Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 5538/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1099/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Januar 2004 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Beklagte bei der erneuten Entscheidung die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat. Die Klage wegen des Bescheids vom 12. März 2004 wird als unzulässig abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Be¬rufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Berufungsverfahren begehrte der Kläger noch die Erstattung von EUR 3.039,30 für eine in Israel durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme.
Der 1945 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Bei ihm besteht eine Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) mit Psoriasis arthropathie (Beteiligung des Bewegungsapparats). Wegen dieser Erkrankung reiste der Kläger seit 1975 jährlich an das Tote Meer nach Israel. Die Beklagte bewilligte dem Kläger seit 1987 Leistungen für sieben Aufenthalte am Toten Meer in Israel, zuletzt vom 27. April 2000 bis 21. Mai 2000.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 08. Februar 2001 einen Zuschuss zu einer stationären Vorsorge bzw. Rehabilitation am Toten Meer in Israel. Er verwies auf Atteste des Hautarztes Dr. D. vom 02. Februar 2001 und der Internistin Dr. H. vom 12. Februar 2001. Dr. D. gab an, derzeit bestehe ein akuter entzündlicher Zug im Bereich der distalen kleinen Fingergelenke. Weiter befallen seien die Zehengelenke, Knöchel, Knie, Ober- und Unterkiefer sowie auch die Handgelenke. Dr. H. berichtete, seit Oktober 2000 bestehe ein erneuter, bisher therapieresistenter Entzündungsschub. Eine kombinierte Basistherapie sei eingeleitet worden. Sie kenne keinen weiteren Fall, bei dem eine so deutliche Besserung durch die Klimaveränderung eintrete.
Dr. F., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), hielt unter Bezugnahme auf ein von ihm früher erstelltes Gutachten vom 13. April 2000 die Notwendigkeit einer vorzeitigen Wiederholung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme für nicht gegeben, weil nicht nachgewiesen sei, dass die ambulanten Maßnahmen ausgeschöpft seien (Gutachten vom 02. März 2001). Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag des Klägers auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme ab (Bescheid vom 09. April 2001). Der Kläger erhob Widerspruch und berief sich zur Begründung auf ein Attest der Dr. H. vom 12. April 2001, wonach die ambulanten Therapiemaßnahmen ausgeschöpft seien und eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer voraussichtlich die effektivste und auch mittelfristig kostengünstigste Variante der derzeitigen Therapie sei. Weiter legte er Atteste der Ärzte für Allgemeinmedizin Dr. Z. und Dr. Hu. vom 18. April 2001 vor, die auf die Besserung bzw. Beherrschbarkeit des Krankheitsbildes durch die regelmäßigen Aufenthalte in Israel verwiesen.
Vom 29. April 2001 bis 20. Mai 2001 führte der Kläger die begehrte Maßnahme in Israel durch. Es erfolgte eine Thalassotherapie in Form von Sonnenbädern und Baden im Toten Meer sowie Schwefelbäder, Schlammpackungen und Massagen, die zu einer deutlichen Besserung der Gelenkbeschwerden geführt hätten (Ärztlicher Abschlussbericht des Dr. Dr. vom 20. Mai 2001).
In dem weiteren MDK-Gutachten vom 17. August 2001 hielt Dr. S. die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme vor Ablauf der gesetzlichen Frist für nicht nachvollziehbar. Nach den vorliegenden Informationen bleibe offen, ob eine Basistherapie, die zur Verhinderung einer weiteren Progression erforderlich sei, regelmäßig und konsequent ohne Unterbrechungen durchgeführt worden sei. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2001).
Der Kläger hat am 26. Oktober 2001 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben, zunächst mit dem Begehren einen Zuschuss zur Klimabehandlung - Thalassotherapie - am Toten Meer zu leisten und über dessen Höhe erneut zu bescheiden. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2002 hat er hilfsweise den Ersatz der Kosten der Rehabilitationsmaßnahme in Höhe von DM 7.800,00 = EUR 3.988,08 (DM 4.687,20 Übernachtungskosten, DM 1.400,35 Flugkosten, DM 217,00 Transfer, DM 1.130,00 Rheumabehandlung, DM 339,84 Salben, DM 336,30 Zusatzbehandlung Massage) sowie in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts nur noch die Erstattung dieser Kosten begehrt. Sein Leiden sei dringend behandlungsbedürftig. Eine andere Art der Behandlung sei nicht Erfolg versprechend. Die Beschwerden könnten durch eine ambulante Therapie am Wohnort nicht wirksam behandelt werden. Die Beklagte habe in den vergangenen zehn Jahren den Zuschuss stets geleistet. An der Behandlungsnotwendigkeit habe sich nichts geändert. Auch stünden alternative Behandlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung.
Die Beklagte hat ihre Auffassung wiederholt, dass die Durchführung der stationären Rehabilitationsmaßnahme vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist nicht notwendig sei und weiter ausgeführt, sie könne entweder die Kosten der begehrten Maßnahme abzüglich der Eigenanteile in vollem Umfang übernehmen oder keine Kosten, aber keinen Zuschuss leisten. Der Kläger habe die stationäre Rehabilitationsmaßnahme angetreten, ohne ihre endgültige Entscheidung abzuwarten.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte Dres. D., H. und Hu. als sachverständige Zeugen gehört und das dermatologische Gutachten des Dr. Sc. vom 27. August 2003 eingeholt. Dr. Sc. hat ausgeführt, die Rehabilitationsmaßnahme sei geeignet gewesen, einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen. Die zum maßgeblichen Zeitpunkt möglichen topischen und systematischen ambulanten Therapiemaßnahmen seien nach Aktenlage ausgeschöpft gewesen. Es sei keine Aussage über die Wirkung einer Rehabilitationsmaßnahme an einem deutschen Kurort möglich, da eine solche nicht durchgeführt worden sei. Die Psoriasis arthropathica sei je nach Ausprägung grundsätzlich durch ambulante und stationäre Maßnahmen in Deutschland behandelbar.
Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 09. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2001 aufgehoben, die Beklagte verurteilt, die Kosten der Behandlung im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer im Zeitraum vom 29. April bis 20. Mai 2001 zu erstatten sowie über die restlichen Kosten (Flug/Hotel) erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. Januar 2004). Der Kläger habe in Israel keine stationäre, sondern lediglich eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt, weshalb zwischen den Kosten für die Behandlungen im Sinne einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme sowie den Kosten für den Flug bzw. für das Hotel zu unterscheiden sei. Nach den Ausführungen der behandelnden Ärzte Dres. H. und Hu. sei die ambulante Rehabilitationsmaßnahme notwendig gewesen, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen bzw. eine Verschlimmerung zu verhüten sowie auch dringend medizinisch erforderlich und deshalb vorzeitig vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist durchzuführen gewesen. Auch habe der Kläger einen Anspruch gehabt, diese Rehabilitationsmaßnahme gerade am Toten Meer durchzuführen. Entsprechende Klima¬verhältnisse seien in Deutschland nicht vorhanden. Angesichts der Dringlichkeit der Maßnahme, die jedenfalls im Jahre 2001 nur in Israel Erfolg versprechend habe durchgeführt werden können, sei das der Beklagten zustehende Ermessen auf Null reduziert. Der Rentenversicherungsträger sei vorliegend nicht zuständig gewesen. Die Beklagte habe die ambulante Reha¬bilitationsmaßnahme zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger sei korrekt vorgegangen und der Beklagten sei bekannt gewesen, welche Maßnahme er durchführen wolle. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, die im Rahmen der ambulanten Rehabilitationsmaßnahme in Israel angefallenen Behandlungskosten zu übernehmen. Die vollständige oder teilweise Übernahme der weiteren Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Fahrt gemäß § 18 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) stehe in ihrem Ermessen, sodass die Beklagte diesbezüglich lediglich zur Neubescheidung zu verurteilen gewesen sei.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 27. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09. März 2004 Berufung eingelegt mit dem Begehren, auch die Kosten für Flug und Hotel zu erstatten. Es sei nicht zumutbar, erneut zuzuwarten, bis die Beklagte über die Reisekosten entscheide.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12. März 2004 Behandlungskosten (Rheumabehandlung und Salben) in Höhe von DM 1.003,67 = EUR 513,17 sowie DM 360,00 = EUR 184,07 zur Abgeltung sonstiger Kosten, insgesamt DM 1.363,67 = EUR 697,24, erstattet. Hinsichtlich der sonstigen Kosten hat die Beklagte im Hinblick auf die Verurteilung zur Neubescheidung ausgeführt, eine ambulante Rehabilitation werde in wohnortnahen Einrichtungen durchgeführt und beinhalte keine Kosten für die Unterbringung, da die Rückkehr nach der Behandlung jeweils in den häuslichen Bereich erfolge. Da es dem Kläger bei der beantragten Leistung um die besonderen örtlichen Gegebenheiten gegangen sei, werde bei der Erstattung der weiteren Kosten die Regelung des § 23 Abs. 2 SGB V zu Grunde gelegt. Bei einer ambulanten Vorsorge am Kurort hätten Versicherte im Jahre 2001 neben der Erstattung der Arzt- und Behandlungskosten Anspruch auf einen täglichen Zuschuss in Höhe von DM 15,00 kalendertäglich zur Abgeltung aller sonstiger Kosten. Bei einer 24-tägigen Kurdauer ergebe sich der Betrag von DM 360,00. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats am 26. Januar 2007 hat der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt, über den die Beklagte noch nicht entschieden hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Januar 2004 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 09. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2001 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm EUR 3.039,30 zu erstatten, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erlassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheids vom 12. März 2004 abzuweisen.
Die Maßnahme habe den Charakter einer vergleichbaren ambulanten Vorsorgeleistung an einem Kurort im Inland gehabt. Die geringere Kostenbeteiligung als früher resultiere aus ihrer geänderten Rechtsauffassung. Diese werde durch das Urteil des erkennenden Senats vom 10. Dezember 2004 - L 4 KR 2657/02 - unterstützt, wonach die Behandlung am Toten Meer nicht den Anforderungen entspreche, die an eine von der Solidargemeinschaft der Versicherten zu tragenden Maßnahme zu stellen seien.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Dr. Sö. das dermatologische Gutachten vom 07. Juli 2005 erstattet. Die ambulanten Behandlungs¬möglichkeiten seien nach Angaben der behandelnden Ärzte ausgeschöpft gewesen. Somit sei eine stationäre Behandlung indiziert gewesen. Die Behandlung am Toten Meer entspreche nicht den in der Europäischen Union üblichen Standards der stationären Krankenhausbehandlung. Nach Aktenlage sei eine intensive Psoriasistherapie dringend erforderlich gewesen. Da die Klimabedingungen am Toten Meer einzigartig seien, sei eine Rehabilitationsmaßnahme dort mit einer im Inland schwer vergleichbar. Es sei nicht zu beantworten, ob eine Psoriasisbehandlung in einer europäischen Hautklinik oder Rehabilitationsklinik bei dem Kläger ebenso oder besser geeignet gewesen wäre. Derzeit werde der Kläger nach einem neuen Schema ambulant behandelt mit deutlicher Besserung. Diese Therapie habe allerdings 2001 noch nicht zur Verfügung gestanden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Im Berufungsverfahren, in dem der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nur darüber zu entscheiden, ob dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der weiteren Kosten (Flug/Hotel) zusteht. Denn Berufung eingelegt hat lediglich der Kläger. Er ist durch das Urteil beschwert. Ein Bescheidungsurteil beschwert den Kläger, wenn sich die vom Gericht für verbindlich erklärte Rechtsauffassung nicht mit seiner eigenen deckt und für ihn ungünstiger ist, wenn also bei Anwendung der Rechtsauffassung des Gerichts durch die Behörde mit einem dem Kläger ungünstigeren Ergebnis zu rechnen ist als bei Anwendung seiner eigenen Rechtsauffassung. Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe der Anspruch auf Erstattung der weiteren Kosten zu, weil die Beklagte ihr Ermessen nur dahin ausüben könne, die weiteren Kosten in vollem Umfang zu erstatten. Die Abweisung der Klage im Übrigen beinhaltet, dass das Sozialgericht die Beklagte neben der Erstattung der Behandlungskosten nicht auch zur Erstattung der weiteren Kosten, sondern insoweit lediglich zu einer Neubescheidung verurteilt hat.
II.
Soweit der Kläger in dem im Erörterungstermin am 13. Dezember 2004 protokollierten Antrag auch die Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2004 begehrt hat, hat er seine Klage erweitert. Diese erweiterte Klage, über die der Senat ebenfalls im Einverständnis beider Beteiligter ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unzulässig.
Der Bescheid vom 12. März 2004 ist nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn er ändert und ersetzt auch nicht den zunächst angefochtenen Bescheid vom 09. April 2001 und den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2001. Der Bescheid ist vielmehr lediglich als Ausführungsbescheid zu dem erstinstanzlichen Urteil, gegen das die Beklagte keine Berufung eingelegt hat, anzusehen. Als Aus¬führungsbescheide gekennzeichnete Bescheide zu einem noch nicht rechtskräftigen Urteil werden weder nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens (vgl. BSGE 9, 169; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 96 RdNr. 4b mwN), noch erledigen sie den ursprünglichen Ablehnungsbescheid (teilweise) gemäß § 39 Abs. 2 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Sie sind vielmehr lediglich vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens durch eine rechtskräftige Entscheidung getroffen (BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 10; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Februar 2005 L 6 U 2063/04 -, veröffentlicht in juris).
Die erweiterte Klage ist auch nicht gemäß § 99 SGG zulässig. Für eine erweiterte Klage müssen sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen. Dies ist nicht der Fall. Zum einen fehlt das nach § 78 SGG notwendige Vorverfahren. Nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 26. Januar 2007 ist wegen dieses Bescheides ein Wider¬spruchsverfahren noch anhängig. Zum anderen ist, weshalb es keiner Aussetzung bis zum Ab¬schluss des anhängigen Widerspruchsverfahrens bedarf, nach § 29 SGG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG nicht gegeben (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 3/01 R).
III.
Die form- und fristgerechte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten, weil der Kläger begehrt, Kosten in Höhe von insgesamt EUR 3.039,30 zu erstatten. Nach der vom Kläger dem Sozialgericht vorgelegten Aufstellung über die Kosten sind folgende weiteren Kosten entstanden:
Übernachtung 24 Tage DM 4.687,20 Flug DM 1.400,35 Transfer DM 217,00 gesamt DM 6.304,35 davon erstattet DM 360,00 Restbetrag DM 5.944,35 = EUR 3.039,30
IV.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht lediglich zu einer Neubescheidung verurteilt.
Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Kosten einer selbst beschafften Behandlung ist grundsätzlich § 13 Abs. 3 SGB V, hier in der von 01. Januar 1999 bis 30. Juni 2001 geltenden Fassung. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 26. September 2006 B 1 KR 3/06 R - m.w.N., ständige Rechtsprechung). Daraus folgt dann auch, dass sich der Leistungsanspruch des Versicherten nach der Rechtslage beurteilt, die in dem Zeitraum galt, in welchem der Versicherte sich die Leistung selbst beschaffte, hier also nach dem im April/Mai 2001 geltenden Recht. Die nachfolgend genannten Vorschriften des SGB V beziehen sich deshalb jeweils auf die im April/Mai 2001 geltende Fassung.
Da im vorliegenden Fall eine Behandlung im Ausland nach § 18 Abs. 1 SGB V erfolgte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der weiteren Kosten für Flug und Unterkunft auch § 18 Abs. 2 SGB V in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann in den Fällen des Absatzes 1 die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen. Als weitere Kosten kommen in Betracht Kosten des Gepäcktransports, der Unterbringung und Verpflegung der Begleitperson oder Flug- und Transportkosten (Begründung zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes - GRG -, Bundes¬tags-Drucksache 11/2237, Seite 166 zu § 18 Abs. 2). Die Entscheidung, ob weitere Kosten übernommen werden, steht im Ermessen der Beklagten. Diese Rechtslage hat das Sozialgericht hinsichtlich der weiteren Kosten unter B. der Entscheidungsgründe (S. 11) zutreffend dargelegt. Einwände werden insoweit auch vom Kläger nicht erhoben.
Aufgrund der Verurteilung, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die weiteren Kosten zu entscheiden, ist die Beklagte, die gegen das Urteil keine Berufung eingelegt hat, verpflichtet, diese Vorschrift bei dem die Verurteilung ausführenden Bescheid zu beachten. Gründe, die eine Verurteilung der Beklagten zur Erstattung erfordern, weil das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert ist, sind nicht erkennbar. Zu berücksichtigen ist zwar, dass die Behandlung im Ausland deshalb notwendig war, weil eine entsprechende Behandlung im Inland nicht gewährleistet war. Gründe, die im Rahmen der Ermessensausübung gegen die Übernahme der Kosten sprechen, sind deshalb schwer erkennbar, sodass in der Regel nur die Übernahme der erforderlichen Kosten ermessensgerecht sein wird (Kasseler Kommentar-Peters, Stand September 2006, § 18 SGB V Rdnr. 6). Allerdings weist der vorliegende Fall hinsichtlich des Ablaufs Besonderheiten auf, die gegebenenfalls bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sein können.
Im vorliegenden Fall mag zu beachten sein, dass der Kläger - wohl wie bereits in den Jahren zuvor, als die Beklagte Kosten des Aufenthalts in Israel ganz oder teilweise übernahm - eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten beantragt hatte, die Beklagte diese ab¬lehnte, der Kläger dann aber keine stationäre, sondern allenfalls eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme mit ambulanten Behandlungen durchführte. Eine stationäre Reha¬bilitationsmaßnahme setzt voraus, dass der Versicherte in der Einrichtung, in der die Maßnahme durchgeführt wird, untergebracht ist und verpflegt wird. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 2 SGB V, der ausdrücklich auf die Unterkunft und Verpflegung in der Reha¬bilitationseinrichtung abhebt. § 40 Abs. 2 SGB V erfasst nur vollstationäre Behandlungen (BSG SozR 3-2500 § 40 Nr. 3). Diese Abgrenzung entspricht auch der Abgrenzung zwischen einer ambulanten und stationären Behandlung in einem Krankenhaus. Eine stationäre Behandlung liegt nur vor, wenn eine physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses gegeben ist, die sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt (BSG SozR 4-2500 § 39 Nrn. 1 und 3). Diese Voraussetzungen waren bei den im April/Mai 2001 durchgeführten Behandlungen in Israel nicht gegeben. Denn der Kläger nahm seine Unterkunft in einem Hotel und nicht in einer Klinik, die die Behandlungen wegen der Psoriasis-Erkrankung durchführte.
Eine ausdrückliche Ablehnung erfolgte im Bescheid vom 09. April 2001 nur bezüglich einer stationären Rehabilitationsmaßnahme, wobei zur Begründung gerade im Bescheid vom 09. April 2001 auch darauf verwiesen wurde, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Auch der Kläger verwendete für seinen Antrag einen entsprechenden Vordruck "Antrag auf stationäre Vorsorge bzw. Rehabilitation". Zu der Frage einer ambulanten Behandlung/Rehabilitationsmaßnahme fehlt es an einer ausdrücklichen ablehnenden Ent¬scheidung der Beklagten. Ein auf die unrechtmäßige Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des BSG regelmäßig aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden konnte. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung; z.B. Urteil vom 20. Mai 2003, SozR 4-2500 § 13 Nr. 1 mwN).
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass gerade die angefallenen weiteren Kosten die notwendigen weiteren Kosten waren und nicht etwa durch einen günstigeren Flug oder durch ein günstigeres Hotel geringere Kosten angefallen wären.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Be¬rufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Berufungsverfahren begehrte der Kläger noch die Erstattung von EUR 3.039,30 für eine in Israel durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme.
Der 1945 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Bei ihm besteht eine Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte) mit Psoriasis arthropathie (Beteiligung des Bewegungsapparats). Wegen dieser Erkrankung reiste der Kläger seit 1975 jährlich an das Tote Meer nach Israel. Die Beklagte bewilligte dem Kläger seit 1987 Leistungen für sieben Aufenthalte am Toten Meer in Israel, zuletzt vom 27. April 2000 bis 21. Mai 2000.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 08. Februar 2001 einen Zuschuss zu einer stationären Vorsorge bzw. Rehabilitation am Toten Meer in Israel. Er verwies auf Atteste des Hautarztes Dr. D. vom 02. Februar 2001 und der Internistin Dr. H. vom 12. Februar 2001. Dr. D. gab an, derzeit bestehe ein akuter entzündlicher Zug im Bereich der distalen kleinen Fingergelenke. Weiter befallen seien die Zehengelenke, Knöchel, Knie, Ober- und Unterkiefer sowie auch die Handgelenke. Dr. H. berichtete, seit Oktober 2000 bestehe ein erneuter, bisher therapieresistenter Entzündungsschub. Eine kombinierte Basistherapie sei eingeleitet worden. Sie kenne keinen weiteren Fall, bei dem eine so deutliche Besserung durch die Klimaveränderung eintrete.
Dr. F., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), hielt unter Bezugnahme auf ein von ihm früher erstelltes Gutachten vom 13. April 2000 die Notwendigkeit einer vorzeitigen Wiederholung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme für nicht gegeben, weil nicht nachgewiesen sei, dass die ambulanten Maßnahmen ausgeschöpft seien (Gutachten vom 02. März 2001). Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag des Klägers auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme ab (Bescheid vom 09. April 2001). Der Kläger erhob Widerspruch und berief sich zur Begründung auf ein Attest der Dr. H. vom 12. April 2001, wonach die ambulanten Therapiemaßnahmen ausgeschöpft seien und eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer voraussichtlich die effektivste und auch mittelfristig kostengünstigste Variante der derzeitigen Therapie sei. Weiter legte er Atteste der Ärzte für Allgemeinmedizin Dr. Z. und Dr. Hu. vom 18. April 2001 vor, die auf die Besserung bzw. Beherrschbarkeit des Krankheitsbildes durch die regelmäßigen Aufenthalte in Israel verwiesen.
Vom 29. April 2001 bis 20. Mai 2001 führte der Kläger die begehrte Maßnahme in Israel durch. Es erfolgte eine Thalassotherapie in Form von Sonnenbädern und Baden im Toten Meer sowie Schwefelbäder, Schlammpackungen und Massagen, die zu einer deutlichen Besserung der Gelenkbeschwerden geführt hätten (Ärztlicher Abschlussbericht des Dr. Dr. vom 20. Mai 2001).
In dem weiteren MDK-Gutachten vom 17. August 2001 hielt Dr. S. die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme vor Ablauf der gesetzlichen Frist für nicht nachvollziehbar. Nach den vorliegenden Informationen bleibe offen, ob eine Basistherapie, die zur Verhinderung einer weiteren Progression erforderlich sei, regelmäßig und konsequent ohne Unterbrechungen durchgeführt worden sei. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2001).
Der Kläger hat am 26. Oktober 2001 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben, zunächst mit dem Begehren einen Zuschuss zur Klimabehandlung - Thalassotherapie - am Toten Meer zu leisten und über dessen Höhe erneut zu bescheiden. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2002 hat er hilfsweise den Ersatz der Kosten der Rehabilitationsmaßnahme in Höhe von DM 7.800,00 = EUR 3.988,08 (DM 4.687,20 Übernachtungskosten, DM 1.400,35 Flugkosten, DM 217,00 Transfer, DM 1.130,00 Rheumabehandlung, DM 339,84 Salben, DM 336,30 Zusatzbehandlung Massage) sowie in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts nur noch die Erstattung dieser Kosten begehrt. Sein Leiden sei dringend behandlungsbedürftig. Eine andere Art der Behandlung sei nicht Erfolg versprechend. Die Beschwerden könnten durch eine ambulante Therapie am Wohnort nicht wirksam behandelt werden. Die Beklagte habe in den vergangenen zehn Jahren den Zuschuss stets geleistet. An der Behandlungsnotwendigkeit habe sich nichts geändert. Auch stünden alternative Behandlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung.
Die Beklagte hat ihre Auffassung wiederholt, dass die Durchführung der stationären Rehabilitationsmaßnahme vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist nicht notwendig sei und weiter ausgeführt, sie könne entweder die Kosten der begehrten Maßnahme abzüglich der Eigenanteile in vollem Umfang übernehmen oder keine Kosten, aber keinen Zuschuss leisten. Der Kläger habe die stationäre Rehabilitationsmaßnahme angetreten, ohne ihre endgültige Entscheidung abzuwarten.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte Dres. D., H. und Hu. als sachverständige Zeugen gehört und das dermatologische Gutachten des Dr. Sc. vom 27. August 2003 eingeholt. Dr. Sc. hat ausgeführt, die Rehabilitationsmaßnahme sei geeignet gewesen, einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen. Die zum maßgeblichen Zeitpunkt möglichen topischen und systematischen ambulanten Therapiemaßnahmen seien nach Aktenlage ausgeschöpft gewesen. Es sei keine Aussage über die Wirkung einer Rehabilitationsmaßnahme an einem deutschen Kurort möglich, da eine solche nicht durchgeführt worden sei. Die Psoriasis arthropathica sei je nach Ausprägung grundsätzlich durch ambulante und stationäre Maßnahmen in Deutschland behandelbar.
Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 09. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2001 aufgehoben, die Beklagte verurteilt, die Kosten der Behandlung im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer im Zeitraum vom 29. April bis 20. Mai 2001 zu erstatten sowie über die restlichen Kosten (Flug/Hotel) erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden und im Übrigen die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. Januar 2004). Der Kläger habe in Israel keine stationäre, sondern lediglich eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt, weshalb zwischen den Kosten für die Behandlungen im Sinne einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme sowie den Kosten für den Flug bzw. für das Hotel zu unterscheiden sei. Nach den Ausführungen der behandelnden Ärzte Dres. H. und Hu. sei die ambulante Rehabilitationsmaßnahme notwendig gewesen, um einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen bzw. eine Verschlimmerung zu verhüten sowie auch dringend medizinisch erforderlich und deshalb vorzeitig vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist durchzuführen gewesen. Auch habe der Kläger einen Anspruch gehabt, diese Rehabilitationsmaßnahme gerade am Toten Meer durchzuführen. Entsprechende Klima¬verhältnisse seien in Deutschland nicht vorhanden. Angesichts der Dringlichkeit der Maßnahme, die jedenfalls im Jahre 2001 nur in Israel Erfolg versprechend habe durchgeführt werden können, sei das der Beklagten zustehende Ermessen auf Null reduziert. Der Rentenversicherungsträger sei vorliegend nicht zuständig gewesen. Die Beklagte habe die ambulante Reha¬bilitationsmaßnahme zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger sei korrekt vorgegangen und der Beklagten sei bekannt gewesen, welche Maßnahme er durchführen wolle. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, die im Rahmen der ambulanten Rehabilitationsmaßnahme in Israel angefallenen Behandlungskosten zu übernehmen. Die vollständige oder teilweise Übernahme der weiteren Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Fahrt gemäß § 18 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) stehe in ihrem Ermessen, sodass die Beklagte diesbezüglich lediglich zur Neubescheidung zu verurteilen gewesen sei.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 27. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09. März 2004 Berufung eingelegt mit dem Begehren, auch die Kosten für Flug und Hotel zu erstatten. Es sei nicht zumutbar, erneut zuzuwarten, bis die Beklagte über die Reisekosten entscheide.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12. März 2004 Behandlungskosten (Rheumabehandlung und Salben) in Höhe von DM 1.003,67 = EUR 513,17 sowie DM 360,00 = EUR 184,07 zur Abgeltung sonstiger Kosten, insgesamt DM 1.363,67 = EUR 697,24, erstattet. Hinsichtlich der sonstigen Kosten hat die Beklagte im Hinblick auf die Verurteilung zur Neubescheidung ausgeführt, eine ambulante Rehabilitation werde in wohnortnahen Einrichtungen durchgeführt und beinhalte keine Kosten für die Unterbringung, da die Rückkehr nach der Behandlung jeweils in den häuslichen Bereich erfolge. Da es dem Kläger bei der beantragten Leistung um die besonderen örtlichen Gegebenheiten gegangen sei, werde bei der Erstattung der weiteren Kosten die Regelung des § 23 Abs. 2 SGB V zu Grunde gelegt. Bei einer ambulanten Vorsorge am Kurort hätten Versicherte im Jahre 2001 neben der Erstattung der Arzt- und Behandlungskosten Anspruch auf einen täglichen Zuschuss in Höhe von DM 15,00 kalendertäglich zur Abgeltung aller sonstiger Kosten. Bei einer 24-tägigen Kurdauer ergebe sich der Betrag von DM 360,00. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats am 26. Januar 2007 hat der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt, über den die Beklagte noch nicht entschieden hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Januar 2004 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 09. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2001 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm EUR 3.039,30 zu erstatten, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erlassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheids vom 12. März 2004 abzuweisen.
Die Maßnahme habe den Charakter einer vergleichbaren ambulanten Vorsorgeleistung an einem Kurort im Inland gehabt. Die geringere Kostenbeteiligung als früher resultiere aus ihrer geänderten Rechtsauffassung. Diese werde durch das Urteil des erkennenden Senats vom 10. Dezember 2004 - L 4 KR 2657/02 - unterstützt, wonach die Behandlung am Toten Meer nicht den Anforderungen entspreche, die an eine von der Solidargemeinschaft der Versicherten zu tragenden Maßnahme zu stellen seien.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Dr. Sö. das dermatologische Gutachten vom 07. Juli 2005 erstattet. Die ambulanten Behandlungs¬möglichkeiten seien nach Angaben der behandelnden Ärzte ausgeschöpft gewesen. Somit sei eine stationäre Behandlung indiziert gewesen. Die Behandlung am Toten Meer entspreche nicht den in der Europäischen Union üblichen Standards der stationären Krankenhausbehandlung. Nach Aktenlage sei eine intensive Psoriasistherapie dringend erforderlich gewesen. Da die Klimabedingungen am Toten Meer einzigartig seien, sei eine Rehabilitationsmaßnahme dort mit einer im Inland schwer vergleichbar. Es sei nicht zu beantworten, ob eine Psoriasisbehandlung in einer europäischen Hautklinik oder Rehabilitationsklinik bei dem Kläger ebenso oder besser geeignet gewesen wäre. Derzeit werde der Kläger nach einem neuen Schema ambulant behandelt mit deutlicher Besserung. Diese Therapie habe allerdings 2001 noch nicht zur Verfügung gestanden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Im Berufungsverfahren, in dem der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nur darüber zu entscheiden, ob dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der weiteren Kosten (Flug/Hotel) zusteht. Denn Berufung eingelegt hat lediglich der Kläger. Er ist durch das Urteil beschwert. Ein Bescheidungsurteil beschwert den Kläger, wenn sich die vom Gericht für verbindlich erklärte Rechtsauffassung nicht mit seiner eigenen deckt und für ihn ungünstiger ist, wenn also bei Anwendung der Rechtsauffassung des Gerichts durch die Behörde mit einem dem Kläger ungünstigeren Ergebnis zu rechnen ist als bei Anwendung seiner eigenen Rechtsauffassung. Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe der Anspruch auf Erstattung der weiteren Kosten zu, weil die Beklagte ihr Ermessen nur dahin ausüben könne, die weiteren Kosten in vollem Umfang zu erstatten. Die Abweisung der Klage im Übrigen beinhaltet, dass das Sozialgericht die Beklagte neben der Erstattung der Behandlungskosten nicht auch zur Erstattung der weiteren Kosten, sondern insoweit lediglich zu einer Neubescheidung verurteilt hat.
II.
Soweit der Kläger in dem im Erörterungstermin am 13. Dezember 2004 protokollierten Antrag auch die Aufhebung des Bescheids vom 12. März 2004 begehrt hat, hat er seine Klage erweitert. Diese erweiterte Klage, über die der Senat ebenfalls im Einverständnis beider Beteiligter ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unzulässig.
Der Bescheid vom 12. März 2004 ist nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn er ändert und ersetzt auch nicht den zunächst angefochtenen Bescheid vom 09. April 2001 und den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2001. Der Bescheid ist vielmehr lediglich als Ausführungsbescheid zu dem erstinstanzlichen Urteil, gegen das die Beklagte keine Berufung eingelegt hat, anzusehen. Als Aus¬führungsbescheide gekennzeichnete Bescheide zu einem noch nicht rechtskräftigen Urteil werden weder nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens (vgl. BSGE 9, 169; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 96 RdNr. 4b mwN), noch erledigen sie den ursprünglichen Ablehnungsbescheid (teilweise) gemäß § 39 Abs. 2 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Sie sind vielmehr lediglich vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens durch eine rechtskräftige Entscheidung getroffen (BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 10; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Februar 2005 L 6 U 2063/04 -, veröffentlicht in juris).
Die erweiterte Klage ist auch nicht gemäß § 99 SGG zulässig. Für eine erweiterte Klage müssen sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen. Dies ist nicht der Fall. Zum einen fehlt das nach § 78 SGG notwendige Vorverfahren. Nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 26. Januar 2007 ist wegen dieses Bescheides ein Wider¬spruchsverfahren noch anhängig. Zum anderen ist, weshalb es keiner Aussetzung bis zum Ab¬schluss des anhängigen Widerspruchsverfahrens bedarf, nach § 29 SGG eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG nicht gegeben (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 3/01 R).
III.
Die form- und fristgerechte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten, weil der Kläger begehrt, Kosten in Höhe von insgesamt EUR 3.039,30 zu erstatten. Nach der vom Kläger dem Sozialgericht vorgelegten Aufstellung über die Kosten sind folgende weiteren Kosten entstanden:
Übernachtung 24 Tage DM 4.687,20 Flug DM 1.400,35 Transfer DM 217,00 gesamt DM 6.304,35 davon erstattet DM 360,00 Restbetrag DM 5.944,35 = EUR 3.039,30
IV.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht lediglich zu einer Neubescheidung verurteilt.
Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Kosten einer selbst beschafften Behandlung ist grundsätzlich § 13 Abs. 3 SGB V, hier in der von 01. Januar 1999 bis 30. Juni 2001 geltenden Fassung. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 26. September 2006 B 1 KR 3/06 R - m.w.N., ständige Rechtsprechung). Daraus folgt dann auch, dass sich der Leistungsanspruch des Versicherten nach der Rechtslage beurteilt, die in dem Zeitraum galt, in welchem der Versicherte sich die Leistung selbst beschaffte, hier also nach dem im April/Mai 2001 geltenden Recht. Die nachfolgend genannten Vorschriften des SGB V beziehen sich deshalb jeweils auf die im April/Mai 2001 geltende Fassung.
Da im vorliegenden Fall eine Behandlung im Ausland nach § 18 Abs. 1 SGB V erfolgte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der weiteren Kosten für Flug und Unterkunft auch § 18 Abs. 2 SGB V in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann in den Fällen des Absatzes 1 die Krankenkasse auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen. Als weitere Kosten kommen in Betracht Kosten des Gepäcktransports, der Unterbringung und Verpflegung der Begleitperson oder Flug- und Transportkosten (Begründung zum Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes - GRG -, Bundes¬tags-Drucksache 11/2237, Seite 166 zu § 18 Abs. 2). Die Entscheidung, ob weitere Kosten übernommen werden, steht im Ermessen der Beklagten. Diese Rechtslage hat das Sozialgericht hinsichtlich der weiteren Kosten unter B. der Entscheidungsgründe (S. 11) zutreffend dargelegt. Einwände werden insoweit auch vom Kläger nicht erhoben.
Aufgrund der Verurteilung, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die weiteren Kosten zu entscheiden, ist die Beklagte, die gegen das Urteil keine Berufung eingelegt hat, verpflichtet, diese Vorschrift bei dem die Verurteilung ausführenden Bescheid zu beachten. Gründe, die eine Verurteilung der Beklagten zur Erstattung erfordern, weil das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert ist, sind nicht erkennbar. Zu berücksichtigen ist zwar, dass die Behandlung im Ausland deshalb notwendig war, weil eine entsprechende Behandlung im Inland nicht gewährleistet war. Gründe, die im Rahmen der Ermessensausübung gegen die Übernahme der Kosten sprechen, sind deshalb schwer erkennbar, sodass in der Regel nur die Übernahme der erforderlichen Kosten ermessensgerecht sein wird (Kasseler Kommentar-Peters, Stand September 2006, § 18 SGB V Rdnr. 6). Allerdings weist der vorliegende Fall hinsichtlich des Ablaufs Besonderheiten auf, die gegebenenfalls bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sein können.
Im vorliegenden Fall mag zu beachten sein, dass der Kläger - wohl wie bereits in den Jahren zuvor, als die Beklagte Kosten des Aufenthalts in Israel ganz oder teilweise übernahm - eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten beantragt hatte, die Beklagte diese ab¬lehnte, der Kläger dann aber keine stationäre, sondern allenfalls eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme mit ambulanten Behandlungen durchführte. Eine stationäre Reha¬bilitationsmaßnahme setzt voraus, dass der Versicherte in der Einrichtung, in der die Maßnahme durchgeführt wird, untergebracht ist und verpflegt wird. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 2 SGB V, der ausdrücklich auf die Unterkunft und Verpflegung in der Reha¬bilitationseinrichtung abhebt. § 40 Abs. 2 SGB V erfasst nur vollstationäre Behandlungen (BSG SozR 3-2500 § 40 Nr. 3). Diese Abgrenzung entspricht auch der Abgrenzung zwischen einer ambulanten und stationären Behandlung in einem Krankenhaus. Eine stationäre Behandlung liegt nur vor, wenn eine physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses gegeben ist, die sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt (BSG SozR 4-2500 § 39 Nrn. 1 und 3). Diese Voraussetzungen waren bei den im April/Mai 2001 durchgeführten Behandlungen in Israel nicht gegeben. Denn der Kläger nahm seine Unterkunft in einem Hotel und nicht in einer Klinik, die die Behandlungen wegen der Psoriasis-Erkrankung durchführte.
Eine ausdrückliche Ablehnung erfolgte im Bescheid vom 09. April 2001 nur bezüglich einer stationären Rehabilitationsmaßnahme, wobei zur Begründung gerade im Bescheid vom 09. April 2001 auch darauf verwiesen wurde, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Auch der Kläger verwendete für seinen Antrag einen entsprechenden Vordruck "Antrag auf stationäre Vorsorge bzw. Rehabilitation". Zu der Frage einer ambulanten Behandlung/Rehabilitationsmaßnahme fehlt es an einer ausdrücklichen ablehnenden Ent¬scheidung der Beklagten. Ein auf die unrechtmäßige Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach der ständigen Rechtsprechung des BSG regelmäßig aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden konnte. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung; z.B. Urteil vom 20. Mai 2003, SozR 4-2500 § 13 Nr. 1 mwN).
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass gerade die angefallenen weiteren Kosten die notwendigen weiteren Kosten waren und nicht etwa durch einen günstigeren Flug oder durch ein günstigeres Hotel geringere Kosten angefallen wären.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved