L 3 R 3221/00

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 01781/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 3221/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger erstrebt Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der am 29.01.1939 geborene Kläger ist gelernter Textilfärber. Zuletzt war er rund 26 Jahre bei der Firma C. Spezialitätenchemie G. GmbH (im Folgenden Firma C.) als Färber, ab 1993 als Laborfärber und Qualitätsprüfer für den Bereich Leder und Papier berufstätig. Ab dem 24.04.1997 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Als Folge einer Firmenfusion schlossen der Kläger und die Firma C. unter dem 09.06.1997 einen schriftlichen Aufhebungsvertrag, aufgrund dessen das Arbeitsverhältnis zum 30.06.1997 endete und ihm im Rahmen einer Vorruhestandsregelung ein monatliches Nettoeinkommen i. H. von DM 2.800,- zugesichert wurde. In Ausführung des Aufhebungsvertrages erhielt der Kläger von der Firma C. vom 01.07.1997 bis 31.01.1999 eine vorzeitige monatliche Firmenpension sowie einen monatlichen Abfindungsbetrag i. H. von insgesamt DM 2.800,-. Ab dem 01.02.1999 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Seit dem 01.01.2000 erhält er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Am 16.06.1997 beantragte er Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.

Zur Begründung seines Rentenantrages wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit verwies der Kläger auf Rückenbeschwerden, Bluthochdruck, Leistenbeschwerden, Gelenkbeschwerden und Fettgewebsgeschwulste. Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen holte die Beklagte ein vom Arzt für Orthopädie Dr. T. unter dem 24.07.1997 erstelltes Gutachten sowie ein zusammenfassendes Gutachten der Sozialmedizinerin U. ihrer Ärztlichen Dienststelle Lörrach vom 28.07.1997 ein. Darin heißt es im wesentlichen, der Kläger leide an einer Cervico-Brachialgie, einer Belastungsdorsolumbalgie, einem Zustand nach operativer Behandlung eines Morbus Dupuytren, beginnender knorpeldegenerativer Veränderungen der Kniegelenke, beginnender peripherer arterieller Durchblutungsstörungen der Beine, Gefäßsklerose, zeitweisen Schwindelzuständen bei leicht hypertoner Blutdrucklage, leichten diffusen Struma und einer leichten Farbfehlsichtigkeit. Mit diesen Gesundheitsstörunge sei er in der Lage, leichte und mittelschwere Tätigkeiten mit verschiedenen qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Laborfärber könne er ebenfalls vollschichtig ausüben.

Mit Bescheid vom 01.09.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Auf den vom Kläger erhobenen Widerspruch holte sie bei der Firma C. eine unter dem 31.10.1997 erteilte Auskunft über die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit sowie ein internistisches und ein orthopädisches Gutachten ihrer Ärztlichen Dienststelle Freiburg (Dr. O. und Dr. R.) jeweils vom 20.04.1998 ein. Danach bestand beim Kläger eine arterielle Verschlusskrankheit vom Beckentyp beiderseits, eine arterielle Hypertonie, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom, eine leichte Polyneuropathie sowie eine Rot-Grün-Blindheit. Leichte bis kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten mit verschiedenen qualitativen Einschränkungen könnten vollschichtig verrichtet werden. Den Beruf als Laborfärber könne er vollschichtig ausüben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 19.06.1998 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und zunächst sein Rentenbegehren vollumfänglich weiterverfolgt.

Das SG hat ein orthopädisches Gutachtens sowie ein internistisches Zusatzgutachten eingeholt.

Im Zusatzgutachten des Internisten Dr. B. vom 09.07.1999 ist ausgeführt, der Kläger leide internistischerseits an einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, arterieller Hypertonie, erhöhten Transaminasen bei Verdacht auf Fettleber, Hyperlipoproteinämie, Hyperurikämie, Übergewicht von 12 kg sowie chronischer Bronchitis (anamnestisch). Weiter bestünden Hinweise auf ein alten, abgelaufenen koronaren Vorderwandinfarkt. Als nicht internistische Diagnosen sind eine statische Fehlhaltung der Wirbelsäule sowie eine geringgradige Polyneuropathie aufgeführt. Eine Funktionseinschränkung aufgrund der peripheren Verschlusskrankheit liege noch nicht vor. Auch sei die Lungenfunktion nicht eingeschränkt. Über pektanginöse Beschwerden werde nicht geklagt. Der Kläger könne mittelschwere körperliche Arbeiten mit verschiedenen qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Den Beruf als Laborfärber und Qualitätsprüfer könne er ausüben.

Im Hauptgutachten des Ärztlichen Leiters des Instituts für orthopädische Begutachtung Freiburg, Dr. H., vom 06.09.1999 werden auf orthopädischem Fachgebiet die Diagnosen mittelgradige umformende (aufbrauchende) Veränderungen der Lendenwirbelsäule im Sinne einer Osteochondrosis intervertebralis, Spondylosis deformans und mäßiggradiger Fehlstatik ohne neurologische Defizite, mittelgradige umformende (aufbrauchende) Veränderungen der Brustwirbelsäule im Sinne einer umschriebenen Osteochondrosis intervertebralis und Spondylosis deformans der unteren Segmente, mäßiggradige umformende (aufbrauchende) Veränderungen der Halswirbelsäule im Sinne einer initialen Osteochondrosis intervertebralis und Spondylosis deformans der unteren Segmente C5 bis C7 ohne neurologische Defizite mit temporären Funktionsstörungen im Sinne eines Cervico-Brachialsyndroms, initiale umformende (aufbrauchende) Veränderungen der Hüftgelenke im Sinne einer Coxarthrose, links etwas ausgeprägter als rechts, ohne wesentliche Funktions- und Belastungseinschränkungen, initiale umformende (aufbrauchende) Veränderungen beider Kniegelenke im Sinne einer beginnenden Gonarthrose beiderseits ohne Funktionsbehinderungen und Schmerzen sowie Zustand nach operativer Revision eines Morbus Dupuytren rechts mit vollständig wiederhergestellter Funktion gestellt. Darüber hinaus lägen neben den internistischerseits festgestellten Gesundheitsstörungen eine leichte Polyneuropathie sowie eine Rot-Grün-Blindheit vor. Die Beeinträchtigung der körperlichen Funktionen durch die auf orthopädischem Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen sei als außerordentlich gering zu bezeichnen. Die wohl wesentliche Beeinträchtigung ergebe sich aus der peripheren Verschlusskrankheit. Unter Berücksichtigung aller festgestellter Gesundheitsstörungen sei dem Kläger durchaus eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zuzumuten. Ohne weitere Einschränkungen zumutbar sei aus orthopädischer Sicht die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Laborfärber und Qualitätsprüfer. Der erlernte Beruf als Färber sei wegen der mit hoher Wahrscheinlichkeit vermehrten körperlich schweren Arbeitsanteile nicht zumutbar. Im Rahmen automatisierter und maschinenunterstützter Prozesse sei ein Einsatz als Färber allerdings möglich. Der Kläger könne noch überwiegend körperlich leichte, gelegentlich auch mittelschwere Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen ausüben.

Mit Urteil vom 06.06.2000 hat das SG die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 01.06.1997 bis zum 31.12.1999 beschränkte Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne nach dem Ergebnis der Ermittlungen die ab dem Jahre 1993 ausgeübte Tätigkeit als Laborfärber und Qualitätsprüfer noch vollschichtig verrichten. Diese Entscheidung wurde am 28.07.2000 zum Zwecke der Zustellung mittels Übergabe-Einschreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Post gegeben.

Am 11.08.2000 hat der Kläger Berufung eingelegt und sich erstmals auf berufliche Einschränkungen wegen seiner Rot-Grün-Blindheit berufen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein gefäßchirurgisches Gutachten des Ärztlichen Direktors der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Freiburg, Prof. Dr. E., vom 28.04.2003 eingeholt. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt, die periphere arterielle Verschlusserkrankung des Klägers habe sich im Zeitraum von Juni 1997 bis Dezember 1999 noch im Stadium I (Beschwerdefreiheit) bzw. maximal im Stadium IIa (Claudicatio intermitens - über 200 m Gehstrecke -) befunden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe er damit noch vollschichtig arbeiten können. Auch seine Tätigkeit als Laborfärber und Qualitätsprüfer sei mit der peripheren Verschlusserkrankung in Einklang zu bringen gewesen. Auch sei der Kläger in der Lage gewesen, viermal täglich Wegstrecken von mindestens 500 m in etwa 20 Minuten zurückzulegen. Zu bedenken sei allerdings, dass die Gehstrecke, die schmerzfrei habe zurückgelegt werden können, während des in Rede stehenden Zeitraums immer kürzer geworden sei.

Der Kläger trägt vor, seine Rot-Grün-Blindheit habe sich im Anschluss an die Rentenantragstellung bei der sozialmedizinischen Begutachtung durch die Beklagte herausgestellt. Diese Farbenblindheit sei erst in einem Alter von über 50 Jahren entstanden. Eine Qualitätskontrolle sei ihm wegen dieser Erkrankung nicht mehr möglich gewesen. Ihm sei insoweit durch die anderen Mitglieder seines Teams geholfen worden. Die übrige Tätigkeit habe er aber ausüben können, bis er im Jahre 1997 im wesentlichen wegen seiner arteriellen Verschlusskrankheit gesundheitsbedingt nicht mehr habe arbeiten können und im Anschluss an eine mehrmonatige Arbeitsunfähigkeit aus seinem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden sei. Bereits am 16.02.1998 habe der ihn behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. angesichts geklagter belastungsabhängiger Schmerzen eine Claudicatio intermittens und damit eine arterielle Verschlusserkrankung im Stadium II vermutet. Demgegenüber habe der Gutachter eine arterielle Verschlusserkrankung im Stadium I angenommen. Dieser sei wegen der genauen zeitlichen Einordnung und der Einstufung der arteriellen Verschlusserkrankung sowie deren Auswirkungen auf die Wegefähigkeit und die Fähigkeit, eine ganztägig stehende Tätigkeit auszuüben, erneut zu befragen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 6. Juni 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Juni 1997 bis zum 31. Dezember 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Rentenakten der Beklagten (zwei Bände) verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn dem Kläger kann für den Zeitraum vom 01.06.1997 bis zum 31.12.1999 keine Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt werden. Dies hat das SG im Urteil vom 06.06.2000 zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist mit Blick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und das auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholte gefäßchirurgische Gutachten von Prof. Dr. E. vom 28.04.2003 Folgendes auszuführen:

Schlüssig und in Übereinstimmung mit dem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr. T. vom 24.07.1997 sowie der daraufhin erfolgten zusammenfassenden Begutachtung durch die Ärztin für Sozialmedizin U. vom 28.07.1997, dem im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten des Internisten Dr. O. vom 20.04.1998 sowie den vom Sozialgericht eingeholten Gutachten des Internisten Dr. B. vom 09.07.1999 und des Orthopäden Dr. H., vom 06.09.1999 hat Prof. Dr. E. unter dem 28.04.2003 ausgeführt, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.06.1997 bis zum 31.12.1999 zwar (u.a.) an einer sich verschlimmernden peripheren arteriellen Verschlusserkrankung litt, dass diese aber zu jener Zeit keine gravierenden Funktionsbeeinträchtigungen zur Folge hatte. Insbesondere war es dem Kläger trotz im Verlaufe der Zeit kürzer werdender Gehstrecke möglich, viermal am Tag eine Wegstrecke von zumindest 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zu bewältigen. Auch vermochte er seine letzte, im Stehen und Gehen, teilweise aber auch im Sitzen ausgeübte Tätigkeit als Laborfärber und Qualitätsprüfer weiterhin zu verrichten.

Das nachfolgende Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt zu Zweifeln an der Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen keinen Anlass, so dass es auch der vom Kläger erstrebten weiteren gutachterlichen Anhörung des bereits gemäß § 109 SGG auf seinen Antrag mit der Erstattung des Gutachtens vom 28.04.2003 beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. E. nicht bedarf.

Soweit der Kläger unter Hinweis auf eine vom Neurologen und Psychiater Dr. S. mit Arztbrief vom 16.02.1998 geäußerte (bloße) Vermutung einer Claudicatio intermittens vorträgt, in seinem Fall sei von einer arteriellen Verschlusserkrankung im Stadium II auszugehen, lässt sich dies dem Gutachten nicht mit Erfolg entgegen halten. Denn Prof. Dr. E. hat - bezogen auf den fraglichen Zeitraum - das Vorliegen einer peripheren arteriellen Verschlusserkrankung im Stadium I bzw. maximal IIa gerade bestätigt. I. Ü. hat der Arztbrief vom 16.02.1998 im Gutachten des Sachverständigen vom 28.04.2003 auch ausdrücklich Berücksichtigung gefunden (vgl. S. 3 des Gutachtens). Gleiches gilt mit Blick auf das vom Prozessbevollmächtigten des Klägers angeführte Gutachten der Sozialmedizinerin U. vom 15.07.1997 (richtig: vom 28.07.1997). Denn auch die darin enthaltene Diagnose einer beginnenden peripheren arteriellen Durchblutungsstörung der Beine bei röntgenologisch nachgewiesener Gefäßsklerose weicht von der derjenigen des Sachverständigen - der auch die Ergebnisse dieser Begutachtung berücksichtigt hat (vgl. S. 2 des Gutachtens vom 28.04.2003) - nicht ab

Zweifel bestehen auch nicht an der mit der diagnostizierten Erkrankung - selbst unter Zugrundelegung einer peripheren arteriellen Verschlusserkrankung im Stadium IIa (über 200 m Gehstrecke) - übereinstimmenden Einschätzung des Gutachters, der Kläger sei während der Zeit vom 01.06.1997 bis zum 31.12.1999 in der Lage gewesen, viermal täglich Wegstrecken von mindestens 500 m in etwa 20 Minuten zurückzulegen. Diese Einschätzung wird neben den von den verschiedenen Vorgutachtern erhobenen Befunden auch dadurch bestätigt, dass der Kläger bei seiner ambulanten Untersuchung durch Dr. H. am 05.10.1998, also im Verlaufe des fraglichen Zeitraums, angegeben hat, er könne - trotz der vorgetragenen Schmerzen vor allem beim Gehen - noch wandern, allerdings überwiegend nur in der Ebene. Demgemäß kamen Dr. O. im Gutachten vom 20.04.1998 sowie die gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. und Dr. H. in den Gutachten vom 09.07.1999 und vom 06.09.1999 auch in Ansehung der - u. a. im bereits genannten Arztbrief von Dr. S. vom 16.02.1998 wiedergegebenen - Angabe des Klägers, er müsse nach ca. 300 m wegen reißender Schmerzen in beiden Gesäßen mit Ausstrahlung in die Wade stehen bleiben, sogar zu dem Ergebnis, dem Kläger könne noch eine Gehstrecke bis zu 1000 m zugemutet werden. Davon ausgehend ist die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. E., in dessen Gutachten der besagte Arztbrief, wie ausgeführt, ausdrücklich Berücksichtigung gefunden hat, der Kläger sei bei immer kürzer werdender schmerzfreier Gehstrecke im fraglichen Zeittraum in der Lage gewesen, viermal täglich Wegstrecken von mindestens 500 m in etwa 20 Minuten zurückzulegen, überzeugend. Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgeworfene Frage, wann es dem Kläger nicht mehr zumutbar gewesen sei, eine Gehstrecke von 500 m in angemessener Zeit zurück zu legen, betrifft danach nicht den für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Zeitraum und ist mithin unerheblich.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auch darauf, der Gutachter habe aufgrund der beginnenden peripheren Verschlusserkrankung lediglich Tätigkeiten mit überwiegendem Gehen ausgeschlossen, während er als Qualitätsprüfer im Bereich der Färberei eine ganztägig stehende Tätigkeit ausgeübt habe. Denn die Behauptung, er habe bei seiner letzten Tätigkeit den ganzen Tag stehen müssen, widerspricht der - zur Überzeugung des Senats zutreffenden - Arbeitgeberauskunft der Firma C. vom 31.10.1997, nach der seine Tätigkeit überwiegend im Stehen und Gehen, teilweise aber auch im Sitzen ausgeübt wurde. Diese bereits im Widerspruchsverfahren abgegebene Arbeitsplatzbeschreibung der Firma C. hat der Kläger zunächst auch nicht ansatzweise in Zweifel gezogen, obschon sie seinem Prozessbevollmächtigten schon seit Januar 1998 bekannt war. Im Gegenteil hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die in Rede stehende Auskunft selbst mit Schreiben vom 30.01.1998 und dem Hinweis, hieraus ergebe sich eine Tätigkeitsbeschreibung, bei der Beklagten vorgelegt. Ferner hat sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren zur Begründung der Klage ausdrücklich auf die von ihm übersandte "Tätigkeitsbeschreibung des Arbeitgebers" berufen (vgl. hierzu die Klageschrift vom 19.06.1998) und selbst im Berufungsverfahren zunächst noch darauf abgehoben, "dass eine Tätigkeit, die überwiegend im Gehen und Stehen ausgeübt werden muss, nicht mehr ausgeübt werden kann" (vgl. hierzu den Berufungsschriftsatz vom 11.08.2000). Im Widerspruch dazu und ohne Begründung für den geänderten Vortrag war dann im Schriftsatz vom 27.05.2002 davon die Rede, die Tätigkeit des Klägers sei "überwiegend im Stehen" ausgeübt worden. Nachdem es nunmehr - wiederum ohne Begründung - sogar heißt, der Kläger habe eine "ganztägig stehende Tätigkeit" ausgeübt, ist das geänderte Vorbringen des Klägers nicht geeignet, die inhaltliche Richtigkeit der Arbeitgeberauskunft der Firma C. in Frage zu stellen.

Die Rot-Grün-Blindheit des Klägers vermag bezogen auf seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Laborfärber und Qualitätsprüfer ebenfalls keine Berufsunfähigkeit zu begründen. Denn diese hat den Kläger bei der Ausübung seines Berufs ersichtlich nicht behindert und wurde demgemäß selbst bei einer Untersuchung durch den Augenarzt Dr. L. am 29.10.1993 nicht diagnostiziert (vgl. hierzu den bei den Akten der Beklagten befindlichen Befundbericht des genannten Arztes vom 29.10.1993).

Berufsunfähigkeit läge i. Ü. aber auch deshalb nicht vor, weil der Kläger subjektiv (sozial) zumutbar auch auf die Tätigkeit eines Registrators im öffentlichen Dienst in der Vergütungsgruppe VIII BAT verwiesen werden könnte.

In diese Vergütungsgruppe sind nämlich "Angestellte im Büro -, Registratur-, ... sonstigen Innendienst ... mit schwieriger Tätigkeit ..." eingruppiert (vgl. hierzu und zur zumutbaren Verweisbarkeit eines zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters gehörenden Berufskraftfahrers auf die Tätigkeit eines Registrators BSG vom 27.11.1991 - 5 RJ 91/89 - und allgemein BSG vom 12.9.1991 - 5 RJ 34/90 - sowie zur Verweisung eines Maurer-Facharbeiters auf die Tätigkeit eines Registrators Urteil des erkennenden Senats vom 19.11.2003 - L 3 RJ 2583/03 -).

Diese Tätigkeit ist ihm mit seinem Restleistungsvermögen auch objektiv (gesundheitlich) zumutbar. Bei der Tätigkeit eines Registrators handelt es sich um eine Tätigkeit, die auch im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ausgeübt wird und in der Regel lediglich mit leichten Arbeiten verbunden ist. In diesem Rahmen kann zwar das Heben und Tragen von Lasten (Aktenvorgänge, Poststücke) grundsätzlich nicht vermieden werden, es können dabei im Einzelfall durchaus Lasten von über 5 kg bis zu 10 kg zu bewegen sein, im Einzelfall können auch Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten häufig nicht vermieden werden und - je nach Registratur - können durchaus auch Arbeiten auf Leitern vorkommen. Für den Senat ist letztlich jedoch die berufskundliche Einschätzung maßgebend, dass die körperliche Belastung insgesamt auch weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsorganisation abhängt. Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Bewegen von Lasten von über 5 kg bis zu 10 kg, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell und in allen Fällen mit der Tätigkeit eines Registrators verbunden sind. Dies deckt sich im Übrigen mit den Kenntnissen des Senats über die Tätigkeit eines Registrators z.B. bei einem Gericht, die damit aus berufskundlicher Sicht bestätigt wurden.

Schließlich erfüllt diese Verweisungstätigkeit auch die höchstrichterlich vorgegebene Voraussetzung, dass auf eine Tätigkeit nur verwiesen werden darf, wenn die für sie notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erworben werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23). Denn nach der erwähnten berufskundlichen Stellungnahme beträgt die Anlernzeit/Einarbeitungszeit üblicherweise nicht länger als drei Monate. Sie hängt dabei zwar auch von den jeweiligen persönlichen Fähigkeiten ab, ist aber weitgehend von Vorkenntnissen unabhängig. Es handelt sich nämlich um eine einfache Anlerntätigkeit, für die keinerlei besondere Ausbildung erforderlich ist.

Da also die für die Ausübung einer Registratorentätigkeit erforderliche Einarbeitungszeit weitgehend von Vorkenntnissen unabhängig ist, kann die Tatsache, dass der Kläger vorliegend über solche Vorkenntnisse nicht verfügt, im Ergebnis nicht dazu führen, dass er sich auf eine längere und damit nach der Rechtsprechung nicht mehr zumutbare Einarbeitungszeit berufen kann. Sonst eingeschränkte persönliche Fähigkeiten, die eine längere Einarbeitungszeit begründen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. In diesem Zusammenhang kann auch nicht unbeachtet bleiben, dass der Kläger nach Sachlage immerhin über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Facharbeiters verfügt. Damit wird zumindest eine auf normalem Niveau anzusiedelnde geistige Leistungsfähigkeit und damit auch Lern- und Anpassungsfähigkeit dokumentiert.

Schließlich handelt es sich bei der Tätigkeit eines Registrators auch - generell - weder um eine stark visuell betonte Arbeitstätigkeit noch um eine solche mit besonderen Anforderungen an das Sehvermögen oder mit einem hohen Anteil an Bildschirmarbeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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