L 8 R 2439/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 967/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 2439/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1952 geborene Klägerin ist kroatische Staatsangehörige. Sie erlernte keinen Beruf und war zuletzt als Köchin in dem von ihrem früheren Ehemann geführten Restaurant tätig. Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung wurden bis 31.05.1996 entrichtet; anschließend war die Klägerin nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 01.06.1996 bezog sie Sozialleistungen (Krankengeld, Arbeitslosengeld). Im Zeitraum vom 20.04.1996 bis zum 19.01.2001 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für Lohnersatzleistungen wie Krankengeld oder Arbeitslosengeld gezahlt; insgesamt wurden für die Klägerin mehr als fünf Jahre Beiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung gezahlt. Versicherungszeiten bei einem ausländischen Versicherungsträger liegen nicht vor. Seit 19.04.2001 ist die Klägerin als schwer behinderter Mensch anerkannt.

Die Klägerin befindet sich seit 09.06.1998 in ambulanter Behandlung bei der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie K ... Am 22.10.1998 begab sich die Klägerin freiwillig und nach telefonischer Voranmeldung durch ihre behandelnde Ärztin in die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums L. in stationäre Behandlung. Sie klagte darüber, seit ca. einem Monat unter stärksten Kopfschmerzen zu leiden. Sie erbreche bis zehnmal täglich, habe Rücken- und Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Nervosität und Atemnot und nehme regelmäßig Schmerzmittel in größeren Mengen zu sich. Die Behandlung in der Klinik dauerte bis 27.10.1998. Im Arztbrief der Klinik vom 29.10.1998 werden als Diagnosen aufgeführt: Verdacht auf Konversionsneurose bei Kopfschmerzen unklarer Genese und Verdacht auf Schmerzmittelmissbrauch.

Einen ersten Rentenantrag stellte die Klägerin am 09.03.1999. Damals beantragte sie die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit. Diesen Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.06.1999 und Widerspruchsbescheid vom 15.12.1999 ab, weil die Klägerin mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten könne. Der hiergegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage gab das SG mit Urteil vom 17.11.2000 teilweise statt. Es verurteilte die Beklagte, der Klägerin ab 01.05.1999 Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit bis 30.04.2002 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen legte es dar, aufgrund der eingeholten Gutachten sei es zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin seit Oktober 1998 insbesondere aufgrund von Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet nur noch höchstens vier Stunden auf dem allgemein Arbeitsmarkt tätig sein könne, aber davon auszugehen sei, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit mit Hilfe einer psychiatrischen Behandlung behoben werden könne. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung (L 9 RJ 879/01) ein. Nach einem Hinweis der Berichterstatterin des damals zuständigen 9. Senats, wonach bei einem am 22.10.1998 eingetretenen Versicherungsfall (stationäre Behandlung) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitsrente nicht erfüllt seien, schlossen die Klägerin und die Beklagte im Erörterungstermin am 02.08.2001 folgenden Vergleich:

1. Die Beteiligten gehen aufgrund der ärztlichen Stellungnahmen von Obermedizinalrat Fischer vom 03.08. und 10.10.2000 sowie der Stellungnahme von Dr. Brück vom 19.02.2001 davon aus, dass der Versicherungsfall bzw. der Leistungsfall der Erwerbsminderung nicht im Oktober 1998 vorgelegen hat.

2. Die Klägerin nimmt daraufhin die Klage zurück.

3. Die Beklagte erklärt sich bereit, aufgrund des Rentenantrages vom 20.04.2001 erneut zu prüfen, ob zwischenzeitlich der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist und wird hierüber einen rechtsmittelfähigen Bescheid erteilen.

4. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.

In Ausführung dieses Vergleichs und aufgrund des am 20.04.2001 gestellten Rentenantrages veranlasste die Beklagte eine Begutachtung der Klägerin durch ihren sozialmedizinischen Dienst auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Die Gutachter Dr. S (Arzt für Neurologie und Psychiatrie) und Dr. N. (Chirurg - Unfallchirurg) kamen in ihren Gutachten vom November 2001 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung gewisser Einschränkungen noch vollschichtig verrichten kann. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 20.04.2001 mit Bescheid vom 30.11.2002 und Widerspruchsbescheid vom 26.03.2003 ab.

Am 22.04.2003 hat die Klägerin Klage beim SG erhoben. Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte eingeholt (Schreiben K. vom 15.08.2003 und Dr. B. vom 13.01.2004), die ihren Schreiben die ihnen vorliegenden Befundberichte anderer Ärzte oder Kliniken beigefügt haben. Anschließend hat es den Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums am W. in W. Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 04.09.2004, das auf einer ambulanten ärztlichen Untersuchung der Klägerin am 14.05.2004 und dem Ergebnis einer testpsychologischen Zusatzuntersuchung am 28.05.2004 beruht, ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine leichtgradige depressive Episode sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorliegt. Dadurch sei die Klägerin zwar im freien Gebrauch ihrer geistigen, seelischen und körperlichen Kräfte leicht- bis streckenweise mäßiggradig gehindert, sie könne aber noch ohne Gefährdung ihrer Gesundheit leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Aufgrund der depressiven Episode und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung müsse eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechselschicht oder Nachtarbeit sowie Arbeit unter besonderem Zeitdruck vermieden werden. Dies gelte ebenso für besondere Ansprüche an Konzentration und Auffassung sowie eine erhöhte Verantwortung und eine besondere geistige Beanspruchung. Mit Urteil vom 22.03.2004, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 20.05.2005, hat das SG die Klage abgewiesen.

Mit einem am 08.06.2005 beim SG eingegangenen Schreiben hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, das tatsächliche Ausmaß ihrer körperlichen Beeinträchtigungen sei vom SG nicht in seiner Gesamtheit erfasst worden und wesentliche Aspekte ihrer körperlichen und psychischen Behinderungen seien unberücksichtigt geblieben. Sie leide an einer Vielzahl orthopädischer Erkrankungen. Das Schulter-Arm-Syndrom verursache häufig Schmerzen an der Rotatorenmanschette, der Knochenplatte im Schulterdach, an der viele Sehnen ansetzen und zusammenlaufen. Sie leide zudem an einem Morbus-Crohn. Bei dieser Erkrankung bestehe eine chronische Entzündung des Darms im Rahmen einer Immunentzündung. Vielfach entstünden Folgeerkrankungen mit mechanischen Problemen am Darm oder Fistelbildung. Im bisherigen Verfahren sei diese Erkrankung nicht gesondert begutachtet und bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt worden. Ihre depressiven und seelischen Störungen hätten erheblichen Krankheitswert. Hierzu verweist die Klägerin auf das von ihr vorgelegte ärztliche Attest der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 25.04.2005. Auch sei der Grad der Behinderung ab 25.01.2005 auf 60 angehoben worden. Am 12.06.2006 sei sie mit den Diagnosen Stressinkontinenz und chronische Gastritis aus dem K.-O.-Krankenhaus/R.-Klinik Urologie entlassen worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. April 2001 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Während des Berufungsverfahrens ist bei der Klägerin am 26.08.2005 in der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums L. ein gutartiger Gehirntumor (meningotheliales Meningeom nach der WHO-Klassifizierung Typ I) entfernt worden. Im Arztbrief der Klinik wird ausgeführt, die Klägerin sei postoperativ bis auf den Wundschmerz weitgehend beschwerdefrei gewesen. Insbesondere seien keine Schwindelattacken mehr aufgetreten. Die Wundheilung sei komplikationslos verlaufen. Die Klägerin habe sich selbst mobilisiert und sei am 03.09.2005 nach Hause entlassen worden.

Der Senat hat zunächst eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage der behandelnden Ärztin K. (Schreiben vom 06.10.2005) eingeholt und anschließend den Leitenden Oberarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kreiskrankenhauses P. Dr. G. mit der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 27.09.2006 ausgeführt, auf psychiatrischem Gebiet könne eine leichte depressive Symptomatik und eine anhaltendes Schmerzerleben festgestellt werden. Es handele sich dabei aber nicht um so gravierende Störungen, wie die Klägerin glaube. Aus psychiatrischer Sicht könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche leichte Tätigkeiten ausüben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte und das SG haben einen Rentenanspruch der Klägerin zu Recht verneint. Der Klägerin steht weder Rente wegen voller Erwerbsminderung noch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu und sie hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit.

Nach § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) - Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) idF der Bekanntmachung vom 19. 02.2002 (BGBl I S. 754) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie u.a. voll erwerbsgemindert sind und Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann (§ 240 Abs. 2 S. 4 SGB VI). Da die Klägerin keinen Beruf erlernt hat und zuletzt als Köchin im Betrieb ihres früheren Ehemannes tätig war, ohne in dieser Tätigkeit von Dritten angelernt worden zu sein, sind ihr in sozialer Hinsicht alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten zumutbar. Ihr Rentenanspruch ist deshalb nach allen in Betracht kommenden Vorschriften zu verneinen, wenn sie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens für sechs Stunden täglich verrichten kann. Dazu ist die Klägerin nach Ansicht des Senats noch in der Lage.

Nach dem Ergebnis der vom Senat und vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten durchgeführten Sachverhaltsaufklärung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein kann. Es muss zwar eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechselschicht oder Nachtarbeit sowie Arbeit unter besonderem Zeitdruck vermieden werden. Dies gilt ebenso für besondere Ansprüche an Konzentration und Auffassung sowie eine erhöhte Verantwortung und eine besondere geistige Beanspruchung. Nicht zumutbar sind ihr auch Arbeiten, die mit Zwangshaltungen für die Wirbelsäule, häufigem Bücken, häufigem Klettern oder Steigen verbunden sind sowie Arbeiten im Knien und in der Hocke. Dabei handelt es sich aber um lauter Einschränkungen, die nur für Arbeiten mit einem besonderen Anforderungsprofil gelten, nicht aber um die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht.

Die Einschränkung der physischen Leistungsfähigkeit der Klägerin ist trotz zahlreicher Erkrankungen, die teilweise eine operative Behandlung erforderlich machten, eher gering. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es für den geltend gemachten Rentenanspruch weniger auf Anzahl und Ausmaß einzelner Gesundheitsstörungen ankommt, als vielmehr darauf, ob und inwieweit sich hieraus eine Einschränkung der seelischen oder körperlichen Leistungsfähigkeit ergibt. So wurde z. B. zwar während des Berufungsverfahrens bei der Klägerin am 26.08.2005 in der Neurochirurgischen Klinik des Klinikums L. ein gutartiger Gehirntumor (meningotheliales Meningeom nach der WHO-Klassifizierung Typ I) entfernt. Im Arztbrief der Klinik wird jedoch ausgeführt, die Klägerin sei postoperativ bis auf den Wundschmerz weitgehend beschwerdefrei gewesen. Insbesondere seien keine Schwindelattacken mehr aufgetreten. Die Wundheilung sei komplikationslos verlaufen. Die Klägerin habe sich selbst mobilisiert und sei am 03.09.2005 nach Hause entlassen worden. Diese Ausführungen belegen, dass der Gesundheitszustand der Klägerin durch die Behandlung nicht schlechter, sondern besser geworden ist.

Aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten orthopädischen Gutachten ergibt sich, dass bei der Klägerin zwar Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule, der Schulter-, Hüft- und Kniegelenke vorhanden sind, diese aber das altersübliche Ausmaß nicht wesentlich überschreiten. In den Segmenten L3/4 und L5/S1 ist eine flache Bandscheibenvorwölbung festzustellen, allerdings liegt keine Wurzelkompression vor. Aus diesem Befund ergibt sich daher keine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Soweit in dem Gutachten Bewegungseinschränkungen der Gelenke bestätigt werden, handelt es sich dabei immer um endgradige Einschränkungen. Diesen Befunden und den sich daraus ergebenden Einschränkungen wird in vollem Umfang dadurch Rechnung getragen dass der Klägerin Arbeiten, die mit Zwangshaltungen für die Wirbelsäule, häufigem Bücken, häufigem Klettern oder Steigen verbunden sind sowie Arbeiten im Knien und in der Hocke nicht mehr zugemutet werden. Weitergehende Einschränkungen sind nicht begründbar.

Der Schwerpunkt der von der Klägerin geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen liegt im psychischen Bereich. Die vom SG und vom Senat hierzu gehörten Sachverständigen stimmen jedoch darin überein, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin auch in psychischer Hinsicht nicht gravierend eingeschränkt ist. Die gerichtlichen Sachverständigen Dr. G. und Dr. H. stimmen darin überein, dass bei der Klägerin nur eine leichte depressive Symptomatik sowie ein anhaltendes Schmerzerleben festzustellen ist. Dabei handelt es sich nicht um bloße Krankheitsvorstellungen, sondern um behandlungsbedürftige Störungen. Diese sind aber nicht so gravierend, dass sie die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in nennenswertem Umfang einschränken. Für allgemeine und körperlich leichte Tätigkeiten sind nach Ansicht von Dr. G., dem sich der Senat anschließt, keine besondere Arbeitsbedingungen notwendig. Auch Dr. H. hat lediglich Einschränkungen (keine besonderen Ansprüche an Konzentration und Auffassung, keine besondere Verantwortung) vorgenommen, die einem besonderen beruflichen Erfolg im Arbeitsleben entgegen stehen mögen, aber die Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht einschränken. Der Senat hat keine Zweifel, dass Dr. G. und Dr. H. die Leistungsfähigkeit der Klägerin zutreffend bewerten und betrachtet aufgrund ihrer Gutachten die Auffassung der behandelnden Ärzte, die von einem erheblich geringeren Leistungsvermögen ausgehen, als widerlegt.

Hinzu kommt, dass nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast die Nichterweislichkeit von Tatsachen zu Lasten desjenigen gehen, der sich hierauf beruft. Selbst wenn deshalb (wovon der Senat aber, wie dargelegt, nicht ausgeht) anzunehmen wäre, dass die seelische Belastbarkeit der Klägerin angesichts der divergierenden Einschätzung der behandelnden Nervenärztin einerseits und der gerichtlichen Sachverständigen andererseits als offen bezeichnet werden müsste, ginge diese Nichterweislichkeit im konkreten Fall zu Lasten der Klägerin, zumal beide Sachverständige deutliche Anzeichen für eine Aggravation (Übertreibung) und sogar Simulation der Klägerin in ihren Gutachten beschrieben haben. Das Verhalten der Klägerin in den Untersuchungssituationen ging dabei erheblich über eine mehr oder weniger nachvollziehbare Verdeutlichung von Beschwerden hinaus. So weist Dr. G. darauf hin, die Klägerin habe aus seiner Sicht ein Verhalten simuliert, welches den Vorstellungen von Laien über das Verhalten von psychisch Kranken entspreche. Klar sei aus seiner Sicht, dass die Klägerin ein Rentenbegehren habe, weil sie sich extrem krank fühle. Diese Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bedeuten nicht, dass die Klägerin damit nur einen Zustand wiedergebe, den sie tatsächlich erlebe und an dem sie deshalb real leide, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seinem Schreiben vom 22.10.2006 anmerkt. Auch wenn die Klägerin nicht die Absicht hatte, den Gutachter bewusst zu täuschen, begründen Übertreibungen, die keine medizinische Basis haben, Zweifel am Ausmaß der Gesundheitsstörungen, die zu Lasten der Klägerin gehen. Im Übrigen begründet die behandelnde Ärztin K. ihre Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin mit einer extremen Ängstlichkeit und Verunsicherung der Klägerin sowie der depressiven Entwicklung. Solche Befunde konnten aber von den gerichtlichen Sachverständigen gerade nicht erhoben werden und die depressive Symptomatik wird sowohl von Dr. H. als auch Dr. G. als nur leicht eingeschätzt.

Weitere Beweiserhebungen sind aus Sicht des Senats nicht mehr notwendig. Zwar hat die Klägerin auch geltend gemacht an einem Morbus Crohn zu leiden, es wurden hierzu aber keine substantiierten Ausführungen gemacht. Soweit im Schriftsatz vom 25.07.2005 dieses Krankheitsbild näher beschrieben wird, geschieht dies allgemein und ohne Bezug auf den Zustand der Klägerin. So kann es als wahr unterstellt werden, dass es sich dabei um eine chronische Entzündung des Darms handelt, die zu Folgeerkrankungen wie z.B. Darmverschluss führen kann, doch wurde nicht behauptet, dass bei der Klägerin eine derartige Folge bereits eingetreten ist. Auch mag es richtig sein, dass mit dieser Erkrankung häufig eine erhebliche Reduzierung des Allgemeinzustandes verbunden ist. Ein solcher Sachverhalt ist bei der Klägerin aber nicht gegeben. Noch Dr. G. beschreibt in seinem Gutachten vom September 2006 den Allgemein- und Ernährungszustand der Klägerin als gut. Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung durch den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Arztbrief des Krankenhauses B. vom 24.01.2007 bestätigt. Die dort im Januar 2007 durchgeführte Koloskopie ergab bis auf eine Sigmadivertikulose einen unauffälligen Befund, insbesondere kein Anhalt für eine Morbus-Crohn-Aktivität. Der Senat fühlt sich daher zu weiteren Ermittlungen nicht gedrängt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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