L 12 AS 4159/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 5106/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4159/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des SG Freiburg vom 26.07.2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt die Mietkosten noch für September und Oktober 2005 zu übernehmen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Streit.

Die 1975 geborene Klägerin bezog bis zum 03.10.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 196,70 EUR wöchentlich und bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 167,30 EUR wöchentlich. Am 16.11.2004 beantragte sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld Il. Die Klägerin wohnt mit dem Herrn Z. und einem gemeinsamen 1999 geborenen Sohn in einer 97,91 qm großen 3-Zimmer Wohnung mit einer Kaltmiete von 533, EUR monatlich, welche sie am 01.10.2004 angemietet hat. Herr Z. hat bis zum 06.04.2004 Arbeitslosengeld und anschließend bis zum 03.10.2004 Arbeitslosenhilfe bezogen. Für ihren Sohn bezieht die Klägerin Kindergeld in Höhe von 154, EUR monatlich. Die Klägerin gab in ihrem Antrag zu ihren persönlichen Verhältnissen an, dass sie mit dem Herrn Z. in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe.

Der 1966 geborene Herr Z. bezieht als angestellter Rettungssanitäter ein monatliches Einkommen in wechselnder Höhe. Sein Gehalt erhält er jeweils am Monatsende. Sein monatliches Nettogehalt erreichte zuletzt folgende Beträge: 1071,12 EUR (12/04), 1061,84 EUR (1/05), 1109,20 EUR (2/05), 1176,38 EUR (3/05), 1158,67 EUR (4/05), 1211,54 EUR (5/05), 1254,17 EUR (6/05). Herr Z. ist der Vater eines aus einer anderen Beziehung hervorgegangenen minderjährigen Sohnes, welcher sich in Berlin aufhält, und deswegen zur Zahlung von monatlichem Unterhalt in Höhe 76,69 EUR (150, DM) verpflichtet.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 18.11.2004 und 21.04.2005 für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.10.2005 monatlich 434,34 EUR, wobei sie davon ausging, dass die Klägerin, ihr Sohn und Herr Z. Mitglieder derselben Bedarfsgemeinschaft seien. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft wurden lediglich 397,13 EUR als angemessene Kosten anerkannt. Außerdem wurde das Einkommen des Herrn Z. bei der Bedarfsberechnung in Höhe von 716,55 EUR monatlich berücksichtigt.

Die Klägerin hat fristgerechte Widersprüche gegen diese beiden Bewilligungsbescheide eingelegt. Sie ist der Meinung, durch die zu geringen Leistungen nach dem SGB Il in den angefochtenen Bescheiden werde sie in ihren Grundrechten aus Art. 2, Art. 12, Art. 13, Art. 14, Art. 20 und

Art. 80 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Die Klägerin machte auch eine Verletzung datenschutzrechtlicher Gesichtspunkte geltend. Außerdem komme die Beklagten in den angegriffenen Bescheiden ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nach. Nicht nachvollziehbar sei für sie die Berechnung der Unterkunftskosten, der Einkommensanrechnung sowie der Berücksichtigung des Kindergeldes. Die Beklagte lege zu geringe Unterkunftskosten zugrunde und berücksichtigte nicht in ausreichendem Umfang Nebenkosten wie z.B. die jährlich anfallenden Müllgebühren in Höhe von 141, EUR. Bei der Anrechnung von Einkommen häuften sich die Fehler, da bestimmte absetzbare Posten nicht berücksichtigt worden seien. Auch einen befristeten Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld im Jahre 2004 habe die Beklagte nicht gewährt. Schließlich sei der variable Verdienst des Herrn Z. nicht berücksichtigt worden. Von dem anzurechnenden Einkommen seien eine Versicherungspauschale, eine Werbungskostenpauschale, Fahrkosten zur Arbeitsstätte, Berücksichtigung der Kfz Versicherung, Kindertagesgebühren für den Sohn, Berücksichtigung des Essensgeldes für das Kind in der Kindestagestätte, Berücksichtigung des Kindesunterhaltes des Herrn Z. für einen in Berlin lebenden Sohn, Berücksichtigung des Gewerkschaftsbeitrages und ein Erwerbstätigenfreibetrag abzuziehen.

Die Beklagte antwortete der Klägerin mit Schriftsatz vom 22.02.2005 zunächst im Hinblick auf die Geltendmachung von höheren Kosten für Unterkunft und Heizung. Die von der Klägerin erst zum 01.10.2004 angemietete Wohnung sei mit einer Gesamtmiete von 653, EUR für die Verhältnisse der Bedarfsgemeinschaft überteuert. Ausgehend von dem allein verfügbaren Nettoeinkommen des Herrn Z. hätte eine günstigere Wohnung gewählt werden müssen. Sofern der Herr Z. ein variables Einkommen erzielt habe, seien hierüber Nachweise vorzulegen. Aufwendungen für die Kindertagesstätte könnten nach dem SGB II nicht gewährt werden. Ein Antrag auf Kinderzuschlag sei an die Familienkasse zu richten. Hinsichtlich des geltend gemachten befristeten Zuschlags nach dem Bezug von Arbeitslosengeld sei auch hierüber ein Nachweis erforderlich.

Anschließend widersprach die Klägerin zur weiteren Begründung ihres Widerspruchs der Beurteilung der Beklagten, zwischen ihr und Herrn Z. bestehe eine Bedarfsgemeinschaft. Auch wenn eine gemeinsame Wohnung bestehe, liege eine doppelte Haushaltsführung und daher keine Bedarfsgemeinschaft vor. In diesem Zusammenhang verweise sie auf eine einstweilige Anordnung des Sozialgerichts D. "gegen die Anrechnung des Partnereinkommens bei unverheirateten Paaren". Der Bescheid verstöße insofern massiv gegen das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zwischen heterosexuellen und homosexuellen Ehepaaren.

Die Beklagte verwies im Anschluss hieran darauf, dass die Klägerin in ihrem Antrag vom 16.11.2004 selbst angegeben habe, es bestehe eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit dem Herrn Z ... Insofern seien ausführliche Darlegungen dazu erforderlich, weshalb eine eheähnliche Gemeinschaft nicht bestehe.

Die Klägerin verwies hierzu erneut auf die von ihr zitierte Entscheidung des SG D. und legte anschließend Lohnbescheide des Herrn Z. vor, aus denen ein Nettoverdienst von 1.061,84 EUR für den Monat Januar 2005 hervorgeht.

Am 19.04.2005 beantragte die Klägerin zusätzlich die Erstattung von Umgangskosten Herrn Z. ab dem 01.01.2005 für seinen in Berlin lebenden minderjährigen Sohn. Ergänzend gab sie hierzu an, dass hierzu eine titulierte monatliche Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 150, DM/76,69 EUR besteht.

Mit Bescheid vom 08.04.2005 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts ab, da insofern eine Regelung im SGB II nicht vorgesehen sei.

Auf den Widerspruch der Klägerin teilte die Beklagte Herrn Z. am 06.06.2005 schriftlich mit, dass er insofern ein Antrag beim Landratsamt stellen könne und fragte gleichzeitig an, ob der Widerspruch insofern aufrechterhalten werde.

Anschließend bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 13.06.2005, 05.08.2005 und 07.10.2005 Leistungen an die Klägerin für ihre Bedarfsgemeinschaft einschließlich ihres Sohnes und des Herrn Z. in Höhe von 873,90 EUR für Januar 2005, 883,71 EUR für Februar 2005, 835,60 EUR für März 2005, 767,97 EUR für April 2005, 787,18 EUR für Mai 2005, 667,25 EUR für Juni 2005, 613,48 EUR für Juli 2005, 635,24 EUR für August 2005 und 594,17 EUR für die Monate September und Oktober 2005; auf die Bewilligungsbescheide und die ihnen beigefügten Berechnungsbögen wird Bezug genommen.

Auch gegen diese Bescheide legte die Klägerin jeweils fristgerecht Widerspruch gegen die ihrer Auffassung nach zu niedrige Leistungshöhe ein. Die Beklagte habe weiterhin nicht alle von ihr angesprochenen Kritikpunkte berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück und erklärte hierbei, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen bei entsprechendem Nachweis zu Hälfte übernommen würden. Nach Erlass der Änderungsbescheide seien die Widersprüche der Klägerin nicht mehr begründet. Zu Recht sei vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft der Klägerin mit ihrem Sohn und Herrn Z. ausgegangen worden. Die Höhe der Regelleistung für die drei Personen betrage einschließlich des Sozialgeldes 829, EUR. Die Beklagte bekräftig ihren Standpunkt, dass angesichts des Einkommens des Herrn Z. eine zu große und teure Wohnung genutzt werde, weswegen insoweit Kosten der Unterkunft lediglich für eine Wohnung mit 75 qm Wohnfläche und einer Kaltmiete 5,11 EUR je qm angemessen seien. Unterkunftskosten könnten daher lediglich in angemessener Höhe von 383,25 EUR Kaltmiete zuzüglich Betriebskosten von 40, EUR, Gebühren für Wasser/Abwasser in Höhe von 30, EUR sowie Heizkosten in Höhe von 50, EUR gewährt werden. Beträge für die Warmwasseraufbereitung sowie für Kochenergie, Beleuchtung und den sonstigen elektrischen Aufwand seien in den Regelleistungen enthalten und daher ein Abzug von 17, EUR für die dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft vorzunehmen. Die Aufwendung für die Anmietung einer Garage in Höhe von 31, EUR könnten nicht berücksichtigt werden, da die Garage nicht dem notwendigen Unterkunftsbedarf zuzurechnen sei. Ein weiterer pauschaler Abzug von 5,11 EUR monatlich erfolge für die Kosten der Nutzung der Gemeinschaftsantenne, weil auch diese Aufwendungen bereits in der Regelleistung enthalten seien. Die Gesamtsumme der insoweit anerkannten Kosten betrage daher 492,89 EUR. Aus den insoweit bestehenden Gesamtbetrag von 1.321,89 EUR sei das zu berücksichtigende Einkommen anzurechnen. Hierbei seien laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zuflössen. Dem Vorschlag der Beklagten, zur Verwaltungsvereinfachung für die Berechnung der Leistungen ein monatliches Durchschnittseinkommen anzusetzen, habe die Klägerin ausdrücklich abgelehnt. Demnach sei eine Einzelberechnung vorzunehmen, nach der jeweils im Vormonat erzielte Einkommen auf die Gewährung von Leistungen im Folgemonat anzurechnen sei. Das Einkommen sei abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, eines Pauschbetrags für Versicherungen in Höhe von 30, EUR, abzüglich der Kfz Haftpflichtversicherung von 84,98 EUR, einer Werbekostenpauschale von 15,33 EUR, abzüglich Fahrtkosten für 23 Tage x 5 km x 0,06 EUR von 6,90 EUR und abzüglich der "Riester Rente" von 17,59 EUR, sowie abzüglich der Freibeträge des § 30 SGB II zu berücksichtigen. Damit ergebe sich für den Monat Januar 2005 ein anzurechnendes Erwerbseinkommen aus dem Monat Dezember 2004 in Höhe von 732,08 EUR. Diese mindere den Bedarf im Januar 2005, so dass insofern für den Januar 2005 Leistungen in Höhe von 493,90 EUR bestünden. Aufgrund des vorherigen Bezugs von Arbeitslosengeld im Jahre 2004 durch die Klägerin (bis 01.08.2004) und Herrn Z. (bis 06.04.2004) ergebe sich ein zusätzlich ein Zuschlag von 428, EUR, der auf den Höchstbetrag in Höhe von 380, EUR (unter Berücksichtigung des gemeinsamen Kindes) zu begrenzen sei.

Die Klägerin hat deswegen am 02.12.2005 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Die Klägerin trägt vor, sie sei Herrn Z. lediglich deswegen nach N. gefolgt, weil sie das Zusammenleben mit dem Herrn als förderlich für die Entwicklung des gemeinsamen Kindes betrachtet und gehofft habe, in Baden Württemberg eher als in B. eine Arbeit zu finden. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe jedoch nicht, sondern lediglich eine Haushaltsgemeinschaft, welche nicht auf Dauer angelegt sei. Die Klägerin habe keinen Zugriff auf das Konto Herrn Z., welcher auch nicht bereit sei, finanzielle Verantwortung für die Klägerin und das Kind über den Unterhaltsanspruch des Kindes hinaus zu übernehmen. Sofern Herr Z. die Klägerin in verschiedenen Verwaltungsangelegenheiten vertreten habe, sei dies aus altruistischen Gründen erfolgt. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft sei von einer angemessenen Wohnung auszugehen, da der realistische Mietpreis bei 7,10 EUR pro qm liege, was der derzeitigen Kaltmiete entspreche.

Das SG hat am 13.04.2006 einen Erörterungstermin durchgeführt. Die Klägerin gab hierbei an, dass sie Herrn Z. 1999 in B. bei der Arbeit kennen gelernt habe und, nachdem sie schwanger geworden sei, noch im selben Jahre in dessen 3 Zimmerwohnung eingezogen sei. Die Wohnung habe aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer und einem Kinderzimmer bestanden. Die Miete sei allein von dem Herrn Z. gezahlt worden, sie hingegen habe mit ihrem Einkommen verschiedene andere Rechnungen wie die Stromkosten beglichen. Eine genaue Verrechnung der gemeinsamen Kosten habe nicht stattgefunden. In der Folgezeit seien auch gemeinsame Urlaube verbracht worden. Beide hätten ein Auto gehabt, wobei jeder die Kosten seines eigenen Wagens getragen habe. Es bestünden beiderseits Lebensversicherungen mit gegenseitiger Bezugsberechtigung. Jeder habe ein eigenes Konto, wobei Vollmachten für den anderen nicht bestünden. Die Aufteilung der Wohnung in N. sei die gleiche wie in der Berliner Wohnung. Da sie in Neuenburg keine Arbeit habe, habe sich das Verhältnis zwischen Herrn Z. und ihr verschlechtert. Im Januar 2005 sei dann sogar die Trennung erfolgt. Wenn Herr Z. in der Wohnung sei, schlafe er auf der Couch im Wohnzimmer; teilweise wohne er gar nicht mehr in der Wohnung. Im übrigen wolle sie zu den weiteren Einzelheiten nichts mehr sagen und sei nicht bereit, weitere Fragen zu beantworten.

Herr Z. gab in dem Erörterungstermin als Zeuge an, er schlafe in der N. Wohnung seit etwa einem Jahr auf der Couch im Wohnzimmer. Dies deshalb, "weil das Gesetz anderes verbiete". Er wolle in diesem Zusammenhang sagen, dass er sich nicht aufzwingen lasse, in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben. Außerdem schlafe er, weil es zwischen der Klägerin und ihm des Öfteren "wegen des Geldes Stress gebe", in seiner Firma bzw. bei Arbeitskollegen. Die Miete für die Wohnung in N. werde vom Konto der Klägerin abgebucht. Im Gegenzug kaufe er die Sachen für den Haushalt und trage die sonstigen Kosen. Er zahle keinen Barunterhalt für das gemeinsame Kind, "dies werde durch das gemeinsame Wirtschaften abgedeckt". Eine genaue Abrechnung der Kosten werde nicht vorgenommen. Nach Abzug der Miete bleibe bei der Klägerin nicht viel übrig. Der Rest "bleibe dann praktisch an ihm hängen".

Nach Anhörung der Beteiligten änderte das SG mit Gerichtsbescheid vom 26.07.2006 die Bescheide der Beklagten vom 18.11.2004, 21.04.2005, 13.06.2005, 05.08.2005 und 07.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2005 ab. Das SG verpflichtete die Beklagte, der Klägerin für die Zeit vom 01.10.2005 bis zum 31.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 1.023,65 EUR (Januar 2005), 1.033,46 EUR (Februar 2005), 985,35 EUR (März 2005), 917,72 EUR (April 2005), 936,93 EUR (Mai 2005), 817, EUR (Juni 2005), 763,23 EUR (Juli 2005) und 784,99 EUR (August 2005) zu gewähren sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu 1/3 zu erstatten. Die Klage sei insofern begründet, als die Beklagte für die Zeit von Januar bis August 2005 die tatsächlichen Mietkosten in Höhe von 533, EUR monatlich zu übernehmen habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Zwar seien die Kaltmietkosten der Klägerin in Höhe von 533, EUR pro Monat nicht angemessen im Sinne des § 22 SGB II. Auch sei der von der Beklagten angesetzte Quadratmeterpreis von 5,11 EUR angemessen im Sinne der Vorschrift. Die Klägerin könne sich jedoch mit Erfolg auf § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II berufen, nachdem die Beklagte erst mit den Schreiben vom 22.02.2005 deutlich gemacht habe, dass die Mietkosten unangemessen seien. Ab diesem Zeitpunkt sei die Beklagte für die Dauer von nur noch 6 Monaten nach der gesetzlichen Vorschrift verpflichtet gewesen, die Miete in der unangemessenen Höhe zu übernehmen. Daher habe die Beklagte auch zu Recht für die Monate September und Oktober Mietkosten nur noch in Höhe von 383,25 EUR monatlich berücksichtigt. Zu Recht habe die Beklagte auch eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Klägerin und Herrn Z. angenommen. Die Überzeugung der Kammer folge insoweit aus den Einlassungen der Klägerin und des Herrn Z. im Erörterungstermin vom 13.04.2006, wonach die Klägerin und der Herr ihr gemeinsames Kind gemeinsam betreuen und auch erziehen. Schließlich sei seit 1999 die gemeinsame Wohnung auch so genutzt worden, wie dies in einer Ehe üblich sei (Aufteilung in jeweils ein Wohn , ein Schlaf und ein Kinderzimmer), die Lebensunterhaltskosten gemeinsam erwirtschaftet und von einer Abrechnung der einzeln angefallen Kosten abgesehen worden. Darüber hinaus seien gemeinsame Urlaube verbracht worden, gemeinsame Darlehen von den Eltern Herrn Z. zur Bestreitung des Lebensunterhaltes aufgenommen worden und Lebensversicherungen mit wechselseitiger Bezugsberechtigung abgeschlossen worden. Auch nach dem Umzug nach Neuenburg sei die ausgesuchte familiengerechte 3-Zimmerwohnung wieder so genutzt worden, wie dies in einer Ehe üblich sei. Hieraus folge, dass zwischen der Klägerin und Herrn Z. eine Beziehung vorliege, welche sich durch innere Bindungen auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründeten. Sofern die Klägerin behaupte, seit Januar 2005 habe sich dies wesentlich geändert, halte die Kammer dies nicht für glaubhaft. Gleiches gelte für die Einlassungen des Herrn Z ... Zunächst sei festzustellen, dass die Klägerin im Termin am 13.04.2005 nicht bereit gewesen sei, sich im Detail zu den Umständen ihres Verhältnisses zu dem Herrn Z. zu äußern. Sodann habe Herr Z. die angebliche Trennung unter anderem damit begründet, eine andere Form des Zusammenlebens werde durch das Gesetz verboten. Diese Äußerung zeige das Bestreben Herrn Z. und der Klägerin, ihr Verhalten äußerlich zu gestalten, dass es als Indiz dafür angesehen werden könne, die eheähnliche Gemeinschaft bestehe nicht mehr. Diese zielgerichtet auf die Erlangung höherer Sozialleistungen angelegte Verhalten sei von den tatsächlichen Gegebenheiten nach Auffassung der Kammer jedoch nicht gedeckt. Schließlich habe die Beklagte auch zu Recht dass für den Sohn der Klägerin gewährte Kindergeld bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG komme nicht in Betracht, weil die Kammer nicht von der Verfassungswidrigkeit der von der Beklagten zutreffend angewendeten Regelungen überzeugt sei.

Der Gerichtsbescheid des SG wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 03.08.2006 und der Beklagten am 15.08.2006 zugestellt. Die Beklagte hat am 17.08.2006, die Klägerin am 01.09.2006 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt.

Die Klägerin wiederholt mit ihrer Berufung im Wesentlichen ihrer bereits vor dem SG vorgetragenen Argumente hinsichtlich des Fehlens einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen ihr und Herrn Z., der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft sowie der Berücksichtigung des Kindergeldes. Die Klägerin gab weiter an, ständig nach einer günstigeren Wohnung zu suchen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26.07.2006 abzuändern sowie die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 18.11.2004, 21.04.2005, 13.06.2005, 05.08.2005 und 07.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2005 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.01.2005 ohne Anrechnung des Einkommens des Herrn Z. zu gewähren, hilfsweise die Beklagte zur Erteilung eines neuen Bescheides ohne die Anrechnung des Einkommens des Herrn Z. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen, sowie die vollen Mietkosten bis Oktober 2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die von der Klägerin zum Oktober 2004 in Neuenburg bezogene Wohnung von Anfang an unangemessen sei und daher die Unterkunftskosten dieser Wohnung von der Beklagten spätestens ab September 2005 begrenzt auf die Kosten für eine angemessene Wohnung zu erstatten seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Streitgegenstand ist die Höhe von Leistungen nach dem SGB II im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.10.2005.

Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II umfasst gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, 345 EUR; die Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft beträgt 80 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz Satz 1 der Vorschrift, § 20 Abs. 2 SGB II. Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt die Regelleistung jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz 2, § 20 Abs. 3 SGB II.

Zusätzlich werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate, § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden, § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das SG im wesentlichen zu Recht Ansprüche der Klägerin lediglich in dem ausgesprochenen Umfang bejaht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen. Lediglich für die Monate September und Oktober war der Gerichtsbescheid dahingehend zu korrigieren, dass eine Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten zu erfolgen hat.

Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin und Herr Z. weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB Il bilden. Das SG hat hierzu durch die Vernehmung des Herrn Z. ermittelt und in nicht zu beanstandender Weise unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles festgestellt, dass zwischen ihm und der Klägerin entsprechend den ursprünglichen Angaben der Klägerin im Leistungsantrag weiterhin eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB 11 vorliegt. Insbesondere die Tatsache, dass die Klägerin und Herr Z. ein gemeinsames leibliches Kind haben, das sie weiterhin gemeinsam in der gemeinsam genutzten Wohnung erziehen, ist hier als besonderes Indiz zu werten. Hinzu kommt die weiterhin fehlende Trennung der anfallenden Kosten für Miete und Einkäufe. Die Aussage des Herrn Z. vor dem SG, er schlafe nunmehr im Wohnzimmer und teils auch außerhalb der Wohnung, weil "das Gesetz anderes verbiete" und er "sich nicht aufzwingen lasse, in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben" hat das SG zutreffend so gewertet, dass dieses Verhalten deswegen gewählt worden ist, um die Folgen des § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB Il zu umgehen; dies bedeutet aber auch, dass dieses demonstrative Verhalten noch nicht belegt, dass die frühere Einstandsgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Herrn Z. für die Wechselfälle des Lebens nicht mehr besteht.

Wegen der somit weiterhin bestehenden eheähnlichen Lebensgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II ist das Einkommen des Herrn Z. nach § 9 Abs. 2 SGB Il als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen gewesen. Auf die Berechnungen der Beklagten und des SG wird Bezug genommen. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beklagte insofern fehlerhafte Beträge angewendet oder falsch gerechnet haben könnte. Zutreffend hat die Beklagte im Übrigen eine Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen der Klägerin vorgenommen (vgl. BSG, Urteile vom 23.11.2006 B 11b AS 1/06 R und vom 07.11.2006 B 7b AS 18/06 R ). Denn die Klägerin kann als Kindergeldberechtigte über das Kindergeld wie über Einkommen verfingen. Schließlich hat die Beklagte in ihren letzten Bescheiden auch einen Sozialzuschlag für die Klägerin und ihren Lebensgefährten nach § 24 SGB II berücksichtigt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Leistungen des SGB II weder im Allgemeinen noch im Falle der Klägerin in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.2006 B 11b AS 1/06 R ). Die Höhe der Regelleistungen nach § 20 Abs. 2 SGB 2 begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die gerichtliche Überprüfung hat sich insoweit darauf zu beschränken, ob der gesetzliche Rahmen eingehalten wurde, sich die Regelsatzfestsetzung auf ausreichende Erfahrungswerte stützen kann und die der Festsetzung zugrunde liegenden Wertungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vertretbar sind. Dies ist im Falle der Leistungen des SGB II der Fall (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 17.11.2006 L 12 AS 1706/06 ). Auch die Klägerin erhält im vorliegenden Fall für ihre Bedarfsgemeinschaft Leistungen, die das durch das Grundgesetz gewährleistete soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten. Der Senat ist daher nicht davon überzeugt, dass die der Leistungsgewährung zugrunde liegenden Vorschriften verfassungswidrig sind, weswegen eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG nicht in Betracht kommt.

Schließlich hat das SG auch zu Recht die Beklagte verurteilt, die Kosten der Unterkunft der Klägerin bis einschließlich August 2005 in der tatsächlichen Höhe zu übernehmen. Zwar ist die Wohnung der Klägerin für ihre dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft als überteuert anzusehen, wozu auf die Ausführungen in dem Urteil des SG Bezug genommen wird. Auch insoweit hat das SG zutreffend entschieden, dass die Beklagte erstmalig im Februar 2005 mit ihrem Schreiben vom 22.02.2005 mit der zu fordernden Deutlichkeit auf die zu hohen Kosten der Wohnung hingewiesen hat.

§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sieht insoweit vor, dass, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, diese als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen sind, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Aus dem Regelungszusammenhang in § 22 SGB II sowie aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin folgte eine Fürsorgepflicht der Beklagten, die Klägerin deutlich und in unmissverständlicher Weise darauf hinzuweisen, dass die Wohnkosten nicht auf Dauer in ihrer tatsächlichen Höhe übernommen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 B 7b AS 10/06 R ). Dieser Hinweis ist aber erst mit dem Schriftsatz vom 22.02.2005 erfolgt. Ab diesem eindeutigen Hinweis lief für die Klägerin noch die sechsmonatige Schonfrist des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II.

Darüberhinaus sind auch die Unterkunftskosten für die Monate September und Oktober 2005 in ihrer tatsächlichen Höhe zu übernehmen, weil es der Klägerin trotz ihrer Bemühungen (vgl. die Sitzungsniederschrift vom 26.01.2007) nicht gelungen ist, eine günstigere Wohnung zu finden. Die Formulierung in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II "in der Regel jedoch längstens für sechs Monate" ist angesichts der Tatsache, dass es sich beim Wohnen um ein elementares Grundbedürfnis handelt, so auszulegen, dass beim Fehlen einer verfügbaren günstigeren Wohnung auch über die sechsmonatige Schonfrist hinaus die höheren Leistungen zu gewähren sind. Jedenfalls hat die Beklagte für ihre Behauptung, eine günstigere Wohnung sei für die Klägerin verfügbar, keinerlei Nachweis erbracht (vgl. hierzu Link, Sozialrecht aktuell 2007, 8, 12 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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