S 12 KA 614/08 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 614/08 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in vertragsärztlichen Zulassungssachen ist grundsätzlich auch vor einer Entscheidung des Berufungsausschusses zulässig.
Ist ein Beschluss des Zulassungsausschusses wegen unzureichender Begründung der Ablehnung einer Ermächtigung (hier: Arzt für Radiologische Diagnostik mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie und Nervenarzt) rechtswidrig, so hat das Gericht im einstweiligen Anordnungsverfahren eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der Interessen der Versicherten und der niedergelassenen Ärzte vorzunehmen. Letztere können durch einen engeren sog. Facharztfilter geschützt werden.
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller bis einen Monat nach Zustellung einer Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers mit Datum vom 22.10.2008, längstens bis 31.10.2009, für folgende Leistungen zu ermächtigen: Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien, ausschließlich auf Überweisung durch Radiologen, Neuroradiologen und Kinderradiologen, abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 02100, 02330, 02331, 02340, 02341, 02343, 16210 bis 16212, 16310, 34210, 34221 bis 34223, 34230, 34282, 34310, 34311, 34320 bis 34322, 34330, 34340 bis 34342, 34350, 34351, 34410, 34411, 34420 bis 34422, 34430, 34440 bis 34442, 34450, 34451, 34460 und 34500 EBM 2005; die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle wird auf maximal 300 je Quartal begrenzt; Notfälle fallen nicht unter die Fallzahlobergrenze.

2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 10.10.2008 abgewiesen.

3. Antragsteller und Antragsgegner haben jeweils zu ½ die Gerichtskosten zu tragen. Der Antragsgegner hat ½ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

4. Der Streitwert wird auf 6.545,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Ermächtigung des Antragstellers.

Der 1953 geborene Antragsteller ist Arzt für Radiologische Diagnostik mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie und Nervenarzt sowie Direktor der Abteilung Neuroradiologe des Zentrums für Nervenheilkunde im Fachbereich Humanmedizin am Klinikum der RY.Universität A-Stadt. Er wurde seit längerem zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt.

Mit Beschluss vom 24.06.2003 ermächtigte der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Beigeladenen zu 1) den Antragsteller bis zum 30.09.2004 für verschiedene Leistungen. Am 01.06.2004 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seiner Ermächtigung im bisherigen Umfang, jedoch ohne Fallzahlbegrenzung, weil der Bedarf angestiegen sei und weiterhin kein Neuroradiologe niedergelassen sei. Die Bezirksstelle A-Stadt der Beigeladenen zu 1) teilte unter Datum vom 15.09.2004 mit, sie habe eine Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis Dr. GJ. u. Partner, Radiologen, sowie eine Analyse der Abrechnung des Antragstellers auf der Basis des Quartals II/04 einbezogen. Die Gesamtfallzahl (einschl. Notfälle) betrage 403, davon Überweisungen aus der Neurochirurgischen Poliklinik 95, aus der HNO-Poliklinik 101, Neurologischen Poliklinik 81 und Orthopädischen Poliklinik 5. Weitere Überweisungen seien aus verschiedenen Facharztgruppen erfolgt, jedoch im einstelligen Zahlenbereich. Eine vertiefte Analyse der aus der HNO-Poliklinik überwiesenen Patienten habe erhebliche Zweifel ergeben, ob diese tatsächlich von der Ermächtigung erfasst werden würden. Sie empfehle die Fortführung der Ermächtigung für zwei Jahre bei Beibehaltung der Fallzahlgrenze und Herausnahme der HNO-Ärzte bzw. HNO-Poliklinik aus der Gruppe der zuweisungsberechtigten Ärzte. Mit Beschluss vom 29.09.2004, ausgefertigt am 15.12.2004 verlängerte der Zulassungsausschuss die Ermächtigung bis zum 30.09.2006 im bisherigen Umfang ohne weitere Einschränkung. Hiergegen legte ein in A-Stadt ansässiges Medizinisches Versorgungszentrum Widerspruch ein. Zur Begründung führte es aus, die Versorgung sei durch niedergelassene Praxen umfänglich gewährleistet. Die Beigeladene zu 1) legte ebf. Widerspruch ein. Sie trug vor, sie halte an ihrer Auffassung fest, dass die aus der HNO-Poliklinik überwiesenen Patienten in jedem Fall auch in Praxen der niedergelassenen Radiologen behandelt werden könnten. Mit Beschluss vom 25.05.2005 änderte der Antragsgegner den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass im dortigen Tenor die HNO-Ärzte aus dem Ermächtigungskatalog des Antragstellers herausgenommen wurden. Zur Begründung führte er an, für die Überweisungsmöglichkeit von HNO-Ärzten bestehe kein Bedarf. Dies folge aus der von der Bezirksstelle A-Stadt angefertigten Analyse. Sämtliche Leistungen der Ermächtigung seien auch von niedergelassenen Ärzten erbringbar. Dies habe das Medizinische Versorgungszentrum bestätigt. Auch sei Dr. P. als Facharzt für Nuklearmedizin weiterhin tätig. Eine Erkrankung mit u. U. bedrohlicher Entwicklung könne nicht dazu führen, dass eine Übergehung der niedergelassenen Fachärzte erfolge. Gegen die Fallzahlgrenze habe der Antragsteller keinen Widerspruch eingelegt. Auf Klage des Antragstellers zum Az.: S 12 KA 593/05 erklärten die Beteiligten vor der Kammer am 31.05.2006 den Rechtsstreit für erledigt, nachdem die Kammer erklärt hatte, es sei nicht ersichtlich, inwiefern ein besonderer Bedarf bestehe. Soweit der Antragsteller sich hierzu aber eingelassen habe, dass er eine besondere Spezialisierung habe und im Grunde genommen nur Patienten behandele und behandeln wolle, die abschließend bereits von anderen Fachärzten diagnostiziert worden seien, insbesondere auch von Radiologen, so rate die Kammer ihm dringend an, diesen besonderen Bedarf schriftlich zu fixieren und dies seinem Antrag bei den Zulassungsgremien zur Verlängerung der Ermächtigung beizufügen, damit die Zulassungsgremien eingehend diesen insoweit neuen Sachvortrag prüfen könnten.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung ermächtigte den Antragsteller dann mit Beschluss vom 26.09.2006, befristet bis 30.09.2008 für folgende Leistungen:

Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien, ausschließlich auf Überweisung durch Radiologen, Neuroradiologen, Neurologen, Neurochirurgen und Kinderradiologen abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 02100, 02330, 02331, 02340, 02341, 02343, 16210 bis 16212, 16310, 34210, 34221 bis 34223, 34230, 34282, 34310, 34311, 34320 bis 34322, 34330, 34340 bis 34342, 34350, 34351, 34410, 34411, 34420 bis 34422, 34430, 34440 bis 34442, 34450, 34451, 34460 und 34500 EBM 2005

- die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle wird auf maximal 500 je Quartal begrenzt; Notfälle fallen nicht unter die Fallobergrenze -.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Beigeladenen zu 1 wies der Antragsgegner mit Beschluss vom 26.09.2007 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Antragsteller habe überzeugend dargetan, dass eine überregionale und bundesweite Nachfrage nach den von ihm erbrachten Leistungen bestehe. Diese Nachfrage übersteige die von der Beigeladenen zu 1) erstrebte Fallzahl von 350 Fällen pro Quartal. Aus den Fallzahlen der letzten Jahre ergebe sich, dass die Anzahl derjenigen Patienten, deren Wohnort außerhalb des Planungsbereichs liege, regelmäßig zwischen 70 und 80 % derjenigen Fälle betrage, bei denen die Patienten ihren Heimatort im Planungsbereich hätten. Da nicht davon auszugehen sei, dass das Medizinische Versorgungszentrum ebenfalls über einen überregionalen Einzugsbereich verfüge, sei davon auszugehen, dass die Fallzahl von 350 Fällen bereits aus dem regionalen Patientenaufkommen gespeist werde.

Am 28.04.2008 hat der Antragsteller einen weiteren Antrag auf Verlängerung seiner Ermächtigung gestellt. Zur Begründung trug er vor, er grenze sich von den im Planungsbereich niedergelassenen Fachärzten für Radiologie insoweit ab, als er den Bedarf an spezieller neuroradiologischer Diagnostik abdecke. Im Planungsbezirk A-Stadt sei kein Facharzt für Radiologie mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie niedergelassen. Er stehe am Ende einer fachärztlichen Diagnostikkette. Sein Tätigkeitsspektrum beziehe sich auf neuroradiologische-diagnostische Untersuchungen bei schwierigen Diagnosen im Rahmen von vaskulären und tumorösen Erkrankungen. Bestimmte Untersuchungen, insbesondere im Rahmen der pränatalen Diagnostik von Föten sowie bei Neugeborenen, könnten nur von ihm oder bei einem Fachkollegen in Paris durchgeführt werden. Aufgrund seiner Spezialisierung werde er überregional in Anspruch genommen. Die Ermächtigung sei ausdrücklich auch auf Überweisungen aus den Hochschulambulanzen zu erstrecken. Die Fallzahl habe im Jahre 2004 noch bei 2.043 Fällen gelegen, sei im Jahre 2006 bereits auf 2.587 Fälle und im Jahre 2007 noch weiter angestiegen. Der Anstieg resultiere auch aus der Möglichkeit der aktiveren Diagnostik und Therapie bei der Frühversorgung von Schlaganfallpatienten. Auch von dem X-er Medizinischen Versorgungszentrum erhalte er Überweisungen. Er greife in deren Tätigkeitsfeld nicht ein. Ihm müsse eine Ermächtigung ohne Fallzahlbegrenzung, wenigstens aber auf mindestens 750 Fälle pro Quartal begrenzt erteilt werden.

Das Kompetenzzentrum Bedarfsprüfung und Sicherstellung der Beigeladenen zu 1) erklärte unter Datum vom 09.09.2008 zum Antrag, ein im Rahmen der Bedarfsprüfung befragtes radiologisch-nuklearmedizinisches Versorgungszentrum in A-Stadt habe sich ausdrücklich gegen die Fortführung der Ermächtigung des Antragstellers ausgesprochen. Im Planungsbereich sei in dem medizinischen Versorgungszentrum neben Radiologen mit allen Genehmigungen, konventionell tätigen Radiologen und Nuklearmedizinern seit dem 01.07.2007 eine Neuroradiologin niedergelassen, die alle Tätigkeitsbereiche abdecke, die der Antragsteller ambulant erbringen könne. Das Medizinische Versorgungszentrum sei hinsichtlich der personellen und apparativen Voraussetzungen auf dem neuesten Stand der Medizin. Das Tätigkeitsspektrum der Ärzte des Medizinischen Versorgungszentrums beziehe sich ausdrücklich auch auf Untersuchungen bei schwierigen Diagnosen im Rahmen von vaskulären und tumorösen Erkrankungen. Durch die langjährige universitäre Erfahrung der Ärzte auf verschiedenen radiologischen Gebieten stehe darüber hinaus eine universell radiologisch-neuroradiologische Kompetenz zur Verfügung, die von einem Neuroradiologen allein nicht gewährleistet werde. Falls medizinisch notwendig, würden die Patienten in die neurologische oder neurokardiologische Klinik des Universitätsklinikums A-Stadt überwiesen werden. Die dann evtl. notwendige Behandlung sei in aller Regel stationär und bedürfe keiner Ermächtigung. Der vom Antragsteller angegebene Anteil von Patienten außerhalb des Planungsbereichs sei nach Auffassung des Medizinischen Versorgungszentrums kein Kriterium für eine Beurteilung der lokalen Versorgungssituation. Das Medizinische Versorgungszentrum teile mit, über ausreichend freie Kapazitäten zu verfügen. Es bestehe weder ein quantitativer noch ein qualitativer Bedarf für eine Ermächtigung. Im Rahmen der Bedarfsprüfung seien nicht die überregionale Versorgungssituation und überregionale Zuweisungen zu berücksichtigen. Im Quartal II/08 seien von 297 Überweisungen an den Antragsteller 23 außerhessische Zuweisungen erfolgt. Sie lehne eine Ermächtigung des Antragstellers ab.

Der Antragsteller erwiderte hierauf, es träfe zu, dass im Planungsbereich A-Stadt-FB zwischenzeitlich eine Fachärztin für Radiologie mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie niedergelassen sei. Diese Niederlassung stehe jedoch seiner Ermächtigung nicht entgegen. Die Neuroradiologin könne in keiner Weise den speziellen Versorgungsbedarf im Bereich der schwierigen Diagnosen bei vaskulären und tumorösen Erkrankungen abdecken. Die bisherige Einschränkung trage dem Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte bereits ausreichend Rechnung. Auf dem Gebiet der pränatalen Diagnostik bei Föten und de Frühdiagnostik bei Neugeborenen sei er europaweit führend. Er sei ferner spezialisiert auf die Diagnostik vaskulärer Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarkes sowie der Höhlstrukturen sowie der Schädelbasis und des Gesichts sowie von hypervaskulärisierten Tumoren. Im Jahre 2007 habe er 2.018 Fälle, die ihm von Ärzten innerhalb des Planungsbezirks zugewiesen worden seien, und 1.603 Fälle, die ihm von Ärzten außerhalb des Planungsbezirks zugewiesen worden seien, behandelt. Damit liege die Fallzahl pro Quartal insgesamt bei 900 Fällen.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen lehnte mit Beschluss vom 16.09.2008 den Antrag als unbegründet ab. Zur Begründung führte er aus, unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Kompetenzzentrums Bedarfssicherung und Sicherstellung sei er zu dem Ergebnis gelangt, dass eine weitere Ermächtigung nicht mehr erforderlich sei. Solange ein die Ermächtigung rechtfertigender Bedarf nicht festzustellen sei, bestehe keine Möglichkeit, eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung auszusprechen.

Gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 16.09.2008 legte der Antragsteller unter Datum vom 22.10.2008 Widerspruch ein.

Ferner hat der Antragsteller am 10.10.2008 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Er trägt vor, durch die Niederlassung der Fachkollegin mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie ändere sich nichts an dem vorhandenen qualitativen Versorgungsbedarf. Er habe sich auf sehr seltene Krankheitsbilder spezialisiert. Es handele sich um folgende Diagnosegruppen: Aneurysmata der cerebralen Gefäße, cerebrale arteriovenöse Malformationen, Durafisteln der intracraniellen Dura, spinale durale Fisteln, perimedulläre Fisteln, intramedulläre AVM, hypervaskularisierte spinale Tumore und Prozesse, Nasen-Rachen-Fibrome, Glomus-jugulare und Caroticum-Tumore, Morbus Rendu Osler, Gesichtsangiome und –cavernome, tumor-, angiombedingtes und spontanes Nasenbluten, posttraumatische Nasenbluten. Vorgenannten Krankheitsgruppen sei gemein, dass diese nur an wenigen spezialisierten Zentren ambulant, teilweise auch nur stationär, diagnostiziert, betreut und behandelt würden. Diese Krankheiten seien sehr selten in der Bevölkerung. Der bereits bestehende Facharztfilter verhindere eine unspezifische Zuweisung von Patienten. Allein die Facharztqualifikation mit Teilgebietsbezeichnung stelle nicht sicher, dass die niedergelassene Kollegin die gleichen Behandlungs- und Untersuchungstechniken anwende. Er beantrage auch nicht das Gesamtgebiet der Neuroradiologie. Den Patienten könne ein Zuwarten bis zur Entscheidung durch den Berufungsausschuss nicht zugemutet werden. Es handele sich hier in der Regel um schwerwiegende, sehr beeinträchtigende Krankheitsbilder. Das Patientenwohl sei unmittelbar gefährdet. Der Antragsteller hat eine eidesstattliche Versicherung zur Gerichtsakte gereicht.

Der Antragsteller beantragt,
im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86 b Abs. 2 SGG im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, den Antragsteller zur Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien ausschließlich auf Überweisung durch Neuroradiologen, Neurochirurgen und Kinderradiologen abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 02100, 02330, 02331, 02340, 02341, 02343, 16210 bis 16212, 16310, 34210, 34221 bis 34223, 34230, 34282, 34310, 34311, 34320 bis 34322, 34330, 34340 bis 34342, 34350, 34351, 34410, 34411, 34420 bis 34422, 34430, 34440 bis 34442, 34450, 34451, 34460 und 34500 EBM 2005 ohne Fallzahlbegrenzung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu ermächtigen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1) beantragen,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, der Antrag sei unzulässig, da der Antragsteller nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, einstweiligen Rechtsschutz durch ihn unmittelbar zu erlangen. Eine gerichtliche Entscheidung könne allenfalls vorläufigen Rechtsschutz bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens gewähren. Es bestehe kein Anordnungsanspruch. Ein regionaler Bedarf in neuroradiologischer Hinsicht sei nicht gegeben. Abzustellen sei auf den regionalen Bedarf. Bei den vom Antragsteller geltend gemachten besonderen Untersuchungsmethoden handele es sich zunächst nur um eine Behauptung. Es sei zunächst davon auszugehen, dass eine Neuroradiologin das gesamte Spektrum der Radiologie ihres Teilgebietes abdecke. Eine Ermächtigung komme dann allenfalls eingeschränkt auf eine Überweisungsmöglichkeit durch niedergelassene Neuroradiologen in Betracht. Auch sei zu prüfen, ob die vom Antragsteller genannten seltenen Erkrankungen tatsächlich einer ambulanten Behandlung zugänglich seien oder aber der stationären Versorgung bedürften. Der Wegfall der Fallzahlbegrenzung sei in keiner Weise substantiiert. Auch könne trotz der erforderlichen Ermittlungen und der Weihnachtszeit bereits jetzt zugesagt werden, dass die mündliche Verhandlung vor dem ihm im Januar, spätestens Anfang Februar 2009 stattfinden werde. Deshalb wäre ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich.

Die Beigeladene zu 1) verweist auf die Ausführungen des Antragsgegners.

Die übrigen Beteiligten haben keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 13.10.2008 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig und z. T. begründet.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich zulässig.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einen Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 1 u. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Es müssen ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 920 Zivilprozessordnung i. V. m. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG).

Der Antragsgegner war rechtlich nicht verpflichtet, vor Anrufung des Gerichts einen entsprechenden Antrag bei dem Antragsgegner zu stellen. §§ 86a, 86b SGG stellen ein solches Erfordernis nicht auf, wenn die Kammer dies auch für äußerst sinnvoll hält.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist z. T. begründet.

Der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 16.09.2008 ist rechtswidrig. Er genügt nicht den Mindestanforderungen an eine Begründung.

Rechtsgrundlage der Entscheidung der Zulassungsgremien ist § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften kann der Zulassungsausschuss mit Zustimmung des Krankenhausträgers einen Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen, soweit und solange deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Der in dieser Formulierung zum Ausdruck kommende Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gilt für den gesamten Bereich der ambulanten Krankenversorgung und mithin auch für diagnostische Leistungen auf Überweisungen von denjenigen Ärzten, die die Patienten unmittelbar behandeln. Nicht nur die eigenverantwortliche ambulante Behandlung, sondern auch die Beratung und Unterstützung eines anderen Vertragsarztes bei dessen Behandlung obliegen in erster Linie den entsprechend weitergebildeten und qualifizierten Vertragsärzten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Erteilung einer Ermächtigung gemäß § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV an einen weitergebildeten Krankenhausarzt einen quantitativ-allgemeinen oder einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf voraus, bei dessen Überprüfung und Feststellung die Zulassungsgremien über einen der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum verfügen. Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf liegt vor, wenn in einem Planungsbereich in einer Arztgruppe zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken. Das Vorliegen eines qualitativ-speziellen Bedarfs setzt voraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsleistungen anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R - SozR 3-2500 § 116 Nr. 24 = MedR 2002, 529 = KRS 02.028 = USK 2002-89, zitiert nach juris Rdnr. 18 bis 20; BSG, Urt. v. 12.09.2001 - B 6 KA 86/00 RSozR 3-2500 § 116 Nr. 23, juris Rdnr. 18, jeweils m. w. N.).

Maßstab für die Bedarfsprüfung ist grundsätzlich der Planungsbereich. Bei der Ermittlung eines Bedarfs in quantitativ-allgemeiner Hinsicht sind als Voraussetzung für die Ermächtigung eines Krankenhausarztes, also der Prüfung, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht, die Angaben des Bedarfsplans zugrunde zu legen (vgl. BSG, Urt. v. 14.071993 - 6 RKa 71/91 - SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 = BSGE 73, 25 = MedR 1994, 73 = NJW 1994, 1612 = USK 93140, juris Rdnr. 19; BSG, Beschl. v. 20.04.1998 - B 6 KA 36/97 B - juris Rdnr. 11; BSG, Urt. v. 22.06.1994 - 6 RKa 46/93, SozR 3-2500 § 116 Nr. 10 = USK 94164, juris Rdnr. 21 f.). Auch für die Prüfung des qualitativ-speziellen Bedarfs ist grundsätzlich der Zuschnitt der regionalen Planungsbereiche maßgeblich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 09.02.2005 - L 3 KA 290/03 - MedR 2005, 559, juris Rdnr. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.09.1997 - L 11 Ka 88/97 -, juris Rdnr. 64). Hierbei ist der Bedarf in der jeweiligen Gruppe der Gebietsärzte (Arztgruppe) maßgeblich. Auf den Bedarf in Teilgebieten ist nicht gesondert abzustellen. Das beruht darauf, dass nach ärztlichem Berufsrecht Ärzte mit Gebietsbezeichnungen alle Leistungen ihres Gebietes erbringen dürfen, auch wenn es sich um solche handelt, die in ein Teilgebiet des Fachgebietes fallen. Selbst wenn man bei der Prüfung der Versorgungslücke die Teilgebiete zugrunde legen würde, dürften bei der Ermittlung des Bedarfs nicht nur die Ärzte berücksichtigt werden, die die entsprechende Teilgebietsbezeichnung zu führen berechtigt sind bzw. führen; es wären vielmehr alle Gebietsärzte, deren Gebiet das Teilgebiet zugeordnet ist, einzubeziehen. Aus diesem Grunde wird auch in dem durch die Bedarfsplanung rechtlich vorgegebenen Rahmen bei der Feststellung des allgemeinen Versorgungsgrades eine Differenzierung nach Teilgebieten nicht vorgenommen (vgl. BSG, Urt. v. 14.07.1993 - 6 RKa 71/91 -, aaO., juris Rdnr. 19). Lediglich dann, wenn ein besondere Zuschnitt des Planungsbereiches wie die Trennung in einen Stadt- und Landkreis, wobei in der geographischen Mitte des Landkreises der Planungsbereich Stadtkreis liegt, gegeben ist, kann die unter Bedarfsplanungskriterien ermittelte rechnerische Nichtauslastung des Planungsbereiches eine tatsächliche Unterversorgung der Versicherten u. U. nicht bewirken (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 - B 6 KA 81/97 R - aaO., juris Rdnr. 26).

Bei der Prüfung der Frage, ob ein besonderer Versorgungsbedarf für eine Zulassung (z. B. Nr. 24 Buchst. b) BedarfsplRL-Ä) oder Bedarf für eine Ermächtigung (§ 116) vorliegt, steht den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen können nämlich nur ungefähr entscheiden, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte eine qualitativ ausreichende Versorgung gewährleisten, da zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen sind (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5 m.w.N., juris Rn. 34). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, ob die durch Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" zu ermittelnden Grenzen eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung halten (vgl. BSG, Urt. v. 28.06.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 5 m.w.N., juris Rn. 34; s. a. BSG, Urt. v. 05.11.2003 - B 6 KA 2/03 RSozR 4-5520 § 24 Nr. 1, juris Rn. 27).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 16.09.2008 rechtswidrig. Zur Begründung beschränkt sich der Beschluss weitgehend auf die Wiedergabe des Beteiligtenvorbringens und allgemeine rechtliche Ausführungen. Die eigentliche Prüfung beschränkt sich auf die Feststellung auf Seite 5, man sei unter Berücksichtigung des Kompetenzzentrums Bedarfsprüfung und Sicherstellung zu dem Ergebnis gekommen, dass eine weitere Ermächtigung des Arztes zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Versicherten nicht mehr erforderlich sei.

Weder dem Beschluss des Zulassungsausschusses noch der Verwaltungsakte kann entnommen werden, welche Leistungen der Antragsteller im Einzelnen erbringt bzw. erbringen kann und inwiefern diese auch von den Ärzten des im Planungsbereich ansässigen Medizinischen Versorgungszentrums erbracht werden können.

Von daher hatte die Kammer eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der Versicherteninteressen und insbesondere der Interessen des im Planungsbereich ansässigen Medizinischen Versorgungszentrums vorzunehmen.

Angesicht der langjährigen Ermächtigung des Antragstellers ist von einem qualitativ-speziellen Bedarf auszugehen, der sich insbesondere auf den Schwerpunktbereich der Neuroradiologie erstreckt. Aufgrund der nunmehr im Planungsbereich für das Medizinische Versorgungszentrum tätigen Neuroradiologin ist ferner davon auszugehen, dass wenigstens ein Teil der Leistungen von dieser erbracht werden können. Soweit nicht mit Sicherheit feststeht, dass dies für alle Leistungen der Fall ist, ist das Interesse der Versicherten vorrangig zu berücksichtigen. Nach Aktenlage wird von den Beteiligten lediglich behauptet, die Leistungen könnten nur durch den Antragsteller bzw. sie könnten in gleicher Weise durch die für das Medizinische Versorgungszentrum tätigen Neuroradiologin erbracht werden. Nachprüfbare Unterlagen sind der Kammer nicht ersichtlich. Insbesondere wird es nicht ausreichen, hierzu lediglich das Medizinische Versorgungszentrum zu befragen.

Die Interessen des Medizinischen Versorgungszentrums sind durch einen engeren sog. Facharztfilter zu schützen und die Begrenzung der Fallzahl. Es wird Aufgabe des Antragsgegners sein, im Einzelnen darzulegen, inwiefern die vom Antragsteller genannten Behandlungen tatsächlich auch von dem Medizinischen Versorgungszentrum erbracht werden können bzw. ob in jedem Fall dann eine stationäre Behandlung erforderlich ist. Von daher war die einstweilige Anordnung zeitlich zu begrenzen.

Nach allem war dem Antrag im tenorierten Umfang stattzugeben und im Übrigen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Kosten waren verhältnismäßig zu teilen.

Der Streitwertbeschluss beruht auf dem Gerichtskostengesetz i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718).

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Bei persönlichen Ermächtigungen von Krankenhausärzten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist von den erzielbaren Einnahmen abzüglich der Praxiskosten und Abgaben an das Krankenhaus im streitigen Zeitraum auszugehen (vgl. BSG, 06.09.1993 - 6 RKa 25/91 - SozR 3-1500 § 193 Nr. 6 = NZS 1994, 142 = Breith 1994, 258 = MDR 1994, 615). Bei einem Streit über Inhalt bzw. Umfang der erteilten Ermächtigung ist als Streitwert der Regelstreitwert festzusetzen (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, Streitwertkatalog 2007, Stand: 1. April 2007, www.sozialgerichtsbarkeit.de, Abschnitt IX Ziffer 6.1).

Ausweislich der Honorarbescheide für die Quartale III/07 bis II/08 erzielte der Antragsteller als Nettohonorar 17.280,85 EUR, 11.537,50 EUR, 20.887,11EUR bzw. 33.853,63 EUR, zusammen 83.559,09 EUR. Aus seinen Angaben folgt für Kosten und 50 % Abgaben an die Klinik eine Gewinnrelation (50.000 zu 266.249) von 18,8 %. Hieraus folgt ein Jahresgewinn von 15.709,11 EUR bzw. für den Zeitraum von fünf Monaten (Antragseingang bis zur voraussichtlichen Entscheidung des Antragsgegners) ein Gewinn von ca. 6.545,00 EUR Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
Rechtskraft
Aus
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