Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2560/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1014/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen eines Arbeitsunfalls Verletztenrente zusteht.
Der 1945 geborene Kläger war Handelsvertreter und als Unternehmer freiwilliges Mitglied der Beklagten. Auf Grund eines Antrages vom November 2002 bezieht er Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, jetzt bis April 2008.
Bei einer mit der Tätigkeit als Handelsvertreter zusammenhängenden Fahrt am 14. Dezember 1995 kam gegen 14:50 Uhr auf schneeglatter Fahrbahn ein dem Kläger entgegenkommendes Fahrzeug ins Schleudern, geriet auf die Fahrbahn des Klägers und prallte seitlich-frontal gegen das vom Kläger gelenkte Fahrzeug. Der Kläger begab sich nach der Unfallaufnahme zunächst nach Hause. Gegen 18:00 Uhr suchte er den Chirurgen Dr. K. auf. Dieser konnte klinisch und anamnestisch keine Commotio cerebri und neurologisch keine Auffälligkeiten feststellen. Die Röntgenaufnahmen des Schädels und der Halswirbelsäule ergaben eine Steilstellung der Halswirbelsäule, aber keine Frakturen. Dr. K. diagnostizierte eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad I, ein leichtes Gurttrauma der linken Thoraxvorderwand sowie eine Prellung des rechten Knies (Durchgangsarztbericht vom 14. Dezember 1995). Da der Kläger Symptome einer Commotio cerebri (Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerz) entwickelte, überwies ihn Dr. K. am 18. Dezember 1995 zur weiteren Diagnostik und Therapie in stationäre Behandlung. Der HNO-Arzt Dr. S. äußerte auf Grund einer Untersuchung am 8. Januar 1996 den Verdacht auf vertebragenes Ohrgeräusch und vertebragenen Schwindel bei Zustand nach Distorsion der Halswirbelsäule (Bericht vom 15. Januar 1996). Der Unfallchirurg Dr. F. teilte der Beklagten mit, am 18. Januar 1996 habe ein objektivierbarer Befund nicht erhoben werden können. Der Kläger habe multiple Schmerzen im Verlauf der Halswirbelsäule, der oberen Brustwirbelsäule mit Ausstrahlen in die Schulter und der Lendenwirbelsäule geschildert (Bericht vom 23. Januar 1996). Vom 6. Februar 1996 bis 19. Februar 1996 befand sich der Kläger zu einer Infusionstherapie in stationärer hals-nasen-ohrenärztlicher Behandlung wegen eines Rauschens in beiden Ohren und Drehschwindelattacken. Bei einer ambulanten Untersuchung durch Prof. Dr. W. am 28. Februar 1996 klagte der Kläger über Schmerzen im Bereich des Nackens und der oberen Brustwirbelsäule sowie über Kopfschmerzen und Schwindel. Der Tinnitus sei gebessert, aber noch vorhanden. Prof. Dr. W. konnte auf unfallchirurgischem Gebiet außer den angegebenen Beschwerden und auf neurologischem Gebiet keine Traumafolgen objektivieren und hielt die bestehende Arbeitsunfähigkeit allein auf Grund HNO-ärztlicher Befunde für begründbar (Bericht vom 29. Februar 1996). Der Orthopäde Dr. J. beendete nach Rücksprache mit dem beratenden Arzt der Beklagten die berufsgenossenschaftliche Behandlung am 14. Juni 1996.
Der Kläger übersandte der Beklagten die Befundberichte der HNO-Ärztin Dr. C. vom 16. Februar 1996, wonach die vom Kläger geklagten Beschwerden typisch für ein Halswirbelsäulen-Schleudertrauma seien, sowie des Orthopäden Dr. M. vom 19. Juli 1996, der ebenfalls von einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule ausging und u.a. darauf verwies, dass es dem Kläger erst besser gehe, seit er von ihm speziell auf die Traumafolgen am Kopfgelenksbereich gezielt behandelt werde.
Prof. Dr. H. erstattete das HNO-ärztliche Gutachten vom 14. November 1996, in dem er u.a. über ambulante (Infusions-)Behandlungen des Klägers in seiner Klinik im Mai 1994 und im Oktober 1994 wegen Rauschen in beiden Ohren, geklagten Gangunsicherheiten und mehrmals täglich auftretenden kurzzeitigen Drehschwindelattacken berichtete sowie weiter ausführte, die Beschwerden seien nach Angaben des Klägers rückläufig gewesen und erst nach dem Unfall vom 14. Dezember 1995 erneut wieder aufgetreten. Es sei davon auszugehen, dass sich die Beschwerden durch den Unfall erheblich verschlechtert hätten. In Folge des Distorsionstraumas der Halswirbelsäule bestünden als Unfallfolgen eine mögliche Verstärkung der vorhandenen peripheren Gleichgewichtsstörung und eine Verstärkung des vorhandenen Tinnitus aurium. Auf dem HNO-Gebiet ergebe sich eine MdE von 15 vH. Der HNO-Arzt Dr. J. hielt im Hinblick auf den Vorschaden maximal eine unfallbedingte MdE in Höhe von 10 vH für gerechtfertigt und ging davon aus, dass über den 14. Juni 1996 hinaus Arbeitsunfähigkeit wegen der Unfallfolgen nicht bestanden habe (Stellungnahmen vom 2. Mai 1997 und 20. August 1997).
Die Beklagte zahlte Verletztengeld vom 10. Februar 1996 bis 14. Juni 1996 (Mitteilung vom 18. August 1998). Da Arbeitsunfähigkeit ärztlich bis 31. Dezember 1996 sowie vom 3. März 1997 bis 30. April 1997 und vom 5. Mai 1997 bis 31. Mai 1997 bescheinigt wurde, zahlte die Krankenkasse dem Kläger für diese Zeiträume nach dem 14. Juni 1996 Krankengeld. Nach einer von der Krankenkasse des Klägers übersandten Aufstellung bestand Arbeitsunfähigkeit vom 25. April 1994 bis 7. Mai 1994 wegen HWS-LWS-Syndrom, vom 1. Juni 1994 bis 23. Juni 1994 wegen Hörsturz, Tinnitus aurium, vom 24. Juni 1994 bis 8. August 1994 wegen L 4/5 Lumboischialgie rechts, Bandscheibenvorfall in Segment L 4/5 rechts, vom 6. Oktober 1994 bis 17. Oktober 1994 wegen Hörsturz beidseits, vom 18. Oktober 1994 bis 11. November 1994 wegen akuten Cervikalsyndroms, HWS-Schleudertrauma sowie im Mai 1995 wegen einer Kurmaßnahme der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wegen NPP L 4/5, HWS-Syndrom mit multiplen Blockierungen.
Prof. Dr. H. erstattete das weitere HNO-ärztliche Gutachten vom 21. September 1999. Er diagnostizierte einen Tinnitus aurium beidseits sowie auf Grund der neurootologischen Untersuchung eine kombinierte periphere und zentrale Gleichgewichtsstörung. Beide Erkrankungen seien bereits vor dem Unfall vorhanden gewesen, aber in ihrer Intensität als Folge des Unfallgeschehens verstärkt worden. Eine eindeutige Abgrenzbarkeit der Unfallschäden von den Vorschäden sei nicht mit absoluter Sicherheit möglich. Als Folge einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule könne eine Innenohrfunktionsstörung auftreten, wozu Ohrgeräusche und vestibuläre Symptome zählten. Die nach Aktenlage bis 31. Mai 1997 bestehende Arbeitsunfähigkeit dauere nicht mehr an. Die objektivierbare Labyrinthstörung mit gelegentlichem Belastungsschwindel und die subjektiv deutlich belastenden Ohrgeräusche bei Normalhörigkeit seien mit einer MdE von jeweils 10 vH zu bewerten, insgesamt auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet mit einer MdE von 15 vH.
Der Neurologe, Psychiater und Neuroradiologe Privatdozent Dr. R. hielt in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 3. Dezember 1999 eine unfallbedingte MdE auf neurologischem Gebiet für nicht gegeben, weil zu keiner Zeit neurologische Ausfälle festgestellt bzw. vom Kläger geltendgemacht worden seien. Hinsichtlich der Unfallfolgen auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet stimmte er der Stellungnahme des Dr. J. zu. Obwohl man argumentieren könne, der Unfall sei lediglich eine Gelegenheitsursache für das Wiederaufflackern sowohl des Tinnitus wie auch der Gleichgewichtsstörungen, sei andererseits nicht zu widerlegen, dass dem Unfallereignis die Qualität einer rechtlich wesentlichen Teilursache für das Wiederauftreten der Symptomatik darstelle. Die dadurch bedingte MdE sei allenfalls mit 10 vH zu bewerten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei bis zum 14. Juni 1996 anzunehmen.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. K. das unfallchirurgische Gutachten vom 31. Januar 2001 und Privatdozent Dr. R. das neurologische Zusatzgutachten vom 4. Mai 2001. Prof. Dr. K. führte aus, als eindeutig unfallunabhängige Erkrankungen seien vorbestehende degenerative Veränderungen im Sinne einer Spondylarthrose mit Knickbildung im Sinne einer kyphotischen Veränderung der Halswirbelsäule zwischen dem 3. und dem 4. Halswirbelkörper sowie einer kompensatorischen Hyperlordose HWK 7/Th 1 anzusehen. Sich hieraus ergebende statische Fehlhaltungen unterstützten die auch schon vor dem Unfall bestehenden Neigungen zu Schwindel bzw. Ohrgeräuschen. Durch das Unfallereignis könne es bei einer derartigen vorgeschädigten Halswirbelsäule durchaus zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik kommen. Als wesentliche Unfallfolgen fänden sich ein Teil der beklagten Beschwerden im Sinne von Muskelhartspann paravertebral der Halswirbelsäule und ein minimaler Teil der beklagten Parästhesien im Bereich der oberen Extremität. Eine MdE in rentenberechtigendem Grade ergebe sich auf Grund der Unfallfolgen aus unfallchirurgischer Sicht nicht.
Prof. Dr. R. diagnostizierte einen Verdacht auf eine Somatisierungsstörung im Sinne eines multilokulären chronischen Schmerzsyndroms mit deutlichen aggravierenden Tendenzen, einen Tinnitus beidseits sowie einen Zustand nach Distorsion der Halswirbelsäule nach Erdmann Schweregrad I bis II. Die multilokuläre Schmerzproblematik sei bezogen auf die Latenz nach dem Unfallereignis sowie nach Intensität und Lokalisation nicht in Zusammenhang mit dem Trauma zu bringen. Auf neurologischem Fachgebiet lägen keine Unfallfolgen vor. Aus neurologischer Sicht erscheine der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit gemessen an der Diagnose deutlich diskrepant zu den üblichen Zeiten (ein bis zwei Wochen). Für sechs Monate ab Unfalldatum sei die MdE mit 20 vH und die folgenden sechs Monate mit 10 vH einzuschätzen. Prof. Dr. K. schätzte die Gesamt-MdE nach Abschluss der Heilbehandlung und Eintritt der Arbeitsfähigkeit mit 10 vH, überwiegend auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet, ein (Stellungnahme vom 15. Januar 2002).
Die Beklagte lehnte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 ab und erkannte unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit vom 14. Dezember 1995 bis 14. Juni 1996 an (Bescheid vom 24. April 2002). Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit der Begründung zurück, er folge den ärztlichen Gutachten und Beurteilungen (Widerspruchsbescheid vom 19. September 2002).
Der Kläger hat am 25. September 2002 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben mit dem Begehren, eine Verletztenrente wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 zu zahlen. Er leide unter erheblichen unfallbedingten Verletzungen. Zu den Beschleunigungskräften, die bei dem Unfall auf seinen Körper eingewirkt hätten, sei ein verkehrsanalytisches Gutachten einzuholen.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat Prof. Dr. H. in der gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 4. Dezember 2002 hinsichtlich der Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bis 31. Mai 1997 an seiner Auffassung im Gutachten vom 21. September 1999 festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2004). Es ist zur Überzeugung gekommen, dass der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit wegen der Folgen des wegen Unfalls vom 14. Dezember 1995 nicht um wenigstens 20 vH gemindert sei, und hat sich bei dieser Beurteilung auf die Gutachten des Prof. Dr. H., Prof. Dr. K. und Privatdozent Dr. R. gestützt. Sämtliche Ärzte seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die MdE wegen der Unfallfolgen insgesamt weniger als 20 vH betrage. Ein verkehrsanalytisches Gutachten sei nicht einzuholen, da es sich mit den unfallbedingten Gesundheitsstörungen und der daraus folgenden MdE nicht befasse. Der Antrag des Klägers auf gutachterliche Anhörung des Dr. S. nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei abzulehnen, da der Kostenvorschuss innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Entscheidung nicht eingezahlt worden sei.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 13. Februar 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. März 2004 Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, ein verkehrsanalytisches Gutachten sei einzuholen. Unfallbedingte Gesundheitsstörungen in Form eines Traumas der Halswirbelsäule seien häufig nur dadurch nachzuweisen, dass die biomechanische Insassenbelastung mitberücksichtigt werde. Der Kläger hat vorgelegt Arztberichte des Neurologen und Psychiater Dr. E. vom 29. Dezember 2003 und 13. Februar 2004 und des Orthopäden Dr. B. vom 18. November 2003, ein für die gesetzliche Rentenversicherung erstelltes orthopädisches Gutachten des Dr. M. vom 17. Februar 2003, einen ärztlichen Entlassungsbericht vom 11. März 2002 nach einem stationären Heilverfahren vom 26. Februar 2002 bis 7. März 2002 zu Lasten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, ein Gutachten des Chirurgen/Unfallchirurgen Dr.M., MDK B., vom 28. April 1997 und das Gutachten des Kfz-Sachverständigen über die Reparaturkosten der Unfallschäden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Februar 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 ab 15. Juni 1996 eine Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 vH zu zahlen, hilfsweise ein HNO-ärztliches und ein technisch-biomechanisches Unfallgutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes hat Orthopädin Dr. R. das Gutachten vom 11. Mai 2005 erstattet. Auf den Arbeitsunfall vom 14. Dezember 1995 sei ein Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule mit jetzt chronifiziertem Schmerzsyndrom bei funktionell erheblich eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule im Rahmen eines Cervikocranialsyndroms bei zuvor bekannter mittlerer Verschleißsituation der Halswirbelsäule zurückzuführen. Auf Grund des Traumas sei es zu einer Verschlimmerung von vorhandenen Vorbefunden gekommen. Sie schließe sich der Beurteilung von Prof. Dr. K. an, dass aus rein orthopädischer Sicht allein sich keine MdE in rentenberechtigendem Grade auf Grund der Unfallfolgen ergebe. Die MdE aus den Vorbefunden schätzte sie mit 10 vH, die unfallbedingte MdE mit 15 vH (die orthopädischen Befunde betreffend) ein.
Für das Gutachten hat Dr. F. eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule durchgeführt, die keine unfallspezifischen Veränderungen, insbesondere keine Hinweise auf eine stattgehabte discoligamentäre Verletzung ergeben hat (Bericht vom 21. Juni 2005).
Auf weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Dr. S. das nervenärztliche Gutachten vom 3. August 2006 erstattet und sich auf Veranlassung des Klägers ergänzend mit Schreiben vom 4. September 2006 geäußert. Unfallfolgen seien ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach HWS-Distorsionstrauma II-III Grades, eine periphere und zentrale Gleichgewichtsfunktionsstörung, ein Tinnitus aurium beiderseits, eine funktionelle Basilaris-Schwäche bei HWS-Fehlhaltung, eine Anpassungsstörung, eine mittelschwere reaktive Depression sowie eine Insomnie bei chronischen Schmerzen. Nicht unfallbedingte Diagnosen seien degenerative HWS- und LWS-Veränderungen, ein Bandscheibenvorfall L 5/5 (gemeint ist L 4/5), eine Polyneuropathie der Beine, eine Periarthropathia humeroscapularis beiderseits, ein Schlaf-Apnoe-Syndrom und eine Adipositas. Als Teil-MdE auf nervenärztlichem Gebiet schlage er 20 vH ab 15. Juni 1996 vor. Unter Integration der HNO-ärztlich (Prof. Dr. H.) und orthopädisch (Dr. R.) festgelegten Teil-MdE von jeweils 15 vH ergebe sich unter Berücksichtigung von Gebietsüberschneidungen und Vorschäden eine Gesamt-MdE von 40 vH. Bedeutsam bezüglich der Schwere des Traumas, des protrahierten Heilungsverlaufs bzw. der Chronifizierung der Beschwerden sei der Potenzierungseffekt einer zweidimensionalen HWS-Verletzung, in der es in Phase eins zu einem HWS-Beschleunigungstrauma in Längsrichtung bei versetztem Frontalaufprall (aus 11:00 Uhr) und in Phase zwei in Querrichtung (aus 9:00 Uhr) gekommen sei.
Der Senat hat die sachverständige Zeugenaussagen von Prof. Dr. H. und Dr. S. der Universitäts-HNO Klinik W. vom 11. Oktober 2006 über die stationäre Behandlung des Klägers im Februar 1996 eingeholt, die diese auf die Patientenunterlagen der Klinik gestützt haben, da die den Kläger damals behandelnden Ärzte der Klinik nicht mehr tätig sind. Der Kläger habe bei der ambulanten Vorstellung am 1. Februar 1996 ein seit einem Pkw-Unfall im Dezember 1995 erneut aufgetretenes beidseitige Rauschen beider Ohren geltend gemacht. Die Entlassungsdiagnose nach der stationären Behandlung vom 6. bis 19. Februar 1996 habe Tinnitus beidseits, Zustand nach zweimaliger Infusionstherapie 1994 gelautet. Die fortlaufenden Akteneinträge enthielten den Vermerk "Tinnitus wesentlich gebessert". Die tonaudiometrischen Befunde von 1996 seien gegenüber den im Mai und Dezember 1994 erhobenen nahezu unverändert gewesen. Eine Tinnitus-Bestimmung habe im Mai und Dezember 1994 jedoch nicht stattgefunden, sodass keine Angaben darüber gemacht werden könnten, ob es sich um den gleichen Frequenzbereich bei 12,5 kHz gehandelt habe. Im Mai 1994 habe es sich um ein beidseitiges Rauschen gehandelt, im Dezember 1994 sei ein beidseitiger Tinnitus in den Akten vermerkt worden, der nach Oktoberfest-Musik aufgetreten sei. Im März 1995 sei vermerkt worden, dass die Ohrgeräusche beidseits zugenommen hätten.
Der Kläger hat der Verwertung der Zeugenaussage widersprochen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor.
Gegenstand des Rechtstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2002, soweit er einen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente ablehnte. Denn mit der beim Sozialgericht erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung von Verletztenrente wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 begehrt. Der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 ist damit hinsichtlich der Anerkennung von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht angefochten und damit bestandskräftig (§ 77 SGG) geworden. Zwischen den Beteiligten steht damit fest, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis 14. Juni 1996 bestand. Da nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Renten von dem Tag an gezahlt werden, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, kann ein Anspruch auf Verletztenrente erst ab 15. Juni 1996 bestehen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der die Klage abweisende Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Verletztenrente verneint.
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Sozialgesetzbuches (SGB) VII anzuwenden, denn Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (§§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb die bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Rechtsvorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung finden. Ein Ausnahmefall nach § 214 Abs. 3 SGB VII liegt nicht vor. Danach gelten ferner die Vorschriften über Renten nach SGB VII auch für Versicherungsfälle, die vor dem 1. Januar 1997 eingetreten sind, wenn Renten nach dem 01. Januar 1997 erstmals festzusetzen sind. Die Vorschrift ist in dem Sinne zu verstehen, dass auf den Zeitpunkt der materiellen Anspruchsentstehung abzustellen ist (vgl. Ricke im Kasseler Kommentar, § 214 SGB VII Rdnr. 9 m. w. N.). Geltend gemacht wird die Gewährung einer Verletztenrente aus dem Arbeitsunfall vom 14. Dezember 1995, die ab 15. Juni 1996 fällig wäre.
Gemäß § 581 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 548 RVO wird eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Verletzter infolge eines Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens ein Fünftel (20 v.H.) gemindert ist.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der eingetretenen bzw. bestehenden Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität). Für die Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach genügt abweichend von einer naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalitätsbetrachtung nach der Bedingungs- oder Äquivalenztheorie ("conditio sine qua non") nicht jedes Glied in einer Ursachenkette, um die Verursachung zu bejahen, weil dies zu einem unendlichen Ursachenzusammenhang führt. Als kausal und im Sozialrecht erheblich werden vielmehr nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Gesundheitsschaden zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.). Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein müssen, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.).
Bei dem Verkehrsunfall am 14. Dezember 1995 erlitt der Kläger eine Distorsion der Halswirbelsäule. Wie im Durchgangsarztbericht des Dr. K. vom 14. Dezember 1995 diagnostiziert, ist diese Distorsion der Halswirbelsäule nur dem Schweregrad I zuzuordnen. Je nach Art und Ausprägung typischer Symptome werden in der unfallmedizinischen Literatur die HWS-Distorsionen Schweregraden zugeordnet, die aus der unfallmedizinischen Erfahrung in der Regel mit zeitlich begrenzten funktionellen Einschränkungen (Arbeitsunfähigkeit, Minderung der Erwerbsfähigkeit) einhergehen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, 7. Aufl., S. 554 ff, insb. S. 556). Der nach dem Unfall erhobene medizinische Befund, insbesondere die bildgebende Diagnostik, ergab keine Begleitverletzungen, insbesondere keine Gelenkskapseleinrisse, Gefäßverletzungen oder Frakturen. Die Kopfbeweglichkeit war frei. Der Auffassung von Dr. R. in ihrem Gutachten, die Distorsion der Halswirbelsäule sei mit dem Schweregrad II einzuschätzen, kann der Senat im Hinblick auf die erhobenen Erstbefunde nicht folgen.
Auf Grund des Verkehrsunfalls vom 14. Dezember 1995 verschlimmerten sich vorübergehend vorbestehende Erkrankungen des Klägers. Hiervon gehen übereinstimmend die im Verwaltungsverfahren gehörten Ärzte aus. Inwieweit eine messbare Verschlechterung der funktionellen Beeinträchtigung vorlag, ist nach Auffassung des Senats jedoch zweifelhaft. Ohrgeräusche und Schwindelbeschwerden sind erst einen Monat nach dem Unfallereignis als Verdachtsdiagnose von Dr. Steck am 8. Januar 1996 dokumentiert worden, wobei die Prüfung der Gleichgewichtsfunktionen keine auffälligen Befunde hinsichtlich der peripheren Vestibularorgane ergeben hat (Arztbericht von Dr. S. vom 15. Januar 1996).
Bereits vor dem Unfallereignis bestanden Erkrankungen im Bereich der Halswirbelsäule. Es besteht eine kyphotische (nach dorsal konvexe Krümmung der Wirbelsäule (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage, S. 878)) Fehlstatik der Halswirbelsäule. Diese Veränderung ist schon in Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1991 dokumentiert, die Prof. Dr. K. in seinem Gutachten auswertete. Diese Veränderung ist auch in dem Gutachten des Dr. M. vom 17. Februar 2003 und im ärztlichen Entlassungsbericht der Weser-Rehabilitationsklinik, B. P., vom 11. März 2002 beschrieben. Nach Prof. Dr. K. war das Unfallereignis Ursache einer vorübergehenden Beschwerdeverstärkung der unfallunabhängigen Leiden, die angesichts der geringfügigen Primärbefunde am Unfalltag in der ungewöhnlich langen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zum Ausdruck kommt. Seiner sonach nachvollziehbaren Beurteilung gemäß sind die zum Zeitpunkt seiner Untersuchung in November 2000 noch bestehenden Beschwerden im Hinblick auf den hinsichtlich Traumafolgen unauffälligen Röntgenbefund und die stark ausgeprägte Vorschädigung überwiegend auf die unfallunabhängigen HWS-Veränderungen zurückzuführen. Auf chirurgischem/orthopädischem Fachgebiet liegen keine MdE-relevanten Unfallfolgen nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit mehr vor.
Diese Beurteilung ist durch das orthopädische Gutachten von Dr. R., das der Senat im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholt hat, nicht entkräftet. Auch Dr. R. geht in ihrem Gutachten von einer vor dem streitigen Arbeitsunfall bestehenden Vorerkrankung im Bereich der Halswirbelsäule aus. Sie führt aus, auf Grund der chronifizierten Fehlhaltung im Bereich der Halswirbelsäule komme es sekundär wegen eines Zirkulus viciosus zu Muskelverspannungen. Sie legt aber nicht dar, weshalb es durch den Unfall zu einer richtunggebenden Verschlechterung kam. Sie beschreibt in ihrem Gutachten den derzeitigen Zustand, ohne auf die bestehende Vorerkrankung bei der Abwägung der Wahrscheinlichkeit des Zusammenhanges einzugehen. Dies wäre nach Auffassung des Senats deshalb erforderlich gewesen, weil sie eine schon vor dem Unfall bekannte mittlere Verschleißsituation der Halswirbelsäule diagnostizierte, auf Grund der sich Beschwerden des Klägers ergeben können. Auch zeigte die von Dr. R. veranlasste Magnetresonanztomografie der Halswirbelsäule, die sie für ihr Gutachten durch den Radiologen Dr. F. durchführen ließ, nach dem Bericht des Dr. F. keine unfallspezifischen Veränderungen. Weiter weist Dr. F. in seinem Bericht auch darauf hin, dass aus den Befunden kein Rückschluss auf einen unfallbedingten strukturellen Primärschaden möglich ist.
Auch auf HNO-ärztlichem Gebieten liegen keine MdE-relevanten Unfallfolgen vor. Prof. Dr. H. geht von einer Verschlimmerung der von ihm 1994 bereits diagnostizierten Ohrgeräusche und Schwindelbeschwerden aus. Zu der vorbestehenden zentralen Gleichgewichtsstörung ist nach seiner Auffassung eine unfallbedingte vestibuläre Störung hinzugetreten, deren unfallbedingte Auswirkungen sich aber schwer abgrenzen ließen. Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der Gleichgewichts-/Schwindelbeschwerden unterscheidet sich aber bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. in November 1996 nicht von der geklagten Gesundheitsbeeinträchtigung anlässlich der Untersuchung von 1994. Im Mai 1994 waren nach Prof. Dr. H. ein beidseitiges Ohrenrauschen und Gangunsicherheiten und mehrmals täglich auftretende kurzzeitige Schwindelattacken geklagt worden. Ebenso wurde der Kläger im Oktober 1994 erneut wegen beidseitigem Ohrenrauschen und Drehschwindelattacken behandelt, mit Besserung nach Infusionstherapie. Die - erstmals im Januar 1996 - ärztlich dokumentierten Schwindelattacken glichen bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. im Oktober 1996 den bereits früher geklagten Drehschwindelattacken, die der Kläger bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. im August 1999 dahingehend konkretisiert hat, dass der ungerichtet auftretende Schwindel vor allem bei Überkopfarbeiten auftrete. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. K. in November 2000 waren die Drehschwindelattacken bei den durchgeführten Provokationstests und Bewegungsübungen nicht auszulösen (vgl. Gutachten vom 31. Januar 2001). Auch bei der neurologischen Untersuchung durch PD Dr. R. waren keine Gleichgewichtsstörungen oder Schwindelattacken zu diagnostizieren (Gutachten vom 4. Mai 2001). Der Kläger hatte bei dieser Untersuchung angegeben, unter Schwankschwindel, insbesondere beim Vornüberbeugen oder bei schwerer Arbeit, und sekundenlangem Augenflimmern zu leiden. Eine funktionelle Verschlechterung gegenüber den unfallunabhängigen Vorbefunden ist damit nicht zu begründen. Der apparativ erhobene nystagtische Befund von Prof. Dr. C., den Prof. Dr. H. seiner Bewertung zugrunde legt, lässt daher keine Rückschlüsse auf stärkere Beeinträchtigungen zu. Soweit der Kläger geltend macht, durch den Unfall sei der Tinnitus und die Schwindelbeschwerden erneut aufgetreten, ist dem mit der Annahme einer wesentlich durch den HNO-Befund begründeten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit hinreichend Rechnung getragen. Die Einschätzung von Dr. J., dass die nach dem 14. Juni 1996 erfolgten Behandlungsmaßnahmen nicht mehr durch die Unfallfolgen, sondern durch die unfallvorbestehenden Erkrankungen veranlasst waren, stimmt insoweit mit der Einschätzung von Prof. Dr. K. auf orthopädischem und von PD Dr. R. auf neurologischem Gebiet überein, dass die noch bestehenden Beschwerden, soweit sie objektivierbar sind, auf die unfallunabhängigen Vorerkrankungen zurückzuführen sind. Prof. Dr. K. legte in seinem Gutachten dar, dass die vorbestehenden Veränderungen der Halswirbelsäule auch die Ohrgeräusche und Schwindelattacken erklären.
Das von mehreren Ärzten diagnostizierte Schmerzsyndrom bzw. die somatoforme Schmerzstörung ist keine Folge des Unfalls vom 14. Dezember 1995. Der Senat folgt insoweit dem Gutachten des Dr. R. vom 4. Mai 2001. Die Schmerzsymptomatik beruht auf der unfallunabhängigen kyphotischen Fehlstatik und Degeneration der Halswirbelsäule. Dies ergibt sich aus der im ärztlichen Entlassungsbericht vom 11. März 2002 enthaltenen Diagnose (somatoforme Schmerzstörung, dabei führend cervikocraniales Syndrom bei kyphotischer Fehlstatik und Degeneration der Halswirbelsäule). Die kyphotische Veränderung der Halswirbelsäule beschrieb auch Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 31. Januar 2001, der diese Veränderung auf bereits am 9. November 1991 angefertigten Röntgenaufnahmen dokumentiert fand. Das Gutachten von Dr. R. kann zu keiner anderen Beurteilung führen, da - wie dargelegt -in dem Gutachten jegliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs fehlt. Die gegenteilige Einschätzung von Dr. S. ist nicht überzeugend. Er unterstellt ein HWS-Distorsiontrauma in einer Ausprägung, die den vorgenannten Befunden nicht entnommen werden kann. Auch räumt er unfallunabhängige Erkrankungen ein. Für den Senat ist danach nicht erkennbar, weshalb allein die von Dr. S. als unfallbedingt bezeichneten Diagnosen ursächlich für das chronifizierte Schmerzsyndrom sein sollen. Der Kläger leidet darüber hinaus nämlich auch an degenerativen Veränderungen in der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenvorfall bei L 4/5 und an beidseitigen Schultergelenksbeschwerden, wie Dr. Schulz selbst in seinem Gutachten ausführt.
Selbst wenn man davon ausginge, dass auch nach Ende der Arbeitsunfähigkeit noch ein Teil der Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen ist, ist nach den Schätzwerten für die MdE nach HWS-Distorsionen (vgl. Schönberger u. a., a. a. O., S. 556) bei dem Schweregrad I vorliegend von keiner rentenrelevante MdE nach einer mehr als halbjährigen Arbeitsunfähigkeit auszugehen, da der Schätzwert von 20 v.H. für die Dauer von drei Monaten nach einer in solchen Fällen regelmäßigen Arbeitsunfähigkeit von zwei bis sechs Wochen von der hier konkret gegebenen überlangen Arbeitsunfähigkeitszeit von annähernd sechs Monaten kompensiert ist. Im Hinblick auf die fehlenden Befunde auf neurologischem und unfallchirurgischem Gebiet nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit im Juni 1996 führt die Bewertung der allein auf HNO-ärztlichem Fachgebiet noch möglich zu beurteilenden Gesundheitsstörungen zu keiner MdE von 20 vH. nach diesen pauschalen Bewertungssätzen. Die MdE-Einschätzung von Prof. Dr. K. und PD Dr. P. ist damit überzeugend. Zutreffend hat Prof. Dr. H. den - unterstellt unfallbedingten - gelegentlich auftretenden Belastungsschwindel mit Unsicherheit bei Überkopfarbeiten oder Lageschwindel mit einer MdE von 10 vH eingeschätzt (vgl. Schönberger u. a., a. a. O., S. 408). Dies entspricht am ehesten der Bewertung der Beeinträchtigung der gleichgewichtsregulierenden Systeme im täglichen Leben (vgl. Schönberger u. a., a. a. O.) bei Gefühl schwindelbedingter Unsicherheiten (Intensitätsstufe Null) - Schwanken oder Stolpern (= Intensitätsstufe 1) ist in keinem der Gutachten zu objektivieren gewesen, die Gang- und Standvariationen sind in den orthopädischen Untersuchungen alle ausführbar gewesen - bei bereits mittlerer Belastung (Waschen und Anziehen, Bücken und Aufrichten), was mit einer MdE von unter 10 v.H. bewertet wird. Schwankschwindel tritt nach den wiedergegebenen Angaben des Klägers nur bei hoher Belastung, schwerer Arbeit oder Überkopfarbeiten auf, sodass selbst bei Intensitätsstufe 1 und Belastungsstufe 3 die MdE von 10 vH nicht überschritten wird (vgl. Schönberger u.a., a. a. O.). Nach Prof. Dr. H., dem Dr. J. im Grundsatz zugestimmt hat, ist der wegen geltend gemachten Schlafstörungen als störend zu bewertende Tinnitus mit einer Einzel-MdE von 10 v.H. integrierend zu berücksichtigen, sodass eine MdE von allenfalls 15 v.H. für die vestibulär bedingten, sich teilweise überschneidenden Störungen gerechtfertigt wäre. Auch dies begründet keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Ob der von Dr. J. gebildete mittlere Wert einer MdE von 10 v.H. zutrifft, von dem Prof. Dr. K. bei seiner Gesamt-MdE-Beurteilung ausgeht, kann dahinstehen.
Hierbei bleibt außer Betracht, dass nach der übereinstimmenden Einschätzung von PD Dr. R. und Prof. K. sowohl Tinnitus als auch Schwindelbeschwerden, die bereits im Oktober 1994 auch wegen einer HWS-Distorsion aufgetreten waren - wie sich aus den Darlegungen von Prof. Dr. H. i. V. m. dem eingeholten Vorerkrankungsverzeichnis ergibt -, hinreichend durch die unfall¬unabhängige HWS-Degeneration - mit zuletzt entwickelten Bandscheibenprotusionen bei C 3/4 und C 5/6 (vgl. Gutachten von Dr. S.) - zu erklären sind. Etwaige Gesundheitsverschlechterungen nach Juni 1996 sind daher der unfallfremden Vorerkrankung anzulasten.
Der Senat sah keine Veranlassung für weitere medizinischen Ermittlungen, insbesondere zur Einholung eines weiteren HNO-ärztlichen Gutachtens, wie vom Kläger beantragt. Der Sachverhalt ist nach den obigen Darlegungen zur Überzeugung des Senats hinreichend aufgeklärt.
Ein Gutachten auf HNO-ärztlichem Fachgebiet nach § 109 SGG hat der Kläger nur hilfsweise neben dem primär nach § 109 SGG einzuholenden neurologisch/psychiatrischen Gutachten beantragt (vgl. Schriftsätze vom 22. August und 8. September 2005). Dem Antrag hat der Senat mit Einholung des Gutachten von Dr. S. gem. § 109 SGG entsprochen, sodass der Hilfsantrag sich erledigt hat. Einen weiteren Antrag nach § 109 SGG hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht gestellt, sondern mit Schriftsatz vom 8. September 2006 und wiederholt mit Schriftsatz vom 28. September 2006 die Einholung eines Gutachtens von HNO-Arzt Dr. S. beantragt. Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag nach § 109 SGG wäre i. S. von § 109 Abs. 2 SGG als verspätet zu behandeln, denn mit der Terminsbestimmung vom 6. November 2006 wurde zu erkennen gegeben, dass der Rechtsstreit als entscheidungsreif beurteilt wird. Eine angemessene Überlegungsfrist von bis zu vier Wochen Dauer (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 109 Rdnr. 11) ist bis zur mündlichen Verhandlung verstrichen. Außerdem wäre nach der Prozesslage auch nur eine kürzere Überlegungsfrist einzuräumen, denn nachdem bereits hilfsweise nach § 109 SGG ein HNO-ärztliches Gutachtens beantragt worden war, hätte sich bei objektiver sorgfältiger Prozessführung nach der Terminierung alsbald die wiederholende Antragstellung nach § 109 SGG aufdrängen müssen.
Ebenso sah der Senat keinen Anlass zur Einholung des beantragten technisch-biomechanischen Gutachtens. Ein technisches, verkehrsanalytisches Gutachten lässt vorliegend keine über die unfallnah erhobenen ärztlichen Primärbefunde hinausgehenden Erkenntnisse erwarten. Von einer gesundheitsschädigenden Einwirkung auf die Halswirbelsäule wurde ausgegangen. Einer möglichen erhöhten Intensität bei entsprechender gesundheitlicher Vorbelastung wurde mit der verlängert angenommenen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit Rechnung getragen. Spezifische Verletzungen sind aus einer biomechanischen Betrachtung über die apparativen und klinisch erhobenen Arztbefunde hinaus nicht abzuleiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen eines Arbeitsunfalls Verletztenrente zusteht.
Der 1945 geborene Kläger war Handelsvertreter und als Unternehmer freiwilliges Mitglied der Beklagten. Auf Grund eines Antrages vom November 2002 bezieht er Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, jetzt bis April 2008.
Bei einer mit der Tätigkeit als Handelsvertreter zusammenhängenden Fahrt am 14. Dezember 1995 kam gegen 14:50 Uhr auf schneeglatter Fahrbahn ein dem Kläger entgegenkommendes Fahrzeug ins Schleudern, geriet auf die Fahrbahn des Klägers und prallte seitlich-frontal gegen das vom Kläger gelenkte Fahrzeug. Der Kläger begab sich nach der Unfallaufnahme zunächst nach Hause. Gegen 18:00 Uhr suchte er den Chirurgen Dr. K. auf. Dieser konnte klinisch und anamnestisch keine Commotio cerebri und neurologisch keine Auffälligkeiten feststellen. Die Röntgenaufnahmen des Schädels und der Halswirbelsäule ergaben eine Steilstellung der Halswirbelsäule, aber keine Frakturen. Dr. K. diagnostizierte eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad I, ein leichtes Gurttrauma der linken Thoraxvorderwand sowie eine Prellung des rechten Knies (Durchgangsarztbericht vom 14. Dezember 1995). Da der Kläger Symptome einer Commotio cerebri (Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerz) entwickelte, überwies ihn Dr. K. am 18. Dezember 1995 zur weiteren Diagnostik und Therapie in stationäre Behandlung. Der HNO-Arzt Dr. S. äußerte auf Grund einer Untersuchung am 8. Januar 1996 den Verdacht auf vertebragenes Ohrgeräusch und vertebragenen Schwindel bei Zustand nach Distorsion der Halswirbelsäule (Bericht vom 15. Januar 1996). Der Unfallchirurg Dr. F. teilte der Beklagten mit, am 18. Januar 1996 habe ein objektivierbarer Befund nicht erhoben werden können. Der Kläger habe multiple Schmerzen im Verlauf der Halswirbelsäule, der oberen Brustwirbelsäule mit Ausstrahlen in die Schulter und der Lendenwirbelsäule geschildert (Bericht vom 23. Januar 1996). Vom 6. Februar 1996 bis 19. Februar 1996 befand sich der Kläger zu einer Infusionstherapie in stationärer hals-nasen-ohrenärztlicher Behandlung wegen eines Rauschens in beiden Ohren und Drehschwindelattacken. Bei einer ambulanten Untersuchung durch Prof. Dr. W. am 28. Februar 1996 klagte der Kläger über Schmerzen im Bereich des Nackens und der oberen Brustwirbelsäule sowie über Kopfschmerzen und Schwindel. Der Tinnitus sei gebessert, aber noch vorhanden. Prof. Dr. W. konnte auf unfallchirurgischem Gebiet außer den angegebenen Beschwerden und auf neurologischem Gebiet keine Traumafolgen objektivieren und hielt die bestehende Arbeitsunfähigkeit allein auf Grund HNO-ärztlicher Befunde für begründbar (Bericht vom 29. Februar 1996). Der Orthopäde Dr. J. beendete nach Rücksprache mit dem beratenden Arzt der Beklagten die berufsgenossenschaftliche Behandlung am 14. Juni 1996.
Der Kläger übersandte der Beklagten die Befundberichte der HNO-Ärztin Dr. C. vom 16. Februar 1996, wonach die vom Kläger geklagten Beschwerden typisch für ein Halswirbelsäulen-Schleudertrauma seien, sowie des Orthopäden Dr. M. vom 19. Juli 1996, der ebenfalls von einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule ausging und u.a. darauf verwies, dass es dem Kläger erst besser gehe, seit er von ihm speziell auf die Traumafolgen am Kopfgelenksbereich gezielt behandelt werde.
Prof. Dr. H. erstattete das HNO-ärztliche Gutachten vom 14. November 1996, in dem er u.a. über ambulante (Infusions-)Behandlungen des Klägers in seiner Klinik im Mai 1994 und im Oktober 1994 wegen Rauschen in beiden Ohren, geklagten Gangunsicherheiten und mehrmals täglich auftretenden kurzzeitigen Drehschwindelattacken berichtete sowie weiter ausführte, die Beschwerden seien nach Angaben des Klägers rückläufig gewesen und erst nach dem Unfall vom 14. Dezember 1995 erneut wieder aufgetreten. Es sei davon auszugehen, dass sich die Beschwerden durch den Unfall erheblich verschlechtert hätten. In Folge des Distorsionstraumas der Halswirbelsäule bestünden als Unfallfolgen eine mögliche Verstärkung der vorhandenen peripheren Gleichgewichtsstörung und eine Verstärkung des vorhandenen Tinnitus aurium. Auf dem HNO-Gebiet ergebe sich eine MdE von 15 vH. Der HNO-Arzt Dr. J. hielt im Hinblick auf den Vorschaden maximal eine unfallbedingte MdE in Höhe von 10 vH für gerechtfertigt und ging davon aus, dass über den 14. Juni 1996 hinaus Arbeitsunfähigkeit wegen der Unfallfolgen nicht bestanden habe (Stellungnahmen vom 2. Mai 1997 und 20. August 1997).
Die Beklagte zahlte Verletztengeld vom 10. Februar 1996 bis 14. Juni 1996 (Mitteilung vom 18. August 1998). Da Arbeitsunfähigkeit ärztlich bis 31. Dezember 1996 sowie vom 3. März 1997 bis 30. April 1997 und vom 5. Mai 1997 bis 31. Mai 1997 bescheinigt wurde, zahlte die Krankenkasse dem Kläger für diese Zeiträume nach dem 14. Juni 1996 Krankengeld. Nach einer von der Krankenkasse des Klägers übersandten Aufstellung bestand Arbeitsunfähigkeit vom 25. April 1994 bis 7. Mai 1994 wegen HWS-LWS-Syndrom, vom 1. Juni 1994 bis 23. Juni 1994 wegen Hörsturz, Tinnitus aurium, vom 24. Juni 1994 bis 8. August 1994 wegen L 4/5 Lumboischialgie rechts, Bandscheibenvorfall in Segment L 4/5 rechts, vom 6. Oktober 1994 bis 17. Oktober 1994 wegen Hörsturz beidseits, vom 18. Oktober 1994 bis 11. November 1994 wegen akuten Cervikalsyndroms, HWS-Schleudertrauma sowie im Mai 1995 wegen einer Kurmaßnahme der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wegen NPP L 4/5, HWS-Syndrom mit multiplen Blockierungen.
Prof. Dr. H. erstattete das weitere HNO-ärztliche Gutachten vom 21. September 1999. Er diagnostizierte einen Tinnitus aurium beidseits sowie auf Grund der neurootologischen Untersuchung eine kombinierte periphere und zentrale Gleichgewichtsstörung. Beide Erkrankungen seien bereits vor dem Unfall vorhanden gewesen, aber in ihrer Intensität als Folge des Unfallgeschehens verstärkt worden. Eine eindeutige Abgrenzbarkeit der Unfallschäden von den Vorschäden sei nicht mit absoluter Sicherheit möglich. Als Folge einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule könne eine Innenohrfunktionsstörung auftreten, wozu Ohrgeräusche und vestibuläre Symptome zählten. Die nach Aktenlage bis 31. Mai 1997 bestehende Arbeitsunfähigkeit dauere nicht mehr an. Die objektivierbare Labyrinthstörung mit gelegentlichem Belastungsschwindel und die subjektiv deutlich belastenden Ohrgeräusche bei Normalhörigkeit seien mit einer MdE von jeweils 10 vH zu bewerten, insgesamt auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet mit einer MdE von 15 vH.
Der Neurologe, Psychiater und Neuroradiologe Privatdozent Dr. R. hielt in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 3. Dezember 1999 eine unfallbedingte MdE auf neurologischem Gebiet für nicht gegeben, weil zu keiner Zeit neurologische Ausfälle festgestellt bzw. vom Kläger geltendgemacht worden seien. Hinsichtlich der Unfallfolgen auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet stimmte er der Stellungnahme des Dr. J. zu. Obwohl man argumentieren könne, der Unfall sei lediglich eine Gelegenheitsursache für das Wiederaufflackern sowohl des Tinnitus wie auch der Gleichgewichtsstörungen, sei andererseits nicht zu widerlegen, dass dem Unfallereignis die Qualität einer rechtlich wesentlichen Teilursache für das Wiederauftreten der Symptomatik darstelle. Die dadurch bedingte MdE sei allenfalls mit 10 vH zu bewerten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei bis zum 14. Juni 1996 anzunehmen.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. K. das unfallchirurgische Gutachten vom 31. Januar 2001 und Privatdozent Dr. R. das neurologische Zusatzgutachten vom 4. Mai 2001. Prof. Dr. K. führte aus, als eindeutig unfallunabhängige Erkrankungen seien vorbestehende degenerative Veränderungen im Sinne einer Spondylarthrose mit Knickbildung im Sinne einer kyphotischen Veränderung der Halswirbelsäule zwischen dem 3. und dem 4. Halswirbelkörper sowie einer kompensatorischen Hyperlordose HWK 7/Th 1 anzusehen. Sich hieraus ergebende statische Fehlhaltungen unterstützten die auch schon vor dem Unfall bestehenden Neigungen zu Schwindel bzw. Ohrgeräuschen. Durch das Unfallereignis könne es bei einer derartigen vorgeschädigten Halswirbelsäule durchaus zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik kommen. Als wesentliche Unfallfolgen fänden sich ein Teil der beklagten Beschwerden im Sinne von Muskelhartspann paravertebral der Halswirbelsäule und ein minimaler Teil der beklagten Parästhesien im Bereich der oberen Extremität. Eine MdE in rentenberechtigendem Grade ergebe sich auf Grund der Unfallfolgen aus unfallchirurgischer Sicht nicht.
Prof. Dr. R. diagnostizierte einen Verdacht auf eine Somatisierungsstörung im Sinne eines multilokulären chronischen Schmerzsyndroms mit deutlichen aggravierenden Tendenzen, einen Tinnitus beidseits sowie einen Zustand nach Distorsion der Halswirbelsäule nach Erdmann Schweregrad I bis II. Die multilokuläre Schmerzproblematik sei bezogen auf die Latenz nach dem Unfallereignis sowie nach Intensität und Lokalisation nicht in Zusammenhang mit dem Trauma zu bringen. Auf neurologischem Fachgebiet lägen keine Unfallfolgen vor. Aus neurologischer Sicht erscheine der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit gemessen an der Diagnose deutlich diskrepant zu den üblichen Zeiten (ein bis zwei Wochen). Für sechs Monate ab Unfalldatum sei die MdE mit 20 vH und die folgenden sechs Monate mit 10 vH einzuschätzen. Prof. Dr. K. schätzte die Gesamt-MdE nach Abschluss der Heilbehandlung und Eintritt der Arbeitsfähigkeit mit 10 vH, überwiegend auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet, ein (Stellungnahme vom 15. Januar 2002).
Die Beklagte lehnte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 ab und erkannte unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit vom 14. Dezember 1995 bis 14. Juni 1996 an (Bescheid vom 24. April 2002). Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit der Begründung zurück, er folge den ärztlichen Gutachten und Beurteilungen (Widerspruchsbescheid vom 19. September 2002).
Der Kläger hat am 25. September 2002 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben mit dem Begehren, eine Verletztenrente wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 zu zahlen. Er leide unter erheblichen unfallbedingten Verletzungen. Zu den Beschleunigungskräften, die bei dem Unfall auf seinen Körper eingewirkt hätten, sei ein verkehrsanalytisches Gutachten einzuholen.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat Prof. Dr. H. in der gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 4. Dezember 2002 hinsichtlich der Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bis 31. Mai 1997 an seiner Auffassung im Gutachten vom 21. September 1999 festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2004). Es ist zur Überzeugung gekommen, dass der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit wegen der Folgen des wegen Unfalls vom 14. Dezember 1995 nicht um wenigstens 20 vH gemindert sei, und hat sich bei dieser Beurteilung auf die Gutachten des Prof. Dr. H., Prof. Dr. K. und Privatdozent Dr. R. gestützt. Sämtliche Ärzte seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die MdE wegen der Unfallfolgen insgesamt weniger als 20 vH betrage. Ein verkehrsanalytisches Gutachten sei nicht einzuholen, da es sich mit den unfallbedingten Gesundheitsstörungen und der daraus folgenden MdE nicht befasse. Der Antrag des Klägers auf gutachterliche Anhörung des Dr. S. nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei abzulehnen, da der Kostenvorschuss innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Entscheidung nicht eingezahlt worden sei.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 13. Februar 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. März 2004 Berufung eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, ein verkehrsanalytisches Gutachten sei einzuholen. Unfallbedingte Gesundheitsstörungen in Form eines Traumas der Halswirbelsäule seien häufig nur dadurch nachzuweisen, dass die biomechanische Insassenbelastung mitberücksichtigt werde. Der Kläger hat vorgelegt Arztberichte des Neurologen und Psychiater Dr. E. vom 29. Dezember 2003 und 13. Februar 2004 und des Orthopäden Dr. B. vom 18. November 2003, ein für die gesetzliche Rentenversicherung erstelltes orthopädisches Gutachten des Dr. M. vom 17. Februar 2003, einen ärztlichen Entlassungsbericht vom 11. März 2002 nach einem stationären Heilverfahren vom 26. Februar 2002 bis 7. März 2002 zu Lasten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, ein Gutachten des Chirurgen/Unfallchirurgen Dr.M., MDK B., vom 28. April 1997 und das Gutachten des Kfz-Sachverständigen über die Reparaturkosten der Unfallschäden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Februar 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 ab 15. Juni 1996 eine Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 vH zu zahlen, hilfsweise ein HNO-ärztliches und ein technisch-biomechanisches Unfallgutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes hat Orthopädin Dr. R. das Gutachten vom 11. Mai 2005 erstattet. Auf den Arbeitsunfall vom 14. Dezember 1995 sei ein Zustand nach Distorsionstrauma der Halswirbelsäule mit jetzt chronifiziertem Schmerzsyndrom bei funktionell erheblich eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule im Rahmen eines Cervikocranialsyndroms bei zuvor bekannter mittlerer Verschleißsituation der Halswirbelsäule zurückzuführen. Auf Grund des Traumas sei es zu einer Verschlimmerung von vorhandenen Vorbefunden gekommen. Sie schließe sich der Beurteilung von Prof. Dr. K. an, dass aus rein orthopädischer Sicht allein sich keine MdE in rentenberechtigendem Grade auf Grund der Unfallfolgen ergebe. Die MdE aus den Vorbefunden schätzte sie mit 10 vH, die unfallbedingte MdE mit 15 vH (die orthopädischen Befunde betreffend) ein.
Für das Gutachten hat Dr. F. eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule durchgeführt, die keine unfallspezifischen Veränderungen, insbesondere keine Hinweise auf eine stattgehabte discoligamentäre Verletzung ergeben hat (Bericht vom 21. Juni 2005).
Auf weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Dr. S. das nervenärztliche Gutachten vom 3. August 2006 erstattet und sich auf Veranlassung des Klägers ergänzend mit Schreiben vom 4. September 2006 geäußert. Unfallfolgen seien ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach HWS-Distorsionstrauma II-III Grades, eine periphere und zentrale Gleichgewichtsfunktionsstörung, ein Tinnitus aurium beiderseits, eine funktionelle Basilaris-Schwäche bei HWS-Fehlhaltung, eine Anpassungsstörung, eine mittelschwere reaktive Depression sowie eine Insomnie bei chronischen Schmerzen. Nicht unfallbedingte Diagnosen seien degenerative HWS- und LWS-Veränderungen, ein Bandscheibenvorfall L 5/5 (gemeint ist L 4/5), eine Polyneuropathie der Beine, eine Periarthropathia humeroscapularis beiderseits, ein Schlaf-Apnoe-Syndrom und eine Adipositas. Als Teil-MdE auf nervenärztlichem Gebiet schlage er 20 vH ab 15. Juni 1996 vor. Unter Integration der HNO-ärztlich (Prof. Dr. H.) und orthopädisch (Dr. R.) festgelegten Teil-MdE von jeweils 15 vH ergebe sich unter Berücksichtigung von Gebietsüberschneidungen und Vorschäden eine Gesamt-MdE von 40 vH. Bedeutsam bezüglich der Schwere des Traumas, des protrahierten Heilungsverlaufs bzw. der Chronifizierung der Beschwerden sei der Potenzierungseffekt einer zweidimensionalen HWS-Verletzung, in der es in Phase eins zu einem HWS-Beschleunigungstrauma in Längsrichtung bei versetztem Frontalaufprall (aus 11:00 Uhr) und in Phase zwei in Querrichtung (aus 9:00 Uhr) gekommen sei.
Der Senat hat die sachverständige Zeugenaussagen von Prof. Dr. H. und Dr. S. der Universitäts-HNO Klinik W. vom 11. Oktober 2006 über die stationäre Behandlung des Klägers im Februar 1996 eingeholt, die diese auf die Patientenunterlagen der Klinik gestützt haben, da die den Kläger damals behandelnden Ärzte der Klinik nicht mehr tätig sind. Der Kläger habe bei der ambulanten Vorstellung am 1. Februar 1996 ein seit einem Pkw-Unfall im Dezember 1995 erneut aufgetretenes beidseitige Rauschen beider Ohren geltend gemacht. Die Entlassungsdiagnose nach der stationären Behandlung vom 6. bis 19. Februar 1996 habe Tinnitus beidseits, Zustand nach zweimaliger Infusionstherapie 1994 gelautet. Die fortlaufenden Akteneinträge enthielten den Vermerk "Tinnitus wesentlich gebessert". Die tonaudiometrischen Befunde von 1996 seien gegenüber den im Mai und Dezember 1994 erhobenen nahezu unverändert gewesen. Eine Tinnitus-Bestimmung habe im Mai und Dezember 1994 jedoch nicht stattgefunden, sodass keine Angaben darüber gemacht werden könnten, ob es sich um den gleichen Frequenzbereich bei 12,5 kHz gehandelt habe. Im Mai 1994 habe es sich um ein beidseitiges Rauschen gehandelt, im Dezember 1994 sei ein beidseitiger Tinnitus in den Akten vermerkt worden, der nach Oktoberfest-Musik aufgetreten sei. Im März 1995 sei vermerkt worden, dass die Ohrgeräusche beidseits zugenommen hätten.
Der Kläger hat der Verwertung der Zeugenaussage widersprochen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor.
Gegenstand des Rechtstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2002, soweit er einen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente ablehnte. Denn mit der beim Sozialgericht erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung von Verletztenrente wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 14. Dezember 1995 begehrt. Der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2002 ist damit hinsichtlich der Anerkennung von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht angefochten und damit bestandskräftig (§ 77 SGG) geworden. Zwischen den Beteiligten steht damit fest, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis 14. Juni 1996 bestand. Da nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Renten von dem Tag an gezahlt werden, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, kann ein Anspruch auf Verletztenrente erst ab 15. Juni 1996 bestehen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der die Klage abweisende Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Verletztenrente verneint.
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Sozialgesetzbuches (SGB) VII anzuwenden, denn Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (§§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb die bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Rechtsvorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung finden. Ein Ausnahmefall nach § 214 Abs. 3 SGB VII liegt nicht vor. Danach gelten ferner die Vorschriften über Renten nach SGB VII auch für Versicherungsfälle, die vor dem 1. Januar 1997 eingetreten sind, wenn Renten nach dem 01. Januar 1997 erstmals festzusetzen sind. Die Vorschrift ist in dem Sinne zu verstehen, dass auf den Zeitpunkt der materiellen Anspruchsentstehung abzustellen ist (vgl. Ricke im Kasseler Kommentar, § 214 SGB VII Rdnr. 9 m. w. N.). Geltend gemacht wird die Gewährung einer Verletztenrente aus dem Arbeitsunfall vom 14. Dezember 1995, die ab 15. Juni 1996 fällig wäre.
Gemäß § 581 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 548 RVO wird eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Verletzter infolge eines Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens ein Fünftel (20 v.H.) gemindert ist.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der eingetretenen bzw. bestehenden Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität). Für die Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, die Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach genügt abweichend von einer naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalitätsbetrachtung nach der Bedingungs- oder Äquivalenztheorie ("conditio sine qua non") nicht jedes Glied in einer Ursachenkette, um die Verursachung zu bejahen, weil dies zu einem unendlichen Ursachenzusammenhang führt. Als kausal und im Sozialrecht erheblich werden vielmehr nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Gesundheitsschaden zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg beigetragen, so sind nur solche Bedingungen wesentlich, die gegenüber anderen von überragender Bedeutung sind (ständige Rechtsprechung, vgl. zum Ganzen: z.B. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R -; Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.). Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen. Während die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein müssen, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.).
Bei dem Verkehrsunfall am 14. Dezember 1995 erlitt der Kläger eine Distorsion der Halswirbelsäule. Wie im Durchgangsarztbericht des Dr. K. vom 14. Dezember 1995 diagnostiziert, ist diese Distorsion der Halswirbelsäule nur dem Schweregrad I zuzuordnen. Je nach Art und Ausprägung typischer Symptome werden in der unfallmedizinischen Literatur die HWS-Distorsionen Schweregraden zugeordnet, die aus der unfallmedizinischen Erfahrung in der Regel mit zeitlich begrenzten funktionellen Einschränkungen (Arbeitsunfähigkeit, Minderung der Erwerbsfähigkeit) einhergehen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, 7. Aufl., S. 554 ff, insb. S. 556). Der nach dem Unfall erhobene medizinische Befund, insbesondere die bildgebende Diagnostik, ergab keine Begleitverletzungen, insbesondere keine Gelenkskapseleinrisse, Gefäßverletzungen oder Frakturen. Die Kopfbeweglichkeit war frei. Der Auffassung von Dr. R. in ihrem Gutachten, die Distorsion der Halswirbelsäule sei mit dem Schweregrad II einzuschätzen, kann der Senat im Hinblick auf die erhobenen Erstbefunde nicht folgen.
Auf Grund des Verkehrsunfalls vom 14. Dezember 1995 verschlimmerten sich vorübergehend vorbestehende Erkrankungen des Klägers. Hiervon gehen übereinstimmend die im Verwaltungsverfahren gehörten Ärzte aus. Inwieweit eine messbare Verschlechterung der funktionellen Beeinträchtigung vorlag, ist nach Auffassung des Senats jedoch zweifelhaft. Ohrgeräusche und Schwindelbeschwerden sind erst einen Monat nach dem Unfallereignis als Verdachtsdiagnose von Dr. Steck am 8. Januar 1996 dokumentiert worden, wobei die Prüfung der Gleichgewichtsfunktionen keine auffälligen Befunde hinsichtlich der peripheren Vestibularorgane ergeben hat (Arztbericht von Dr. S. vom 15. Januar 1996).
Bereits vor dem Unfallereignis bestanden Erkrankungen im Bereich der Halswirbelsäule. Es besteht eine kyphotische (nach dorsal konvexe Krümmung der Wirbelsäule (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage, S. 878)) Fehlstatik der Halswirbelsäule. Diese Veränderung ist schon in Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1991 dokumentiert, die Prof. Dr. K. in seinem Gutachten auswertete. Diese Veränderung ist auch in dem Gutachten des Dr. M. vom 17. Februar 2003 und im ärztlichen Entlassungsbericht der Weser-Rehabilitationsklinik, B. P., vom 11. März 2002 beschrieben. Nach Prof. Dr. K. war das Unfallereignis Ursache einer vorübergehenden Beschwerdeverstärkung der unfallunabhängigen Leiden, die angesichts der geringfügigen Primärbefunde am Unfalltag in der ungewöhnlich langen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zum Ausdruck kommt. Seiner sonach nachvollziehbaren Beurteilung gemäß sind die zum Zeitpunkt seiner Untersuchung in November 2000 noch bestehenden Beschwerden im Hinblick auf den hinsichtlich Traumafolgen unauffälligen Röntgenbefund und die stark ausgeprägte Vorschädigung überwiegend auf die unfallunabhängigen HWS-Veränderungen zurückzuführen. Auf chirurgischem/orthopädischem Fachgebiet liegen keine MdE-relevanten Unfallfolgen nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit mehr vor.
Diese Beurteilung ist durch das orthopädische Gutachten von Dr. R., das der Senat im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholt hat, nicht entkräftet. Auch Dr. R. geht in ihrem Gutachten von einer vor dem streitigen Arbeitsunfall bestehenden Vorerkrankung im Bereich der Halswirbelsäule aus. Sie führt aus, auf Grund der chronifizierten Fehlhaltung im Bereich der Halswirbelsäule komme es sekundär wegen eines Zirkulus viciosus zu Muskelverspannungen. Sie legt aber nicht dar, weshalb es durch den Unfall zu einer richtunggebenden Verschlechterung kam. Sie beschreibt in ihrem Gutachten den derzeitigen Zustand, ohne auf die bestehende Vorerkrankung bei der Abwägung der Wahrscheinlichkeit des Zusammenhanges einzugehen. Dies wäre nach Auffassung des Senats deshalb erforderlich gewesen, weil sie eine schon vor dem Unfall bekannte mittlere Verschleißsituation der Halswirbelsäule diagnostizierte, auf Grund der sich Beschwerden des Klägers ergeben können. Auch zeigte die von Dr. R. veranlasste Magnetresonanztomografie der Halswirbelsäule, die sie für ihr Gutachten durch den Radiologen Dr. F. durchführen ließ, nach dem Bericht des Dr. F. keine unfallspezifischen Veränderungen. Weiter weist Dr. F. in seinem Bericht auch darauf hin, dass aus den Befunden kein Rückschluss auf einen unfallbedingten strukturellen Primärschaden möglich ist.
Auch auf HNO-ärztlichem Gebieten liegen keine MdE-relevanten Unfallfolgen vor. Prof. Dr. H. geht von einer Verschlimmerung der von ihm 1994 bereits diagnostizierten Ohrgeräusche und Schwindelbeschwerden aus. Zu der vorbestehenden zentralen Gleichgewichtsstörung ist nach seiner Auffassung eine unfallbedingte vestibuläre Störung hinzugetreten, deren unfallbedingte Auswirkungen sich aber schwer abgrenzen ließen. Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der Gleichgewichts-/Schwindelbeschwerden unterscheidet sich aber bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. in November 1996 nicht von der geklagten Gesundheitsbeeinträchtigung anlässlich der Untersuchung von 1994. Im Mai 1994 waren nach Prof. Dr. H. ein beidseitiges Ohrenrauschen und Gangunsicherheiten und mehrmals täglich auftretende kurzzeitige Schwindelattacken geklagt worden. Ebenso wurde der Kläger im Oktober 1994 erneut wegen beidseitigem Ohrenrauschen und Drehschwindelattacken behandelt, mit Besserung nach Infusionstherapie. Die - erstmals im Januar 1996 - ärztlich dokumentierten Schwindelattacken glichen bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. im Oktober 1996 den bereits früher geklagten Drehschwindelattacken, die der Kläger bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. im August 1999 dahingehend konkretisiert hat, dass der ungerichtet auftretende Schwindel vor allem bei Überkopfarbeiten auftrete. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. K. in November 2000 waren die Drehschwindelattacken bei den durchgeführten Provokationstests und Bewegungsübungen nicht auszulösen (vgl. Gutachten vom 31. Januar 2001). Auch bei der neurologischen Untersuchung durch PD Dr. R. waren keine Gleichgewichtsstörungen oder Schwindelattacken zu diagnostizieren (Gutachten vom 4. Mai 2001). Der Kläger hatte bei dieser Untersuchung angegeben, unter Schwankschwindel, insbesondere beim Vornüberbeugen oder bei schwerer Arbeit, und sekundenlangem Augenflimmern zu leiden. Eine funktionelle Verschlechterung gegenüber den unfallunabhängigen Vorbefunden ist damit nicht zu begründen. Der apparativ erhobene nystagtische Befund von Prof. Dr. C., den Prof. Dr. H. seiner Bewertung zugrunde legt, lässt daher keine Rückschlüsse auf stärkere Beeinträchtigungen zu. Soweit der Kläger geltend macht, durch den Unfall sei der Tinnitus und die Schwindelbeschwerden erneut aufgetreten, ist dem mit der Annahme einer wesentlich durch den HNO-Befund begründeten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit hinreichend Rechnung getragen. Die Einschätzung von Dr. J., dass die nach dem 14. Juni 1996 erfolgten Behandlungsmaßnahmen nicht mehr durch die Unfallfolgen, sondern durch die unfallvorbestehenden Erkrankungen veranlasst waren, stimmt insoweit mit der Einschätzung von Prof. Dr. K. auf orthopädischem und von PD Dr. R. auf neurologischem Gebiet überein, dass die noch bestehenden Beschwerden, soweit sie objektivierbar sind, auf die unfallunabhängigen Vorerkrankungen zurückzuführen sind. Prof. Dr. K. legte in seinem Gutachten dar, dass die vorbestehenden Veränderungen der Halswirbelsäule auch die Ohrgeräusche und Schwindelattacken erklären.
Das von mehreren Ärzten diagnostizierte Schmerzsyndrom bzw. die somatoforme Schmerzstörung ist keine Folge des Unfalls vom 14. Dezember 1995. Der Senat folgt insoweit dem Gutachten des Dr. R. vom 4. Mai 2001. Die Schmerzsymptomatik beruht auf der unfallunabhängigen kyphotischen Fehlstatik und Degeneration der Halswirbelsäule. Dies ergibt sich aus der im ärztlichen Entlassungsbericht vom 11. März 2002 enthaltenen Diagnose (somatoforme Schmerzstörung, dabei führend cervikocraniales Syndrom bei kyphotischer Fehlstatik und Degeneration der Halswirbelsäule). Die kyphotische Veränderung der Halswirbelsäule beschrieb auch Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 31. Januar 2001, der diese Veränderung auf bereits am 9. November 1991 angefertigten Röntgenaufnahmen dokumentiert fand. Das Gutachten von Dr. R. kann zu keiner anderen Beurteilung führen, da - wie dargelegt -in dem Gutachten jegliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs fehlt. Die gegenteilige Einschätzung von Dr. S. ist nicht überzeugend. Er unterstellt ein HWS-Distorsiontrauma in einer Ausprägung, die den vorgenannten Befunden nicht entnommen werden kann. Auch räumt er unfallunabhängige Erkrankungen ein. Für den Senat ist danach nicht erkennbar, weshalb allein die von Dr. S. als unfallbedingt bezeichneten Diagnosen ursächlich für das chronifizierte Schmerzsyndrom sein sollen. Der Kläger leidet darüber hinaus nämlich auch an degenerativen Veränderungen in der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenvorfall bei L 4/5 und an beidseitigen Schultergelenksbeschwerden, wie Dr. Schulz selbst in seinem Gutachten ausführt.
Selbst wenn man davon ausginge, dass auch nach Ende der Arbeitsunfähigkeit noch ein Teil der Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen ist, ist nach den Schätzwerten für die MdE nach HWS-Distorsionen (vgl. Schönberger u. a., a. a. O., S. 556) bei dem Schweregrad I vorliegend von keiner rentenrelevante MdE nach einer mehr als halbjährigen Arbeitsunfähigkeit auszugehen, da der Schätzwert von 20 v.H. für die Dauer von drei Monaten nach einer in solchen Fällen regelmäßigen Arbeitsunfähigkeit von zwei bis sechs Wochen von der hier konkret gegebenen überlangen Arbeitsunfähigkeitszeit von annähernd sechs Monaten kompensiert ist. Im Hinblick auf die fehlenden Befunde auf neurologischem und unfallchirurgischem Gebiet nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit im Juni 1996 führt die Bewertung der allein auf HNO-ärztlichem Fachgebiet noch möglich zu beurteilenden Gesundheitsstörungen zu keiner MdE von 20 vH. nach diesen pauschalen Bewertungssätzen. Die MdE-Einschätzung von Prof. Dr. K. und PD Dr. P. ist damit überzeugend. Zutreffend hat Prof. Dr. H. den - unterstellt unfallbedingten - gelegentlich auftretenden Belastungsschwindel mit Unsicherheit bei Überkopfarbeiten oder Lageschwindel mit einer MdE von 10 vH eingeschätzt (vgl. Schönberger u. a., a. a. O., S. 408). Dies entspricht am ehesten der Bewertung der Beeinträchtigung der gleichgewichtsregulierenden Systeme im täglichen Leben (vgl. Schönberger u. a., a. a. O.) bei Gefühl schwindelbedingter Unsicherheiten (Intensitätsstufe Null) - Schwanken oder Stolpern (= Intensitätsstufe 1) ist in keinem der Gutachten zu objektivieren gewesen, die Gang- und Standvariationen sind in den orthopädischen Untersuchungen alle ausführbar gewesen - bei bereits mittlerer Belastung (Waschen und Anziehen, Bücken und Aufrichten), was mit einer MdE von unter 10 v.H. bewertet wird. Schwankschwindel tritt nach den wiedergegebenen Angaben des Klägers nur bei hoher Belastung, schwerer Arbeit oder Überkopfarbeiten auf, sodass selbst bei Intensitätsstufe 1 und Belastungsstufe 3 die MdE von 10 vH nicht überschritten wird (vgl. Schönberger u.a., a. a. O.). Nach Prof. Dr. H., dem Dr. J. im Grundsatz zugestimmt hat, ist der wegen geltend gemachten Schlafstörungen als störend zu bewertende Tinnitus mit einer Einzel-MdE von 10 v.H. integrierend zu berücksichtigen, sodass eine MdE von allenfalls 15 v.H. für die vestibulär bedingten, sich teilweise überschneidenden Störungen gerechtfertigt wäre. Auch dies begründet keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Ob der von Dr. J. gebildete mittlere Wert einer MdE von 10 v.H. zutrifft, von dem Prof. Dr. K. bei seiner Gesamt-MdE-Beurteilung ausgeht, kann dahinstehen.
Hierbei bleibt außer Betracht, dass nach der übereinstimmenden Einschätzung von PD Dr. R. und Prof. K. sowohl Tinnitus als auch Schwindelbeschwerden, die bereits im Oktober 1994 auch wegen einer HWS-Distorsion aufgetreten waren - wie sich aus den Darlegungen von Prof. Dr. H. i. V. m. dem eingeholten Vorerkrankungsverzeichnis ergibt -, hinreichend durch die unfall¬unabhängige HWS-Degeneration - mit zuletzt entwickelten Bandscheibenprotusionen bei C 3/4 und C 5/6 (vgl. Gutachten von Dr. S.) - zu erklären sind. Etwaige Gesundheitsverschlechterungen nach Juni 1996 sind daher der unfallfremden Vorerkrankung anzulasten.
Der Senat sah keine Veranlassung für weitere medizinischen Ermittlungen, insbesondere zur Einholung eines weiteren HNO-ärztlichen Gutachtens, wie vom Kläger beantragt. Der Sachverhalt ist nach den obigen Darlegungen zur Überzeugung des Senats hinreichend aufgeklärt.
Ein Gutachten auf HNO-ärztlichem Fachgebiet nach § 109 SGG hat der Kläger nur hilfsweise neben dem primär nach § 109 SGG einzuholenden neurologisch/psychiatrischen Gutachten beantragt (vgl. Schriftsätze vom 22. August und 8. September 2005). Dem Antrag hat der Senat mit Einholung des Gutachten von Dr. S. gem. § 109 SGG entsprochen, sodass der Hilfsantrag sich erledigt hat. Einen weiteren Antrag nach § 109 SGG hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht gestellt, sondern mit Schriftsatz vom 8. September 2006 und wiederholt mit Schriftsatz vom 28. September 2006 die Einholung eines Gutachtens von HNO-Arzt Dr. S. beantragt. Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag nach § 109 SGG wäre i. S. von § 109 Abs. 2 SGG als verspätet zu behandeln, denn mit der Terminsbestimmung vom 6. November 2006 wurde zu erkennen gegeben, dass der Rechtsstreit als entscheidungsreif beurteilt wird. Eine angemessene Überlegungsfrist von bis zu vier Wochen Dauer (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 109 Rdnr. 11) ist bis zur mündlichen Verhandlung verstrichen. Außerdem wäre nach der Prozesslage auch nur eine kürzere Überlegungsfrist einzuräumen, denn nachdem bereits hilfsweise nach § 109 SGG ein HNO-ärztliches Gutachtens beantragt worden war, hätte sich bei objektiver sorgfältiger Prozessführung nach der Terminierung alsbald die wiederholende Antragstellung nach § 109 SGG aufdrängen müssen.
Ebenso sah der Senat keinen Anlass zur Einholung des beantragten technisch-biomechanischen Gutachtens. Ein technisches, verkehrsanalytisches Gutachten lässt vorliegend keine über die unfallnah erhobenen ärztlichen Primärbefunde hinausgehenden Erkenntnisse erwarten. Von einer gesundheitsschädigenden Einwirkung auf die Halswirbelsäule wurde ausgegangen. Einer möglichen erhöhten Intensität bei entsprechender gesundheitlicher Vorbelastung wurde mit der verlängert angenommenen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit Rechnung getragen. Spezifische Verletzungen sind aus einer biomechanischen Betrachtung über die apparativen und klinisch erhobenen Arztbefunde hinaus nicht abzuleiten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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