L 4 R 5413/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 937/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5413/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. August 2005 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht eine der Klägerin bewilligte Altersrente unter Aufhebung eines vorangegangenen Bescheids hinsichtlich der Rentenhöhe ab 01. März 2005 mit einem geringeren Zahlbetrag neu festgestellt hat.

Die 1939 geborene Klägerin übersiedelte am 02. Oktober 1982 aus Rumänien in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist im Besitz des Vertriebenenausweises "A". Am 02. September 2002 beantragte sie eine Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres als volle Rente ab 01. Januar 2003. Mit Bescheid vom 05. November 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen ab dem 01. Januar 2003 in Höhe von 860,41 EUR. Der monatliche Zahlbetrag betrug 792,01 EUR. Die zur Rentenberechnung berücksichtigten Versicherungszeiten enthielten auch Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG). Die Zeiten vom 16. September 1964 bis 04. Mai 1969 sowie vom 26. August 1969 bis 09. August 1982 waren als glaubhaft gemachte Zeiten anerkannt (§ 22 Abs. 3 FRG i.V.m. § 256 b Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB VI]) und die hieraus ermittelten Entgeltpunkte bei der endgültigen Rentenberechnung nur zu 60 Prozent (§ 22 Abs. 4 FRG) berücksichtigt. Der Berechnung lagen außerdem zusätzliche Entgeltpunkte (3,4814 Punkte) als Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 SGB VI für Pflichtbeitragszeiten bis 31. Dezember 1991 zu Grunde, weil sich aus dem Durchschnitt aller vollwertigen Pflichtbeiträge ein Durchschnitt von weniger als 0,0625 Entgeltpunkte ergab und die Entgeltpunkte deshalb pro Beitragsmonat auf 0,0625 Entgeltpunkte anzuheben waren.

Die Klägerin gab am 17. Dezember 2002 auf der Beratungsstelle der Beklagten in H. zu Protokoll, sie nehme die mit Bescheid vom 05. November 2002 bewilligte Altersrente ab 01. Januar 2003 nicht an. Sie bat, die Zahlung für Januar 2003 bis auf weiteres nicht anzuweisen, und erklärte, bereits angewiesene Beträge werde sie zurückzahlen, falls diese nicht mehr gestoppt werden könnten. Sie habe bereits bei der ZVK mehrfach einen Antrag auf Rentenauskunft gestellt. Diese Anträge seien bis heute unbeantwortet geblieben. Sie halte den Rentenantrag aufrecht und wolle lediglich den Rentenbeginn verschieben. Dieser hänge von der Rentenauskunft der ZVK ab. Sie beantragte außerdem, dass die im Herkunftsland Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten zu 6/6 anzurechnen seien. Gleichzeitig legte sie verschiedene Auskünfte und Übersetzungen von Arbeitsnachweisen aus Rumänien vor. Mit Schreiben vom 21. Januar 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, auf Grund ihres Antrags auf Rücknahme werde die Rente mit Ende des Februar 2003 eingestellt. Den ihr bekannt gegebenen Rentenbescheid übersandte die Klägerin mit Vermerk vom 14. April 2003 zurück an die Beklagte. Sie teilte mit, sie ziehe den Rentenantrag zurück. Sie werde sich unaufgefordert zur Beantragung einer Rente wieder melden.

Am 13. April 2004 beantragte die Klägerin erneut Altersrente. Nach Prüfung der Versicherungszeiten gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2004 der Klägerin Altersrente ab Juli 2004 in Höhe von 908,83 EUR mit einem monatlichen Zahlbetrag von 825,67 EUR. Der Berechnung lagen 34,7812 persönliche Entgeltpunkte zu Grunde. Bei der Berechnung waren Zeiten nach dem FRG (16. September 1964 bis 29. Februar 1968 und 01. April 1979 bis 09. August 1982) erneut nur als glaubhaft gemachte Zeiten anerkannt. Die Berechnung enthielt auch erneut Mindestentgeltpunkte wegen geringem Arbeitsverdienst.

Die Klägerin legte am 04. Mai 2004 zur Niederschrift bei der Stadt H. Widerspruch ein. Sie habe die erforderlichen Nachweise zur Aufhebung der nur gekürzten Berücksichtigung der FRG-Zeiten vorgelegt. Ergänzend legte sie nochmals Auszüge aus der A. und weitere Nachweise über ihre Beschäftigung vor. Nach erneuter Prüfung gelangte die Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Zeiten vom 16. September 1964 bis 29. Februar 1968 und vom 01. April 1979 bis 09. August 1982 als nachgewiesene Zeiten zu speichern und zu verwerten seien, was nach Vorlage der Unterlagen durch die Klägerin im Dezember 2002 unterblieben sei. Die Beklagte berechnete auf dieser Basis die Altersrente neu. Dies ergab eine monatliche Rente in Höhe von 822,20 EUR und einen monatlichen Zahlbetrag von 746,97 EUR. Mindestentgeltpunkte wegen geringem Arbeitsentgelt waren nicht mehr berücksichtigt, weil der Monatsdurchschnitt aus allen vollwertigen Pflichtbeiträgen den Wert von 0,0625 erreichte. Mit Schreiben vom 4. Januar 2005 teilte die Beklagte der Kläger mit, dass der Anspruch auf Regelaltersrente kraft Gesetzes zu kürzen sei, weil sich aus der Berücksichtigung der FRG-Zeiten zu 6/6 ergebe, dass zusätzliche Entgeltpunkte wegen geringem Arbeitsverdienst im Gegensatz zu der Berechnung vom 27. April 2004 nicht mehr gewährt werden könnten. Es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 27. April 2004 mit Wirkung für die Zukunft ab 01. März 2005 zurückzunehmen und eine niedrigere, richtig berechnete Rente in Höhe von 746,97 EUR ab dem 01. März 2005 zu bezahlen. Eine Rücknahme des Bescheides vom 27. April 2004 für die Zeit vom 01. Juli 2004 bis 28. Februar 2005 sei nicht beabsichtigt. Bösgläubigkeit der Klägerin liege nicht vor.

Die Klägerin erklärte hierzu zur Niederschrift bei der Stadt H., sie sei bei ihrem Antrag auf Neuberechnung immer davon ausgegangen, durch die Aufhebung der Kürzungsregelung ergebe sich ein höherer Jahresverdienst und damit eine höhere Rente. Sie habe auch gedacht, sie könne bei einer Verschlechterung des Rentenzahlbetrags auf die Neuberechnung verzichten. Dass durch die Neufeststellung die Mindestentgeltpunkte entfielen, habe sie nicht gewusst. Hierauf sei sie von den Mitarbeitern der Geschäftsstelle auch nicht hingewiesen worden.

Mit Bescheid vom 26. Januar 2005 stellte die Beklagte die Rente ab 01. März 2005 neu fest. Die monatliche Rente belaufe sich ab 01. März 2005 auf 822,13 EUR, der monatliche Zahlbetrag auf 746,90 EUR. Der Berechnung lagen insgesamt 31,4631 persönliche Entgeltpunkte zu Grunde. Mindestentgeltpunkte waren nicht berücksichtigt, weil der Durchschnitt aller Entgeltpunkte für Pflichtbeiträge vor 1991 0,0627 Entgeltpunkte betrug. In der Anlage 10 des Bescheids teilte die Beklagte weiter mit, der Rentenbescheid vom 27. April 2004 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung für die Zukunft ab 01. März 2005 nach § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zurückgenommen. Man gehe wie die Klägerin davon aus, dass sie nicht habe wissen können, dass sich durch die neue Bewertung von Rentenzeiten die Rentenhöhe verringere. Die Feststellung der Rente und die Rentenberechnung habe aber nach den gesetzlichen Regelungen zu erfolgen. Die vom Versicherten zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten seien entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zu berücksichtigen. Dabei sei es unerheblich, ob sich die zu berücksichtigenden Zeiten positiv oder negativ auf die Rentenhöhe auswirkten. Ein Wahlrecht des Versicherten, welche der zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen seien, bestehe nicht. Ein Vertrauensschutz in den Bestand des Rentenbescheids sei nicht gegeben, weil an der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe und das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des ursprünglichen Bewilligungsbescheids nicht schutzwürdig sei. Auch im Wege des Ermessens halte sie (die Beklagte) die Bescheidrücknahme für gerechtfertigt, weil nach Aktenlage keine unbillige Härte vorliege.

Die Klägerin legte zur Niederschrift bei der Stadt H. am 26. Januar 2005 Widerspruch ein. Sie bezog sich auf ihre Stellungnahme im Rahmen der Anhörung. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2005 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Im Rahmen des eingeräumten Ermessens könne nur in Ausnahmefällen von der dem Grunde nach vorliegenden Rücknahmemöglichkeit zu Gunsten des Betroffenen ganz oder teilweise Abstand genommen werden. Sie (die Beklagte) habe die zunächst fehlerhafte Rentenberechnung zwar verschuldet, die Richtigstellung sei aber nicht zu beanstanden. Ein unbilliger Eingriff in die persönlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnisse werde nicht erkannt. Auf eine rückwirkende Bescheidkorrektur und Rückforderung überzahlter Rentenbeträge sei verzichtet worden. Die getroffene Entscheidung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Es sei zwar einzuräumen, dass die ausgesprochene Rentenminderung eine wirtschaftliche Belastung darstelle. Ihr (der Beklagten) müsse es jedoch möglich sein, die Rente entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Klägerin hat am 24. März 2005 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn erhoben. Die Fremdrentenzeiten seien ursprünglich nur zu 5/6 angerechnet worden. Sie sei auf Gerichtsentscheidungen aus dem Jahre 2000 aufmerksam geworden, wonach diese Kürzungen durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen aus dem Herkunftsland aufgehoben werden könnten. Sie habe sich um diese Bescheinigungen bemüht und diese nach Erhalt der Beklagten zur neuen Bewertung vorgelegt. Die Neuberechnung der Altersrente habe sie nur aus dem Gesichtspunkt heraus beantragt, dass trotz ihrer vielen Arbeitsjahre nur eine kleinere Rente gezahlt worden sei. Sie habe mit einer Minderung dieses Betrags nicht gerechnet. Ihr Ziel sei eine höhere Rente gewesen. Die Beklagte hätte sie vor Erteilung des neuen Bescheid darauf hinweisen müssen, dass die Rente auch geringer ausfallen könne. Sie sei auch nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden, den Rentenantrag zurückzuziehen. Neben der Altersrente der Beklagten beziehe sie noch eine Zusatzrente der VBL Karlsruhe. Sie gerate durch die Reduzierung des Rentenbetrags nicht in finanzielle Not. Die Kürzung sei jedoch schon schmerzlich.

Die Beklagte hat ausgeführt, die Feststellung der Rente habe unter Berücksichtigung sämtlicher rentenrechtlicher Zeiten zu erfolgen, selbst wenn sich einzelne Zeiten bei der Rentenberechnung ungünstig auswirkten. Eine Hinweispflicht auf eine mögliche Kürzung der Rente habe nicht bestanden. Auf die Weiterzahlung der ursprünglich bewilligten Rente habe keinen Rechtsanspruch bestanden.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 25. August 2005 unter Abänderung des Bescheids vom 26. Januar 2005 und des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2005 verurteilt, der Klägerin eine Bruttoaltersrente in Höhe von 908,83 EUR ab 01. März 2005 zu gewähren. Die Klägerin habe den Bescheid vom 27. April 2004 weder durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt, noch beruhe der Rentenbescheid auf Angaben, die die Klägerin vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Die Klägerin habe die von der Beklagten zu berücksichtigenden Unterlagen, die zu einer Anrechnung der zurückgelegten Versicherungszeiten zu 6/6 führten, bereits im Dezember 2002 vorgelegt und die Beklagte um deren Berücksichtigung gebeten. Auch habe die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27. April 2004 nicht gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Damit scheide eine Rücknahme des Bescheides nach § 45 SGB X aus.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 28. November 2005 zugestellte Urteil am 19. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Die Entscheidung sei nicht damit begründet worden, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorlägen. Zu keinem Zeitpunkt habe sie dies behauptet. Deshalb sei der Bescheid vom 27. April 2004 nach einer Vertrauensschutzprüfung im Sinne des § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X auch nur für die Zukunft ab 01. März 2005 zurückgenommen worden. Man unterstelle der Klägerin nicht, dass sie falsche Angaben gemacht oder arglistig getäuscht habe. Dies rechtfertige aber dennoch eine Aufhebung für die Zukunft. Dies gelte auch dann, wenn den Bescheidempfänger keinerlei Schuld an der zu hoch gezahlten Rente treffe. Es bestehe grundsätzlich ein öffentliches Interesse daran, dass nur die gesetzlich zustehende Leistung gezahlt werde. Bei wiederkehrenden Leistungen sei ein Vertrauensschutz nur denkbar, wenn der Leistungsempfänger im Vertrauen auf die zu hohe Leistung konkrete Vermögensdispositionen für die Zukunft getroffen habe, die eine Reduzierung der Leistung auf die gesetzlich zustehende Höhe als wirtschaftlich unzumutbar erscheinen ließen. Derartige Tatsachen habe die Klägerin bisher nicht vorgetragen. Auch das ihr (der Beklagten) zustehende Ermessen sei im angefochtenen Bescheid richtig ausgeübt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. August 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Sie habe lediglich die Möglichkeit nutzen wollen, durch Vorlage weiterer Arbeitsbescheinigungen den Rentenbetrag etwas zu erhöhen. Dass daraus letztendlich ein geringerer Rentenbetrag resultieren könne, sei für sie nicht zu erkennen gewesen. Der Versicherungsträger habe die Beratungspflicht verletzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts und die Akten des Senats, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 17. März 2005. Der Bescheid vom 26. Januar 2005 erging zwar im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens, das wegen des Widerspruchs der Klägerin gegen den Bescheid vom 27. April 2004 anhängig war. Die Klägerin hat aber erkennbar nicht mehr geltend gemacht, dass der Bescheid vom 27. April 2004 rechtswidrig sei. Ihr Klagebegehren ist vielmehr darauf gerichtet, dass dieser Bewilligungsbescheid mit dem dort ausgewiesenen monatlichen Zahlbetrag von 825,67 EUR wirksam bleibt. Dementsprechend wurde lediglich ein Widerspruchsverfahren, bei dem die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 26. Januar 2005 überprüft wurde, durchgeführt.

II.

Die gemäß § 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Rentenbewilligung der Klägerin vom 27. April 2004 zu Recht mit Wirkung ab 01. März 2005 teilweise zurückgenommen. Das Sozialgericht hat den angefochtenen Bescheid zu Unrecht aufgehoben.

1. Die Beklagte hat die formalen Voraussetzungen einer Rücknahme eingehalten. Sie hat insbesondere ihrer sich aus § 24 Abs. 1 SGB X ergebenden Anhörungspflicht genügt. Sie hat die Klägerin rechtzeitig zur Absicht, die Bewilligung der Altersrente teilweise zurückzunehmen, mit Schreiben vom 14. Januar 2005 angehört. In diesem Schreiben hat die Beklagte die Klägerin über die für sie (die Beklagte) maßgeblichen Gesichtspunkte unterrichtet und ihr Gelegenheit gegeben, zu der beabsichtigten teilweisen Rücknahme Stellung zu nehmen.

2. Die Beklagte war nicht daran gehindert, den Bescheid vom 27. April 2004 abzuändern, weil die Klägerin gegen diesen Bescheid - wenn auch aus anderen Gründen - Widerspruch eingelegt hatte. Auf einen vom Betroffenen eingelegten Rechtsbehelf kann in aller Regel ein Verwaltungsakt zwar lediglich zu Gunsten des Betroffenen geändert werden (BSG SozR 5550 § 15 Nr. 1). Andererseits steht ein anhängiges Widerspruchsverfahren dem Erlass eines Bescheides nach § 45 SGB X nicht entgegen. § 45 SGB X ermöglicht die Rücknahme auch von unanfechtbaren Bescheiden. die Rücknahme eines noch anfechtbaren Bescheides ist deshalb unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X ebenfalls möglich (BSG SozR 3-1500 § 85 Nr. 1).

3. Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 27. April 2004 ist § 45 Abs. 1 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Die Rücknahmevoraussetzungen, die die Beklagte berechtigten, den Rentenbescheid vom 27. April 2004 für die Zeit ab 01. März 2005 teilweise zurückzunehmen, liegen vor.

a) Der Bescheid vom 27. April 2004 war schon im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich daraus, dass die Beklagte FRG-Zeiten (16. September 1964 bis 29. Februar 1968 und 01. April 1979 bis 09. August 1982) nur als glaubhaft gemachte Zeiten mit einer dementsprechenden 5/6-Bewertung anstatt richtigerweise aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als nachgewiesene Beitragszeiten berücksichtigte. Die geminderte Berücksichtigung dieser FRG - Zeiten hatte zur Folge, dass der Klägerin auch Mindestentgeltpunkte wegen geringen Arbeitsverdiensts nach § 262 SGB VI zugebilligt wurden. Auf Grund der von der Klägerin bereits vor Erlass dieses Bescheides vorgelegten Unterlagen war die geminderte 5/6-Bewertung allerdings nicht zulässig. Die Klägerin hat ihre Beitragszeiten vielmehr nachgewiesen, sodass diese FRG -Zeiten ungemindert mit 6/6 zu bewerten waren. Daraus ergibt sich auf der Grundlage der von der Klägerin erzielten Entgeltpunkte aber als weitere Folge, dass Mindestentgeltpunkte wegen geringen Arbeitsverdiensts nicht mehr zugebilligt werden konnten. Infolgedessen haben sich die persönlichen Entgeltpunkte von 34,7812 auf 31,4631 verringert. Der Zahlbetrag der Rente, wie er sich aus dem Bescheid vom 27. April 2004 ergab, war deshalb zu hoch. Richtiger Weise steht der Klägerin die Altersrente lediglich in Höhe von monatlich 822,13 EUR (monatlicher Zahlbetrag 746,90 EUR) zu, wie dies die Beklagte im Bescheid vom 26. Januar 2005 verfügte. Berechnungsfehler der Beklagten sind unter Berücksichtigung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Versicherungszeiten nicht ersichtlich und werden auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.

b) Vertrauensschutz steht der Rücknahme des Bescheides vom 27. April 2004 nicht entgegen. Es kann als wahr unterstellt werden, dass die Klägerin auf den Bestand des Bescheids vom 27. April 2004 vertraut hat, weil sie davon ausgegangen ist, dass sich mit der Geltendmachung der FRG Zeiten als nachgewiesene Zeiten die Rentenhöhe jedenfalls nicht verringern werde. Ihr Vertrauen ist allerdings nicht schutzwürdig. Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Die Klägerin hat keine Vermögensdispositionen getroffen. In der Antwort auf das Anhörungsschreiben der Beklagten hat sie Vermögensdispositionen ebenso wenig geltend gemacht wie in ihren Stellungnahmen im gerichtlichen Verfahren. Sie hat angegeben, sie gerate durch die Kürzungen nicht in finanzielle Not. Dass die Kürzung in finanzieller Hinsicht schmerzt, kann zutreffen. Dieser Umstand stellt aber keine Vermögensdisposition dar, die nicht mehr oder nur noch unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig zu machen wäre. Die Abwägung des Interesses der Klägerin am weiteren Bestand der ursprünglichen Bewilligung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme der rechtswidrigen Entscheidung ergibt deshalb unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umstandes, dass der Grund für die ursprünglich rechtswidrige Bewilligung nicht etwa in einem Verhalten der Klägerin zu suchen ist, sondern allein auf fehlerhaftem Verwaltungshandeln der Beklagten beruht, dass die öffentlichen Interessen an einer rechtmäßigen Leistungsbewilligung das Interesse der Klägerin am Fortbestand einer teilweise rechtswidrigen Leistungsbewilligung überwiegen. Das Vertrauen der Klägerin auf den Fortbestand der teilweise rechtswidrigen Leistungsbewilligung ist deshalb, jedenfalls was eine Korrektur für die Zukunft betrifft, nicht schutzwürdig. Auf die Frage, ob einer der Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt, kommt es bei dieser Sachlage nicht an. Die dort geregelten Tatbestände betreffen nur die Frage, ob Vertrauensschutz grundsätzlich ausgeschlossen ist. Sie bestimmen aber nicht etwa abschließend, dass Vertrauen immer dann schutzwürdig ist, wenn keiner der dort genannten Tatbestände vorliegt.

Das Vorbringen der Klägerin, sie hätte den Widerspruch nicht eingelegt, wenn ihr klar gewesen wäre, dass auch eine Kürzung der Rente herauskommen könnte, und die Beklagte habe deshalb ihre Beratungspflicht verletzt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Beklagte ist verpflichtet, Renten entsprechend den gesetzlichen Regelungen zu berechnen und zu zahlen. Die Beklagte war deshalb unter allen Umständen gehalten, die Rente der Klägerin unter Berücksichtigung der nachgewiesenen FRG - Zeiten neu zu berechnen. Selbst wenn die Klägerin ihren Rentenantrag vom 13. April 2004 zurückgenommen hätte, wäre bei einem späteren Neuantrag eine Neuberechnung unter Berücksichtigung der bis dahin bekannt gewordenen Umstände erforderlich gewesen. Eine Beratung der Klägerin hätte daran nichts geändert. Im Übrigen begründet die sich aus § 14 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) ergebende Beratungspflicht keine Verpflichtung der Versicherungsträger, Versicherte auf rechtswidrige Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Vielmehr hätte auf jeden Fall eine Verpflichtung der Beklagten bestanden, eine Rücknahme der ursprünglichen Rentenbewilligung nach Maßgabe des § 45 ff SGB X zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen.

c) Ermessensfehler der Beklagten liegen nicht vor. § 45 Abs. 1 SGB X räumt der Beklagten bei der Frage, ob eine von Anfang an rechtswidrige Bewilligung zurückzunehmen ist, Ermessen ein. Die Beklagte hat dieses Ermessen erkennbar ausgeübt. Sie ist davon ausgegangen, dass auf Grund der Gesamtumstände eine besondere Härte für die Klägerin nicht ersichtlich sei. Auf dieser Grundlage hat sie sich entschieden, die rechtswidrige Bewilligung für die Zukunft zu korrigieren. Eine Überschreitung ihrer Ermessensgrenzen ist bei dieser Sachlage nicht feststellbar.

d) Die Beklagte hat die sich aus § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X ergebende Frist, innerhalb der sie einen rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt zurückzunehmen darf, eingehalten. Eine Rücknahme ist bis zum Ablauf von zwei Jahren nach der Bekanntgabe des rechtswidrigen Bescheides möglich. Diese Frist hat die Beklagte eindeutig gewahrt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beklagte berechtigt war, die mit Bescheid vom 27. April 2004 erfolgte Bewilligung hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zukunft, nämlich ab 01. März 2005, teilweise zurückzunehmen. Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben und die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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