L 7 SO 155/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 6307/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 155/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 3. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Im Beschwerdeverfahren ist klargestellt worden, dass sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf alle drei Personen der Bedarfsgemeinschaft bezieht und dass der Antragsteller die beiden Antragstellerinnen im Verfahren vertritt.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller, der das Sozialgericht Freiburg (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Mithin erforderlich ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund, die jedoch, gemessen an dem mit dem Antrag verfolgten Rechtsschutzziel (vgl. BVerfG NVwZ 2004, 95; NVwZ 2005, 927), in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, sodass sich die Anforderungen je nach dem zu erwartenden Maß des Erfolgs in der Hauptsache, der Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung oder der Schwere des drohenden Nachteils vermindern können (vgl. Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Januar 2006 - L 7 AS 1/06 ER -; Keller, a.a.O., § 86b Rdnrn. 27, 29; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rdnrn. 22, 25 ff.). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Antrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. zuletzt Beschlüsse vom 30. November 2006 - L 7 SO 5206/06 ER-B - und vom 28. Dezember 2006 - L 7 AS 6383/06 ER-B - (beide m.w.N.)).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere fehlt es an einem Anordnungsgrund. Die Antragsteller haben es in der Hand, Leistungen zum Lebensunterhalt zu erhalten, indem sie nach dem Ablauf des letzten Bewilligungszeitraums am 30. November 2006 einen erneuten Antrag auf Arbeitslosengeld II stellen. Der Antragsteller irrt, wenn er die Auffassung vertritt, seine dauerhafte Erwerbsminderung im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) stehe fest. Der zuständige Rentenversicherungsträger hat in seinem Fall das Vorliegen von Berufsunfähigkeit festgestellt, welches eine solche dauerhafte Erwerbsminderung im Sinne des SGB XII gerade nicht ausschließt. Nach dem hierfür einschlägigen § 8 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Definition bezieht sich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und nicht nur auf den früher ausgeübten Beruf.

Weitere Feststellungen zur Erwerbsfähigkeit des Antragstellers in diesem Sinne sind bislang nicht möglich gewesen, weil er weder eine Entbindungserklärung betreffend seine behandelnden Ärzte unterschrieben, noch sich mit einer Begutachtung einverstanden erklärt hat. Damit ist für seinen Fall aber vorrangig das SGB II anzuwenden. Im Übrigen ist mangels Mitwirkung aller Antragsteller auch die Frage der Hilfebedürftigkeit nicht abschließend geklärt. Die Antragsteller können nicht nach eigenem Gutdünken konkrete Angaben über ihre Vermögensverhältnisse verweigern und gleichwohl Leistungserbringung wegen Bedürftigkeit verlangen. Für den Senat ist es derzeit auch noch nicht offensichtlich, dass der Antragsteller krankheitsbedingt an der Wahrnehmung seiner eigenen und der Interessen seiner Familie gehindert ist, so dass seine mangelnde Mitwirkung ihm auch zugerechnet werden kann.

Die Antragsteller können durch entsprechende Antragstellung und Mitwirkung in kürzester Zeit erreichen, dass Leistungen zum Lebensunterhalt erbracht werden, wie dies der Antragsgegner auch zugesagt hat, so dass kein Bedarf für eine gerichtliche Eilentscheidung besteht. Die Frage, ob der Antragsteller letztlich Leistungen nach SGB XII oder SGB II zu erhalten hat, ist nicht im Eilverfahren zu klären. Allerdings könnte bei dieser Entscheidung auch eine Rolle spielen, dass beim Antragsteller offenbar nach wie vor die Pflegestufe 1 vom Träger der Pflegeversicherung anerkannt ist. Insoweit kann der Antragsgegner gehalten sein, anhand der aktenkundigen medizinischen Äußerungen und ggf. unter Beiziehung von Unterlagen der Pflegeversicherung sich ein Urteil über die Erwerbsfähigkeit zu bilden.

Was die Antragstellerinnen angeht, ist eine dauerhafte Erwerbsminderung noch nicht einmal behauptet. Für sie ist daher ohne Zweifel das SGB II anwendbar. Auch sie können durch Antragstellung Leistungen beziehen. Im Falle der Antragstellerin Nr. 3 muss allenfalls noch geklärt werden, ob wegen ihrer Schul- oder Hochschulausbildung ggf. ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II in Frage kommt. Auch hierzu ist die Mitwirkung der Antragsteller erforderlich.

Die Antragsteller müssen insgesamt akzeptieren, dass sie zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhaltes verpflichtet sind, weil sonst die Anspruchsvoraussetzungen nicht festgestellt werden können. Hierzu genügen pauschale schriftliche Angaben, wie sie in den Anschreiben den Antragstellers enthalten sind, in der Regel nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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