L 3 AL 950/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 00762/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 950/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 1999 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02. Juli 1999 bis zum 21. September 1999 zu gewähren.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02.07.1998 bis zum 04.11.1998 und vom 02.07.1999 bis zum 21.09.1999.

Die im Jahre 1948 geborene Klägerin bezog nach Beendigung einer Tätigkeit als Erzieherin bis zum 01.07.1997 von der Beklagten Arbeitslosengeld. In ihrem anschließend gestellten Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe gab sie an, sie benötige ihr in Wertpapieren (DM 23.465,40) sowie auf Bausparkonten (DM 9.569,39 und 1.605,87) angelegtes Vermögen um ihren Bruder als hälftigen Miterben ihrer Mutter auszubezahlen und sodann das von dieser hinterlassene Wohnhaus (Baujahr 1939) zu renovieren. Daraufhin wurde ihr mit Bescheid vom 22.07.1997 Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Vermögen für die Zeit vom 02.07.1997 bis zum 01.07.1998 bewilligt. Zugleich wurde sie von der Beklagten aufgefordert, bis zum 01.07.1998 Rechnungen über die Sanierung des Hauses, einen Mietvertrag oder eine Mitteilung über ihren Umzug vorzulegen.

Am 02.07.1998 beantragte die Klägerin die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe. In der Folgezeit legte sie Unterlagen über ihr in einem Bausparvertrag (DM 15.412,47), in Wertpapieren (DM 9.565,24) sowie in Genossenschaftsanteilen (DM 1.800,00 und DM 1.500,00) angelegtes Vermögen vor und gab erneut an, sie benötige das ersparte Geld zur bislang nicht erfolgten Auszahlung ihres Bruders sowie zur anschließend geplanten Renovierung des derzeit nicht bewohnten Hauses.

Mit Bescheid vom 11.12.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin verfüge über ein zumutbar verwertbares Vermögen i. H. v. DM 28.277,71. Unter Berücksichtigung der Freigrenze von DM 8.000,00 und Teilung des Restbetrages durch das maßgebliche wöchentliche Arbeitsentgelt von DM 1.120,00 ergebe sich eine mangelnde Bedürftigkeit für einen Zeitraum von 18 Wochen. Für eine Gewährung von Arbeitslosenhilfe nach Ablauf dieser Zeit bedürfe es einer erneuten Antragstellung.

Die Klägerin erhob Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortrug, sie habe die beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen nicht innerhalb eines Jahres abschließen können. Wann diese durchgeführt würden, könne sie allerdings nicht sagen. Das zu berücksichtigende Vermögen sei der Höhe nach unstreitig und (im November 1998) weiterhin vorhanden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.1999 wies die Beklagte den Widerspruch aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurück. Ergänzend ist ausgeführt, eine Zurückstellung der Vermögensberücksichtigung könne nicht länger erfolgen, da die Planungen der Klägerin nicht konkret seien und der Zeitpunkt für die Realisierung nicht abgesehen werden könne.

Einen am 12.02.1999 gestellten Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe nahm die Klägerin am 16.03.1999 zurück.

Am 26.02.1999 hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und vorgetragen, sie lebe derzeit in einer Mietwohnung und betrachte das Hausgrundstück als Alterssicherung, da sie dort gegebenenfalls später mietfrei wohnen wolle. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 21.09.1999 hat sie vorgetragen, das seinerzeit von der Beklagten angerechnete Vermögen sei zwischenzeitlich verbraucht. Ihr Barvermögen belaufe sich auf DM 3.000,00.

Auf ihren am 22.09.1999 unter Hinweis auf den Verbrauch des angerechneten Vermögens und Vorlage entsprechender Unterlagen gestellten erneuten Antrag ist der Klägerin zunächst Arbeitslosengeld für die Zeit ab Antragstellung bis zum 31.12.1999 und mit Bescheid vom 15.11.2000 Arbeitslosenhilfe ab dem 01.01.2000 gewährt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.01.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zwar habe das von der Klägerin als Alterssicherung betrachtete Hausgrundstück bei der Ermittlung der Bedürftigkeit außer Betracht bleiben können. Jedoch gelte dies nicht für die von der Beklagten berücksichtigten Vermögenswerte i. H. v. DM 28.277,71. Denn auch nach Ablauf des der Klägerin eingeräumten Zeitraums von einem Jahr seien ihre Pläne zur Sanierung des Hauses noch immer nicht hinreichend konkret gewesen. Diese Entscheidung ist am 29.01.2002 zum Zwecke der Zustellung an die Klägerin mittels Übergabe-Einschreiben zur Post gegeben worden.

Am 28.02.2002 hat die Klägerin Berufung eingelegt und darauf hingewiesen, sie könne nicht einschätzen, ob sie die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, die Voraussetzung für die Instandsetzung des Hauses sei, in finanzieller Hinsicht bestreiten könne.

Auf Hinweis des Gerichts hat die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 05.11.1998 bis zum 01.07.1999 anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02. Juli 1998 bis zum 04. November 1998 und vom 02. Juli 1999 bis zum 21. September 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Karlsruhe sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten (2 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist zulässig und zum Teil begründet.

Zwar liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe bezogen auf die Zeit vom 02.07.1998 bis zum 04.11.1998 nicht vor, da die Klägerin wegen anzurechnenden Vermögens (vgl. § 6 Arbeitslosenhilfeverordnung 1974 - AlhiVO - in der seinerzeit geltenden Fassung vom 24.06.1996 [BGBl. I, 878]) nicht i. S. der §§ 190 Abs. 1 Nr. 5, 193 Absatz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bedürftig war. Dies hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Anders verhält es sich hingegen mit Blick auf die Zeit vom 02.07.1999 bis zum 21.09.1999. Insoweit sind der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und die angegriffene Bescheid abzuändern; die Beklagte ist zur Gewährung von Arbeitslosenhilfe zu verurteilen.

Nach § 9 AlhiVO in der bis zum Ende des Jahres 2001 geltenden Fassung vom 10.10.1990 (BGBl. I, 2171) war Vermögen bei anhaltender Arbeitslosigkeit nur einmal zu berücksichtigen. Nach Ablauf der gemäß der genannten Vorschrift errechneten Dauer fehlender Bedürftigkeit war daher bereits zutreffend berücksichtigtes und noch vorhandenes Vermögen im Falle fortdauernder Arbeitslosigkeit auch im Rahmen der Entscheidung über die Leistung für einen neuen Bewilligungsabschnitt - und der dabei nach § 190 Abs. 3 Satz 2 SGB III erforderlichen umfassenden Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen - nicht erneut anzurechnen. Eine (erneute) Vermögenberücksichtigung kam allenfalls in Betracht, wenn neues Vermögen erworben worden war oder sich der Verkehrswert des Vermögens erheblich verändert hatte (vgl. BSG, Urteil vom 09.08.2001 - B 11 AL 9/01 R -, zitiert nach juris).

Nachdem eine solche Ausnahme vom Verbot einer erneuten Vermögensanrechnung hier ausweislich des von der Klägerin im Anschluss an ihren Bewilligungsantrag vom 22.09.1999 belegten Verbrauchs sogar des bereits berücksichtigten Vermögens nicht vorlag, steht ihr für den fraglichen Zeitraum ein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe zu. Insbesondere war der Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom 02.07.1998 durch die nach dem Teilanerkenntnis der Beklagten lediglich - bezogen auf die Zeit vom 02.07.1998 bis zum 04.11.1998 - erfolgte Teilablehnung nicht verbraucht und bezog sich die Antragsrücknahme vom 16.03.1999 ausdrücklich allein auf den am 12.02.1999 gestellten Bewilligungsantrag. Ferner bedurfte es mit Blick auf den nach den oben gemachten Ausführungen erst zum 05.11.1998 beginnenden und damit den hier streitigen Zeitraum vom 02.07.1999 bis zum 21.09.1999 einschließenden einjährigen Bewilligungsabschnitt keiner erneuten Antragstellung (§ 190 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 323 Abs. 1 SGB III) und sind die übrigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe - unstreitig - erfüllt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Umfang des von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisses sowie des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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