L 12 AL 1369/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 5605/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1369/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung eines Eingliederungszuschusses.

Die 1949 geborene Arbeitnehmerin V-W. (i. f. Arbeitnehmerin), die zuletzt bis Mai 2002 als Sekretärin beschäftigt und danach seit November 2004 bei den Arbeitsämtern L. und M. arbeitslos gemeldet war, schloss mit der Klägerin am 19.9.2005 einen Arbeitsvertrag, wonach sie ab 1.11.2005 als "Mitarbeiterin Reception/Kundenbetreuung" in die Firma eintrete.

Am 2.11.2005 stellte die Klägerin fernmündlich, am 7.11.2005 schriftlich einen Antrag auf Eingliederungszuschuss für Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen. Dabei wurde angegeben, die Arbeitsaufnahme sei am 1.11.2005 erfolgt. Am 16.11.2005 legte die Klägerin den Arbeitsvertrag vom 19.9.2005 und die Erklärung der Arbeitnehmerin vom 11.11.2005 vor, wonach diese den Arbeitsvertrag am 29.10.2005 unterschrieben und persönlich dem Arbeitgeber überreicht habe, "da ich an diesem Wochenende nach F. umgezogen bin".

Mit Bescheid vom 17.11.2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dieser sei erst nach dem leistungsbegründenden Ereignis (Abschluss des Arbeitsvertrages, oder - wenn dieser erst nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses abgeschlossen wird - vor der Einstellung) und somit zu spät gestellt worden. Den Widerspruch der Klägerin, der damit begründet wurde, die Arbeitnehmerin habe am 2.11.2005 die Beschäftigung aufgenommen, am 2.11.2005 sei auch telefonisch erklärt worden, dies sei noch fristgemäß, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 2.12.2005 zurück. Es liege keine rechtzeitige Antragstellung vor. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs stehe fest, dass die Arbeitnehmerin auch ohne finanzielle Förderung eingestellt worden sei. Eine unbillige Härte liege nicht vor, weil die Klägerin nicht gehindert gewesen sei, den Antrag rechtzeitig zu stellen.

Dagegen hat die Klägerin am 30.12.2005 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Diese ist damit begründet worden, die Arbeitnehmerin sei vom Arbeitsamt M. vermittelt und aufgefordert worden, zur Abmeldung dort einen Arbeitsvertrag vorzulegen. Deswegen sei der Arbeitsvertrag bereits im September 2005 erstellt worden. Die Arbeitnehmerin wäre auch nicht ohne die Möglichkeit einer Förderung eingestellt worden. Von der Vermittlungsstelle ihres Wohnorts sei eine Förderungszusage erteilt worden, ebenso, dass es ausreichend sei, wenn die Arbeitnehmerin nach dem Eintreffen an ihrem neuen Arbeitsort die Antragstellung persönlich vornehme. Tatsächlich sei die Arbeitnehmerin nur unter der Voraussetzung der Förderung eingestellt worden. Das Arbeitsverhältnis werde gekündigt, wenn keine Förderung erfolge. Die Beklagte hat unter Vorlage der Beratungsvermerke dargelegt, es sei am 5.10.2005 lediglich nach der Möglichkeit von Zuschüssen gefragt worden, die Arbeitnehmerin sei diesbezüglich an die Arbeitsagentur F. verwiesen worden. Der Antrag sei erst am 2.11. bzw. 7.11.2005 gestellt worden. Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 13.2.2006 die Klage abgewiesen. Die Entscheidung der Klägerin, die Arbeitnehmerin ab 1.11.2005 einzustellen, sei spätestens am 29.10.2005 gefallen. Allerdings spreche viel dafür, dass dies sogar wesentlich früher gewesen sei. Da der Antrag der Klägerin vom 2.11.2005 datiere, zu diesem Zeitpunkt die Entscheidung, die Arbeitnehmerin einzustellen, jedoch bereits gefallen gewesen sei, habe die Klägerin den Antrag auf Eingliederungszuschuss nicht vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses und somit zu spät gestellt. Ein Anspruch aus einer Zusicherung bestehe nicht. Unabhängig davon, dass nur eine schriftliche Zusicherung wirksam wäre, eine solche jedoch nicht gegeben worden sei, ergebe sich aus den Äußerungen der Arbeitnehmerin, dass ihr von der Agentur für Arbeit M. lediglich gesagt worden sei, wegen der Gewährung eines Eingliederungszuschusses müsse sich die Klägerin an die Agentur für Arbeit F. wenden. In einer solchen Information sei eine Zusicherung nicht zu sehen. Eine unbillige Härte sei nicht zu erkennen.

Gegen diesen mit eingeschriebenem Brief vom 14.2.2006 zur Post gegebenen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14.3.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird im wesentlichen wiederholend vorgebracht, der Arbeitnehmerin sei in der Arbeitsagentur M. gesagt worden, sie müsse zur Abmeldung einen Arbeitsvertrag vorlegen. Deswegen und wegen des internen Datenaustauschs bei der Beklagten sei die Klägerin davon ausgegangen, dass dies für die rechtzeitige Beantragung des Eingliederungszuschusses ausreichend sei. Die Bevollmächtigte der Klägerin weist zusätzlich auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6.4.2006 - B 7a AL 20/05 R hin, wonach es nicht entscheidend sei, wann der Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei, entscheidend sei der Beginn der Beschäftigung. Hier habe die Arbeitnehmerin ihre Beschäftigung am 2.11.2005 begonnen, am 2.11.2005 sei auch die Förderung der an diesem Tag beginnenden Maßnahme beantragt worden. Von der Arbeitnehmerin sei auch (gegenüber der Agentur für Arbeit Münster) von Anfang an klargestellt worden, dass das Beschäftigungsverhältnis nur über die Möglichkeit der Eingliederungshilfe erfolgen solle, der Arbeitsvertrag sei auch erst danach zu Stande gekommen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Einstellung der Arbeitnehmerin und der Gewährung der Leistung sei damit gegeben. Lediglich hilfsweise werde eine unbillige Härte geltend gemacht, weil die Beklagte davon hätte Kenntnis nehmen müssen, dass die Arbeitnehmerin gegenüber der Agentur für Arbeit M. die der Einstellung zu Grunde liegende beabsichtigte Antragstellung zur Kenntnis gegeben habe. Ferner sei die Antragstellung innerhalb von drei Tagen inklusive eines Feiertages erfolgt, also nur unwesentlich nach dem tatsächlichen Beschäftigungsbeginn. Es liege allenfalls ein lediglich geringfügiges Verschulden vor.

Die Klägerin stellt den Antrag,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Freiburg vom 13.2.2006 aufzuheben und die Be- klagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.11.2005 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 2.12.2005 zu verpflichten, ihr antragsgemäß ab 1.11.2005 einen Eingliederungszuschuss zu gewähren.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und meint, auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin genannten BSG-Urteils könne nicht von einer rechtzeitigen Antragstellung ausgegangen werden, da diese nicht vor der Arbeitsaufnahme am 2.11.2005 erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines Eingliederungszuschusses aus Anlass der Beschäftigung der Arbeitnehmerin ab 1.11.2005, sie hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass es hier an einer rechtzeitigen Antragstellung fehlt.

Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung (§ 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III) zulassen.

Der von der Klägerin beantragte Eingliederungszuschuss zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen nach § 217 SGB III gehört zu den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach § 5 SGB III. Dazu hat das BSG in dem von der Klägerin genannten Urteil (SozR 4 - 4300 § 324 Nr. 2) entschieden, leistungsbegründendes Ereignis sei hier nicht der Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem zu fördernden Arbeitnehmer, sondern erst die Aufnahme der Beschäftigung bzw. der Beginn des Arbeitsverhältnisses. Der Eingliederungszuschuss werde nach Sinn und Zweck des Gesetzes für eine Beschäftigung des Arbeitnehmers gewährt, nicht für den formalen Abschluss des Arbeitsvertrages. Leistungsbegründendes Ereignis sei mithin der Beginn der Beschäftigung, sodass es ausreiche, wenn der Antrag vor diesem Zeitpunkt gestellt werde. Dieses Erfordernis ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses der Arbeitnehmerin mit der Klägerin war nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages und nach den Angaben bei der Beantragung des Eingliederungszuschusses der 1.11.2005. Dass die Arbeitnehmerin die Tätigkeit tatsächlich erst am 2.11.2005, also nach dem gesetzlichen Feiertag, aufgenommen hat, ändert an Beginn des Beschäftigungsverhältnisses nichts. Selbst wenn die Aufnahme der (tatsächlichen) Beschäftigung am 2.11.2005 erfolgte und die (telefonische) Beantragung des Eingliederungszuschusses ebenfalls am 2.11.2005 erfolgte, so war diese Beantragung der Förderung allenfalls gleichzeitig, jedoch nicht vor Beginn der tatsächlichen Beschäftigung.

Selbst wenn man hier annehmen würde, die telefonische Beantragung des Eingliederungszuschusses sei am 2.11.2005 vormittags, die Aufnahme der Beschäftigung der Arbeitnehmerin jedoch erst nachmittags erfolgt, könnte dies das Begehren der Klägerin nicht stützen. Das BSG hat nämlich in der genannten Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass zwischen der Förderung und der Eingliederung in den Arbeitsmarkt ein Kausalzusammenhang bestehen müsse. Ein solcher bestehe nicht, wenn die Arbeitnehmerin auch ohne Zuschuss eingestellt worden wäre und somit die Eingliederung ohne die Förderung erfolgt wäre. An der Kausalität könnten deshalb Zweifel bestehen, weil der Förderungsantrag erst wenige Tage vor der Arbeitsaufnahme gestellt worden sei.

Im vorliegenden Fall ist eindeutig festzustellen, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der beantragten Förderung und der Einstellung der Arbeitnehmerin gerade nicht besteht. Die Klägerin hat angegeben, sie habe den Arbeitsvertrag deshalb am 19.9.2005 aufgesetzt, unterschrieben und der Arbeitnehmerin zugeleitet, damit sich diese bei der Agentur für Arbeit M. aus der Arbeitslosigkeit abmelden könne. Dann hätte aber nichts entgegengestanden, bereits zu diesem Zeitpunkt einen Eingliederungszuschuss zu beantragen. Dass dies nicht geschehen ist, spricht eindeutig dafür, dass die Einstellung der Arbeitnehmerin nicht von einer Förderung abhängig gemacht worden ist. Die Arbeitnehmerin hat auch (in einer Erklärung vom 14.12.2005) selbst angegeben, sie habe am 5.10.2005 bei der Abmeldung als Arbeitssuchende auf ihre Frage wegen Förderung eines Arbeitnehmers über 50 Jahre zur Antwort erhalten, ihr zukünftiger Arbeitgeber müsse den Antrag bei seinem zuständigen Arbeitsamt stellen. Dies habe sie der Klägerin telefonisch mitgeteilt. Auch diese schriftliche Erklärung der Arbeitnehmerin, die im übrigen von der Klägerin dem SG zugeleitet worden ist, spricht dafür, dass - weil der Eingliederungszuschuss erst einen Tag nach dem arbeitsvertraglichen Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und gleichzeitig mit der Aufnahme der tatsächlichen Beschäftigung gestellt worden ist - eine Kausalität zwischen der Förderung und der Beschäftigung nicht bestand. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin die Beschäftigung der Arbeitnehmerin in irgendeiner Weise von der Gewährung eines Eingliederungszuschusses abhängig gemacht hätte. Die nachträgliche Behauptung während des gerichtlichen Verfahrens ist nach alledem nicht glaubhaft und nicht geeignet, nachträglich eine derartige Kausalität zu begründen.

Dass die Klägerin keinen Anspruch aus einer Zusicherung geltend machen kann, hat das SG ausführlich und zutreffend begründet. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug.

Der Senat vermag auch keine Gründe dafür zu erkennen, dass oder aus welchen Gründen die Beklagte zur Vermeidung einer unbilligen Härte im Wege einer Ermessensentscheidung die verspätete Antragstellung der Klägerin nach § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III nachträglich hätte zulassen müssen. Wie ausgeführt war die Klägerin, obwohl von der Arbeitnehmerin vorher telefonisch informiert, nicht gehindert, den Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses rechtzeitig vor der Aufnahme der Beschäftigung zu stellen.

Die Berufung der Klägerin ist damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG ist nicht einschlägig, weil die Klägerin hier Leistungsempfängerin i. S. d. § 183 Satz 1 SGG ist.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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