Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 443/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 91/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Chirurg, der seine Praxis über 30 km verlegt und im Wesentlichen keine Patienten aus dem Umfeld seines alten Praxisstandorts versorgt, kann im Rahmen der Zubilligung von Regelleistungsvolumen für ambulantes Operieren nicht mit Abrechnungswerten an seinem früheren Praxisstandort verglichen werden. Es sind die Werte des Fachgruppendurchschnitts heranzuziehen.
Die Bildung von Regelleistungsvolumen für ambulantes Operieren mit einer Vergütung zu einem festen Punktwerten ist zulässig. Auf eine darüber hinausgehende Abrechnung zu dem festen Punktwert besteht kein Anspruch.
Die Bildung von Regelleistungsvolumen für ambulantes Operieren mit einer Vergütung zu einem festen Punktwerten ist zulässig. Auf eine darüber hinausgehende Abrechnung zu dem festen Punktwert besteht kein Anspruch.
Bemerkung
1. Unter Aufhebung der Bescheide vom 10.07.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.09.2007 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger alle im Rahmen des Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zum oberen Punktwert zu vergüten.
2. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
3. Der Kläger hat 4/5, die Beklagte 1/5 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat dem Kläger 1/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Zuerkennung einer Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" für die Quartale I – IV/05 und des Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der Betriebskrankenkassen für das Quartal IV/05.
Der Kläger ist seit 01.11.2002 als Facharzt für Chirurgie mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in S-Stadt zugelassen. Mitte August 2004 verlegte er mit Genehmigung des Zulassungsausschusses seinen Standort nach A-Stadt. Ihm wurde die Genehmigung für das ambulante Operierens zum 01.11.2002 erteilt. Die Praxis des Klägers wird im Rahmen der fallzahlabhängigen Quotierung nach Ziffer 5.2.1 d) HVV bis einschl. Quartal III/05 von der Beklagten als sog. junge Praxis eingestuft.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar des Klägers jeweils durch Honorarbescheid fest. Im Einzelnen ergeben sich die Daten der Honorarbescheide sowie die Festsetzungen aus nachfolgender Übersicht:
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Quartal I/05 II/05 III/05 IV/05
Honorarbescheid v. 26.07.2005 23.01.2006 11.08.2006 28.11.2006 Bruttohonorar PK + EK in EUR 48.189,63 57.818,99 60.154,49 40.136,57 Fallzahl PK + EK 676 730 810 632
26er Liste Bruttohonorar in EUR 4.154,21 3.711,04 1.293,35 658,16 Oberer PW 41.200 51.100 17.000 6.400 Unterer PW 54.100 173.600 109.850 78.610
Amb. Op. BKK Bruttohonorar in EUR 2.330,94 Oberer PW 86.450 Unterer PW 80.690
Ziff. 7.5 HVV Auffüll-/Kürzungsbetrag pro Fall 5,1044 - 0,7231 Auffüll-/Kürzungsbetrag in EUR 2.684,91 585,75 - Überschreitung RLV 386.213 298.585,5 331.514
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 07.01.2005 mit, das für seine Praxis im Quartal I/05 zur Verfügung stehende Regelleistungsvolumen für die "26-er-Liste" betrage 41.200 Punkte.
Hierauf beantragte der Kläger am 24.02.2005, sämtliche von ihm im Quartal I/05 durchgeführten Operationen der "26-er-Liste" ohne jede Quotierung oder sonstige Kürzung bzw. Begrenzungsregelung zu vergüten. Zur Begründung trug er vor, er sei erst seit dem 01.11.2002 vertragsärztlich tätig. Es handele sich um eine "junge Praxis", was zur Folge habe, dass eine Quotierung seiner Leistungen bis zum Erreichen des Fachgruppenschnitts mindestens während der ersten 12 Abrechnungsquartale nicht erfolgen dürfe. Dies werde in der Mitteilung nicht berücksichtigt. Im Rundschreiben vom 22.12.2004 werde geregelt, dass Praxen, sofern sie nach dem II. Quartal 2003 erstmals ambulante Operationen der "26-er-Liste" abgerechnet hätten, als Regelleistungsvolumen den entsprechenden arzt-/fachgruppenbezogenen Durchschnittwert, der sich aus dem jeweiligen Ausgangsquartal des Jahres 2003 errechne, zuerkannt bekämen. Diese Regelung sei auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts weder ausreichend noch werde sie dem Status "junge Praxis" gerecht. Es sei der gesetzgeberische Wille, das ambulante Operieren zu fördern. Bei der Festsetzung des Budgets ohne Berücksichtigung auf den Status einer Praxis als "junge Praxis" gehe es nicht um die Stabilisierung des Punktwertes. Dem Vertragsarzt müsse die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten zu gewinnen und so legitimerweise sein Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Dies gelte für die damit verbundenen Umsatzsteigerungen auf jeden Fall bis zum Erreichen des Durchschnittsumsatzes der Fachgruppe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10.07.2006 den Antrag ab. Darin führte sie aus, entsprechend § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V sei für die Quartale ab III/04 der anzuwendende Honorarverteilungsmaßstab zwischen ihr und den Verbänden der Krankenkassen in Hessen vereinbart worden. Für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen bzw. der Ortskrankenkasse gelte die Vorgabe, dass grundsätzlich für alle Leistungen laut Strukturvertrag "ambulantes Operieren" mit A, B, C, E Kennzeichnung bis zu einer Grenze von 60 % bezogen auf die vergleichbare Honorarforderung der Praxis im entsprechenden Quartal des Jahres 2001 (ausgenommen Quartal IV/02: Bezugsquartal IV/00) eine Quote von 100 %. Soweit seiner Praxis eine Honorarforderung in dem entsprechenden Quartal nicht zu Verfügung stehe, könne ausnahmsweise auf den Durchschnittswert der Fachgruppe des entsprechenden Quartals zurückgegriffen werden; jedoch nicht, wenn mindestens ein Mitglied der Praxis bereits in dem entsprechenden Vorjahresquartal niedergelassen gewesen sei. In Ergänzung dieser Regelung hätten die Vertragspartner ausschließlich für die Behandlung von Versicherten der AOK Hessen Änderungen für den bis 30.06.2004 in Anlage 3 zu LZ 701 d niedergelegten Vergütungssätzen für ausgewählte Leistungen des ambulanten Operierens für die Quartale III/04 – I/05 vereinbart. Hiernach gelte für ausgewählte Operationsarten (sog. 26-Liste) und mit diesen Operationen zusammenhängenden Begleitleistungen – Kennzeichnung mit den Zusätzen A, B, C und E – ein Regelleistungsvolumen, berechnet auf der Basis der Honorarforderungen für das entsprechende Quartal des Jahres 2003. Für das in dem vergleichbaren Ausgangsquartal ermittelte Punktzahlvolumen werde ein Punktwert von 5,0 Ct. vergütet. Leistungsanforderungen in Punkten oberhalb des praxisbezogenen Regelleistungsvolumens würden mit einem Punktwert von 0,5 Ct. bewertet bzw. vergütet werden. Soweit für Operationen bzw. Operationsarten eine postoperative Behandlungspauschale – D-Pauschale – zur Berechnung komme, erfolge die Honorierung auf Basis der Bewertungsvorgabe, wie sie in der Anlage zur Vereinbarung zwischen der KV Hessen und AOK Hessen betreffend Vergütung für ausgewählte Leistungen des ambulanten Operierens für die entsprechende Operation niedergelegt sei, jedoch mit der Maßgabe, dass für alle postoperativen Behandlungspauschalen ausschließlich das Honorarvolumen des jeweiligen Quartals des Jahres 2003 zur Verfügung stehe; gegebenenfalls erfolge eine entsprechende Quotierung dieser Honoraransprüche unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Honorarvolumens. Sofern eine Praxis erstmals nach dem Quartal II/03 Leistungen des ambulanten Operierens erbringe, erfolge die Zuerkennung eines arzt-/fachgruppenspezifischen durchschnittlichen Regelleistungsvolumens mit einer Bewertung der in diesem Rahmen erbrachten Leistungen zu einem Punktwert von 5,0 Ct. Das Regelleistungsvolumen des Klägers sei auf der Grundlage seiner Abrechnungswerte für das Quartal I/03 ermittelt worden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne nicht übertragen werden, da sie sich auf einen Gesamtheitsansatz beziehe und nicht auf Einzelsegmente der Abrechnung. Das Honorar des Klägers habe mit 42.803,28 EUR unterhalb des arzt-/fachgruppenbezogenen Durchschnittshonorars der Chirurgen in Höhe von 46.462,74 EUR gelegen. Aus diesem Grund seien weitere 89.824,9 Punkte zum oberen Punktwert anerkannt worden, so dass im Ergebnis 9.203,0 Punkte der Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK lediglich zum unteren Punktwert vergütet worden seien. Weitere 89.824,9 Punkte seien zum oberen Punktwert anerkannt worden. Eine weitergehende Anerkennung wäre nur aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung möglich. Im Planungsbereich PF.Kreis, dem der Praxissitz des Klägers zuzuordnen sei, seien aber zwei weitere Fachärzte für Chirurgie mit Genehmigung des ambulanten Operierens tätig, die einen überwiegenden Teil der auch vom Kläger abgerechneten Leistungen erbracht hätten. Weitere sechs Fachärzte für Chirurgie mit Genehmigung zum ambulanten Operieren seien im Planungsbereich mit einer Entfernung zur Praxis des Klägers von ca. 13 bis maximal ca. 27,5 km entfernt tätig.
Hiergegen hat der Kläger am 17.10.2007 zum Aktenzeichen S 12 KA 443/07 die Klage erhoben.
Entsprechende Anträge stellte der Kläger für die Folgequartale, so den Antrag vom 03.06.2005 für das Quartal II/05. Den Antrag vom 10.10.2005 für das Quartal III/05 bezog er auf die Leistungen nach der "54-er-Liste" und den Antrag vom 27.12.2005 bezog er auf die "26-er-Liste" und auf die "54-er-Liste".
Bzgl. des Quartals IV/05 trug der Kläger vor, er habe seine vertragsärztliche Tätigkeit zu nächst in S-Stadt aufgenommen, er habe aber seinen Standort Mitte August 2004 nach A-Stadt verlegen müssen, was der Zulassungsausschuss genehmigt habe. Deshalb habe er auch den Antrag gestellt, weiterhin als sog. junge Praxis behandelt zu werden. Er sei deshalb von jeglichen Begrenzungsreglungen frei zu stellen. Er werde gegenüber Praxen benachteiligt, die bereit die Aufbauphase abgeschlossen hätten. Es sei auch der gesetzgeberische Wille, das ambulante Operieren zu fördern. Das ambulante Operieren sei sein Praxisschwerpunkt. Es gehe hier nicht um die Zielsetzung zur Stabilisierung eines Punktwertes. Umsatzmäßig unterdurchschnittliche Praxen müssten die Möglichkeit habe, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten und Vergütungen diese erbrachten Leistungen zumindest im Umsatz der Fachgruppe erreichen zu können. Er habe wegen einer umfassenden Ermächtigung des Chefarztes des Krankenhauses S-Stadt an seinem damaligen Standort in unmittelbarer Nähe zum Krankenhaus keine Praxis in nennenswerten Umfang aufbauen können. Aus diesem Grund habe er seine Praxis in das 30 Kilometer entfernte A-Stadt verlegt. Er befinde sich deshalb weiterhin in der Aufbauphase.
Mit Bescheid vom 10.07.2006 (Quartal II/05), Bescheid vom 10.07.2006 (Quartal III/05) und Bescheid vom 10.07.2006 (Quartal IV/05) lehnte die Beklagte die weiteren Anträge ebenfalls ab. Bezüglich der "54-er-Liste" führte sie aus, soweit in der Anlage 3 zu Ziff. 7.1 die Bewertungsvorgaben für operative Leistungen sowie die entsprechenden postoperativen Überwachungen, postoperativen Behandlungen bzw. Anästhesien mit "-" gekennzeichnet seien, würden die dort ausgewiesenen Punktwerte nur bis zu einer Grenze von 60 % bezogen auf die vergleichbare Honorarforderung der Praxis (in Punkten) im entsprechenden Quartal des Jahres 2001 (ausgenommen IV. Quartal 2005: Bezugsquartal IV/00) gelten. Sofern im Ausgangszeitraum nur insgesamt eine Leistung aus dem vorstehend definierten und gekennzeichneten Rahmen zur Abrechnung gekommen sei, gelte für diese (eine) Leistung vollständig ein Punktwert von 5 Ct. Für alle darüber hinausgehenden Honorarforderungen werde eine Quote gebildet. Fehle es an einer Honorarforderung des Jahres 2001, so sei der 60 %-Anteil auf die durchschnittliche Honorarforderung je Arzt der Arzt-/Fachgruppe in dem betreffenden Quartal des Jahres 2001 (ausgenommen IV. Quartal 2005: Bezugsquartal IV/00) zu beziehen. Wegen Fehlens einer eigenen Abrechnung des Klägers sei das Regelleistungsvolumen auf der Grundlage des arzt-/fachgruppenspezifischen Durchschnittswertes gebildet worden. Für das Quartal IV/05 führte die Beklagte ferner für den Bereich der Betriebskrankenkasse aus, die ambulant für Versicherte der Betriebskrankenkassen erbrachten und abgerechneten operativen Leistungen nach Kap. IV.31.2 EBM 2005 unterlägen einer zusätzlichen Bewertung auf Basis eines praxisbezogenen Regelleistungsvolumens. Dieses bestimme sich dabei aus dem im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 abgerechneten Honorar (in EUR) für ambulant durchgeführte Operationen dividiert durch einen Punktsatz von 5,11 Ct. (ausgenommen ambulant durchgeführte Kataraktoperationen nach Nr. 31351 EBM 2005). Bis zu dieser Grenze gelte der in Ziff. 4 der Anlage 3 zu Ziff. 7.1 ausgewiesene Punktsatz von 5,11 Ct. Für das darüber hinausgehende Volumen gelte ein Punktwert von 0 Ct. Soweit die unter Zugrundelegung der Punktwerte in Ziff. 4 der Anlage 3 zu Ziff. 7.1 und der vorstehenden Regelungen insgesamt für alle Praxen festgestellte Honorarforderung (in EUR) das im entsprechenden Quartals des Jahres 2004 für die vergleichbaren Leistungen mit den Betriebskrankenkassen abgerechnete Honorar bzw. die anteilige Gesamtvergütung eine Zuwachsgrenze von 7,5 % übersteige, sei eine zusätzliche Quotierung der ausgewiesenen Punktwerte bis zu einem (unteren) Wert von 0,51 Ct. vorzunehmen. Die Vorgabe zur Quotierung gelte auch für den von den KV Hessen zu tragenden hälftigen Anteil bei eventuellen Honorarmehrforderungen bis zu 7,5 % (die verbleibende Honorarmehrforderung werden von den Betriebskrankenkasse finanziell getragen). Das Regelleitungsvolumen des Klägers sei auf der Grundlage seiner Abrechnungswerte im Ausgangsquartal IV/05 ermittelt worden.
Gegen die Bescheide legte der Kläger jeweils mit Schreiben vom 26.07.2006, bei der Beklagten am 01.08. eingegangen, Widerspruch ein.
Mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 19.07.2007, jeweils zugestellt am 26.09. wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück.
Hiergegen legte der Kläger jeweils am 17.10.2007 die Klage ein und zwar für das Quartal II/05 zum Aktenzeichen S 12 KA 442/07, für das Quartal III/05 zum Aktenzeichen S 12 KA 441/07 und für das Quartal IV/05 zum Aktenzeichen S 12 KA 439/07.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 24.09.2008 alle vier Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Zur Begründung seiner Klagen trägt der Kläger ergänzend zu seinem Vorbringen in den Verwaltungsverfahren vor, er führe schwerpunktmäßig ambulante Operationen durch. Damit stellten sich die ambulanten Operationen nicht als ein unwesentliches Teilsegment dar. Im Basisquartal I/03 sei er erst wenige Monate niedergelassen gewesen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass auch die ambulanten Operationen nur in weit unterdurchschnittlichem Umfang durchgeführt worden seien. Ambulante Operationen stellten seine Haupt- und Kernleistungen dar, auch wenn sie dem "Spezialbudget" ambulante Operationen zugeordnet seien. Begrenze man diesen Bereich auf Anfängerwerte, habe er keine Chance, seine bisher unterdurchschnittliche Praxis bis auf den durchschnittlichen Gesamtumsatz der Fachgruppe zu entwickeln. Er verweise insoweit auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Der Verweis auf Vergleichswerte aus der Anfängerzeit seiner vertragsärztlichen Tätigkeit stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung mit bereits etablierten Praxen dar, deren Schwerpunkt ebenfalls im ambulanten Operieren liege. Gerade in A-Stadt würden ambulante operative Leistungen allein durch ihn sichergestellt werden. Bei Einstellung der ambulant operativen Tätigkeit würde ein erhebliches Sicherstellungsproblem entstehen. Auch im Basisquartal II/03 sei er erst wenige Monate niedergelassen gewesen. Am 15.08.2004 habe er seine Praxis von S-Stadt in das 30 km entfernte A-Stadt verlegt.
Der Kläger beantragt,
die vier Bescheide vom 10.07.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.09.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm alle im Rahmen des Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen ohne jegliche Begrenzung, mindestens aber bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zum oberen Punktwert zu vergüten und für das Quartal IV/05 auch für die ambulanten Operationen für Versicherte der BKK,
hilfsweise
seine Anträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden und trägt ergänzend vor, sie habe das Regelleistungsvolumen für Leistungen des ambulanten Operierens nach den Grundsätzen der Honorarverteilung zutreffend errechnet. Sie könne nicht abweichend hiervon alle Leistungen zum oberen Punktwert vergüten. Sie könne auch auf die Durchschnittspunktzahl der abgerechneten ambulanten Operationen der abrechnenden Ärzte der Fachgruppe im Vergleichsquartal erst dann anknüpfen, wenn erstmals nach dem Quartal ambulante Operationen abgerechnet werden. Angesichts einer extrabudgetären Vergütung zu festen Punktwerten sei auch nicht zu beanstanden, dass hierfür feste Regelleistungsvolumina vorgesehen seien, die auf frühere Abrechnungsquartale Bezug nähmen. Eine weitere Begünstigung junger Praxen sähen die vertraglichen Regelungen nicht vor. Sie habe die Rechtsprechung des BSG für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen berücksichtigt. Dies habe im Quartal I/05 zur zusätzlichen Anerkennung von insgesamt 89.824,9 Punkten zum oberen Punktwert im Rahmen des Regelleistungsvolumenansatzes geführt. Im Ergebnis seien dadurch von dem die Honorarforderung des Klägers aus der sog. 26-er-Liste um 54.100 Punkte überschreitenden Regelleistungsvolumen zuzüglich den um 44.927,9 Punkten überschreitenden Regelleistungsvolumen der sog. 54-er-Liste nur noch 9.203 Punkte der Honorarforderung des Klägers für die Leistungen des ambulanten Operierens verblieben, welche lediglich zum unteren Punktwert bewertet bzw. vergütet worden seien. Damit sei das auszahlungsfähige Honorar des Klägers bis zur Höhe des relevanten arzt-/fachgruppenbezogenen Durchschnittshonorars berücksichtigt worden. Eine Ausnahmeregelung aufgrund von Sicherstellungsgründen komme nicht in Betracht. Es bestehe im Planungsbereich des Klägers, dem PF.Kreis kein Sicherstellungsproblem. Bezüglich des Quartals III/05 trägt die Beklagte weiter vor, durch den geänderten Antrag im Schriftsatz vom 04.12.2007 habe der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen, als dort sein Antrag auf Zuerkennung einer Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der 54-er-Liste zurückgewiesen worden sei. Diesbezüglich sei daher der Bescheid bestandskräftig geworden. Im Übrigen verweist sie auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klagen sind zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klagen sind auch weitgehend begründet. Die vier Bescheide vom 10.07.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.09.2007 sind insoweit rechtswidrig, als dem Kläger kein Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zugebilligt worden ist. Einen darüber hinausgehenden Anspruch hat der Kläger nicht. Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.
Die vier Bescheide vom 10.07.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.09.2007 sind insoweit rechtswidrig, als dem Kläger kein Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zugebilligt worden ist.
Für den Bereich des hier strittigen ambulanten Operierens nach der sog. 26er-Liste hat die Beklagte mit der AOK Hessen eine Vereinbarung zur Regelung der Vergütung für ausgewählte Leistungen des ambulanten Operierens im Rahmen des Honorarverteilungsvertrages der KV Hessen für die Quartale 3/2004 bis 2/2005 am 30.05.2005 geschlossen (im Folgenden: Vb). Für die in der Vereinbarung im Einzelnen niedergelegten Operationsarten und Begleitleistungen gilt ein Regelleistungsvolumen, berechnet auf der Basis der Honoraranforderungen für das entsprechende Quartal des Jahres 2003. Für das in den vergleichbaren Ausgangsquartalen ermittelte Punktzahlvolumen wird ein Punktwert von 5,0 Cent vergütet. Leistungsanforderungen in Punkten oberhalb des praxisbezogenen Regelleistungsvolumens werden mit einem Punktwert von 0,5 Cent bewertet und vergütet (§ 2 Abs. 2.1 Vb). Bei der Ermittlung des Regelleistungsvolumens für die Quartale ab 3/2004 wird möglichen Praxisstrukturänderungen im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal durch entsprechende Aufteilung des im jeweiligen Quartal des Jahres 2003 von der Praxis abgerechneten Honorarforderungen auf die neue Praxisstruktur dergestalt Rechnung getragen, dass keine Mehrforderungen gegenüber der AOK Hessen entstehen. Soweit eine Praxis erstmals nach dem Quartal 2/2003 Leistungen des ambulanten Operierens gemäß Anlage zu dieser Vereinbarung erbringt, erfolgt die Zuerkennung eines arzt-/fachgruppenspezifischen durchschnittlichen Regelleistungsvolumens mit einer Bewertung der in diesem Rahmen erbrachten Leistungen zu einem Punktwert von 5,0 Cent sowie der entsprechenden über diesem Regelleistungsvolumenansatzes liegenden Honorarforderungen zu einem Punktwert von 0,5 Cent. Die sich durch diese Regelung ergebenden Honorarmehrforderungen gehen zu Lasten der AOK Hessen (§ 2 Abs. 2.4 Vb). Diese Vereinbarung wurde in der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005, veröffentlicht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10.11.2005 (im Folgenden: HVV) für die Quartale ab II/05 ff. übernommen (vgl. Nr. 2 der Anlage 3 zu Ziff. 7.2 HVV).
Bei der Vereinbarung handelt es sich um einen Strukturvertrag mit der AOK Hessen. An dessen Vorgaben ist die Beklagte bei der Honorarverteilung ebenso wie in den Quartalen II bis IV/05 an den HVV gebunden. Angesichts einer extrabudgetären Vergütung zu festen Punktwerten ist es ferner nicht zu beanstanden, dass hierfür feste Regelleistungsvolumen vorgesehen werden, die auf frühere Abrechnungsquartale Bezug nehmen (vgl. BSG, Urt. v. 08.02.2006 – B 6 KA 25/05 R -, SozR 4-2500 § 85 Nr. 23 = MedR 2006, 603 = NZS 2006, 667, juris Rdnr. 23 m.w.N.). Zu beachten ist ferner, dass diese Regelleistungsvolumina im Regelfall nur einen geringeren Teil des ärztlichen Honoraranspruchs ausmachen (so bereits auch Urteil der Kammer v. 29.08.2007 - S 12 KA 1194/05 –; SG Marburg, Urt. v. 31.10.2007– S 12 KA 899/06 –, Berufung anhängig: LSG Hessen – L 4 KA 80/07).
Ausgehend von diesen Regelungen der Vb bzw. des HVV hat die Beklagte aber verkannt, dass der Kläger aufgrund seiner Praxisverlegung von S-Stadt nach A-Stadt als "junge Praxis" zu behandeln ist und deshalb nicht mit seinen eigenen Abrechnungswerten im Jahr 2003 verglichen werden kann. Nach den genannten Regelungen ist dem Kläger deshalb ein Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzubilligen.
Die Kammer geht dabei davon aus, dass der Kläger aufgrund der Praxisverlegung in das über 30 km entfernte A-Stadt eine neue Praxis gegründet und allenfalls nur in unwesentlichem Umfang Patienten aus seinem vormaligen Einzugsbereich übernommen hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt, dass er aufgrund der zeitgleich mit seiner Niederlassung ausgesprochenen Ermächtigung des chirurgischen Chefarztes des Krankenhauses in S-Stadt im Bereich des geplanten ambulanten Operierens nicht habe Fuß fassen können. Auch habe er seine Fallzahl aus diesem Grund nicht steigern können, weshalb er sich zur Praxisverlegung entschlossen habe. Er habe erst dann in A-Stadt seine Fallzahlen steigern und die Praxis aufbauen können. Die Kammer hat keine Veranlassung, an den Einlassungen des Klägers zu zweifeln, dies insbesondere auch deshalb, weil ihr die örtliche Situation in S-Stadt aus dem Verfahren mit Az.: S 12 KA 69/08, in dem es sich um Klagen der Beklagten, des Klägers und weiterer niedergelassener Ärzte gegen die vom Berufungsausschuss ausgesprochene Ermächtigung des Nachfolgers des vom Kläger hier erwähnten Chefarztes handelt, hinreichend bekannt ist.
Vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass die Bestimmung des Fachgruppendurchschnitts anhand der Zahl der tatsächlich operierenden Ärzte, nicht anhand der Zahl der Ärzte in den Praxen und Gemeinschaftspraxen, die die ambulanten Operationen erbringen, zu erfolgen hat (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 29.08.2007 – S 12 KA 1194/05 -; SG Marburg, Urt. v. 31.10.2007– S 12 KA 899/06 –, Berufung anhängig: LSG Hessen – L 4 KA 80/07).
Von daher brauchte die Kammer nicht zu entscheiden, ob an ihrer Auffassung festzuhalten ist, wonach für segmentierte Regelleistungsvolumina im Bereich des ambulanten Operierens mit festen Punktwerten kein Anspruch darauf besteht, jeweils bis zum Durchschnitt der Fachgruppe wachsen zu können (vgl. SG Marburg, Urt. v. 31.10.2007– S 12 KA 780/06 –). Soweit die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung allerdings dargelegt hat, es entspreche der Verwaltungspraxis der Beklagten bei Anwendung der Regelungen für das ambulante Operieren, Praxen, die im Referenzquartal unterdurchschnittlich abgerechnet hätten, an ihren Abrechnungswerten bei der Bildung des Regelleistungsvolumens festzuhalten, aber Praxen, die im Referenzquartal die betreffenden Leistungen gar nicht abgerechnet hätten, ein Regelleistungsvolumen in Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzubilligen, so hat die Kammer erhebliche Bedenken, ob dies mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit noch im Einklang steht. Insofern ist nicht ersichtlich, welche Unterschiede zwischen nicht abrechnenden und unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen bestehen, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Aus den genannten Gründen kam es hierauf aber für die Kammer ebf. nicht an.
Soweit die darauf hinweist, sie habe die Rechtsprechung des BSG für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen berücksichtigt und dies habe im Quartal I/05 zur zusätzlichen Anerkennung von insgesamt 89.824,9 Punkten zum oberen Punktwert im Rahmen des Regelleistungsvolumenansatzes geführt, war ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Vergütung der hier streitigen Leistungen nicht erkennbar. Insofern bleibt es der Beklagten überlassen, inwieweit sie ggf. den zusätzlich anerkannten Betrag korrigiert,
Die Klage war aber im Übrigen abzuweisen.
Einen weitergehenden Anspruch hat der Kläger nicht, da, wie bereits ausgeführt, feste Regelleistungsvolumina vorgesehen werden, die auf frühere Abrechnungsquartale Bezug nehmen. Fehlen solche Werte, kann auf Durchschnittswerte abgestellt werden. Es ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, die zu unbegrenzten Abrechnungsvolumina verpflichten würde.
Für den BKK-Bereich liegen aber, wie die Beklagte ausgeführt hat, die herangezogenen Werte mit 86.450 Punkten über dem Durchschnittswert mit 74.914,4 Punkten. Einen darüber hinausgehenden Anspruch vermochte die Kammer hier ebf. nicht zu erkennen.
Nach allem war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben und war sie im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Die Quotelung war anhand des Obsiegens und Unterliegens zu bestimmen.
2. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
3. Der Kläger hat 4/5, die Beklagte 1/5 der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat dem Kläger 1/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um die Zuerkennung einer Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" für die Quartale I – IV/05 und des Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der Betriebskrankenkassen für das Quartal IV/05.
Der Kläger ist seit 01.11.2002 als Facharzt für Chirurgie mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in S-Stadt zugelassen. Mitte August 2004 verlegte er mit Genehmigung des Zulassungsausschusses seinen Standort nach A-Stadt. Ihm wurde die Genehmigung für das ambulante Operierens zum 01.11.2002 erteilt. Die Praxis des Klägers wird im Rahmen der fallzahlabhängigen Quotierung nach Ziffer 5.2.1 d) HVV bis einschl. Quartal III/05 von der Beklagten als sog. junge Praxis eingestuft.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar des Klägers jeweils durch Honorarbescheid fest. Im Einzelnen ergeben sich die Daten der Honorarbescheide sowie die Festsetzungen aus nachfolgender Übersicht:
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
Quartal I/05 II/05 III/05 IV/05
Honorarbescheid v. 26.07.2005 23.01.2006 11.08.2006 28.11.2006 Bruttohonorar PK + EK in EUR 48.189,63 57.818,99 60.154,49 40.136,57 Fallzahl PK + EK 676 730 810 632
26er Liste Bruttohonorar in EUR 4.154,21 3.711,04 1.293,35 658,16 Oberer PW 41.200 51.100 17.000 6.400 Unterer PW 54.100 173.600 109.850 78.610
Amb. Op. BKK Bruttohonorar in EUR 2.330,94 Oberer PW 86.450 Unterer PW 80.690
Ziff. 7.5 HVV Auffüll-/Kürzungsbetrag pro Fall 5,1044 - 0,7231 Auffüll-/Kürzungsbetrag in EUR 2.684,91 585,75 - Überschreitung RLV 386.213 298.585,5 331.514
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 07.01.2005 mit, das für seine Praxis im Quartal I/05 zur Verfügung stehende Regelleistungsvolumen für die "26-er-Liste" betrage 41.200 Punkte.
Hierauf beantragte der Kläger am 24.02.2005, sämtliche von ihm im Quartal I/05 durchgeführten Operationen der "26-er-Liste" ohne jede Quotierung oder sonstige Kürzung bzw. Begrenzungsregelung zu vergüten. Zur Begründung trug er vor, er sei erst seit dem 01.11.2002 vertragsärztlich tätig. Es handele sich um eine "junge Praxis", was zur Folge habe, dass eine Quotierung seiner Leistungen bis zum Erreichen des Fachgruppenschnitts mindestens während der ersten 12 Abrechnungsquartale nicht erfolgen dürfe. Dies werde in der Mitteilung nicht berücksichtigt. Im Rundschreiben vom 22.12.2004 werde geregelt, dass Praxen, sofern sie nach dem II. Quartal 2003 erstmals ambulante Operationen der "26-er-Liste" abgerechnet hätten, als Regelleistungsvolumen den entsprechenden arzt-/fachgruppenbezogenen Durchschnittwert, der sich aus dem jeweiligen Ausgangsquartal des Jahres 2003 errechne, zuerkannt bekämen. Diese Regelung sei auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts weder ausreichend noch werde sie dem Status "junge Praxis" gerecht. Es sei der gesetzgeberische Wille, das ambulante Operieren zu fördern. Bei der Festsetzung des Budgets ohne Berücksichtigung auf den Status einer Praxis als "junge Praxis" gehe es nicht um die Stabilisierung des Punktwertes. Dem Vertragsarzt müsse die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten zu gewinnen und so legitimerweise sein Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Dies gelte für die damit verbundenen Umsatzsteigerungen auf jeden Fall bis zum Erreichen des Durchschnittsumsatzes der Fachgruppe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10.07.2006 den Antrag ab. Darin führte sie aus, entsprechend § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V sei für die Quartale ab III/04 der anzuwendende Honorarverteilungsmaßstab zwischen ihr und den Verbänden der Krankenkassen in Hessen vereinbart worden. Für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen bzw. der Ortskrankenkasse gelte die Vorgabe, dass grundsätzlich für alle Leistungen laut Strukturvertrag "ambulantes Operieren" mit A, B, C, E Kennzeichnung bis zu einer Grenze von 60 % bezogen auf die vergleichbare Honorarforderung der Praxis im entsprechenden Quartal des Jahres 2001 (ausgenommen Quartal IV/02: Bezugsquartal IV/00) eine Quote von 100 %. Soweit seiner Praxis eine Honorarforderung in dem entsprechenden Quartal nicht zu Verfügung stehe, könne ausnahmsweise auf den Durchschnittswert der Fachgruppe des entsprechenden Quartals zurückgegriffen werden; jedoch nicht, wenn mindestens ein Mitglied der Praxis bereits in dem entsprechenden Vorjahresquartal niedergelassen gewesen sei. In Ergänzung dieser Regelung hätten die Vertragspartner ausschließlich für die Behandlung von Versicherten der AOK Hessen Änderungen für den bis 30.06.2004 in Anlage 3 zu LZ 701 d niedergelegten Vergütungssätzen für ausgewählte Leistungen des ambulanten Operierens für die Quartale III/04 – I/05 vereinbart. Hiernach gelte für ausgewählte Operationsarten (sog. 26-Liste) und mit diesen Operationen zusammenhängenden Begleitleistungen – Kennzeichnung mit den Zusätzen A, B, C und E – ein Regelleistungsvolumen, berechnet auf der Basis der Honorarforderungen für das entsprechende Quartal des Jahres 2003. Für das in dem vergleichbaren Ausgangsquartal ermittelte Punktzahlvolumen werde ein Punktwert von 5,0 Ct. vergütet. Leistungsanforderungen in Punkten oberhalb des praxisbezogenen Regelleistungsvolumens würden mit einem Punktwert von 0,5 Ct. bewertet bzw. vergütet werden. Soweit für Operationen bzw. Operationsarten eine postoperative Behandlungspauschale – D-Pauschale – zur Berechnung komme, erfolge die Honorierung auf Basis der Bewertungsvorgabe, wie sie in der Anlage zur Vereinbarung zwischen der KV Hessen und AOK Hessen betreffend Vergütung für ausgewählte Leistungen des ambulanten Operierens für die entsprechende Operation niedergelegt sei, jedoch mit der Maßgabe, dass für alle postoperativen Behandlungspauschalen ausschließlich das Honorarvolumen des jeweiligen Quartals des Jahres 2003 zur Verfügung stehe; gegebenenfalls erfolge eine entsprechende Quotierung dieser Honoraransprüche unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Honorarvolumens. Sofern eine Praxis erstmals nach dem Quartal II/03 Leistungen des ambulanten Operierens erbringe, erfolge die Zuerkennung eines arzt-/fachgruppenspezifischen durchschnittlichen Regelleistungsvolumens mit einer Bewertung der in diesem Rahmen erbrachten Leistungen zu einem Punktwert von 5,0 Ct. Das Regelleistungsvolumen des Klägers sei auf der Grundlage seiner Abrechnungswerte für das Quartal I/03 ermittelt worden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne nicht übertragen werden, da sie sich auf einen Gesamtheitsansatz beziehe und nicht auf Einzelsegmente der Abrechnung. Das Honorar des Klägers habe mit 42.803,28 EUR unterhalb des arzt-/fachgruppenbezogenen Durchschnittshonorars der Chirurgen in Höhe von 46.462,74 EUR gelegen. Aus diesem Grund seien weitere 89.824,9 Punkte zum oberen Punktwert anerkannt worden, so dass im Ergebnis 9.203,0 Punkte der Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK lediglich zum unteren Punktwert vergütet worden seien. Weitere 89.824,9 Punkte seien zum oberen Punktwert anerkannt worden. Eine weitergehende Anerkennung wäre nur aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung möglich. Im Planungsbereich PF.Kreis, dem der Praxissitz des Klägers zuzuordnen sei, seien aber zwei weitere Fachärzte für Chirurgie mit Genehmigung des ambulanten Operierens tätig, die einen überwiegenden Teil der auch vom Kläger abgerechneten Leistungen erbracht hätten. Weitere sechs Fachärzte für Chirurgie mit Genehmigung zum ambulanten Operieren seien im Planungsbereich mit einer Entfernung zur Praxis des Klägers von ca. 13 bis maximal ca. 27,5 km entfernt tätig.
Hiergegen hat der Kläger am 17.10.2007 zum Aktenzeichen S 12 KA 443/07 die Klage erhoben.
Entsprechende Anträge stellte der Kläger für die Folgequartale, so den Antrag vom 03.06.2005 für das Quartal II/05. Den Antrag vom 10.10.2005 für das Quartal III/05 bezog er auf die Leistungen nach der "54-er-Liste" und den Antrag vom 27.12.2005 bezog er auf die "26-er-Liste" und auf die "54-er-Liste".
Bzgl. des Quartals IV/05 trug der Kläger vor, er habe seine vertragsärztliche Tätigkeit zu nächst in S-Stadt aufgenommen, er habe aber seinen Standort Mitte August 2004 nach A-Stadt verlegen müssen, was der Zulassungsausschuss genehmigt habe. Deshalb habe er auch den Antrag gestellt, weiterhin als sog. junge Praxis behandelt zu werden. Er sei deshalb von jeglichen Begrenzungsreglungen frei zu stellen. Er werde gegenüber Praxen benachteiligt, die bereit die Aufbauphase abgeschlossen hätten. Es sei auch der gesetzgeberische Wille, das ambulante Operieren zu fördern. Das ambulante Operieren sei sein Praxisschwerpunkt. Es gehe hier nicht um die Zielsetzung zur Stabilisierung eines Punktwertes. Umsatzmäßig unterdurchschnittliche Praxen müssten die Möglichkeit habe, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten und Vergütungen diese erbrachten Leistungen zumindest im Umsatz der Fachgruppe erreichen zu können. Er habe wegen einer umfassenden Ermächtigung des Chefarztes des Krankenhauses S-Stadt an seinem damaligen Standort in unmittelbarer Nähe zum Krankenhaus keine Praxis in nennenswerten Umfang aufbauen können. Aus diesem Grund habe er seine Praxis in das 30 Kilometer entfernte A-Stadt verlegt. Er befinde sich deshalb weiterhin in der Aufbauphase.
Mit Bescheid vom 10.07.2006 (Quartal II/05), Bescheid vom 10.07.2006 (Quartal III/05) und Bescheid vom 10.07.2006 (Quartal IV/05) lehnte die Beklagte die weiteren Anträge ebenfalls ab. Bezüglich der "54-er-Liste" führte sie aus, soweit in der Anlage 3 zu Ziff. 7.1 die Bewertungsvorgaben für operative Leistungen sowie die entsprechenden postoperativen Überwachungen, postoperativen Behandlungen bzw. Anästhesien mit "-" gekennzeichnet seien, würden die dort ausgewiesenen Punktwerte nur bis zu einer Grenze von 60 % bezogen auf die vergleichbare Honorarforderung der Praxis (in Punkten) im entsprechenden Quartal des Jahres 2001 (ausgenommen IV. Quartal 2005: Bezugsquartal IV/00) gelten. Sofern im Ausgangszeitraum nur insgesamt eine Leistung aus dem vorstehend definierten und gekennzeichneten Rahmen zur Abrechnung gekommen sei, gelte für diese (eine) Leistung vollständig ein Punktwert von 5 Ct. Für alle darüber hinausgehenden Honorarforderungen werde eine Quote gebildet. Fehle es an einer Honorarforderung des Jahres 2001, so sei der 60 %-Anteil auf die durchschnittliche Honorarforderung je Arzt der Arzt-/Fachgruppe in dem betreffenden Quartal des Jahres 2001 (ausgenommen IV. Quartal 2005: Bezugsquartal IV/00) zu beziehen. Wegen Fehlens einer eigenen Abrechnung des Klägers sei das Regelleistungsvolumen auf der Grundlage des arzt-/fachgruppenspezifischen Durchschnittswertes gebildet worden. Für das Quartal IV/05 führte die Beklagte ferner für den Bereich der Betriebskrankenkasse aus, die ambulant für Versicherte der Betriebskrankenkassen erbrachten und abgerechneten operativen Leistungen nach Kap. IV.31.2 EBM 2005 unterlägen einer zusätzlichen Bewertung auf Basis eines praxisbezogenen Regelleistungsvolumens. Dieses bestimme sich dabei aus dem im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 abgerechneten Honorar (in EUR) für ambulant durchgeführte Operationen dividiert durch einen Punktsatz von 5,11 Ct. (ausgenommen ambulant durchgeführte Kataraktoperationen nach Nr. 31351 EBM 2005). Bis zu dieser Grenze gelte der in Ziff. 4 der Anlage 3 zu Ziff. 7.1 ausgewiesene Punktsatz von 5,11 Ct. Für das darüber hinausgehende Volumen gelte ein Punktwert von 0 Ct. Soweit die unter Zugrundelegung der Punktwerte in Ziff. 4 der Anlage 3 zu Ziff. 7.1 und der vorstehenden Regelungen insgesamt für alle Praxen festgestellte Honorarforderung (in EUR) das im entsprechenden Quartals des Jahres 2004 für die vergleichbaren Leistungen mit den Betriebskrankenkassen abgerechnete Honorar bzw. die anteilige Gesamtvergütung eine Zuwachsgrenze von 7,5 % übersteige, sei eine zusätzliche Quotierung der ausgewiesenen Punktwerte bis zu einem (unteren) Wert von 0,51 Ct. vorzunehmen. Die Vorgabe zur Quotierung gelte auch für den von den KV Hessen zu tragenden hälftigen Anteil bei eventuellen Honorarmehrforderungen bis zu 7,5 % (die verbleibende Honorarmehrforderung werden von den Betriebskrankenkasse finanziell getragen). Das Regelleitungsvolumen des Klägers sei auf der Grundlage seiner Abrechnungswerte im Ausgangsquartal IV/05 ermittelt worden.
Gegen die Bescheide legte der Kläger jeweils mit Schreiben vom 26.07.2006, bei der Beklagten am 01.08. eingegangen, Widerspruch ein.
Mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 19.07.2007, jeweils zugestellt am 26.09. wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück.
Hiergegen legte der Kläger jeweils am 17.10.2007 die Klage ein und zwar für das Quartal II/05 zum Aktenzeichen S 12 KA 442/07, für das Quartal III/05 zum Aktenzeichen S 12 KA 441/07 und für das Quartal IV/05 zum Aktenzeichen S 12 KA 439/07.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 24.09.2008 alle vier Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Zur Begründung seiner Klagen trägt der Kläger ergänzend zu seinem Vorbringen in den Verwaltungsverfahren vor, er führe schwerpunktmäßig ambulante Operationen durch. Damit stellten sich die ambulanten Operationen nicht als ein unwesentliches Teilsegment dar. Im Basisquartal I/03 sei er erst wenige Monate niedergelassen gewesen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass auch die ambulanten Operationen nur in weit unterdurchschnittlichem Umfang durchgeführt worden seien. Ambulante Operationen stellten seine Haupt- und Kernleistungen dar, auch wenn sie dem "Spezialbudget" ambulante Operationen zugeordnet seien. Begrenze man diesen Bereich auf Anfängerwerte, habe er keine Chance, seine bisher unterdurchschnittliche Praxis bis auf den durchschnittlichen Gesamtumsatz der Fachgruppe zu entwickeln. Er verweise insoweit auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Der Verweis auf Vergleichswerte aus der Anfängerzeit seiner vertragsärztlichen Tätigkeit stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung mit bereits etablierten Praxen dar, deren Schwerpunkt ebenfalls im ambulanten Operieren liege. Gerade in A-Stadt würden ambulante operative Leistungen allein durch ihn sichergestellt werden. Bei Einstellung der ambulant operativen Tätigkeit würde ein erhebliches Sicherstellungsproblem entstehen. Auch im Basisquartal II/03 sei er erst wenige Monate niedergelassen gewesen. Am 15.08.2004 habe er seine Praxis von S-Stadt in das 30 km entfernte A-Stadt verlegt.
Der Kläger beantragt,
die vier Bescheide vom 10.07.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.09.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm alle im Rahmen des Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen ohne jegliche Begrenzung, mindestens aber bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zum oberen Punktwert zu vergüten und für das Quartal IV/05 auch für die ambulanten Operationen für Versicherte der BKK,
hilfsweise
seine Anträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden und trägt ergänzend vor, sie habe das Regelleistungsvolumen für Leistungen des ambulanten Operierens nach den Grundsätzen der Honorarverteilung zutreffend errechnet. Sie könne nicht abweichend hiervon alle Leistungen zum oberen Punktwert vergüten. Sie könne auch auf die Durchschnittspunktzahl der abgerechneten ambulanten Operationen der abrechnenden Ärzte der Fachgruppe im Vergleichsquartal erst dann anknüpfen, wenn erstmals nach dem Quartal ambulante Operationen abgerechnet werden. Angesichts einer extrabudgetären Vergütung zu festen Punktwerten sei auch nicht zu beanstanden, dass hierfür feste Regelleistungsvolumina vorgesehen seien, die auf frühere Abrechnungsquartale Bezug nähmen. Eine weitere Begünstigung junger Praxen sähen die vertraglichen Regelungen nicht vor. Sie habe die Rechtsprechung des BSG für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen berücksichtigt. Dies habe im Quartal I/05 zur zusätzlichen Anerkennung von insgesamt 89.824,9 Punkten zum oberen Punktwert im Rahmen des Regelleistungsvolumenansatzes geführt. Im Ergebnis seien dadurch von dem die Honorarforderung des Klägers aus der sog. 26-er-Liste um 54.100 Punkte überschreitenden Regelleistungsvolumen zuzüglich den um 44.927,9 Punkten überschreitenden Regelleistungsvolumen der sog. 54-er-Liste nur noch 9.203 Punkte der Honorarforderung des Klägers für die Leistungen des ambulanten Operierens verblieben, welche lediglich zum unteren Punktwert bewertet bzw. vergütet worden seien. Damit sei das auszahlungsfähige Honorar des Klägers bis zur Höhe des relevanten arzt-/fachgruppenbezogenen Durchschnittshonorars berücksichtigt worden. Eine Ausnahmeregelung aufgrund von Sicherstellungsgründen komme nicht in Betracht. Es bestehe im Planungsbereich des Klägers, dem PF.Kreis kein Sicherstellungsproblem. Bezüglich des Quartals III/05 trägt die Beklagte weiter vor, durch den geänderten Antrag im Schriftsatz vom 04.12.2007 habe der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen, als dort sein Antrag auf Zuerkennung einer Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der 54-er-Liste zurückgewiesen worden sei. Diesbezüglich sei daher der Bescheid bestandskräftig geworden. Im Übrigen verweist sie auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klagen sind zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klagen sind auch weitgehend begründet. Die vier Bescheide vom 10.07.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.09.2007 sind insoweit rechtswidrig, als dem Kläger kein Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zugebilligt worden ist. Einen darüber hinausgehenden Anspruch hat der Kläger nicht. Die Klage war daher im Übrigen abzuweisen.
Die vier Bescheide vom 10.07.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.09.2007 sind insoweit rechtswidrig, als dem Kläger kein Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zugebilligt worden ist.
Für den Bereich des hier strittigen ambulanten Operierens nach der sog. 26er-Liste hat die Beklagte mit der AOK Hessen eine Vereinbarung zur Regelung der Vergütung für ausgewählte Leistungen des ambulanten Operierens im Rahmen des Honorarverteilungsvertrages der KV Hessen für die Quartale 3/2004 bis 2/2005 am 30.05.2005 geschlossen (im Folgenden: Vb). Für die in der Vereinbarung im Einzelnen niedergelegten Operationsarten und Begleitleistungen gilt ein Regelleistungsvolumen, berechnet auf der Basis der Honoraranforderungen für das entsprechende Quartal des Jahres 2003. Für das in den vergleichbaren Ausgangsquartalen ermittelte Punktzahlvolumen wird ein Punktwert von 5,0 Cent vergütet. Leistungsanforderungen in Punkten oberhalb des praxisbezogenen Regelleistungsvolumens werden mit einem Punktwert von 0,5 Cent bewertet und vergütet (§ 2 Abs. 2.1 Vb). Bei der Ermittlung des Regelleistungsvolumens für die Quartale ab 3/2004 wird möglichen Praxisstrukturänderungen im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal durch entsprechende Aufteilung des im jeweiligen Quartal des Jahres 2003 von der Praxis abgerechneten Honorarforderungen auf die neue Praxisstruktur dergestalt Rechnung getragen, dass keine Mehrforderungen gegenüber der AOK Hessen entstehen. Soweit eine Praxis erstmals nach dem Quartal 2/2003 Leistungen des ambulanten Operierens gemäß Anlage zu dieser Vereinbarung erbringt, erfolgt die Zuerkennung eines arzt-/fachgruppenspezifischen durchschnittlichen Regelleistungsvolumens mit einer Bewertung der in diesem Rahmen erbrachten Leistungen zu einem Punktwert von 5,0 Cent sowie der entsprechenden über diesem Regelleistungsvolumenansatzes liegenden Honorarforderungen zu einem Punktwert von 0,5 Cent. Die sich durch diese Regelung ergebenden Honorarmehrforderungen gehen zu Lasten der AOK Hessen (§ 2 Abs. 2.4 Vb). Diese Vereinbarung wurde in der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005, veröffentlicht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10.11.2005 (im Folgenden: HVV) für die Quartale ab II/05 ff. übernommen (vgl. Nr. 2 der Anlage 3 zu Ziff. 7.2 HVV).
Bei der Vereinbarung handelt es sich um einen Strukturvertrag mit der AOK Hessen. An dessen Vorgaben ist die Beklagte bei der Honorarverteilung ebenso wie in den Quartalen II bis IV/05 an den HVV gebunden. Angesichts einer extrabudgetären Vergütung zu festen Punktwerten ist es ferner nicht zu beanstanden, dass hierfür feste Regelleistungsvolumen vorgesehen werden, die auf frühere Abrechnungsquartale Bezug nehmen (vgl. BSG, Urt. v. 08.02.2006 – B 6 KA 25/05 R -, SozR 4-2500 § 85 Nr. 23 = MedR 2006, 603 = NZS 2006, 667, juris Rdnr. 23 m.w.N.). Zu beachten ist ferner, dass diese Regelleistungsvolumina im Regelfall nur einen geringeren Teil des ärztlichen Honoraranspruchs ausmachen (so bereits auch Urteil der Kammer v. 29.08.2007 - S 12 KA 1194/05 –; SG Marburg, Urt. v. 31.10.2007– S 12 KA 899/06 –, Berufung anhängig: LSG Hessen – L 4 KA 80/07).
Ausgehend von diesen Regelungen der Vb bzw. des HVV hat die Beklagte aber verkannt, dass der Kläger aufgrund seiner Praxisverlegung von S-Stadt nach A-Stadt als "junge Praxis" zu behandeln ist und deshalb nicht mit seinen eigenen Abrechnungswerten im Jahr 2003 verglichen werden kann. Nach den genannten Regelungen ist dem Kläger deshalb ein Regelleistungsvolumens für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Hessen nach der "26-er-Liste" durchgeführten ambulanten Operationen bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzubilligen.
Die Kammer geht dabei davon aus, dass der Kläger aufgrund der Praxisverlegung in das über 30 km entfernte A-Stadt eine neue Praxis gegründet und allenfalls nur in unwesentlichem Umfang Patienten aus seinem vormaligen Einzugsbereich übernommen hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt, dass er aufgrund der zeitgleich mit seiner Niederlassung ausgesprochenen Ermächtigung des chirurgischen Chefarztes des Krankenhauses in S-Stadt im Bereich des geplanten ambulanten Operierens nicht habe Fuß fassen können. Auch habe er seine Fallzahl aus diesem Grund nicht steigern können, weshalb er sich zur Praxisverlegung entschlossen habe. Er habe erst dann in A-Stadt seine Fallzahlen steigern und die Praxis aufbauen können. Die Kammer hat keine Veranlassung, an den Einlassungen des Klägers zu zweifeln, dies insbesondere auch deshalb, weil ihr die örtliche Situation in S-Stadt aus dem Verfahren mit Az.: S 12 KA 69/08, in dem es sich um Klagen der Beklagten, des Klägers und weiterer niedergelassener Ärzte gegen die vom Berufungsausschuss ausgesprochene Ermächtigung des Nachfolgers des vom Kläger hier erwähnten Chefarztes handelt, hinreichend bekannt ist.
Vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass die Bestimmung des Fachgruppendurchschnitts anhand der Zahl der tatsächlich operierenden Ärzte, nicht anhand der Zahl der Ärzte in den Praxen und Gemeinschaftspraxen, die die ambulanten Operationen erbringen, zu erfolgen hat (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 29.08.2007 – S 12 KA 1194/05 -; SG Marburg, Urt. v. 31.10.2007– S 12 KA 899/06 –, Berufung anhängig: LSG Hessen – L 4 KA 80/07).
Von daher brauchte die Kammer nicht zu entscheiden, ob an ihrer Auffassung festzuhalten ist, wonach für segmentierte Regelleistungsvolumina im Bereich des ambulanten Operierens mit festen Punktwerten kein Anspruch darauf besteht, jeweils bis zum Durchschnitt der Fachgruppe wachsen zu können (vgl. SG Marburg, Urt. v. 31.10.2007– S 12 KA 780/06 –). Soweit die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung allerdings dargelegt hat, es entspreche der Verwaltungspraxis der Beklagten bei Anwendung der Regelungen für das ambulante Operieren, Praxen, die im Referenzquartal unterdurchschnittlich abgerechnet hätten, an ihren Abrechnungswerten bei der Bildung des Regelleistungsvolumens festzuhalten, aber Praxen, die im Referenzquartal die betreffenden Leistungen gar nicht abgerechnet hätten, ein Regelleistungsvolumen in Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzubilligen, so hat die Kammer erhebliche Bedenken, ob dies mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit noch im Einklang steht. Insofern ist nicht ersichtlich, welche Unterschiede zwischen nicht abrechnenden und unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen bestehen, die eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Aus den genannten Gründen kam es hierauf aber für die Kammer ebf. nicht an.
Soweit die darauf hinweist, sie habe die Rechtsprechung des BSG für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen berücksichtigt und dies habe im Quartal I/05 zur zusätzlichen Anerkennung von insgesamt 89.824,9 Punkten zum oberen Punktwert im Rahmen des Regelleistungsvolumenansatzes geführt, war ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Vergütung der hier streitigen Leistungen nicht erkennbar. Insofern bleibt es der Beklagten überlassen, inwieweit sie ggf. den zusätzlich anerkannten Betrag korrigiert,
Die Klage war aber im Übrigen abzuweisen.
Einen weitergehenden Anspruch hat der Kläger nicht, da, wie bereits ausgeführt, feste Regelleistungsvolumina vorgesehen werden, die auf frühere Abrechnungsquartale Bezug nehmen. Fehlen solche Werte, kann auf Durchschnittswerte abgestellt werden. Es ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, die zu unbegrenzten Abrechnungsvolumina verpflichten würde.
Für den BKK-Bereich liegen aber, wie die Beklagte ausgeführt hat, die herangezogenen Werte mit 86.450 Punkten über dem Durchschnittswert mit 74.914,4 Punkten. Einen darüber hinausgehenden Anspruch vermochte die Kammer hier ebf. nicht zu erkennen.
Nach allem war der Klage im tenorierten Umfang stattzugeben und war sie im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Die Quotelung war anhand des Obsiegens und Unterliegens zu bestimmen.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved