Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 5923/06 PKH-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1965 geborene Klägerin hat keine Ausbildung abgeschlossen und war als Haushaltshilfe, Arbeiterin in einer Buchbinderei, Bäckereiverkäuferin sowie zuletzt als Verkäuferin und Kassiererin in einem Supermarkt tätig. Seit Dezember 2001 ist sie arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos; mittlerweile erhält sie Arbeitslosengeld II.
Ihr erster Rentenantrag vom 19. Oktober 2001 wurde mit Bescheid vom 22. März 2002 und Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2002 abgelehnt, da die Klägerin nicht erwerbsunfähig sei. Grundlage hierfür waren der Reha-Entlassungsbericht der S.Klinik Bad R. (Aufenthalt 28. August bis 18. September 2001; Diagnosen: vertebragenes pseudoradikuläres lumbales und vertebragenes cervikobrachiales Schmerzsyndrom; entlassen als arbeitsfähig) sowie die Gutachten des Orthopäden Dr. R. , der Augenärztin Dr. K. und der Nervenärztin Dr. M.-T. (alle: mindestens sechstündiges tägliches Leistungsvermögen als Verkäuferin und in leichten körperlichen Tätigkeiten). Auf ihre hiergegen gerichtete Klage bei dem Sozialgericht Ulm (S 6 RA 2766/02) wurden sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte, u. a. des Augenarztes Dr. R. , und ein orthopädisches Gutachten bei Dr. H. (mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen) eingeholt. Die Klägerin nahm daraufhin die Klage zurück.
In der Zeit vom 4. bis 25. Februar 2004 hielt sich in die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik W. in Bad A. auf. Im Entlassungsbericht wurden eine thorako-lumbale Skoliose und ein Marfan-Syndrom diagnostiziert. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen; die Leistungsfähigkeit in der letzten Tätigkeit, in der auch Arbeiten als Kassiererin, Leergut stapeln, Getränkekisten einordnen erforderlich waren, liege bei unter drei Stunden; leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend in sitzender Haltung mit der Möglichkeit zum Bewegungswechsel seien sechs Stunden und mehr möglich.
Auch der zweite Rentenantrag der Klägerin vom 15. Juni 2005 wurde mit Bescheid vom 14. September 2005 und Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006 abgelehnt, da die Klägerin nicht erwerbsgemindert sei. Grundlage waren die Gutachten des Orthopäden Dr. Sch. (im Wesentlichen Beschwerden im Bereich der gesamten Wirbelsäule sowie multipler Gelenke als Folge des Marfan-Syndroms [Grunderkrankung] sowie einer Brustwirbelsäulen-Lendenwirbelsäulen-Skoliose [BWS-LWS-Skoliose], ohne neurologische Ausfälle; letzte Tätigkeit als Verkäuferin [verbunden mit Heben und Tragen von Lasten weit über 10 kg] nur drei bis unter sechs Stunden; leichte Tätigkeiten mit einem Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr möglich, ohne einförmige Körperhaltung, ohne Zwangshaltung, ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten) und des Augenarztes Dr. F. E. (funktionelle Einäugigkeit; Sehleistung des linken Auges wechselt ständig, aber für vollschichtige Tätigkeit als Verkäuferin ausreichend) sowie ein Befundbericht der augenärztlichen Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses Ulm vom 12. Dezember 2005 (Visus 0,8 des linken Auges nach Cataractoperation am rechten Auge).
Die Klägerin hat hiergegen am 12. Juni 2006 Klage bei dem Sozialgericht Ulm erhoben. Dieses hat sachverständige Zeugenaussagen der Augenärztin Dr. B. (leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt inzwischen wieder mindestens sechs Stunden täglich möglich; keine Tätigkeiten, bei denen räumliches Sehen erforderlich sei oder Maschinen mit Verletzungsgefahr bedient würden), des Orthopäden Dr. K. (weitgehend unveränderte Befunde, eher Befundverschlechterung; leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich möglich), von Prof. Dr. G. (augenärztliche Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses Ulm; Sehschärfe rechts 0,05 und links 0,8; leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich möglich) sowie des Internisten Dr. H. (infolge der chronischen Schmerzen der BWS und LWS sei die Klägerin nicht mit der Lage, regelmäßig leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten) eingeholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. November 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie trotz ihrer Einschränkungen auf orthopädischem und augenärztlichem Fachgebiet noch in der Lage sei, eine leichte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich mit der Möglichkeit des Haltungswechsels durchzuführen.
Die Klägerin hat hiergegen am 24. November 2006 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Ansicht, erwerbsgemindert zu sein. Arbeitsversuche seien gescheitert. Ein leidensgerechter Arbeitsplatz sei für sie nicht erkennbar. Beantragt werde, ein medizinisch-psychologisches Sachverständigengutachtens bei Dr. Hausotter einzuholen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Die Klägerin sei umfangreich begutachtet worden. Die aus dem Marfan-Syndrom folgenden Funktionseinschränkungen stünden einer leichten körperlichen Tätigkeit nicht entgegen. Dass Arbeitsversuche gescheitert seien, beweise das Vorliegen einer quantitativen Leistungsminderung nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts in beiden Klageverfahren und des Senats Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unbegründet.
Gemäß § 73a des SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände zumindest die Möglichkeit besteht, dass die Klägerin mit ihrem Begehren durchdringt. Dies ist hier nicht der Fall.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Auf Grund der Gutachten aus dem Verwaltungs- und dem Gerichtsverfahren bestehen, wie das Sozialgericht ausführlich dargestellt hat, keine Hinweise darauf, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin so weit gehen, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die allein eine solche Leistungsfähigkeit verneinende Äußerung von Dr. H. vermag, wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat, nicht zu überzeugen. Dr. H. hat zur Begründung pauschal auf die orthopädischen und augenärztlichem Befunde hingewiesen. Insoweit kommt aber der Einschätzung der behandelnden Fachärzte (Dr. K. Prof. Dr. G. ) der höhere Beweiswert zu. Die orthopädischen und augenärztlichen Befunde tragen eine solche quantitative Leistungseinschätzung auch nicht.
Auch im Berufungsverfahren sind von der Klägerin keine durchgreifenden Einwendungen gegen die Einschätzung der Gutachter im Verwaltungs- und den Gerichtsverfahren vorgebracht worden. Insbesondere besteht kein Anlass zur Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Amts wegen. In früheren Begutachtungen auf nervenärztlichem Fachgebiet sind keine Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt worden, die einer leichten Tätigkeiten der Klägerin entgegenstehen würden. Dr. M.-T. diagnostizierte (lediglich) Wirbelsäuleschmerzen bei Skoliose, schloss eine Wurzelreiz- oder -kompressionssymptomatik aus und äußerte den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung. Die hieraus folgende Schmerzhaftigkeit kann jedoch auch von orthopädischer Seite eingeschätzt werden, wie nachfolgend durch Dr. H. und Dr. Sch. auch geschehen. Die Klägerin ist zudem aktuell - soweit aus ihrem Vortrag und aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich - nicht in nervenärztlicher Behandlung.
Der Senat kann offen lassen, ob hier wegen der funktionellen Einäugigkeit der Klägerin ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Tätigkeit notwendig ist (hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 23. Mai 2006, B 13 RJ 38/05 R, für SozR vorgesehen). Denn die Klägerin kann - soweit sich dies für die Überprüfung im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens darstellt - jedenfalls als Mitarbeiterin in einer Poststelle eines größeren Betriebes tätig sein. Zu dieser Tätigkeit gehören (hierzu und zum Nachfolgenden: Bayerisches LSG, Urteil vom 6. September 2006, L 13 R 149/05) das Annehmen, Öffnen und Sortieren der Eingangspost, Anbringen des Eingangsstempels, Entnahme des Inhaltes, Vorbereiten und Verteilen der eingegangenen Post an die zuständigen Sachbearbeiter/Fachabteilungen, Vorbereiten der Post durch Falzen und Kuvertieren, Feststellen des Porto und Sortieren nach Portoklasse, in einfachen Versandfällen Freimachen und Versenden der ausgehenden Post durch Bedienen in der Poststelle vorhandener Geräte sowie des Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen. Die Anforderungen sind typischerweise als körperlich leichte zu bezeichnen. Es handelt sich um Arbeiten, die in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeführt werden. Zwangshaltungen fallen selten an, dass Heben und Tragen von schweren Lasten wird dadurch vermieden, dass die Post mittels fahrbarer Rollwagen transportiert wird. Die Tätigkeit gehört zu den so genannten Bürohilfstätigkeiten, d. h. einfache und routinemäßige Büroarbeiten, die nach Anweisung ausgeübt werden. Arbeitsplätze für Mitarbeiter in der Poststelle sind im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft in genügender Anzahl vorhanden.
Die körperlichen Belastungen liegen damit unter denjenigen einer Verkäuferin. Eine Tätigkeit als Verkäuferin ist von den orthopädischen Gutachtern und im Entlassungsbericht der Reha-Klinik W. nur im Hinblick auf das - bei ihrer letzten Arbeitsstelle notwendige - Heben und Tragen von Lasten (Getränkekisten, Nachfüllen von Ware in den Regalen) verneint worden. Solches ist jedoch - wie ausgeführt - bei der Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle nicht notwendig. Gleiches gilt für die nach dem Gutachten von Dr. Sch. bestehenden weiteren qualitativen Einschränkungen (keine einförmige Körperhaltung, Zwangshaltung, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten). Soweit er einen Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen für notwendig gehalten hat, wird dieser Anforderung genügt. Auch Dr. H. , der eine Tätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandelsbereich und als Kassiererin nicht mehr für zumutbar gehalten hat, kam zu dem Ergebnis, dass für die Klägerin leichte abwechslungsreiche Bürotätigkeiten "sicherlich vorstellbar" seien.
Auch die Einschränkungen auf augenärztlichem Fachgebiet stehen einer solchen Tätigkeit nicht entgegen. Bereits Dr. R. (Visus rechtes Auge auch damals 0,8) sah hierin kein Hindernis für die vollschichtige Verrichtung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Anlässlich der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. H. gab die Klägerin an, ein Auto zu besitzen und auch noch zu fahren (wenn auch ungern und bei Vermeidung von Nachtfahrten). Dr. F. E. sah das Sehvermögen auf dem linken Auge als ausreichend für die Tätigkeit als Verkäuferin an. In der sachverständige Zeugenaussage von Dr. B. sind lediglich Einschränkungen für räumliches Sehen und die Bedienung von Maschinen mit Verletzungsgefahr genannt worden - beides ist bei der Tätigkeit auf einer Poststelle typischerweise nicht zu erwarten. In der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. G. ist das Gesichtsfeld links als normal beschrieben worden. Der Augendruck war nach dieser Zeugenaussage befriedigend eingestellt und die gelegentliche Wahrnehmung störender Doppelbild-Seh-Eindrücke ist in der letzten Untersuchung im Juni 2006 von der Klägerin nicht mehr geschildert worden. Die zitierte Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts erging ebenfalls zu einem Fall funktioneller Einäugigkeit.
Dass der Klägerin - je nach konkreter Ausgestaltung - nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert an der Beurteilung nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keinen Zweifel. Einen konkreten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen ist erst recht nicht Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung.
Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist eine längere Einarbeitung als drei Monate in der Regel nicht notwendig (vgl. Senatsurteil vom 17. Juli 2006, L 10 R 953/05). Nach dem beruflichen Werdegang der Klägerin und den dort erworbenen Kenntnissen ist zu erwarten, dass diese die auf einer Poststelle gestellten Anforderungen nach einer nur kurzen Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten erfüllt und die Tätigkeit vollwertig ausüben kann. Einschränkungen der geistigen Beanspruchbarkeit oder Probleme der Umstellungsfähigkeit sind in keinem der über die Klägerin erstatteten Gutachten, auch nicht dem nervenärztlichem Gutachten von Dr. M.-T. beschrieben.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Da die Klägerin nach diesem Zeitpunkt geboren ist, scheidet ein Anspruch insoweit von vornherein aus.
Die von der Klägerin vor dem Sozialgericht ins Auge gefasste Beantragung eines Gutachtens nach § 109 SGG stellt keinen Grund dar, Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. § 73a Abs. 3, § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Da bereits keine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, kommt es auf die Frage der Bedürftigkeit der Klägerin nicht an.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1965 geborene Klägerin hat keine Ausbildung abgeschlossen und war als Haushaltshilfe, Arbeiterin in einer Buchbinderei, Bäckereiverkäuferin sowie zuletzt als Verkäuferin und Kassiererin in einem Supermarkt tätig. Seit Dezember 2001 ist sie arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos; mittlerweile erhält sie Arbeitslosengeld II.
Ihr erster Rentenantrag vom 19. Oktober 2001 wurde mit Bescheid vom 22. März 2002 und Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2002 abgelehnt, da die Klägerin nicht erwerbsunfähig sei. Grundlage hierfür waren der Reha-Entlassungsbericht der S.Klinik Bad R. (Aufenthalt 28. August bis 18. September 2001; Diagnosen: vertebragenes pseudoradikuläres lumbales und vertebragenes cervikobrachiales Schmerzsyndrom; entlassen als arbeitsfähig) sowie die Gutachten des Orthopäden Dr. R. , der Augenärztin Dr. K. und der Nervenärztin Dr. M.-T. (alle: mindestens sechstündiges tägliches Leistungsvermögen als Verkäuferin und in leichten körperlichen Tätigkeiten). Auf ihre hiergegen gerichtete Klage bei dem Sozialgericht Ulm (S 6 RA 2766/02) wurden sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte, u. a. des Augenarztes Dr. R. , und ein orthopädisches Gutachten bei Dr. H. (mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen) eingeholt. Die Klägerin nahm daraufhin die Klage zurück.
In der Zeit vom 4. bis 25. Februar 2004 hielt sich in die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik W. in Bad A. auf. Im Entlassungsbericht wurden eine thorako-lumbale Skoliose und ein Marfan-Syndrom diagnostiziert. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen; die Leistungsfähigkeit in der letzten Tätigkeit, in der auch Arbeiten als Kassiererin, Leergut stapeln, Getränkekisten einordnen erforderlich waren, liege bei unter drei Stunden; leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend in sitzender Haltung mit der Möglichkeit zum Bewegungswechsel seien sechs Stunden und mehr möglich.
Auch der zweite Rentenantrag der Klägerin vom 15. Juni 2005 wurde mit Bescheid vom 14. September 2005 und Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2006 abgelehnt, da die Klägerin nicht erwerbsgemindert sei. Grundlage waren die Gutachten des Orthopäden Dr. Sch. (im Wesentlichen Beschwerden im Bereich der gesamten Wirbelsäule sowie multipler Gelenke als Folge des Marfan-Syndroms [Grunderkrankung] sowie einer Brustwirbelsäulen-Lendenwirbelsäulen-Skoliose [BWS-LWS-Skoliose], ohne neurologische Ausfälle; letzte Tätigkeit als Verkäuferin [verbunden mit Heben und Tragen von Lasten weit über 10 kg] nur drei bis unter sechs Stunden; leichte Tätigkeiten mit einem Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr möglich, ohne einförmige Körperhaltung, ohne Zwangshaltung, ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten) und des Augenarztes Dr. F. E. (funktionelle Einäugigkeit; Sehleistung des linken Auges wechselt ständig, aber für vollschichtige Tätigkeit als Verkäuferin ausreichend) sowie ein Befundbericht der augenärztlichen Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses Ulm vom 12. Dezember 2005 (Visus 0,8 des linken Auges nach Cataractoperation am rechten Auge).
Die Klägerin hat hiergegen am 12. Juni 2006 Klage bei dem Sozialgericht Ulm erhoben. Dieses hat sachverständige Zeugenaussagen der Augenärztin Dr. B. (leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt inzwischen wieder mindestens sechs Stunden täglich möglich; keine Tätigkeiten, bei denen räumliches Sehen erforderlich sei oder Maschinen mit Verletzungsgefahr bedient würden), des Orthopäden Dr. K. (weitgehend unveränderte Befunde, eher Befundverschlechterung; leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich möglich), von Prof. Dr. G. (augenärztliche Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses Ulm; Sehschärfe rechts 0,05 und links 0,8; leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich möglich) sowie des Internisten Dr. H. (infolge der chronischen Schmerzen der BWS und LWS sei die Klägerin nicht mit der Lage, regelmäßig leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten) eingeholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. November 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie trotz ihrer Einschränkungen auf orthopädischem und augenärztlichem Fachgebiet noch in der Lage sei, eine leichte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich mit der Möglichkeit des Haltungswechsels durchzuführen.
Die Klägerin hat hiergegen am 24. November 2006 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Ansicht, erwerbsgemindert zu sein. Arbeitsversuche seien gescheitert. Ein leidensgerechter Arbeitsplatz sei für sie nicht erkennbar. Beantragt werde, ein medizinisch-psychologisches Sachverständigengutachtens bei Dr. Hausotter einzuholen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Die Klägerin sei umfangreich begutachtet worden. Die aus dem Marfan-Syndrom folgenden Funktionseinschränkungen stünden einer leichten körperlichen Tätigkeit nicht entgegen. Dass Arbeitsversuche gescheitert seien, beweise das Vorliegen einer quantitativen Leistungsminderung nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts in beiden Klageverfahren und des Senats Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist unbegründet.
Gemäß § 73a des SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände zumindest die Möglichkeit besteht, dass die Klägerin mit ihrem Begehren durchdringt. Dies ist hier nicht der Fall.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Auf Grund der Gutachten aus dem Verwaltungs- und dem Gerichtsverfahren bestehen, wie das Sozialgericht ausführlich dargestellt hat, keine Hinweise darauf, dass die Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin so weit gehen, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die allein eine solche Leistungsfähigkeit verneinende Äußerung von Dr. H. vermag, wie bereits das Sozialgericht ausgeführt hat, nicht zu überzeugen. Dr. H. hat zur Begründung pauschal auf die orthopädischen und augenärztlichem Befunde hingewiesen. Insoweit kommt aber der Einschätzung der behandelnden Fachärzte (Dr. K. Prof. Dr. G. ) der höhere Beweiswert zu. Die orthopädischen und augenärztlichen Befunde tragen eine solche quantitative Leistungseinschätzung auch nicht.
Auch im Berufungsverfahren sind von der Klägerin keine durchgreifenden Einwendungen gegen die Einschätzung der Gutachter im Verwaltungs- und den Gerichtsverfahren vorgebracht worden. Insbesondere besteht kein Anlass zur Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Amts wegen. In früheren Begutachtungen auf nervenärztlichem Fachgebiet sind keine Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt worden, die einer leichten Tätigkeiten der Klägerin entgegenstehen würden. Dr. M.-T. diagnostizierte (lediglich) Wirbelsäuleschmerzen bei Skoliose, schloss eine Wurzelreiz- oder -kompressionssymptomatik aus und äußerte den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung. Die hieraus folgende Schmerzhaftigkeit kann jedoch auch von orthopädischer Seite eingeschätzt werden, wie nachfolgend durch Dr. H. und Dr. Sch. auch geschehen. Die Klägerin ist zudem aktuell - soweit aus ihrem Vortrag und aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich - nicht in nervenärztlicher Behandlung.
Der Senat kann offen lassen, ob hier wegen der funktionellen Einäugigkeit der Klägerin ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Tätigkeit notwendig ist (hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 23. Mai 2006, B 13 RJ 38/05 R, für SozR vorgesehen). Denn die Klägerin kann - soweit sich dies für die Überprüfung im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens darstellt - jedenfalls als Mitarbeiterin in einer Poststelle eines größeren Betriebes tätig sein. Zu dieser Tätigkeit gehören (hierzu und zum Nachfolgenden: Bayerisches LSG, Urteil vom 6. September 2006, L 13 R 149/05) das Annehmen, Öffnen und Sortieren der Eingangspost, Anbringen des Eingangsstempels, Entnahme des Inhaltes, Vorbereiten und Verteilen der eingegangenen Post an die zuständigen Sachbearbeiter/Fachabteilungen, Vorbereiten der Post durch Falzen und Kuvertieren, Feststellen des Porto und Sortieren nach Portoklasse, in einfachen Versandfällen Freimachen und Versenden der ausgehenden Post durch Bedienen in der Poststelle vorhandener Geräte sowie des Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen. Die Anforderungen sind typischerweise als körperlich leichte zu bezeichnen. Es handelt sich um Arbeiten, die in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeführt werden. Zwangshaltungen fallen selten an, dass Heben und Tragen von schweren Lasten wird dadurch vermieden, dass die Post mittels fahrbarer Rollwagen transportiert wird. Die Tätigkeit gehört zu den so genannten Bürohilfstätigkeiten, d. h. einfache und routinemäßige Büroarbeiten, die nach Anweisung ausgeübt werden. Arbeitsplätze für Mitarbeiter in der Poststelle sind im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft in genügender Anzahl vorhanden.
Die körperlichen Belastungen liegen damit unter denjenigen einer Verkäuferin. Eine Tätigkeit als Verkäuferin ist von den orthopädischen Gutachtern und im Entlassungsbericht der Reha-Klinik W. nur im Hinblick auf das - bei ihrer letzten Arbeitsstelle notwendige - Heben und Tragen von Lasten (Getränkekisten, Nachfüllen von Ware in den Regalen) verneint worden. Solches ist jedoch - wie ausgeführt - bei der Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle nicht notwendig. Gleiches gilt für die nach dem Gutachten von Dr. Sch. bestehenden weiteren qualitativen Einschränkungen (keine einförmige Körperhaltung, Zwangshaltung, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten). Soweit er einen Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen für notwendig gehalten hat, wird dieser Anforderung genügt. Auch Dr. H. , der eine Tätigkeit als Verkäuferin im Einzelhandelsbereich und als Kassiererin nicht mehr für zumutbar gehalten hat, kam zu dem Ergebnis, dass für die Klägerin leichte abwechslungsreiche Bürotätigkeiten "sicherlich vorstellbar" seien.
Auch die Einschränkungen auf augenärztlichem Fachgebiet stehen einer solchen Tätigkeit nicht entgegen. Bereits Dr. R. (Visus rechtes Auge auch damals 0,8) sah hierin kein Hindernis für die vollschichtige Verrichtung leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Anlässlich der gutachtlichen Untersuchung durch Dr. H. gab die Klägerin an, ein Auto zu besitzen und auch noch zu fahren (wenn auch ungern und bei Vermeidung von Nachtfahrten). Dr. F. E. sah das Sehvermögen auf dem linken Auge als ausreichend für die Tätigkeit als Verkäuferin an. In der sachverständige Zeugenaussage von Dr. B. sind lediglich Einschränkungen für räumliches Sehen und die Bedienung von Maschinen mit Verletzungsgefahr genannt worden - beides ist bei der Tätigkeit auf einer Poststelle typischerweise nicht zu erwarten. In der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. G. ist das Gesichtsfeld links als normal beschrieben worden. Der Augendruck war nach dieser Zeugenaussage befriedigend eingestellt und die gelegentliche Wahrnehmung störender Doppelbild-Seh-Eindrücke ist in der letzten Untersuchung im Juni 2006 von der Klägerin nicht mehr geschildert worden. Die zitierte Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts erging ebenfalls zu einem Fall funktioneller Einäugigkeit.
Dass der Klägerin - je nach konkreter Ausgestaltung - nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert an der Beurteilung nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keinen Zweifel. Einen konkreten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen ist erst recht nicht Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung.
Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist eine längere Einarbeitung als drei Monate in der Regel nicht notwendig (vgl. Senatsurteil vom 17. Juli 2006, L 10 R 953/05). Nach dem beruflichen Werdegang der Klägerin und den dort erworbenen Kenntnissen ist zu erwarten, dass diese die auf einer Poststelle gestellten Anforderungen nach einer nur kurzen Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten erfüllt und die Tätigkeit vollwertig ausüben kann. Einschränkungen der geistigen Beanspruchbarkeit oder Probleme der Umstellungsfähigkeit sind in keinem der über die Klägerin erstatteten Gutachten, auch nicht dem nervenärztlichem Gutachten von Dr. M.-T. beschrieben.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Da die Klägerin nach diesem Zeitpunkt geboren ist, scheidet ein Anspruch insoweit von vornherein aus.
Die von der Klägerin vor dem Sozialgericht ins Auge gefasste Beantragung eines Gutachtens nach § 109 SGG stellt keinen Grund dar, Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. § 73a Abs. 3, § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Da bereits keine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, kommt es auf die Frage der Bedürftigkeit der Klägerin nicht an.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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