Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 5684/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 4978/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 8.09.2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung eines Existenzgründungszuschusses.
Die 1958 geborene Ast. war vom 04.05. bis 22.06.2006 befristet versicherungspflichtig beschäftigt. Am 18.05.2006 meldete sie sich bei der Antragsgegnerin (Ag.) arbeitssuchend und beantragte zugleich die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Im Antragsformular gab sie an, sie werde am 27.06.2006 eine mehr als kurzzeitige, hauptberufliche selbständige Tätigkeit als Handelsvertreterin aufnehmen. Als Kurzbeschreibung gab die Ast. Kundenkarten-Lösung für Handel, Ladengeschäfte, Dienstleister und Handwerker an. Die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung nach § 421 l Abs. 1 Nr. 3 SGB III war beigefügt, ebenso ein Gründungsplan.
Mit Bescheid vom 16.06.2006 bewilligte die Ag. Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23.06.2006 bis 22.12.2006. Für die Zeit vom 23.06. bis 29.06.2006 wurde eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB III festgestellt. Hiergegen erhob die Ast. am 03.07.2006 Widerspruch, den die Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2006 zurückwies. Diesbezüglich ist unter dem Az. S 4 AL 5680/06 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart ein Klageverfahren anhängig. Mit Bescheid vom 29.06.2006 hob die Ag. die Bewilligung mit Wirkung vom 27.06.2006 wieder auf. Die Entscheidung beruhte auf §§ 118 Abs. 1, 119 SGB III und § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III. Grund für die Aufhebung sei die Abmeldung der Ast. aus dem Leistungsbezug.
Mit Bescheid vom 03.07.2006 lehnte die Ag. den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ab. Dieser könne für eine Anlaufzeit gewährt werden, wenn der Berechtigte bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitslosengeld bezogen habe oder einen Anspruch hierauf gehabt habe. Durch eine Sperrzeit wegen verspäteter Meldung vom 23.06. bis 29.06.2006 sei bis zur Aufnahme der Selbständigkeit am 27.06.2006 kein Arbeitslosengeld bezogen worden. Am 06.07.2006 erhob die Ast. Widerspruch. Vom 04.05. bis 22.06.2006 sei sie befristet bei der Firma CA L. GmbH & Co. KG beschäftigt gewesen. Eine Weiterbeschäftigung sei in Aussicht gestellt worden, da über den Krankheitsverlauf der zu vertretenden Chefsekretärin noch Unsicherheit bestanden habe. Gleichwohl habe sich die Ast. am 18.05.2006 persönlich arbeitssuchend gemeldet und Antrag auf Existenzgründungszuschuss gestellt. Bei diesem Gespräch sei nicht darauf eingegangen worden, dass evtl. eine Sperrzeit entstanden sein könnte. Auch hinsichtlich des Existenzgründungszuschusses und vor allem hinsichtlich des Antrages hierzu sei nichts gesagt worden. Am 19.06.2006 habe sie vormittags angerufen und sei persönlich bei der Ag. gewesen. Trotz Kontakt mit drei Ansprechpartnern sei sie nicht sachgerecht beraten worden. Man habe ihr gesagt, sie solle den Antrag möglichst schnell vollständig und mit unterschriebenem Antragsformular abgeben. Die Gewerbeanmeldung sei am 27.06.2006 erfolgt.
Die Ast. habe die neue Regelung des § 37 b SGB III nicht gekannt. Eine Berufung auf Zeitungsmeldungen sei nicht ausreichend. Außerdem handele es sich um eine weitere Änderung der Meldeverpflichtung. Da die Ast. keinen Kontakt zur Arbeitsagentur gehabt habe, hätten ihr auch keine aktuellen Merkblätter übergeben werden können. § 37 b SGB III in der neuen Fassung gelte erst seit Ende 2005. Aus diesem Grund sei die verspätete Meldung unverschuldet. Darüber hinaus habe die Ast. habe einen Anspruch auf Neubescheidung auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Bzgl. der Antragstellung sei die Ast. falsch beraten worden. Wider besseres Wissen und in Kenntnis der Sperrzeit sei der Ast. erklärt worden, dass sie möglichst schnell ihren Antrag abgeben solle. Sachgerecht wäre gewesen, die Ast. darauf hinzuweisen, dass sie mindestens einen Tag arbeitslos sein müsse. Aufgrund des Beratungsfehlers sei der Ast. ein Schaden entstanden, da sie den Antrag nicht zur rechten Zeit habe stellen können. Bei sachgerechter Beratung hätte sie am 30.06.2006, also vor Ablauf der Regelung, einen Antrag stellen können, da zu diesem Zeitpunkt alle Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2006 wies die Ag. den Widerspruch zurück. Gem. § 421 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III werde der Zuschuss geleistet, wenn der Existenzgründer in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen habe oder eine Beschäftigung ausgeübt habe, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden sei. Die Ast. habe rechtmäßig bis einschließlich 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe bezogen. Der enge zeitliche Zusammenhang sei nur gegeben, wenn die selbständige Tätigkeit innerhalb eines Monats nach Ende des Leistungsbezugs aufgenommen worden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Ast. habe auch keine der in § 116 SGB III genannten Entgeltersatzleistungen im Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit tatsächlich bezogen. Ein evtl. bestehender oder nicht geltend gemachter Anspruch auf eine der genannten Entgeltersatzleistungen sei für den Leistungsanspruch nicht ausreichend. Nicht vorliegende Voraussetzungen für den Bezug einer Leistung könnten im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht konstruiert werden. Am 31.07.2006 stellte die Ast. beim SG Stuttgart Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Sie habe Anspruch auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, da sie ihre selbständige Tätigkeit bereits aufgenommen habe, Kosten und Ausgaben produziere und Sozialversicherungsbeiträge abführen müsse. Aufgrund der noch nicht erzielten Umsätze sei es dringend notwendig, dass der Existenzgründungszuschuss gewährt werde. Dieser sei insbesondere dazu gedacht, die Sozialversicherungsbeiträge abzudecken. Es stehe die Kündigung durch die Krankenkasse bevor, so dass sie und ihr Kind keinen Krankenversicherungsschutz haben würden. Da zur Zeit weitere Einkünfte fehlten, sei die wirtschaftliche Existenz der Ast. stark gefährdet.
Die Ag. führte dagegen aus, es fehle bereits ein materiell-rechtlicher Anordnungsanspruch, denn dieser sei hinsichtlich seiner Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht. Ein Vorbezug von Arbeitslosengeld habe wegen des Ruhens aufgrund einer Sperrzeit nicht vorgelegen. Auch ein Anordnungsgrund für den geltend gemachten Anspruch komme nicht in Betracht, da der Anspruch auf die beantragte Leistung dem Grunde nach fraglich sei. Ob die Ast. bereits Umsätze erzielt habe, sei unerheblich. Das Risiko fehlender Umsätze sei sie mit Beginn der Selbständigkeit eingegangen. Letztendlich sei sie auf Sozialhilfe zu verweisen.
Mit Beschluss vom 8.09.2006 verpflichtet das SG Stuttgart im Wege der einstweiligen Anordnung die Ag. bis Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Existenzgründungszuschuss in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Sowohl Anordnungsanspruch sowie Anordnungsgrund lägen vor. Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 421 l SGB III. Nach dieser Vorschrift haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Unstreitig sei, dass die Ast. durch die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 27.06.2006 die Arbeitslosigkeit beendet habe. Ebenso sei zwischen den Beteiligten nicht umstritten, dass die Voraussetzungen nach § 421 l Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB III - Erzielung von Arbeitseinkommen und die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der geplanten Existenzgründung - gegeben seien. Problematisch sei allein, ob die Ast. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen habe (§ 421 l Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Ein fester Zeitraum werde weder im Gesetzestext noch in der Begründung genannt. Ein nahtloser Übergang sei nicht erforderlich, die Bundesagentur halte eine Unterbrechung bis zu einem Monat zwischen dem Ende des Bezugs einer Entgeltersatzleistungen und der Aufnahme der Tätigkeit für unschädlich. Der Arbeitslosenhilfebezug bis einschließlich 31.12.2004 liege knapp sechs Monate vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, so dass insoweit jedenfalls kein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben sei. Die Ast. hätte jedoch Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23.06. bis 26.06.2006. Unschädlich sei, dass es zur Auszahlung dieser Leistungen nicht gekommen sei. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung sei eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III nicht eingetreten. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruhe der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten habe, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liege nach Satz 2 Nr. 7 der Vorschrift vor, wenn der Arbeitslose seiner Meldepflicht nach § 37 b nicht nachgekommen sei. Nach dieser Vorschrift hätte sich die Ast. innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis von der Befristung des Arbeitsverhältnisses auf den 22.06.2006 arbeitssuchend melden müssen. Die Meldung am 18.05.2006 sei somit objektiv verspätet gewesen. Eine Meldeobliegenheit werde aber lediglich dann verletzt, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft gegen diese verstoßen habe.
Dies setze voraus, dass der Arbeitnehmer hätte wissen können, dass ihm die Meldung obliegt. Hinweise der Agentur für Arbeit in den Merkblättern der Vergangenheit könnten den gesetzlichen Anforderungen des § 37 b SGB III wegen der veränderten zeitlichen Vorgaben nicht mehr entsprechen. Neue Merkblätter seien der Ast. 2006 nicht ausgehändigt worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ast. über ihren Arbeitgeber im Rahmen des befristeten Beschäftigungsverhältnisses über die neue Regelung des § 37 b SGB III aufgeklärt worden wäre. Im Gegenteil hat die Ast. bereits in dem von ihr selbst erhobenen Widerspruch gegen die Sperrzeit ausgeführt, sie sei weder von der Fa. L. noch von der Fa. CA L. auf die Meldepflicht hingewiesen worden. Mangels Kenntnis von der maßgebenden gesetzlichen Regelung habe die Ast. unverschuldet gegen die Meldeobliegenheit verstoßen. Unverschuldet verspätete Meldungen hätten jedoch keine Sperrzeit zur Folge. Nach alledem habe die Ast. Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23.06. bis 26.06.2006. Damit liege der geforderte Bezug von Entgeltersatzleistungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang vor. Der Anordnungsanspruch sei somit gegeben. Vorliegend bestehe auch ein Anordnungsgrund. Die Ast. habe mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Investitionen getätigt, der noch keine entsprechenden Einkünfte gegenüberstünden. Genau in dieser Situation solle der Existenzgründungszuschuss nach der gesetzlichen Intention eingreifen. Auch wären die Folgen für die Ast. gravierend, wenn sie die soeben gegründete Existenz aufgrund des Fehlens des Existenzgründungszuschusses wieder aufgeben müsste. Zudem sollte sich die Ag. vor Augen halten, dass die (vorläufige) Gewährung des Existenzgründungszuschusses unter Umständen finanziell erheblich günstiger sei, als wenn die Ast. die selbständige Tätigkeit aufgeben müsse und den hierdurch entstehenden Schaden gegenüber der Ag. wegen Verletzung von Beratungspflichten im Wege des Amtshaftungsanspruches geltend mache.
Gegen diesen Beschluss hat die Ag. Beschwerde eingelegt. Diese legte das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg vor.
Zur Begründung wurde vorgetragen, ein Anspruch auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses liege wegen des Eintritts einer Sperrzeit gem. § 144 Abs. 1 Satz Nr. 7 SGB III nicht vor. Bei dieser Regelung sei das versicherungswidrige Verhalten des Betroffenen bereits vor dem ersten Kontakt mit der Bundesagentur festzustellen. Auf eine Kenntnis komme es daher nicht an. Es werde ab 31.12.2005 auch keine "unverzügliche" Meldung mehr verlangt. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor, da die Ast. gewusst habe, dass eine Sperrzeit eingetreten und deshalb der vorherige Bezug von Entgeltersatzleistungen nicht möglich gewesen sei. Das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache sei der Ast. zuzumuten.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die ausgesprochene einstweilige Anordnung zutreffend dargelegt. Insoweit weist das LSG die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen, dass auch nach Ansicht des Senats es in hohem Masse wahrscheinlich ist, dass die Sperrzeit - auch in Kenntnis des Vortrags der Ag. - zu Unrecht festgestellt worden ist. Es ist zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber in der neuesten Fassung des § 37 b SGB III die Pflicht zur "unverzüglichen" Meldung als arbeitssuchend nicht mehr nennt, jedoch ist das gesamte Sanktionssystem des SGB III auf Verschulden aufgebaut. Entweder wird ein Zustand - wie etwa Arbeitslosigkeit - zumindest grob fahrlässig herbeigeführt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III) oder der Betroffene hat sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen pflichtwidrig verhalten. Erst dann ist eine Sanktion zulässig. Diese Systematik ist in entsprechender Anwendung auch beim Sperrzeittatbestand nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III zu beachten. Daraus folgt, dass gegenüber einem Versicherten, der glaubhaft machen kann von dieser Pflicht ohne eigenes Verschulden nichts gewusst zu haben, eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs.1 Satz 2 Nr. 7 SGB III nicht festgestellt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung eines Existenzgründungszuschusses.
Die 1958 geborene Ast. war vom 04.05. bis 22.06.2006 befristet versicherungspflichtig beschäftigt. Am 18.05.2006 meldete sie sich bei der Antragsgegnerin (Ag.) arbeitssuchend und beantragte zugleich die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Im Antragsformular gab sie an, sie werde am 27.06.2006 eine mehr als kurzzeitige, hauptberufliche selbständige Tätigkeit als Handelsvertreterin aufnehmen. Als Kurzbeschreibung gab die Ast. Kundenkarten-Lösung für Handel, Ladengeschäfte, Dienstleister und Handwerker an. Die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung nach § 421 l Abs. 1 Nr. 3 SGB III war beigefügt, ebenso ein Gründungsplan.
Mit Bescheid vom 16.06.2006 bewilligte die Ag. Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23.06.2006 bis 22.12.2006. Für die Zeit vom 23.06. bis 29.06.2006 wurde eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB III festgestellt. Hiergegen erhob die Ast. am 03.07.2006 Widerspruch, den die Ag. mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2006 zurückwies. Diesbezüglich ist unter dem Az. S 4 AL 5680/06 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart ein Klageverfahren anhängig. Mit Bescheid vom 29.06.2006 hob die Ag. die Bewilligung mit Wirkung vom 27.06.2006 wieder auf. Die Entscheidung beruhte auf §§ 118 Abs. 1, 119 SGB III und § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III. Grund für die Aufhebung sei die Abmeldung der Ast. aus dem Leistungsbezug.
Mit Bescheid vom 03.07.2006 lehnte die Ag. den Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ab. Dieser könne für eine Anlaufzeit gewährt werden, wenn der Berechtigte bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitslosengeld bezogen habe oder einen Anspruch hierauf gehabt habe. Durch eine Sperrzeit wegen verspäteter Meldung vom 23.06. bis 29.06.2006 sei bis zur Aufnahme der Selbständigkeit am 27.06.2006 kein Arbeitslosengeld bezogen worden. Am 06.07.2006 erhob die Ast. Widerspruch. Vom 04.05. bis 22.06.2006 sei sie befristet bei der Firma CA L. GmbH & Co. KG beschäftigt gewesen. Eine Weiterbeschäftigung sei in Aussicht gestellt worden, da über den Krankheitsverlauf der zu vertretenden Chefsekretärin noch Unsicherheit bestanden habe. Gleichwohl habe sich die Ast. am 18.05.2006 persönlich arbeitssuchend gemeldet und Antrag auf Existenzgründungszuschuss gestellt. Bei diesem Gespräch sei nicht darauf eingegangen worden, dass evtl. eine Sperrzeit entstanden sein könnte. Auch hinsichtlich des Existenzgründungszuschusses und vor allem hinsichtlich des Antrages hierzu sei nichts gesagt worden. Am 19.06.2006 habe sie vormittags angerufen und sei persönlich bei der Ag. gewesen. Trotz Kontakt mit drei Ansprechpartnern sei sie nicht sachgerecht beraten worden. Man habe ihr gesagt, sie solle den Antrag möglichst schnell vollständig und mit unterschriebenem Antragsformular abgeben. Die Gewerbeanmeldung sei am 27.06.2006 erfolgt.
Die Ast. habe die neue Regelung des § 37 b SGB III nicht gekannt. Eine Berufung auf Zeitungsmeldungen sei nicht ausreichend. Außerdem handele es sich um eine weitere Änderung der Meldeverpflichtung. Da die Ast. keinen Kontakt zur Arbeitsagentur gehabt habe, hätten ihr auch keine aktuellen Merkblätter übergeben werden können. § 37 b SGB III in der neuen Fassung gelte erst seit Ende 2005. Aus diesem Grund sei die verspätete Meldung unverschuldet. Darüber hinaus habe die Ast. habe einen Anspruch auf Neubescheidung auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Bzgl. der Antragstellung sei die Ast. falsch beraten worden. Wider besseres Wissen und in Kenntnis der Sperrzeit sei der Ast. erklärt worden, dass sie möglichst schnell ihren Antrag abgeben solle. Sachgerecht wäre gewesen, die Ast. darauf hinzuweisen, dass sie mindestens einen Tag arbeitslos sein müsse. Aufgrund des Beratungsfehlers sei der Ast. ein Schaden entstanden, da sie den Antrag nicht zur rechten Zeit habe stellen können. Bei sachgerechter Beratung hätte sie am 30.06.2006, also vor Ablauf der Regelung, einen Antrag stellen können, da zu diesem Zeitpunkt alle Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2006 wies die Ag. den Widerspruch zurück. Gem. § 421 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III werde der Zuschuss geleistet, wenn der Existenzgründer in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen habe oder eine Beschäftigung ausgeübt habe, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden sei. Die Ast. habe rechtmäßig bis einschließlich 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe bezogen. Der enge zeitliche Zusammenhang sei nur gegeben, wenn die selbständige Tätigkeit innerhalb eines Monats nach Ende des Leistungsbezugs aufgenommen worden sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Ast. habe auch keine der in § 116 SGB III genannten Entgeltersatzleistungen im Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit tatsächlich bezogen. Ein evtl. bestehender oder nicht geltend gemachter Anspruch auf eine der genannten Entgeltersatzleistungen sei für den Leistungsanspruch nicht ausreichend. Nicht vorliegende Voraussetzungen für den Bezug einer Leistung könnten im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht konstruiert werden. Am 31.07.2006 stellte die Ast. beim SG Stuttgart Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Sie habe Anspruch auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, da sie ihre selbständige Tätigkeit bereits aufgenommen habe, Kosten und Ausgaben produziere und Sozialversicherungsbeiträge abführen müsse. Aufgrund der noch nicht erzielten Umsätze sei es dringend notwendig, dass der Existenzgründungszuschuss gewährt werde. Dieser sei insbesondere dazu gedacht, die Sozialversicherungsbeiträge abzudecken. Es stehe die Kündigung durch die Krankenkasse bevor, so dass sie und ihr Kind keinen Krankenversicherungsschutz haben würden. Da zur Zeit weitere Einkünfte fehlten, sei die wirtschaftliche Existenz der Ast. stark gefährdet.
Die Ag. führte dagegen aus, es fehle bereits ein materiell-rechtlicher Anordnungsanspruch, denn dieser sei hinsichtlich seiner Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht. Ein Vorbezug von Arbeitslosengeld habe wegen des Ruhens aufgrund einer Sperrzeit nicht vorgelegen. Auch ein Anordnungsgrund für den geltend gemachten Anspruch komme nicht in Betracht, da der Anspruch auf die beantragte Leistung dem Grunde nach fraglich sei. Ob die Ast. bereits Umsätze erzielt habe, sei unerheblich. Das Risiko fehlender Umsätze sei sie mit Beginn der Selbständigkeit eingegangen. Letztendlich sei sie auf Sozialhilfe zu verweisen.
Mit Beschluss vom 8.09.2006 verpflichtet das SG Stuttgart im Wege der einstweiligen Anordnung die Ag. bis Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Existenzgründungszuschuss in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Sowohl Anordnungsanspruch sowie Anordnungsgrund lägen vor. Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 421 l SGB III. Nach dieser Vorschrift haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss. Unstreitig sei, dass die Ast. durch die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 27.06.2006 die Arbeitslosigkeit beendet habe. Ebenso sei zwischen den Beteiligten nicht umstritten, dass die Voraussetzungen nach § 421 l Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB III - Erzielung von Arbeitseinkommen und die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der geplanten Existenzgründung - gegeben seien. Problematisch sei allein, ob die Ast. in einem engen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen habe (§ 421 l Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Ein fester Zeitraum werde weder im Gesetzestext noch in der Begründung genannt. Ein nahtloser Übergang sei nicht erforderlich, die Bundesagentur halte eine Unterbrechung bis zu einem Monat zwischen dem Ende des Bezugs einer Entgeltersatzleistungen und der Aufnahme der Tätigkeit für unschädlich. Der Arbeitslosenhilfebezug bis einschließlich 31.12.2004 liege knapp sechs Monate vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, so dass insoweit jedenfalls kein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben sei. Die Ast. hätte jedoch Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23.06. bis 26.06.2006. Unschädlich sei, dass es zur Auszahlung dieser Leistungen nicht gekommen sei. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung sei eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III nicht eingetreten. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruhe der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten habe, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liege nach Satz 2 Nr. 7 der Vorschrift vor, wenn der Arbeitslose seiner Meldepflicht nach § 37 b nicht nachgekommen sei. Nach dieser Vorschrift hätte sich die Ast. innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis von der Befristung des Arbeitsverhältnisses auf den 22.06.2006 arbeitssuchend melden müssen. Die Meldung am 18.05.2006 sei somit objektiv verspätet gewesen. Eine Meldeobliegenheit werde aber lediglich dann verletzt, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft gegen diese verstoßen habe.
Dies setze voraus, dass der Arbeitnehmer hätte wissen können, dass ihm die Meldung obliegt. Hinweise der Agentur für Arbeit in den Merkblättern der Vergangenheit könnten den gesetzlichen Anforderungen des § 37 b SGB III wegen der veränderten zeitlichen Vorgaben nicht mehr entsprechen. Neue Merkblätter seien der Ast. 2006 nicht ausgehändigt worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ast. über ihren Arbeitgeber im Rahmen des befristeten Beschäftigungsverhältnisses über die neue Regelung des § 37 b SGB III aufgeklärt worden wäre. Im Gegenteil hat die Ast. bereits in dem von ihr selbst erhobenen Widerspruch gegen die Sperrzeit ausgeführt, sie sei weder von der Fa. L. noch von der Fa. CA L. auf die Meldepflicht hingewiesen worden. Mangels Kenntnis von der maßgebenden gesetzlichen Regelung habe die Ast. unverschuldet gegen die Meldeobliegenheit verstoßen. Unverschuldet verspätete Meldungen hätten jedoch keine Sperrzeit zur Folge. Nach alledem habe die Ast. Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 23.06. bis 26.06.2006. Damit liege der geforderte Bezug von Entgeltersatzleistungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang vor. Der Anordnungsanspruch sei somit gegeben. Vorliegend bestehe auch ein Anordnungsgrund. Die Ast. habe mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Investitionen getätigt, der noch keine entsprechenden Einkünfte gegenüberstünden. Genau in dieser Situation solle der Existenzgründungszuschuss nach der gesetzlichen Intention eingreifen. Auch wären die Folgen für die Ast. gravierend, wenn sie die soeben gegründete Existenz aufgrund des Fehlens des Existenzgründungszuschusses wieder aufgeben müsste. Zudem sollte sich die Ag. vor Augen halten, dass die (vorläufige) Gewährung des Existenzgründungszuschusses unter Umständen finanziell erheblich günstiger sei, als wenn die Ast. die selbständige Tätigkeit aufgeben müsse und den hierdurch entstehenden Schaden gegenüber der Ag. wegen Verletzung von Beratungspflichten im Wege des Amtshaftungsanspruches geltend mache.
Gegen diesen Beschluss hat die Ag. Beschwerde eingelegt. Diese legte das SG nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg vor.
Zur Begründung wurde vorgetragen, ein Anspruch auf die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses liege wegen des Eintritts einer Sperrzeit gem. § 144 Abs. 1 Satz Nr. 7 SGB III nicht vor. Bei dieser Regelung sei das versicherungswidrige Verhalten des Betroffenen bereits vor dem ersten Kontakt mit der Bundesagentur festzustellen. Auf eine Kenntnis komme es daher nicht an. Es werde ab 31.12.2005 auch keine "unverzügliche" Meldung mehr verlangt. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor, da die Ast. gewusst habe, dass eine Sperrzeit eingetreten und deshalb der vorherige Bezug von Entgeltersatzleistungen nicht möglich gewesen sei. Das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache sei der Ast. zuzumuten.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für die ausgesprochene einstweilige Anordnung zutreffend dargelegt. Insoweit weist das LSG die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen, dass auch nach Ansicht des Senats es in hohem Masse wahrscheinlich ist, dass die Sperrzeit - auch in Kenntnis des Vortrags der Ag. - zu Unrecht festgestellt worden ist. Es ist zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber in der neuesten Fassung des § 37 b SGB III die Pflicht zur "unverzüglichen" Meldung als arbeitssuchend nicht mehr nennt, jedoch ist das gesamte Sanktionssystem des SGB III auf Verschulden aufgebaut. Entweder wird ein Zustand - wie etwa Arbeitslosigkeit - zumindest grob fahrlässig herbeigeführt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III) oder der Betroffene hat sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen pflichtwidrig verhalten. Erst dann ist eine Sanktion zulässig. Diese Systematik ist in entsprechender Anwendung auch beim Sperrzeittatbestand nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III zu beachten. Daraus folgt, dass gegenüber einem Versicherten, der glaubhaft machen kann von dieser Pflicht ohne eigenes Verschulden nichts gewusst zu haben, eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs.1 Satz 2 Nr. 7 SGB III nicht festgestellt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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