unter linksventrikulärem Kontraktionsverhalten ohne Hinweis auf erneute Koronarinsuffizienz nach Vorderwandinfarkt im April 2000, einer Arthrose im rechten Ellenbogengelenk, arterieller Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, rezidiviererder Beschwerden der Kniegelenke ohne Funktionseinschränkung sowie einer Abnutzungserscheinung der Wirbelsäule mit leichter Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule leidet, noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, ohne Gefährdung durch laufende offene Maschinen verrichten. Dieses in den internistischen und orthopädischen Stellungnahmen und Gutachten übereinstimmend und überzeugend festgestellte Leistungsvermögen wird durch die psychischen Beschwerden des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt. Diese Überzeugung stützt der Senat insbesondere auf den Ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums Lindenallee, B. S. vom 1. März 2001. Ebenso wie der Sachverständige Dr. L. hält der Senat das Gutachten von Dr. E. nicht für beweiskräftig. Denn dieses Gutachten genügt nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Begutachtung (Auswertung der Akten, Anamnese, Befunderhebung, Beurteilung der Befunde - mit Ausschluss oder Annahme von Aggravation, Simulation oder Dissimulation -, Diagnostik, Ermittlung des Schweregrades, Beurteilung des Restleistungsvermögens mit Blick auf die rentenrechtliche Fragestellung).
Der Kläger hat im Rehabilitationszentrums Lindenallee, B. S. in der Zeit vom 24. Januar 2001 bis zum 28. Februar 2001 an einer stationären Heilbehandlung teilgenommen. Im Entlassungsbericht wurden auf psychiatrischem Fachgebiet eine Anpassungsstörung im Sinne einer depressiven Reaktion, Verdacht auf ängstliche Persönlichkeit und Zustand nach Medikamentabhängigkeit diagnostiziert. Der Kläger wurde als vollschichtig erwerbsfähig angesehen, wobei ihm Tätigkeiten unter Zeitdruck nicht mehr zugemutet werden könnten. Des weiteren bestünden Einschränkungen des Konzentrations- und Reaktionsvermögens sowie des Umstellungs- und Anpassungsvermögens. Dieser Einschätzung liegen nicht nur eingehende Untersuchungen, sondern auch eine mehr als vierwöchige Behandlung und Beobachtung zugrunde. Ihr kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Sie wird durch das Gutachten von Dr. L. vom 20. August 2005 nicht in Frage gestellt, da diese hinsichtlich der Leistungseinschätzung nicht überzeugt. Festzustellen ist zunächst, dass die von dem Sachverständigen gestellte Diagnose im Wesentlichen mit derjenigen im Entlassungsbericht vom 1. März 2001 übereinstimmt. Dr. L. geht diagnostisch von einer durch den Herzinfarkt ausgelösten erheblichen Anpassungsstörung im Sinne einer depressiven Reaktion mit ängstlichen Äquivalenten aus, eine Erkrankung, die der ICD-10 Klassifikation F43.2 entspreche. Ferner liege eine gemischte komorbide Störung im Sinne einer affektiven Störung entsprechend ICD-10: F41.37 (andere gemischte Angststörung) und eine - nach den Befunden von Dr. L. nicht aktuelle - Medikamentenabhängigkeit entsprechend ICD-10: F13.20 (Störungen durch Sedativa und Hypnotika) auf dem Hintergrund einer auffälligen, neurotischen Persönlichkeit vor. Sie gehen damit beide von einer Anpassungsstörung i.S. einer depressiven Reaktion und der Medikamentenabhängigkeit als Folge einer komorbiden Störung aus, die Dr. L. als affektive Störung und der Heilverfahrensentlassungsbericht vom 1. März 2001 als (Verdacht auf) Angststörung bezeichnet. Diese Diagnose hält der Senat für zutreffend. Soweit Dr. D. in seinem Gutachten vom 12. Mai 2003 eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert hat, ist dem Gutachten von Dr. L., der mit überzeugenden Gründen eine Somatisierungsstörung ausschließt, der Vorzug zu geben. Deutliche Unterschiede ergeben sich zwischen dem Gutachten von Dr. L. und dem Entlassungsbericht dagegen bei der Einschätzung der dem Kläger täglich im Hinblick auf die psychischen Beschwerden zumutbaren regelmäßigen Arbeitszeit. Der den Kläger behandelnde Facharzt Dr. K. und der Sachverständige Dr. L. kommen im Gegensatz zu den übrigen vorliegenden ärztlichen und gutachterlichen Einschätzungen und insbesondere - ohne eine Verschlechterung seit 2000 anzunehmen - im Gegensatz zur Leistungseinschätzung im Entlassungsbericht vom 1. März 2001 zu dem Ergebnis, dass der Kläger eine Erwerbstätigkeit überhaupt nicht bzw. nur noch unter drei Stunden täglich ausüben könne. Soweit Dr. L. feststellt, dass allenfalls noch leichte körperliche und geistige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere nervliche Beanspruchung und ohne Publikumsverkehr in Betracht kämen, lässt sich dies anhand der vom Gutachter festgestellten Störungen und deren Beschreibung nachvollziehen. Dagegen wird die Notwendigkeit häufiger und arbeitsunüblicher Erholungspausen zusätzlich zur Vermeidung besonderer nervlicher Beanspruchung und dem Ausschluss von Publikumsverkehr nicht begründet. Für die Annahme, dass die Fähigkeit des Klägers auch zur Ausübung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf weniger als drei Stunden pro Arbeitstag abgesunken ist, fehlt es ebenso an einer nachvollziehbaren Darstellung des Zusammenhangs dieser zeitlichen Beschränkung mit konkreten Beeinträchtigungen durch die festgestellten Störungen. Damit, dass es durch die gesundheitliche Störung zu einer erheblichen Veränderung mit einer um die Erkrankung kreisenden Einengung des Denkens komme mit der Folge, dass die Lebensführung aber auch die Copingstrategien für lebenstypische Belastungen erheblich eingeschränkt seien, und durch diese gedankliche Einengung Motivation, Ausdauer, seelische und körperliche Belastbarkeit aber auch Konzentration und Merkfähigkeit gravierend beeinträchtigt seien, lässt sich die Einschränkung der zeitlichen Belastbarkeit des Klägers nicht begründen. Denn Dr. L. legt nicht dar, dass er gerade diese Beeinträchtigungen beim Kläger konkret feststellen konnte. Auch er geht aber von einem seit 2000 unveränderten Gesundheitszustand aus. Angesichts dessen ist seiner Einschätzung die nach vierwöchiger Beobachtung und Behandlung erfolgte und deshalb besonders aussagekräftige, auf der im wesentlichen gleichen Diagnose beruhende Beurteilung im Entlassungsbericht vom 1. März 2001 entgegenzuhalten, in der das Vorliegen solcher Beeinträchtigungen beim Kläger, abgesehen von einer Unsicherheit bei der Zuordnung der Jahreszahlen in der Vergangenheit, verneint wird. Soweit Dr. L. ausführt, eine Tätigkeit mit einer täglichen Arbeitszeit von drei Stunden und mehr werde vom Kläger erst gar nicht aufgenommen oder gegebenenfalls während der Arbeitszeit wegen verschiedenartiger und wechselnder seelischer und körperlicher Beschwerden - Symptome, die eigentlich Ausdruck einer psychischen Überforderung seien - unterbrochen, beruht diese Einschätzung auf nicht objektivierbaren Angaben des Klägers, wobei zudem der Sachverständige eine Aggravation nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ausschließen kann. Die Simulationsnähe neurotischer Störungen und die Schwierigkeit, solche Störungen von Fällen der Simulation und Aggravation klar zu unterscheiden, gebieten jedoch, eine eindeutig abgegrenzte Beweisantwort vom ärztlichen Sachverständigen zu verlangen und bei der Beweiswürdigung einen strengen Maßstab anzulegen (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 26; Urteil vom 12. September 1990 - 5 RJ 88/79 -; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - veröffentlicht in Juris). Denn für eine Berentung müssen alle vorgetäuschten Störungen, die in Wirklichkeit auf Simulation oder Aggravation beruhen, und auch nur gelegentlich auftretende Störungen ebenso wie Störungen, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung selbst sogleich oder doch bald überwinden kann, ausgeschieden werden (BSG, Urteil vom 2. September 1964 - 11/1 RA 90/60 ). Dem vom Sachverständigen allein aufgrund der Angaben des Klägers, die von diesem nicht spontan gemacht, sondern von einem Zettel vorgelesen wurden, angenommenen erheblichen regressiven/sozialen Rückzug steht zudem entgegen, dass der Kläger über einen gut strukturierten Tagesablauf verfügt, Auto fährt, Spaziergänge macht, sich im Gesangsverein betätigt und eine Nebenerwerbslandwirtschaft betreibt. Mit diesen Angaben des Klägers zu seiner aktuellen Lebenssituation setzt sich Dr. L. nicht auseinander. Ebenso geht er nicht darauf ein, dass der Kläger angegeben hat, ihm gehe es schon etwas besser und er könne auch wieder mehr in Gesellschaft sein, was ihm allerdings nur möglich sei, weil er nicht arbeite. Schließlich stellt Dr. L. bei der Auseinandersetzung mit den Leistungseinschätzungen der Vorgutachten wesentlich darauf ab, dass es an der Darstellung der Ressourcen des Klägers, aufgrund derer es ihm möglich sein könnte, das dort beschriebene Leistungsvermögen zu erreichen, fehle. Hierbei übersieht er jedoch, dass im Entlassungsbericht das intakte Familienleben ausdrücklich als entscheidende Ressource genannt wird. Auch nach den anamnestischen Feststellungen von Dr. L. erscheint diese Einschätzung weiterhin gültig und überzeugend.
Das oben Dargelegte gilt entsprechend für die Ausführungen des den Kläger behandelnden Facharztes Dr. K., die im Wesentlichen der Beurteilung der Belastbarkeit die Angaben des Klägers, der sich die Aufnahme einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr vorstellen kann, zugrunde legt. Demgegenüber erschließt sich auch dem Senat nicht, dass die Strukturierung des Alltags des Klägers durch eine sechsstündige Erwerbstätigkeit unter Beachtung der oben genannten Einschränkungen nicht ebenso eine Hilfe gegen depressive Episoden sein kann, wie die Strukturierung durch die oben genannten, vom Kläger bevorzugten Aktivitäten.
Der Senat ist nach alledem bei seitdem unverändertem Gesundheitszustand auf der Grundlage des Entlassungsberichts vom 1. März 2001 davon überzeugt, dass der Kläger weiterhin fähig ist, körperlich leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne besondere psychische Belastung (insbesondere ohne Zeit- und Leistungsdruck) und ohne Publikumsverkehr mindestens noch sechs Stunden täglich zu verrichten. Er ist damit nicht erwerbsgemindert.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zu beachtenden Einschränkungen. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 2001 gültigen Rechtslage auch bei noch vollschichtiger Leistungsfähigkeit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) SozR 3-2600 § 44 Nr. 8, SozR 3-2600 § 44 Nr. 17, SozR 3-2600 § 44 Nr. 12). Als Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. schwere spezifische Leistungsbehinderungen sind nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - a.a.O.) besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (SozR 2200 § 1246 Nr. 17), i.V.m. anderen Einschränkungen die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen (SozR 2200 § 1246 Nr. 136), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Notwendigkeit halbstündigen Wechselns von Sitzen und Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), regelmäßig einmal in der Woche auftretende Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14), Einarmigkeit oder Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), Gefährdung der eigenen Person oder der Umgebung durch kurzfristige Schwindelanfälle mit Ausschluss von Fließband- oder Akkordarbeit für körperlich leichte und fachlich einfache Frauenarbeiten (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 23), sodann Sehstörungen, mit Bewegungseinschränkungen der Hände, und Arbeit unter Ausschluss bestimmter Umwelteinflüsse wie Kälte, Nässe oder Staub (SozR 3-2600 § 43 Nr. 21) sowie Gebrauchsunfähigkeit einer Hand (Urteil vom 23. August 2001 B 13 RJ 13/01 R -, veröffentlicht in Juris) anzusehen.
Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung führt diese hier zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Beim Kläger liegt weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die sein Leistungsvermögen in einer zur Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anlass gebenden Weise einschränken. Insbesondere folgt der Senat wie dargelegt nicht der im Gutachten von Dr. L. vertretenen Einschätzung, dass eine Einengung des Denkens mit Auswirkungen auf Motivation, Ausdauer, Merk- und Konzentrationsfähigkeit beim Kläger besteht. Der Kläger kann nach Überzeugung des Senats daher insbesondere auch noch Überwachungstätigkeiten sechs Stunden täglich versicherungspflichtig wahrnehmen. Es genügt die Feststellung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers für Verrichtungen, wie sie im Rahmen der genannten Tätigkeiten erforderlich sind, ausreichend ist und ihm diese zumutbar sind, so dass ihm deshalb noch Tätigkeitsfelder des allgemeinen Arbeitsmarktes offen stehen.
Nach alledem besteht somit kein Anspruch der Klägers auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1948 geborene Kläger hat den Beruf des Zimmermanns erlernt (Gesellenbrief vom 4. April 1967) und den erlernten Beruf versicherungspflichtig bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit im April 2000 ausgeübt; nach Lohnfortzahlung bezog er ab Juni 2000 Krankengeld.
Mit Bescheid vom 19. Juli 2001 wurde dem Kläger auf seinen im Jahre 2000 gestellten Rentenantrag Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. März 2001 in Höhe von 1388,29 DM netto gewährt. Im Bescheid wird ausgeführt, die Rente beginne am 1. März 2001, weil - wegen einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme vom 24. Januar bis 28. Februar 2001 im Rehabilitationszentrum Lindenallee, B. S. - bis dahin ein Anspruch auf Übergangsgeld, Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld bestehe. Im ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums vom 1. März 2001 wurde angegeben, dass der Kläger zwar seinen bisherigen Beruf nur noch weniger als zwei Stunden in der Woche ausüben könne, aber im Übrigen vollschichtige Erwerbstätigkeit mit bestimmten qualitativen Einschränkungen möglich sei. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte im Bescheid vom 19. Juli 2001 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 9. Oktober 2001 zurückgewiesen. Die auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerichtete Klage zum Sozialgericht Freiburg wurde nach Ermittlungen mit rechtskräftigem Urteil vom 22. August 2002 als unbegründet abgewiesen (Az.: S 11 RJ 2940/01).
Am 18. März 2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, mit der Begründung, dass sich sein Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert habe. Die Beklagte holte ein Gutachten von Dr. D., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, und ein sozialmedizinisches Gutachten von Frau B., Ärztliche Untersuchungsstelle der Beklagten in L., ein. Dr. D. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 14. Mai 2003 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung, einen Zustand nach Vorderwandinfarkt sowie eine Arthrose am Ellenbogengelenk rechts. Der Kläger sei für Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne besondere Belastung und ohne Publikumsverkehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsetzbar. Frau B. hielt in ihrem Gutachten vom 23. März 2003 den an einer Fettstoffwechselstörung und Verschleißerscheinungen des Haltungs- und Bewegungsapparates leidenden Kläger mit qualitativen Einschränkungen für vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen. Mit Bescheid vom 2. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger legte am 12. Juni 2003 Widerspruch ein und bezog sich auf ärztliche Bescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. F. vom 24. Juli 2003 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 24. Juli 2003. Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Ärztin B. (Stellungnahme vom 26. Juni 2003) und ihrer beratenden Ärzte (Stellungnahmen vom 1. Juli 2003 und vom 4. August 2003) ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2003 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der zum Sozialgericht Freiburg am 12.09.2003 erhobenen Klage hat der Kläger unter Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigungen der ihn behandelnden Ärzte Dr. K. und Dr. F. sein Begehren weiterverfolgt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vom 15. Januar 2004 der Fachärztin für Psychiatrie Dr. E ... Die Sachverständige hat auf ihrem Fachgebiet eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine anankastische Persönlichkeitsstörung und eine gegenwärtig abstinente Benzodiazepinabhängigkeit konstatiert: Der Kläger verfüge noch über ein qualitativ eingeschränktes vollschichtiges Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten. Mit Urteil vom 29. Juli 2004 hat das SG die Klage abgewiesen, wobei es sich für seine Feststellung, dass der Kläger noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen verfüge, auf das Gutachten der Sachverständigen E. gestützt hat.
Gegen dieses Urteil - dem Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 11. August 2004 - hat der Kläger am 9. September 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, weder das Sozialgericht noch die Sachverständige hätten sich mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt, dass es bei ihm aufgrund einer anankastischen Persönlichkeitsstruktur unter Zeit- und Leistungsdruck zu raschen Erschöpfungszuständen bei gleichzeitig bestehenden depressiven Erschöpfungszuständen komme, und diese Tatsache der Annahme, er könne eine Erwerbstätigkeit noch vollschichtig ausüben, widerspreche.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26 August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anrechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. März 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angegriffenen Urteil.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens von Dr. med. L., Psychiater und Psychotherapeut. In seinem Gutachten vom 20. August 2005 hat Dr. L. u.a. ausgeführt, beim Kläger liege eine vieljährige schwerwiegende, chronifizierte sowie fixierte gemischte affektive Störung mit somatischem Korrelat auf dem Hintergrund einer neurotischen Persönlichkeitsentwicklung mit ängstlich-vermeidenden, depressiven und pedantisch anmutenden Zügen vor. Außerdem fänden sich bei ihm eingeschränkte psychische Fähigkeiten zur Verarbeitung lebenstypischer und seelischer Belastungen sowie körperlicher Erkrankungen. Die von Angst und sozialem Rückzug geprägte Symptomatik bestehe seit vielen Jahren, sie sei aufgrund des Herzinfarktes dekompensiert. Die Erkrankung habe auch zu einem erheblichen, regressiven Rückzug geführt. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Allenfalls kämen noch leichte körperliche und geistige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere nervliche Beanspruchung und ohne Publikumsverkehr in Betracht, wobei ihm auch häufige und arbeitsunübliche Erholungspausen zu ermöglichen seien. Für die Ausübung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit und für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei die Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden pro Arbeitstag abgesunken. Falls vom Kläger eine längerdauernde Tätigkeit erwartet werde, sei davon auszugehen, dass diese Tätigkeit erst gar nicht aufgenommen oder gegebenenfalls während der Arbeitszeit wegen verschiedenartiger und wechselnder seelischer und körperlicher Beschwerden - Symptome, die eigentlich Ausdruck einer psychischen Überforderung seien - unterbrochen würde.
Für den Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten hat Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. am 23. Januar 2006 ausgeführt, soweit erkennbar, verfüge der Kläger noch über einen gut strukturierten Tagesablauf, sei weiterhin sozial integriert (Gesangverein), fahre Auto, mache Spaziergänge und betreibe eine Nebenerwerbslandwirtschaft. Andererseits sei er nur locker haus- und nervenärztlich eingebunden und erhalte zur Nacht lediglich ein mildes pflanzliches Antidepressivum, woraus geschlossen werden könne, dass er sich bei geringem Leidensdruck mit seiner jetzigen Situation recht gut arrangiert habe. Dr. L. setze sich hiermit nicht auseinander und leite aus den dargebrachten Beschwerden mit einem unter dreistündigen Leistungsvermögen und noch zusätzlich erforderlichen Erholungspausen ein wenig realistisches Leistungsbild ab. Um so kritischer gehe er mit den Vorgutachtern um. Biographische Ereignisse zur Ableitung und Sicherung der Diagnose stünden für die sozialmedizinische Fragestellung nicht im Vordergrund. Vielmehr seien entsprechend der ICF-Kriterien die tatsächlichen funktionellen Einschränkungen im Alltagsleben zu werten, um eine schlüssige Leistungsbeurteilung treffen zu können. Dahingehend fänden sich im Gutachten von Dr. L. keine derartigen Beeinträchtigungen, dass sich hieraus ein aufgehobenes Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne Zeitdruck, Publikumsverkehr und ohne Nachtschicht ableiten ließe.
Der Kläger hat eine ärztliche Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Dr. K. vom 30. Mai 2006 vorgelegt, in der u.a. ausgeführt wird, der strukturierte Tagesablauf sei aktive Hilfe gegen die immer wiederkehrenden depressiven Episoden und dürfe daher nicht als Argument für einen sechsstündigen Tagesablauf genutzt werden.
In einer weiteren Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten vom 6. Oktober 2006 erklärte Dr. G., dass er die geäußerte Ansicht, der wiederholt dokumentierte gut strukturierte Tagesablauf dürfe ausschließlich für positiv empfundene Tätigkeiten herangezogen werden und jeglicher Erwerbstätigkeit müsse ein krankmachender Effekt beigemessen werden, nicht nachvollziehen könne. Sie widerspreche auch den Vorstellungen in der Rehabilitation psychisch Kranker. Er finde sowohl im Gutachten von Dr. L. als auch in der aktuellen Stellungnahme von Dr. K. weiterhin keine Argumente, die realistisch gegen die Zumutbarkeit einer leichten Tätigkeit ohne Zeitdruck über einen Zeitraum von sechs Stunden und mehr sprächen.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten des Senats, der Klageakten des SG (S 11 RJ 2940/01 und S 8 RJ 2818/03) und der über den Kläger geführten Rentenakten () Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der hier anzuwendenden seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert im Sinne dieser Regelung sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI sind Versicherte, die unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein können, nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Unter Beachtung dieses Prüfungsmaßstabs ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Nach Überzeugung des Senats kann der Kläger, der im internistischen und orthopädischen Bereich unter linksventrikulärem Kontraktionsverhalten ohne Hinweis auf erneute Koronarinsuffizienz nach Vorderwandinfarkt im April 2000, einer Arthrose im rechten Ellenbogengelenk, arterieller Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, rezidiviererder Beschwerden der Kniegelenke ohne Funktionseinschränkung sowie einer Abnutzungserscheinung der Wirbelsäule mit leichter Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule leidet, noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, ohne Gefährdung durch laufende offene Maschinen verrichten. Dieses in den internistischen und orthopädischen Stellungnahmen und Gutachten übereinstimmend und überzeugend festgestellte Leistungsvermögen wird durch die psychischen Beschwerden des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt. Diese Überzeugung stützt der Senat insbesondere auf den Ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums Lindenallee, B. S. vom 1. März 2001. Ebenso wie der Sachverständige Dr. L. hält der Senat das Gutachten von Dr. E. nicht für beweiskräftig. Denn dieses Gutachten genügt nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Begutachtung (Auswertung der Akten, Anamnese, Befunderhebung, Beurteilung der Befunde - mit Ausschluss oder Annahme von Aggravation, Simulation oder Dissimulation -, Diagnostik, Ermittlung des Schweregrades, Beurteilung des Restleistungsvermögens mit Blick auf die rentenrechtliche Fragestellung).
Der Kläger hat im Rehabilitationszentrums Lindenallee, B. S. in der Zeit vom 24. Januar 2001 bis zum 28. Februar 2001 an einer stationären Heilbehandlung teilgenommen. Im Entlassungsbericht wurden auf psychiatrischem Fachgebiet eine Anpassungsstörung im Sinne einer depressiven Reaktion, Verdacht auf ängstliche Persönlichkeit und Zustand nach Medikamentabhängigkeit diagnostiziert. Der Kläger wurde als vollschichtig erwerbsfähig angesehen, wobei ihm Tätigkeiten unter Zeitdruck nicht mehr zugemutet werden könnten. Des weiteren bestünden Einschränkungen des Konzentrations- und Reaktionsvermögens sowie des Umstellungs- und Anpassungsvermögens. Dieser Einschätzung liegen nicht nur eingehende Untersuchungen, sondern auch eine mehr als vierwöchige Behandlung und Beobachtung zugrunde. Ihr kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Sie wird durch das Gutachten von Dr. L. vom 20. August 2005 nicht in Frage gestellt, da diese hinsichtlich der Leistungseinschätzung nicht überzeugt. Festzustellen ist zunächst, dass die von dem Sachverständigen gestellte Diagnose im Wesentlichen mit derjenigen im Entlassungsbericht vom 1. März 2001 übereinstimmt. Dr. L. geht diagnostisch von einer durch den Herzinfarkt ausgelösten erheblichen Anpassungsstörung im Sinne einer depressiven Reaktion mit ängstlichen Äquivalenten aus, eine Erkrankung, die der ICD-10 Klassifikation F43.2 entspreche. Ferner liege eine gemischte komorbide Störung im Sinne einer affektiven Störung entsprechend ICD-10: F41.37 (andere gemischte Angststörung) und eine - nach den Befunden von Dr. L. nicht aktuelle - Medikamentenabhängigkeit entsprechend ICD-10: F13.20 (Störungen durch Sedativa und Hypnotika) auf dem Hintergrund einer auffälligen, neurotischen Persönlichkeit vor. Sie gehen damit beide von einer Anpassungsstörung i.S. einer depressiven Reaktion und der Medikamentenabhängigkeit als Folge einer komorbiden Störung aus, die Dr. L. als affektive Störung und der Heilverfahrensentlassungsbericht vom 1. März 2001 als (Verdacht auf) Angststörung bezeichnet. Diese Diagnose hält der Senat für zutreffend. Soweit Dr. D. in seinem Gutachten vom 12. Mai 2003 eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert hat, ist dem Gutachten von Dr. L., der mit überzeugenden Gründen eine Somatisierungsstörung ausschließt, der Vorzug zu geben. Deutliche Unterschiede ergeben sich zwischen dem Gutachten von Dr. L. und dem Entlassungsbericht dagegen bei der Einschätzung der dem Kläger täglich im Hinblick auf die psychischen Beschwerden zumutbaren regelmäßigen Arbeitszeit. Der den Kläger behandelnde Facharzt Dr. K. und der Sachverständige Dr. L. kommen im Gegensatz zu den übrigen vorliegenden ärztlichen und gutachterlichen Einschätzungen und insbesondere - ohne eine Verschlechterung seit 2000 anzunehmen - im Gegensatz zur Leistungseinschätzung im Entlassungsbericht vom 1. März 2001 zu dem Ergebnis, dass der Kläger eine Erwerbstätigkeit überhaupt nicht bzw. nur noch unter drei Stunden täglich ausüben könne. Soweit Dr. L. feststellt, dass allenfalls noch leichte körperliche und geistige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere nervliche Beanspruchung und ohne Publikumsverkehr in Betracht kämen, lässt sich dies anhand der vom Gutachter festgestellten Störungen und deren Beschreibung nachvollziehen. Dagegen wird die Notwendigkeit häufiger und arbeitsunüblicher Erholungspausen zusätzlich zur Vermeidung besonderer nervlicher Beanspruchung und dem Ausschluss von Publikumsverkehr nicht begründet. Für die Annahme, dass die Fähigkeit des Klägers auch zur Ausübung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf weniger als drei Stunden pro Arbeitstag abgesunken ist, fehlt es ebenso an einer nachvollziehbaren Darstellung des Zusammenhangs dieser zeitlichen Beschränkung mit konkreten Beeinträchtigungen durch die festgestellten Störungen. Damit, dass es durch die gesundheitliche Störung zu einer erheblichen Veränderung mit einer um die Erkrankung kreisenden Einengung des Denkens komme mit der Folge, dass die Lebensführung aber auch die Copingstrategien für lebenstypische Belastungen erheblich eingeschränkt seien, und durch diese gedankliche Einengung Motivation, Ausdauer, seelische und körperliche Belastbarkeit aber auch Konzentration und Merkfähigkeit gravierend beeinträchtigt seien, lässt sich die Einschränkung der zeitlichen Belastbarkeit des Klägers nicht begründen. Denn Dr. L. legt nicht dar, dass er gerade diese Beeinträchtigungen beim Kläger konkret feststellen konnte. Auch er geht aber von einem seit 2000 unveränderten Gesundheitszustand aus. Angesichts dessen ist seiner Einschätzung die nach vierwöchiger Beobachtung und Behandlung erfolgte und deshalb besonders aussagekräftige, auf der im wesentlichen gleichen Diagnose beruhende Beurteilung im Entlassungsbericht vom 1. März 2001 entgegenzuhalten, in der das Vorliegen solcher Beeinträchtigungen beim Kläger, abgesehen von einer Unsicherheit bei der Zuordnung der Jahreszahlen in der Vergangenheit, verneint wird. Soweit Dr. L. ausführt, eine Tätigkeit mit einer täglichen Arbeitszeit von drei Stunden und mehr werde vom Kläger erst gar nicht aufgenommen oder gegebenenfalls während der Arbeitszeit wegen verschiedenartiger und wechselnder seelischer und körperlicher Beschwerden - Symptome, die eigentlich Ausdruck einer psychischen Überforderung seien - unterbrochen, beruht diese Einschätzung auf nicht objektivierbaren Angaben des Klägers, wobei zudem der Sachverständige eine Aggravation nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ausschließen kann. Die Simulationsnähe neurotischer Störungen und die Schwierigkeit, solche Störungen von Fällen der Simulation und Aggravation klar zu unterscheiden, gebieten jedoch, eine eindeutig abgegrenzte Beweisantwort vom ärztlichen Sachverständigen zu verlangen und bei der Beweiswürdigung einen strengen Maßstab anzulegen (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 26; Urteil vom 12. September 1990 - 5 RJ 88/79 -; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - veröffentlicht in Juris). Denn für eine Berentung müssen alle vorgetäuschten Störungen, die in Wirklichkeit auf Simulation oder Aggravation beruhen, und auch nur gelegentlich auftretende Störungen ebenso wie Störungen, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung selbst sogleich oder doch bald überwinden kann, ausgeschieden werden (BSG, Urteil vom 2. September 1964 - 11/1 RA 90/60 ). Dem vom Sachverständigen allein aufgrund der Angaben des Klägers, die von diesem nicht spontan gemacht, sondern von einem Zettel vorgelesen wurden, angenommenen erheblichen regressiven/sozialen Rückzug steht zudem entgegen, dass der Kläger über einen gut strukturierten Tagesablauf verfügt, Auto fährt, Spaziergänge macht, sich im Gesangsverein betätigt und eine Nebenerwerbslandwirtschaft betreibt. Mit diesen Angaben des Klägers zu seiner aktuellen Lebenssituation setzt sich Dr. L. nicht auseinander. Ebenso geht er nicht darauf ein, dass der Kläger angegeben hat, ihm gehe es schon etwas besser und er könne auch wieder mehr in Gesellschaft sein, was ihm allerdings nur möglich sei, weil er nicht arbeite. Schließlich stellt Dr. L. bei der Auseinandersetzung mit den Leistungseinschätzungen der Vorgutachten wesentlich darauf ab, dass es an der Darstellung der Ressourcen des Klägers, aufgrund derer es ihm möglich sein könnte, das dort beschriebene Leistungsvermögen zu erreichen, fehle. Hierbei übersieht er jedoch, dass im Entlassungsbericht das intakte Familienleben ausdrücklich als entscheidende Ressource genannt wird. Auch nach den anamnestischen Feststellungen von Dr. L. erscheint diese Einschätzung weiterhin gültig und überzeugend.
Das oben Dargelegte gilt entsprechend für die Ausführungen des den Kläger behandelnden Facharztes Dr. K., die im Wesentlichen der Beurteilung der Belastbarkeit die Angaben des Klägers, der sich die Aufnahme einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr vorstellen kann, zugrunde legt. Demgegenüber erschließt sich auch dem Senat nicht, dass die Strukturierung des Alltags des Klägers durch eine sechsstündige Erwerbstätigkeit unter Beachtung der oben genannten Einschränkungen nicht ebenso eine Hilfe gegen depressive Episoden sein kann, wie die Strukturierung durch die oben genannten, vom Kläger bevorzugten Aktivitäten.
Der Senat ist nach alledem bei seitdem unverändertem Gesundheitszustand auf der Grundlage des Entlassungsberichts vom 1. März 2001 davon überzeugt, dass der Kläger weiterhin fähig ist, körperlich leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne besondere psychische Belastung (insbesondere ohne Zeit- und Leistungsdruck) und ohne Publikumsverkehr mindestens noch sechs Stunden täglich zu verrichten. Er ist damit nicht erwerbsgemindert.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zu beachtenden Einschränkungen. Grundsätzlich bedarf es bei Versicherten, die noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten mit zusätzlichen Einschränkungen verrichten können, nicht der konkreten Benennung (zumindest) einer Verweisungstätigkeit. Ausnahmsweise hat die Rechtsprechung auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 2001 gültigen Rechtslage auch bei noch vollschichtiger Leistungsfähigkeit die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit aber in solchen Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. BSG, Beschlüsse des Großen Senats (GrS) SozR 3-2600 § 44 Nr. 8, SozR 3-2600 § 44 Nr. 17, SozR 3-2600 § 44 Nr. 12). Als Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. schwere spezifische Leistungsbehinderungen sind nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 5 RJ 48/03 R - a.a.O.) besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (SozR 2200 § 1246 Nr. 17), i.V.m. anderen Einschränkungen die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen (SozR 2200 § 1246 Nr. 136), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Notwendigkeit halbstündigen Wechselns von Sitzen und Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), regelmäßig einmal in der Woche auftretende Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14), Einarmigkeit oder Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), Gefährdung der eigenen Person oder der Umgebung durch kurzfristige Schwindelanfälle mit Ausschluss von Fließband- oder Akkordarbeit für körperlich leichte und fachlich einfache Frauenarbeiten (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 23), sodann Sehstörungen, mit Bewegungseinschränkungen der Hände, und Arbeit unter Ausschluss bestimmter Umwelteinflüsse wie Kälte, Nässe oder Staub (SozR 3-2600 § 43 Nr. 21) sowie Gebrauchsunfähigkeit einer Hand (Urteil vom 23. August 2001 B 13 RJ 13/01 R -, veröffentlicht in Juris) anzusehen.
Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung führt diese hier zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Beim Kläger liegt weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die sein Leistungsvermögen in einer zur Prüfung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anlass gebenden Weise einschränken. Insbesondere folgt der Senat wie dargelegt nicht der im Gutachten von Dr. L. vertretenen Einschätzung, dass eine Einengung des Denkens mit Auswirkungen auf Motivation, Ausdauer, Merk- und Konzentrationsfähigkeit beim Kläger besteht. Der Kläger kann nach Überzeugung des Senats daher insbesondere auch noch Überwachungstätigkeiten sechs Stunden täglich versicherungspflichtig wahrnehmen. Es genügt die Feststellung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers für Verrichtungen, wie sie im Rahmen der genannten Tätigkeiten erforderlich sind, ausreichend ist und ihm diese zumutbar sind, so dass ihm deshalb noch Tätigkeitsfelder des allgemeinen Arbeitsmarktes offen stehen.
Nach alledem besteht somit kein Anspruch der Klägers auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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