Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 748/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2695/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. April 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1954 geborene Klägerin besuchte nach eigenen Angaben von September 1968 bis Juli 1969 eine hauswirtschaftliche Berufsfachschule und absolvierte von April bis Oktober 1975 einen Sekretärinnenkurs. Bis zur erneuten Krankschreibung im August 2001 arbeitete sie - unterbrochen durch Arbeitsunfähigkeit sowie den Bezug von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (1. März 1994 bis 28. Februar 1995 (Bescheid vom 21. November 1995) und 1. Januar 1996 bis 31. Mai 1997 (Bescheid vom 12. April 1999)) - zuletzt im Bürobereich in der Sachbearbeitung bzw. als Sekretärin.
Im Juni 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin leidet im Wesentlichen unter einer Alkoholkrankheit, einem Diabetes mellitus, einer arteriellen Hypertonie, einer obstruktiven Lungenerkrankung, einer Polyneuropathie, einer Coxarthrose beidseits, einer Haltungsschwäche der Wirbelsäule (WS), den Folgen einer Carpaltunnelsyndrom (CTS)-Operation rechts und einem CTS links. Außerdem besteht ein Zustand nach intertrochanterer Varisationsosteotomie beidseits sowie Teratomentfernung des linken Ovar. Ob eine Depression vorliegt wird ärztlicherseits - insbesondere im Hinblick auf wechselnde Intensität - unterschiedlich beurteilt.
Mit Bescheid vom 6. Januar 2003 und Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab.
Dem lagen im Wesentlichen Gutachten des Internisten Prof. Dr. G. (der arterielle Hypertonus und der Diabetes mellitus, die im Vordergrund stünden, müssten besser eingestellt sein; nach Optimierung bestehe eine Leistungsfähigkeit im bisherigen Beruf und als kaufmännische Angestellte von sechs Stunden und mehr), des Orthopäden Prof. Dr. B. (orthopädischerseits leichte Funktionseinbußen der Hüftgelenke; die Klägerin könne als kaufmännische Angestellte in einem intakten Umfeld bei zumutbarer Willensanstrengung vollschichtig arbeiten und auch sonstige leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne erhöhte Anforderungen an die Stress- und Konflikttoleranz und soziale Kompetenz sowie ohne WS-Zwangshaltungen, Heben und Tragen schwerer Lasten und regelmäßiges Bücken vollschichtig ausführen) und des Nervenarztes Prof. Dr. K. (neurologisch-psychiatrisch keine gravierenden Diagnosen; schwere manuelle Arbeiten seien wegen des CTS nicht möglich, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiterin seien sechs Stunden und mehr möglich) zu Grunde.
Deswegen hat die Klägerin am 11. März 2004 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und geltend gemacht, sie sei insbesondere durch die psychische Erkrankung mit deutlich verminderter Stressbelastbarkeit in ihrem Leistungsvermögen erheblich eingeschränkt.
Das SG hat ein nervenärztliches Sachverständigengutachten des Dr. S. eingeholt. Er hat den bei der Anamnese angegebenen Tagesablauf wiedergegeben und eine Alkoholabhängigkeit, eine Polyneuropathie und einen Diabetes mellitus diagnostiziert. Eine Depression sei nicht feststellbar, jedenfalls nicht in einem Ausmaß, welches Einfluss auf das Leistungsvermögen hätte. Allein aus einer unbehandelten aber behandlungsfähigen Alkoholabhängigkeit sei keine Leistungsminderung herzuleiten. Die Klägerin könne, wie auch ihre Alltagsgestaltung zeige, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Arbeiten auf Gerüsten und auf unebenen Boden, in der Dämmerung, ohne Wechselschicht, ohne besondere Gefährdung und Griffnähe von "Substanzen" (beispielsweise Beruhigungstabletten) und ohne Tätigkeiten im Verkauf von Alkoholika und Spirituosen vollschichtig verrichten.
Gemäß dem Bericht über eine stationäre Heilbehandlung vom 16. Juni bis 8. September 2005 in der Rehabilitationseinrichtung N. M. ist die Klägerin in der Lage, als Sachbearbeiterin sechs Stunden und mehr zu arbeiten.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. April 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen eines Rentenanspruches seien nicht erfüllt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 26. April 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. Mai 2006 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, ihre Erkrankungen stünden einer Erwerbstätigkeit entgegen. Insbesondere habe sie sich Operationen am Auge und an der rechten Hand unterziehen müssen und leide unter WS-, Schulter- sowie Arm-Beschwerden. Hierzu hat sie einen Bericht des Chirurgen Dr. von P. vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2004 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juni 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die von Dr. von P. bestätigte Schulteraffektion sei behandelbar, ebenso ein Bewegungsschmerz des rechten Handgelenks und Daumens. Wesentliche dauerhafte Funktionseinschränkungen lägen insofern nicht vor.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Facharzt für Neurochirurgie und Chirotherapie Dr. H. hat die erhobenen Befunde mitgeteilt und geäußert, nach seiner Einschätzung könne die Klägerin leichte Bürotätigkeiten sechs Stunden täglich ausführen. Der Chirurg Dr. von P. hat über die erhobenen Befunde und eine Operation wegen verengender Sehnenscheidentzündung am rechten Handgelenk vom 22. Juni 2006 berichtet (postoperativer Verlauf komplikationslos, Behandlung am 3. Juli 2006 fristgerecht abgeschlossen). Von Seiten der Hand sei die Klägerin voll arbeitsfähig. Die Augenärztin Dr. Z.-M. hat über eine postoperative Nachsorge nach Cataract-Operationen berichtet und die Operationsberichte vorgelegt.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin wenigstens sechs Stunden arbeiten kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist lediglich Folgendes anzumerken:
Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass die Erkrankungen der Klägerin einer mindestens sechsstündigen täglichen Tätigkeit im bisherigen Beruf nicht entgegenstehen. Die wesentlichen Leiden der Klägerin sind die Alkoholkrankheit und die dadurch bedingten Folgeerkrankungen. Diese stehen nach den schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. B. , Prof. Dr. K. und Dr. S. einer entsprechenden Tätigkeit nicht entgegen. Auch die internistischen Erkrankungen bedingen weder eine wesentliche qualitative Leistungsbeeinträchtigung, die der bisherigen Tätigkeit entgegenstünde, noch gar eine quantitative Leistungsminderung. Insbesondere der Sachverständige Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die ihm gegenüber angegebenen Aktivitäten - u. a. Aufstehen um 6.30 Uhr, Versorgung des Enkel, Einkaufen und Kochen für die gesamte Familie, Tätigkeiten am Computer sowie Cafébesuch mit Nachbarin - gegen eine erhebliche, insbesondere auch zeitliche Leistungsminderung sprechen. Bestätigt ist dies auch durch den Heilverfahren-Entlassungsbericht der Fachklinik M ... Danach kann die Klägerin Tätigkeiten als Sachbearbeiterin sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen, in wechselnder Schicht - ohne Tätigkeiten mit schwerem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, zeitüberdauernde WS-Zwangshaltungen, Tätigkeiten, die erhöhte Gang- und Standsicherheit erfordern, und ohne erhöhte Unfallgefahr - sechs Stunden und mehr verrichten. Während des Heilverfahrens hat die Klägerin auch selbst angegeben, sie wolle sich nach einer Therapie um eine Halbtagstätigkeit bewerben und benötige die restliche Zeit, um sich um ihren schwerkranken Ehemann und ihr Enkelkind zu kümmern. Auf Grund der vorliegenden Gutachten ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin im bisherigen Berufsbereich bei zumutbarer Willensanstrengung zumindest sechs Stunden täglich arbeiten kann. Soweit sie einen Zeitbedarf zur Pflege des Ehemannes hat und auch, um sich um ihr Enkelkind zu kümmern, steht das der Annnahme eines wenigstens sechsstündigen täglichen Arbeitsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht entgegen.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren und des Ergebnisses der weiteren Ermittlungen des Senats liegen keine zusätzlichen Gesundheitsstörungen vor, die eine weitergehende Leistungsminderung begründen würden. Es handelt sich bei den von Dr. H. beschriebenen Gesundheitsstörungen um solche von vorübergehender Natur, die allenfalls eine kurzzeitige Arbeitsunfähigkeit begründen. Im Übrigen sind sie einer Behandlung zugänglich und auch behandelt worden. Nachvollziehbar hat deswegen Dr. H. leichte Bürotätigkeiten sechs Stunden täglich für zumutbar angesehen. Auch die von Dr. von P. mitgeteilten Befunde begründen keine zusätzliche Leistungsminderung. Die durchgeführte Operation ist komplikationslos verlaufen und die Behandlung ist fristgerecht am 3. Juli 2006 abgeschlossen worden. Die Cataract-Operationen haben ebenfalls nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeitszeiten bedingt. Wesentliche Befunde, die die Annahme einer dauerhaften Leistungsminderung rechtfertigen könnten, ergeben sich weder aus der Aussage der Dr. Z.-M. , noch den vorgelegten Operationsberichten.
Da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit und auch sonstige Bürotätigkeiten sowie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann, ist sie weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert.
Das SG hat somit zu Recht abgewiesen, weswegen die Berufung zurückzuweisen ist.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1954 geborene Klägerin besuchte nach eigenen Angaben von September 1968 bis Juli 1969 eine hauswirtschaftliche Berufsfachschule und absolvierte von April bis Oktober 1975 einen Sekretärinnenkurs. Bis zur erneuten Krankschreibung im August 2001 arbeitete sie - unterbrochen durch Arbeitsunfähigkeit sowie den Bezug von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (1. März 1994 bis 28. Februar 1995 (Bescheid vom 21. November 1995) und 1. Januar 1996 bis 31. Mai 1997 (Bescheid vom 12. April 1999)) - zuletzt im Bürobereich in der Sachbearbeitung bzw. als Sekretärin.
Im Juni 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin leidet im Wesentlichen unter einer Alkoholkrankheit, einem Diabetes mellitus, einer arteriellen Hypertonie, einer obstruktiven Lungenerkrankung, einer Polyneuropathie, einer Coxarthrose beidseits, einer Haltungsschwäche der Wirbelsäule (WS), den Folgen einer Carpaltunnelsyndrom (CTS)-Operation rechts und einem CTS links. Außerdem besteht ein Zustand nach intertrochanterer Varisationsosteotomie beidseits sowie Teratomentfernung des linken Ovar. Ob eine Depression vorliegt wird ärztlicherseits - insbesondere im Hinblick auf wechselnde Intensität - unterschiedlich beurteilt.
Mit Bescheid vom 6. Januar 2003 und Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab.
Dem lagen im Wesentlichen Gutachten des Internisten Prof. Dr. G. (der arterielle Hypertonus und der Diabetes mellitus, die im Vordergrund stünden, müssten besser eingestellt sein; nach Optimierung bestehe eine Leistungsfähigkeit im bisherigen Beruf und als kaufmännische Angestellte von sechs Stunden und mehr), des Orthopäden Prof. Dr. B. (orthopädischerseits leichte Funktionseinbußen der Hüftgelenke; die Klägerin könne als kaufmännische Angestellte in einem intakten Umfeld bei zumutbarer Willensanstrengung vollschichtig arbeiten und auch sonstige leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne erhöhte Anforderungen an die Stress- und Konflikttoleranz und soziale Kompetenz sowie ohne WS-Zwangshaltungen, Heben und Tragen schwerer Lasten und regelmäßiges Bücken vollschichtig ausführen) und des Nervenarztes Prof. Dr. K. (neurologisch-psychiatrisch keine gravierenden Diagnosen; schwere manuelle Arbeiten seien wegen des CTS nicht möglich, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiterin seien sechs Stunden und mehr möglich) zu Grunde.
Deswegen hat die Klägerin am 11. März 2004 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und geltend gemacht, sie sei insbesondere durch die psychische Erkrankung mit deutlich verminderter Stressbelastbarkeit in ihrem Leistungsvermögen erheblich eingeschränkt.
Das SG hat ein nervenärztliches Sachverständigengutachten des Dr. S. eingeholt. Er hat den bei der Anamnese angegebenen Tagesablauf wiedergegeben und eine Alkoholabhängigkeit, eine Polyneuropathie und einen Diabetes mellitus diagnostiziert. Eine Depression sei nicht feststellbar, jedenfalls nicht in einem Ausmaß, welches Einfluss auf das Leistungsvermögen hätte. Allein aus einer unbehandelten aber behandlungsfähigen Alkoholabhängigkeit sei keine Leistungsminderung herzuleiten. Die Klägerin könne, wie auch ihre Alltagsgestaltung zeige, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Arbeiten auf Gerüsten und auf unebenen Boden, in der Dämmerung, ohne Wechselschicht, ohne besondere Gefährdung und Griffnähe von "Substanzen" (beispielsweise Beruhigungstabletten) und ohne Tätigkeiten im Verkauf von Alkoholika und Spirituosen vollschichtig verrichten.
Gemäß dem Bericht über eine stationäre Heilbehandlung vom 16. Juni bis 8. September 2005 in der Rehabilitationseinrichtung N. M. ist die Klägerin in der Lage, als Sachbearbeiterin sechs Stunden und mehr zu arbeiten.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. April 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen eines Rentenanspruches seien nicht erfüllt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 26. April 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. Mai 2006 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, ihre Erkrankungen stünden einer Erwerbstätigkeit entgegen. Insbesondere habe sie sich Operationen am Auge und an der rechten Hand unterziehen müssen und leide unter WS-, Schulter- sowie Arm-Beschwerden. Hierzu hat sie einen Bericht des Chirurgen Dr. von P. vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2004 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juni 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die von Dr. von P. bestätigte Schulteraffektion sei behandelbar, ebenso ein Bewegungsschmerz des rechten Handgelenks und Daumens. Wesentliche dauerhafte Funktionseinschränkungen lägen insofern nicht vor.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Facharzt für Neurochirurgie und Chirotherapie Dr. H. hat die erhobenen Befunde mitgeteilt und geäußert, nach seiner Einschätzung könne die Klägerin leichte Bürotätigkeiten sechs Stunden täglich ausführen. Der Chirurg Dr. von P. hat über die erhobenen Befunde und eine Operation wegen verengender Sehnenscheidentzündung am rechten Handgelenk vom 22. Juni 2006 berichtet (postoperativer Verlauf komplikationslos, Behandlung am 3. Juli 2006 fristgerecht abgeschlossen). Von Seiten der Hand sei die Klägerin voll arbeitsfähig. Die Augenärztin Dr. Z.-M. hat über eine postoperative Nachsorge nach Cataract-Operationen berichtet und die Operationsberichte vorgelegt.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin wenigstens sechs Stunden arbeiten kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist lediglich Folgendes anzumerken:
Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass die Erkrankungen der Klägerin einer mindestens sechsstündigen täglichen Tätigkeit im bisherigen Beruf nicht entgegenstehen. Die wesentlichen Leiden der Klägerin sind die Alkoholkrankheit und die dadurch bedingten Folgeerkrankungen. Diese stehen nach den schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. B. , Prof. Dr. K. und Dr. S. einer entsprechenden Tätigkeit nicht entgegen. Auch die internistischen Erkrankungen bedingen weder eine wesentliche qualitative Leistungsbeeinträchtigung, die der bisherigen Tätigkeit entgegenstünde, noch gar eine quantitative Leistungsminderung. Insbesondere der Sachverständige Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die ihm gegenüber angegebenen Aktivitäten - u. a. Aufstehen um 6.30 Uhr, Versorgung des Enkel, Einkaufen und Kochen für die gesamte Familie, Tätigkeiten am Computer sowie Cafébesuch mit Nachbarin - gegen eine erhebliche, insbesondere auch zeitliche Leistungsminderung sprechen. Bestätigt ist dies auch durch den Heilverfahren-Entlassungsbericht der Fachklinik M ... Danach kann die Klägerin Tätigkeiten als Sachbearbeiterin sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen, in wechselnder Schicht - ohne Tätigkeiten mit schwerem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, zeitüberdauernde WS-Zwangshaltungen, Tätigkeiten, die erhöhte Gang- und Standsicherheit erfordern, und ohne erhöhte Unfallgefahr - sechs Stunden und mehr verrichten. Während des Heilverfahrens hat die Klägerin auch selbst angegeben, sie wolle sich nach einer Therapie um eine Halbtagstätigkeit bewerben und benötige die restliche Zeit, um sich um ihren schwerkranken Ehemann und ihr Enkelkind zu kümmern. Auf Grund der vorliegenden Gutachten ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin im bisherigen Berufsbereich bei zumutbarer Willensanstrengung zumindest sechs Stunden täglich arbeiten kann. Soweit sie einen Zeitbedarf zur Pflege des Ehemannes hat und auch, um sich um ihr Enkelkind zu kümmern, steht das der Annnahme eines wenigstens sechsstündigen täglichen Arbeitsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht entgegen.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren und des Ergebnisses der weiteren Ermittlungen des Senats liegen keine zusätzlichen Gesundheitsstörungen vor, die eine weitergehende Leistungsminderung begründen würden. Es handelt sich bei den von Dr. H. beschriebenen Gesundheitsstörungen um solche von vorübergehender Natur, die allenfalls eine kurzzeitige Arbeitsunfähigkeit begründen. Im Übrigen sind sie einer Behandlung zugänglich und auch behandelt worden. Nachvollziehbar hat deswegen Dr. H. leichte Bürotätigkeiten sechs Stunden täglich für zumutbar angesehen. Auch die von Dr. von P. mitgeteilten Befunde begründen keine zusätzliche Leistungsminderung. Die durchgeführte Operation ist komplikationslos verlaufen und die Behandlung ist fristgerecht am 3. Juli 2006 abgeschlossen worden. Die Cataract-Operationen haben ebenfalls nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeitszeiten bedingt. Wesentliche Befunde, die die Annahme einer dauerhaften Leistungsminderung rechtfertigen könnten, ergeben sich weder aus der Aussage der Dr. Z.-M. , noch den vorgelegten Operationsberichten.
Da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit und auch sonstige Bürotätigkeiten sowie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann, ist sie weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert.
Das SG hat somit zu Recht abgewiesen, weswegen die Berufung zurückzuweisen ist.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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