L 5 KA 4212/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 1836/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 4212/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. September 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 3, 4 und 5

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung gem. §§ 72, 95 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Dem 1957 geborenen Kläger wurde am 4. Januar 1999 die Approbation als psychologischer Psychotherapeut erteilt. Durch Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte (Zulassungsausschuss) vom 21. April 1999 wurde er mit Wirkung vom gleichen Tag im Wege der bedarfsunabhängigen Zulassung als psychologischer Psychotherapeut zur Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit mit Vertragspsychotherapeutensitz in S. zugelassen. Zuvor hatte er im Delegationsverfahren an der vertragsärztlichen Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mitgewirkt. Er hat dabei pro Quartal zwischen 443 und 688 Therapiestunden zu je 50 Minuten abgerechnet (vgl Bl. 84 der Verwaltungsakten).

Mit Beschluss vom 7. Februar 2002 (Bescheid vom 18. Juni 2002) entzog der Zulassungsausschuss dem Kläger von Amts wegen die erteilte Zulassung. Zur Begründung führte er aus, eine Zulassung müsse entzogen werden, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlägen. Der Kläger stehe zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung persönlich nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. So habe er in den Quartalen 3/99 18 Fälle, 4/99 5 Fälle, 1/00 5 Fälle, 2/00 1 Fall, 3/00 2 Fälle und 4/00 1 Fall abgerechnet; das entspreche rechnerisch weniger als 10% des Fachgruppendurchschnitts. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. vom 8. November 2000, - B 6 KA 52/00 R -, und vom 30. Januar 2002, - B 6 KA 20/01 R -) müsse man einen Behandlungsumfang von zwei Stunden in der Woche als nicht versorgungsrelevant einstufen. Die Diskrepanz zwischen Vollzulassung und derart geringer Behandlungsdichte sei auch mit Blick auf die Bedarfsplanung und die Sicherstellung der Versorgung nicht hinnehmbar.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, der Rückgang seiner Fallzahlen beruhe im Wesentlichen auf den seiner Ansicht nach rechtswidrigen Regelungen zur Begrenzung des Fallzahlzuwachses. Das vom Zulassungsausschuss angeführte Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2002 könne erst für die Zukunft berücksichtigt werden. Er habe auch keine Versicherten in die Privatbehandlung abgedrängt. Im Quartal 3/02 habe er 26 Fälle abgerechnet und gleich viele Patienten privat behandelt; er behandele je zur Hälfte gesetzlich Versicherte und Privatpatienten, wobei er auch gesetzlich Versicherte, die zur Kostenerstattung berechtigt seien, als Privatpatienten einstufe.

Der Beklagte führte am 24. Oktober 2002 eine (erste) Widerspruchsverhandlung durch, an der der Kläger mit seinem damaligen Bevollmächtigten teilnahm. Die Widerspruchsverhandlung wurde in Anwesenheit des Klägers auf den 16. Januar 2003 vertagt; es sollten weitere Ermittlungen angestellt, insbesondere Zeugen vernommen werden. Am 6. Dezember 2002 beantragte der Kläger (über seinen Bevollmächtigten) die Sitzung vom 16. Januar 2003 zu verlegen, weil er die Ausschreibung seines Vertragspsychotherapeutensitzes beantragt habe, weshalb sich das Verfahren erledigen werde. Nachdem dies abgelehnt worden war und der Kläger einen neuen Bevollmächtigten beauftragt hatte, stellte dieser am 10. Januar 2003 ebenfalls einen Terminsverlegungsantrag, um Einsicht in den Verwaltungsakten nehmen zu können. Der Beklagte übersandte unter dem 13. Januar 2003 die Verwaltungsakten in Abschrift. Am 16. Januar 2003 wurde erneut Terminsverlegung beantragt; zur Begründung führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, er könne den Termin wegen anderer vor Urlaubsantritt anstehender dringender Termine nicht wahrnehmen. Außerdem sei der Kläger erkrankt; hierfür wurde ein Attest des Internisten Dr. T. vom 15. Januar 2003 vorgelegt, in dem es ohne weitere Darlegungen heißt, der Kläger sei erkrankt und seit dem 15. Januar 2003 "sport-/ arbeits-/schulunfähig".

Durch Beschluss vom 16. Januar 2003 (Bescheid vom 21. Februar 2003) wies der Beklagte nach Ablehnung des Terminsverlegungsantrags den Widerspruch zurück. Außerdem ordnete er die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an. Zur Begründung führte er aus, der Kläger stehe zur Versorgung der Versicherten nicht mehr in erforderlichem Maße zur Verfügung und sei deshalb zur Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit nicht geeignet. So habe er sich im Quartal 3/02 von der Koordinierungsstelle zur Vermittlung von Psychotherapieplätzen 26 gesetzlich Krankenversicherte zur Behandlung zuweisen lassen, jedoch nur bei einem Patienten 5 Therapieleistungen und bei einem weiteren Patienten 1 Therapieleistung erbracht und abgerechnet. Bei allen anderen Patienten habe er lediglich eine probatorische Sitzung durchgeführt und die Patienten sodann überwiesen; nicht bekannt sei, wofür und an wen Überweisungen erteilt worden seien. Der Kläger habe damit an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung so gut wie gar nicht teilgenommen. In den Jahren 2001 und 2002 habe er nur wie folgt abgerechnet: Quartal 1/01 4 Fälle, 2/01 9 Fälle, 3/01 3 Fälle, 4/01 3 Fälle, 1/02 1 Fall, 2/02 2 Fälle, 3/02 26 Fälle und 4/02 5 Fälle. Der Fachgruppendurchschnitt der psychologischen Psychotherapeuten betrage aber 45 Fälle im Quartal. Gehe man mit Blick auf die Abrechnung im Quartal 3/02 davon aus, dass der Kläger in 26 Fällen jeweils eine Leistung nach Gebührennummer 870 EBM von 45 Minuten abgerechnet habe, käme man auf 1.170 Minuten in drei Monaten, also unter Zugrundelegung der 5-Tage-Woche auf eine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit von 19,5 Minuten am Tag. Damit folge nicht nur aus der Zahl der Fälle, sondern auch aus dem auf den Arbeitstag umgerechneten zeitlichen Umfang der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit, dass der Kläger, wenn überhaupt, nicht in erforderlichem Maße zur Versorgung der gesetzlich Versicherten zur Verfügung stehe. Der Kläger sei außerdem Herausgeber einer Zeitschrift und Inhaber des "Instituts A.". Somit übe er andere Tätigkeiten aus, die ihn an der Verfügbarkeit für die vertragspsychotherapeutische Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten hinderten. In seinem Urteil vom 30. Januar 2002 (aaO) habe das Bundessozialgericht ausgeführt, eine anderweitige Erwerbstätigkeit wirke sich hinderlich und störend auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung aus und sei der Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung gänzlich abträglich. Schließlich habe der Kläger im Dezember 2002 bei der Beigeladenen Nr. 1 beantragt, seinen Vertragspsychotherapeutensitz auszuschreiben. Daraus folge, dass er kein Interesse an der weiteren vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit habe und ab 1. Januar 2003 gänzlich auf die Behandlung gesetzlich Krankenversicherter verzichten wolle.

Der Kläger habe außerdem seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich und schwerwiegend verletzt. Hierzu habe man teilweise vom Kläger selbst benannte Zeugen vernommen. Danach habe sich der Kläger etwa pflichtwidrig geweigert, gutachterliche Äußerungen gegenüber den Krankenkassen abzugeben. Er habe auch gesetzlich krankenversicherte Patienten, die sich mit der Versichertenkarte bei ihm vorgestellt hätten, in die Privatbehandlung abgedrängt. Weiterhin habe er mit einer Internet-Veröffentlichung den Anschein erweckt, er werde gesetzlich Krankenversicherte behandeln, und diesen werde, sofern sie freiwillig versichert seien, die an ihn bezahlte Rechnung erstattet. Schließlich habe der Kläger seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten dadurch verletzt, dass er während der Behandlungszeit im Behandlungszimmer ein Kleinkind gehütet und eine Vielzahl von Telefongesprächen geführt habe; weitere Pflichtverletzungen kämen hinzu. Alles in allem sei der Kläger zur Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit ungeeignet, und es müsse ihm die Zulassung entzogen werden.

Die sofortige Vollziehung sei angeordnet worden, weil der Kläger so gut wie keine gesetzlich Krankenversicherten behandle und damit einen Vertragspsychotherapeutensitz im Planungsbereich Stadtkreis S. blockiere. Es müsse auch verhindert werden, dass der Kläger mit seiner Internet-Veröffentlichung unter Leidensdruck stehende Patienten anlocke, diese sodann in die Privatliquidation abdränge und von ihm behandelten Patienten dadurch, dass er gutachterliche Äußerungen gegenüber den Krankenkassen nicht abgebe, die Erstattung verauslagter Kosten abschneide.

Gegen den ihm am 10. März 2003 übergebenen Bescheid des Beklagten erhob der Kläger am 10. April 2003 Klage beim Sozialgericht Stuttgart; eine Klagebegründung legte er nicht vor. Auch um vorläufigen Rechtsschutz wurde nicht nachgesucht.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. September 2003 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, gem. §§ 95 Abs. 6, 72 SGB V müsse die Zulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung (u. a.) entzogen werden, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorlägen oder der Vertragspsychotherapeut seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich verletze. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen seien erfüllt. Denn der Kläger sei zur Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit gem. § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV (i. V. m. § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV) nicht geeignet, weil er wegen eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. anderer (nicht ehrenamtlicher) Tätigkeiten für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung stehe.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fehle die Verfügbarkeit in diesem Sinne, wenn eine Nebenbeschäftigung mehr als ein Drittel der üblichen Wochenarbeitszeit abhängiger Beschäftigungsverhältnisse, also etwa 13 Wochenstunden, in Anspruch nehme. Die vertragspsychotherapeutische (nicht anders die vertragsärztliche) Tätigkeit müsse nämlich zweifelsfrei den Hauptberuf des Zulassungsbewerbers ausmachen. Einschränkungen wegen einer anderweitigen Erwerbstätigkeit könnten sich grundsätzlich hinderlich und störend auf die Tätigkeit im System der gesetzlichen Krankenversicherung auswirken. Vor allem gelte das in nachhaltiger Weise dann, wenn die anderweitige Erwerbstätigkeit teilschichtig bzw. halbtags ausgeübt werde. Deshalb müsse ausgeschlossen sein, dass die zu gewöhnlichen Zeiten verfügbare Arbeitskraft des Vertragspsychotherapeuten (oder des Vertragsarztes) in ähnlichem zeitlichem Umfang oder gar überwiegend durch ein Beschäftigungsverhältnis in Anspruch genommen werde.

Außerdem müssten die Zulassungsgremien bei der Entscheidung über den erstmaligen Zugang zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter dafür sorgen, dass es nicht zu nachhaltigen Systemstörungen durch die Begünstigung von Entwicklungen komme, die in ihrer Konsequenz das auf die Herbeiführung und Aufrechterhaltung einer bedarfsgerechten Versorgung ausgerichtete Leistungserbringungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung dauerhaft destabilisieren würden. Zu verhindern sei daher die bloße "Zulassung auf Vorrat" als reine Option auf eine weitere Erwerbsmöglichkeit, also die Zulassung ohne ausreichend vorhandene materielle Praxissubstanz und ohne vollwertige (übliche) Praxistätigkeit. Hinweise auf Entwicklungen dieser Art gebe es gerade im Bereich der psychologischen Psychotherapie, wo einerseits die Verbände der Leistungserbringer nachhaltig über Versorgungsmängel klagten, während andererseits nach einer Stellungnahme der Bundesregierung (Ende 2001) bereits 74% der 406 Planungsbereiche wegen Überversorgung gesperrt seien. Diese Diskrepanz könne daran liegen, dass eine große Zahl zugelassener Praxen nicht im üblichen Umfang betrieben werde, was die Zulassungsgremien zu verhindern hätten. Sie müssten prognostizieren, dass der Zulassungsbewerber voraussichtlich in der Lage sein werde, die grundlegenden Strukturelemente der aus der Zulassung erwachsenen Pflichtenstellung auch tatsächlich zu erfüllen. Daran fehle es hier, nachdem aus den von der Beigeladenen Nr. 1 vorgelegten Abrechnungsunterlagen hervorgehe, dass der Kläger allenfalls in völlig untergeordnetem Umfang gesetzlich Krankenversicherte behandele. Das gelte selbst dann, wenn man das Quartal mit der höchsten Fallzahl, also das Quartal 3/02 mit 26 Fällen, heranziehe. Auch dann ergebe sich nämlich nur ein zeitlicher Aufwand von knapp 20 Minuten pro Arbeitstag. In anderen Quartalen finde man einen kaum noch messbaren Zeitaufwand.

Die angefochtene Zulassungsentziehung könne außerdem auf die gröbliche Verletzung vertragspsychotherapeutischer Pflichten (§ 95 Abs. 6 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V) gestützt werden. Hierfür werde auf die Feststellungen und Darlegungen im angefochtenen Bescheid (S. 11 bis 18) Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG). Den Erkenntnissen, die man u. a. durch Zeugenvernehmungen gewonnen habe, habe der Kläger nichts entgegengesetzt.

Auf den ihm am 23. September 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22. Oktober 2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, es sei nicht (mehr) erforderlich, dass ein Zulassungsbewerber seine volle Arbeitskraft für die vertragsärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Versorgung einsetze, weshalb nicht jegliche Tätigkeit, die den vollen Einsatz hierfür ausschließe, die Zulassung hindere. Notwendig sei (nur) die Verfügbarkeit des Leistungserbringers in "erforderlichem Maße", also für eine Tätigkeit im üblichen Umfang. Es genüge typischerweise, wenn der Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung und den Gegebenheiten seines Praxisbereichs regelmäßig zu den üblichen Sprechzeiten den Versicherten zur Verfügung stehe. Diese Voraussetzungen erfülle er nach wie vor. Anders als im vom Sozialgericht angeführten Urteil des Bundessozialgerichts übe er eine parallele sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung nicht aus. Deshalb komme es auf einen festgelegten einheitlichen Mindestumfang des Sprechstundenangebots nicht an. Dieser müsse vielmehr therapeutengruppen- und regionalspezifisch ermittelt werden. Die danach maßgeblichen Anforderungen erfülle er.

Der Beklagte habe die angegebenen Fallzahlen offenbar ausschließlich auf Patienten bezogen, deren Behandlung er unmittelbar bei der Beigeladenen Nr. 1 (im Wege der Sachleistung) abgerechnet habe. Er habe aber auch eine Vielzahl nach § 13 Abs. 2 SGB V zur Kostenerstattung berechtigter Patienten behandelt; diese hätten ihre Behandlungsrechnungen den Krankenkassen unmittelbar zur Erstattung vorgelegt. In der Fallzahlstatistik seien sie deshalb offenbar nicht berücksichtigt worden. Seine Behandlungsübersicht für den Monat August 2002 etwa zeige, dass er allein 76 Behandlungsstunden für (gesetzlich versicherte) so genannte "Privatzahler" erbracht habe. Hinzu kämen die im Wege der Sachleistung abgerechneten Behandlungsstunden sowie die ebenfalls als Therapiezeit anzurechnenden Vor- und Nachbereitungszeiten, die nach einer Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung einen 50-prozentigen Arbeitszeitzuschlag rechtfertigten.

Er habe keine Patienten in die Privatbehandlung abgedrängt. Vielmehr wünschten Kassenpatienten von sich aus ausdrücklich, privat behandelt zu werden. Er komme solchen Wünschen nur nach. Davon abgesehen könne er wegen der spezifischen Vorgaben der Psychotherapierichtlinien ohnehin nicht entsprechend behandeln und abrechnen. Er sei Spezialist für Angst- und Panikstörungen, Zwangserkrankungen und Depressionen, zu deren erfolgreicher Behandlung er im langjährigen statistischen Durchschnitt regelmäßig nur insgesamt 10 Stunden, also weit weniger als üblich, benötige. Mit seinem hoch effektiven Konzept, das über sein Institut A. bekannt geworden sei, und das dem vergleichsweise realitätsfernen Korsett der Psychotherapierichtlinien entgegenstehe, helfe er sowohl den Versicherten wie den Krankenkassen, denen er Kosten erspare. Sein Erfolgsrezept bestehe darin, dass er verhaltenstherapeutische en-bloc-Veranstaltungen mit üblicherweise bis zu achtstündigem Umfang abhalte. Das sei nach den Psychotherapierichtlinien freilich nicht abrechnungsfähig. Nach diesen Richtlinien könne er wegen des unzureichenden therapeutischen Behandlungsrahmens zulässigerweise gar nicht behandeln und abrechnen, was er den gesetzlich krankenversicherten Patienten vor Behandlungsbeginn auch sage. Sein für diese Patienten angebotener Zeitaufwand rechtfertige daher ohne Weiteres den Fortbestand der Zulassung. Schließlich sei die außerhalb der Behandlungsarbeit verrichtete Tätigkeit für sein Institut A. ohne Belang. Sie komme gesetzlich Versicherten dadurch zugute, dass sie über dieses Institut zu Behandlungszwecken akquiriert würden. Die Behandlung privat versicherter Patienten hindere ihn ebenfalls nicht an der ausreichenden Versorgung gesetzlich Krankenversicherter. Die Ausschreibung des Vertragstherapeutensitzes habe er nur vorsorglich veranlasst, weil er erwogen habe, einem langwierigen Rechtsstreit auszuweichen; irgendwelche Vermutungen rechtfertige das nicht. Gröbliche Pflichtverletzungen habe er nicht begangen; ggf. möge man die dafür herangezogenen Zeugen hören.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. September 2003 und den Bescheid des Beklagten vom 21. Februar 2003 aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladenen Nr 1, 2, 6 und 7 beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die übrigen Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Der Beklagte trägt ergänzend vor, die Klage habe keine aufschiebende Wirkung; um vorläufigen Rechtsschutz gegen die für sofort vollziehbar erklärte Zulassungsentziehung habe der Kläger nicht nachgesucht. Er sei deshalb nicht mehr zugelassener Vertragspsychotherapeut. Gleichwohl inseriere er im Internet unter seinem "A. Institut für Psychotherapie, S." und erwecke wahrheitswidrig den Anschein, dass er zur Behandlung so genannter Kostenerstattungspatienten der gesetzlichen Krankenversicherung berechtigt sei. In der im Widerspruchsverfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung habe der Kläger erklärt, er habe etwa zu 50 Prozent Privatpatienten und zu 50 Prozent gesetzlich versicherte Patienten, wobei es ihm offenbar gleichgültig sei, dass Kostenerstattung wählende gesetzlich Versicherte keine Privatpatienten im eigentlichen Sinne seien. Schon daraus folge, dass der Kläger zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung nur in beschränktem Umfang zur Verfügung stehe - das erst recht, wenn man die Fallzahlen aus den vorliegenden Abrechnungen berücksichtige. Der Kläger habe im Jahr 2000 insgesamt 9 Scheine, im Jahr 2001 17 Scheine und im Jahr 2002 36 Scheine abgerechnet. Von den 26 Fällen des Quartals 3/02 habe er in 25 Fällen nur Leistungen nach Gebührennummer 870 EBM (probatorische Sitzung) und nur in einem Fall eine Therapieleistung abgerechnet. Die Behauptung, er habe Patienten, die sich im Quartal 3/02 bei ihm vorgestellt hätten, weiter überwiesen, habe der Kläger trotz Aufforderung nicht weiter substantiiert.

Der Kläger sei Inhaber und Betreiber des A.-Systemhauses, auf dessen Internet-Seiten im Übrigen eine - unzulässige - Praxisgemeinschaft zwischen einem Vertragspsychotherapeuten und einem Vertragsarzt angeführt sei. Die entsprechenden Aktivitäten seien mehr als bloße Nebentätigkeit und kämen überdies zur Behandlung der Privatpatienten hinzu. Dass der Kläger bei gesetzlich Versicherten nur in Ausnahmefällen Therapieleistungen erbringe, in fast allen abgerechneten Fällen vielmehr nur probatorische Sitzungen durchgeführt habe, unterstreiche ebenfalls die mangelnde Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Der Kläger setze Sachleistungspatienten schließlich zu Unrecht den Kostenerstattungspatienten, denen eine Rechnung nach Maßgabe der Gebührenordnung für Ärzte gestellt werde, gleich. Seinerzeit habe man die vom Kläger benannten Zeugen gehört; aus deren unmissverständlichen Angaben gehe hervor, dass der Kläger Kassenpatienten in die Privatbehandlung abgedrängt habe. Wozu man die Zeugen jetzt erneut hören solle, sei nicht dargelegt. Alles in allem wolle der Kläger die Zulassung offenbar nur zu dem Zweck behalten, Kostenerstattungspatienten privat behandeln und dafür privat abrechnen zu dürfen.

Die Beigeladene Nr. 1 hat eine Übersicht über das vom Kläger in den Quartalen 1/99 bis 1/03 erzielte Honorar sowie die zugehörigen Gesamthonorarabrechnungen vorgelegt; hierfür wird auf die Aufstellung auf Aktenseite 58 sowie Aktenseite 59 bis 75 der Senatsakte Bezug genommen. Die Abgabe einer vom Senat angeforderten Einverständniserklärung zur Beiziehung von Steuerakten hat der Kläger verweigert. Er ist auch zu einem Erörterungstermin nicht erschienen.

Der Kläger teilte am 28. September 2004 seine neue Anschrift in K. mit, gab jedoch später an, dass dort nur das A.-Institut seinen neuen Sitz habe. Er hat abschließend bekräftigt, dass er keine Versicherten in die Privatbehandlung abgedrängt habe und ausschließlich Angst- und Panikerkrankungen behandele. Versicherte mit anderen Erkrankungen habe er an andere Therapeuten verwiesen. Eine Überweisung an das A.-Institut sei abwegig, weil ihm dieses Institut gehöre.

Der Beklagte hat zur von der Beigeladenen Nr. 1 vorgelegten Honorarübersicht vorgetragen, ein an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung (im notwendigen Maß) mitwirkender Vertragspsychotherapeut erziele hieraus einen Umsatz in Höhe von durchschnittlich etwa 15.000.- EUR im Quartal. Auch der Vortrag des Klägers, wonach er nicht nach den Regeln der Psychotherapierichtlinie behandele, bestätige, dass er nicht vertragspsychotherapeutisch tätig sei und an der Sicherstellung der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter nicht mitwirke.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Sie richtet sich (nur) gegen den Bescheid des Beklagten vom 21. Februar 2003 (Beschluss vom 16. Januar 2003), der den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 18. Juni 2002 (Beschluss vom 7. Februar 2002) ersetzt hat und die Zulassungssache allein regelt (BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1). Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die Klage deshalb zu Recht abgewiesen.

In formeller Hinsicht ist der Bescheid des Berufungsausschusses nicht zu beanstanden. Insbesondere sind Anhörungs- oder Mitwirkungsrechte des Klägers nicht verletzt worden. Die Beklagte durfte seinen Antrag auf Verlegung der zweiten Widerspruchsverhandlung vom 16. Januar 2003 abgelehnen. Eine Rechtspflicht zur Terminsverlegung bestand nämlich nicht. Dass der Kläger, der an der ersten Verhandlung vom 24. Oktober 2002 teilgenommen hatte, hinsichtlich des Fortsetzungstermins an der Sitzungsteilnahme verhindert gewesen wäre, wurde nicht ausreichend dargetan. Das vom Kläger vorgelegte Arztattest des Dr. T. vom 15. Januar 2003, in dem undifferenziert von "Sport-, Arbeits- und Schulunfähigkeit" die Rede ist, ohne die attestierte Erkrankung auch nur ansatzweise zu benennen (vgl. dazu auch etwa BVerwG, NJW 1995, 799, 800 und NVwZ-RR 1995, 533), ist ersichtlich oberflächlich ausgestellt und lässt auch nicht erkennen, ob der Arzt geprüft hat, ob dem Kläger bei der Art seiner nur zwei Tage dauernden und daher nur leichten Erkrankung die (zeitlich kurze) Teilnahme an der Sitzung des Beklagten wirklich unzumutbar war. Der Beklagte musste die Sitzung auch nicht wegen der behaupteten Verhinderung des neuen Bevollmächtigten des Klägers verlegen, nachdem dieser am 9. Januar 2003 zunächst wegen der notwendigen Einsicht in die Verwaltungsakten Terminsverlegung beantragt und, als ihm die Akten sogleich übersandt worden waren, erst am 16. Januar 2003 - also am Sitzungstag - selbst - die Verhinderung wegen ebenfalls nicht näher benannter, vor Urlaubsantritt anstehender dringender Termine, geltend gemacht hatte. Für die Annahme einer Terminsverlegungspflicht genügt das nicht, zumal im wenige Tage zuvor gestellten ersten Terminsverlegungsantrag von irgendwelchen Kollisionsterminen nicht die Rede war, und der Kläger eine Anwaltssozietät (mit 11 Anwälten) beauftragt hatte (Vollmacht vom 7. Januar 2003).

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V; diese Vorschrift gilt gem. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V für Psychotherapeuten entsprechend. Danach ist die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt bzw. Vertragspsychotherapeut seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Auf ein Verschulden des Arztes kommt es nicht an. Denn die Entziehung der Zulassung soll das System der vertragsärztlichen Versorgung vor Störungen bewahren und funktionsfähig erhalten, nicht jedoch individuelles Fehlverhalten sanktionieren. Dies ist Aufgabe des Disziplinarverfahrens, in dem u.a. das Ruhen der Zulassung gemäß § 81 Abs. 5 SGB V angeordnet werden kann. Da die Zulassungsentziehung schwerwiegend in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreift, darf sie unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann ausgesprochen werden, wenn sie das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Versorgung ist (Senatsurteil vom 19. November 2003, - L 5 KA 1910/02 - unter Hinweis auf BVerfG, SozR 2200 § 368a Nr. 12 und BSG, SozR 3-2500 § 95 Nr. 4).

Für die Zulassungsentziehung ist der Behörde Ermessen nicht eröffnet und ihr steht auch ein Beurteilungsspielraum nicht zu (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 2004, L 5 KA 1313/04 -). Das Gericht kann ihre Entscheidung deshalb uneingeschränkt überprüfen. Für die Gerichtsentscheidung ist grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides (des Berufungsausschusses) maßgeblich. Auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht käme es an, wenn der angefochtene Bescheid noch nicht vollzogen worden wäre, was hier aber nicht der Fall ist (auch dazu Senatsurteil vom 19. November 2003, aaO unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 4).

Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind erfüllt. Denn der Kläger hat nach seiner Zulassung am 21. April 1999 seine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit nicht ausgeübt. Zum Zeitpunkt der Zulassungsentziehung und ebenso zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich zukünftig insoweit grundlegend etwas ändern werde. Es mag daher dahinstehen, ob der Kläger außerdem seine vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich verletzt hat oder nicht.

Damit der Vertragsarzt oder gem. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGBV der Vertragspsychotherapeut, worauf es hier ankommt, seine Tätigkeit im Sinne des § 95 Abs. 6 SGB V (noch) ausübt, ist in objektiver Hinsicht erforderlich, dass er in ausreichendem Maße Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt. Der Tatbestand des § 95 Abs. 6 SGB V ist demgegenüber nicht erst dann erfüllt, wenn gar keine vertragsärztliche Tätigkeit mehr vorliegt, also letztendlich gar keine sozialversicherte Patienten behandelt werden. Außerdem muss in subjektiver Hinsicht der Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an deren Versorgung bestehen. Der Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut muss entsprechend der ihm erteilten Zulassung seine Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet und an seinem Sitz aufnehmen und fortan dauerhaft ausüben, also die Gesamtheit der ihm obliegenden Pflichten als Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut im Wesentlichen erfüllen (dazu und zu deren Inhalt näher Senatsurteil vom 21. Juli 2004, aaO).

In erster Linie folgt das aus § 95 Abs. 3 SGB V, wonach die Zulassung (u. a.) bewirkt, dass der Vertragsarzt bzw. Vertragspsychotherapeut zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet ist. Er gliedert sich mit der Zulassung nämlich in den der Kassenärztlichen Vereinigung obliegenden Sicherstellungsauftrag zur Durchführung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs. 1 SGB V) ein. Deshalb steht es nicht mehr in seinem Belieben, ob und auch in welchem Umfang er sozialversicherte Patienten versorgen will. Er muss vielmehr in erforderlichen Umfang (gerade) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Andernfalls könnte die Kassenärztliche Vereinigung die Gewähr für eine ordnungsgemäße Versorgung gegenüber den Krankenkassen und deren Verbänden nicht übernehmen (vgl. KassKomm-Hess, § 95 Rn. 60).

Der subjektive Wille zur kontinuierlichen Teilnahme an der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter ist Grundvoraussetzung für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Er ist nicht erst bei der Zulassungsentziehung rechtlich von Bedeutung, sondern bereits für die Erteilung der Zulassung. So bestimmt § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV, dass für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeignet ist, wer wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeiten für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichen Maße zur Verfügung steht. In diesem Zusammenhang wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts von einem Zulassungsbewerber zwar nicht verlangt, seine "volle" Arbeitskraft in der vertragsärztlichen Versorgung einzusetzen. Notwendig ist aber das Bereitstehen des Leistungserbringers im "erforderlichen Maße", d. h. für eine Tätigkeit im "üblichen Umfang". Der Vertragsarzt muss entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung und den Gegebenheiten seines Praxisbereichs regelmäßig zu den üblichen Sprechzeiten für die Versorgung der Versicherten verfügbar sein und in den Grenzen der Zumutbarkeit und Üblichkeit auch für Notfallbehandlungen und für andere wichtige Fälle außerhalb der Sprechzeiten tätig sein können (näher BSG, Urt. v. 30. Januar 2002, - B 6 KA 20/01 R -, BSGE 89,134; Urt. v. 11. September 2002, B 6 KA 23/01 R -, SozR 5520 § 20 Nr. 4). Das gilt grundsätzlich auch für Vertragspsychotherapeuten, die gem. § 1 Abs. 3 Ärzte-ZV ebenfalls den Eignungsanforderungen des § 20 Abs. 1 Ärzte ZV unterliegen. Da diese aber regelmäßig keine offene Sprechstunde abhalten, sondern ausschließlich eine Bestellpraxis betreiben und auch nicht an Notfalldiensten teilnehmen, sind an die Verfügbarkeit in der eigenen Praxis außerhalb der vereinbarten Behandlungstermine keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl ist freilich eine Mindestzahl von angebotenen Behandlungsstunden zur Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung notwendig, wobei eine mehr als zwanzigstündige wöchentliche Verfügbarkeit in eigener Praxis gefordert werden muss (so KassKomm-Hess, SGB V § 95 Rn. 42a). Alles in allem muss die vertragsärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Tätigkeit danach zweifelsfrei den Hauptberuf ausmachen bzw. das Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit bilden und ihr das Gepräge geben (so auch LSG Hamburg, Urt. v. 21. November 2001, - II KABf 6/96 -; veröffentlicht in juris).

Davon ausgehend hat der Kläger seit seiner Zulassung Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in ausreichendem Maße behandelt und neben seinen anderen Aktivitäten die vertragspsychotherapeutische Versorgung allenfalls als völlig untergeordnete Nebentätigkeit ausgeübt.

Dass der Kläger zur Versorgung gesetzlich Versicherter (objektiv) nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, tritt - unbeschadet dessen, dass er nach eigenem Bekunden nicht gemäß den Psychotherapierichtlinien (Richtlinien über die Durchführung der Psychotherapie vom 11. Dezember 1998, BAnz 1999, 249) behandelt (dazu noch im Folgenden) - aus seinen bei der Beigeladenen Nr. 1 eingereichten Abrechnungen für die Jahre 1999 bis 2002 hinreichend klar hervor. So rechnete er in den Quartalen 3/99 18 Fälle, 4/99 und 1/00 jeweils 5 Fälle, 2/00 1 Fall, 3/00 2 Fälle, 4/00 1 Fall, 1/01 4 Fälle, 2/01 9 Fälle, 3/01 und 4/01 jeweils 3 Fälle, 1/02 1 Fall, 2/02 2 Fälle, 3/02 26 Fälle und 4/02 5 Fälle ab. Daraus ergibt sich ein Quartalsdurchschnitt von (ca.) sechs Fällen. Demgegenüber beträgt der Fachgruppendurchschnitt der psychologischen Psychotherapeuten nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten 45 Fälle im Quartal. Der Kläger erreicht davon nur einen Anteil von etwa 13,5 % und auch das nur dann, wenn man das Quartal 3/02 einbezieht, das mit 26 Fällen völlig untypisch ist und der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit des Klägers deshalb nicht das Gepräge geben kann; ohne dieses Quartal betrüge der Anteil nur noch 9,33 %. Hinsichtlich des mit Abstand abrechnungsstärksten Quartals 3/02 fällt außerdem ins Gewicht, dass der Kläger (auch) dort nahezu ausschließlich nur Leistungen nach Gebührennummer 870 EBM (probatorische Sitzungen von mindestens 50 Minuten Dauer) abgerechnet und insoweit jeweils 45 Minuten angesetzt hat. Der Beklagte hat daraus eine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit von arbeitstäglich knapp 20 Minuten errechnet, was für die Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung ersichtlich nicht ausreicht, auch wenn man dem Vorbringen des Klägers folgend für Vor- und Nachbereitungszeiten einen 50-prozentigen Zuschlag ansetzen würde.

Unterstrichen wird diese Beurteilung, wenn man die Umsätze des Klägers aus der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit ergänzend heranzieht. Danach erwirtschaftete der Kläger folgende Honorare:

Quartal 1/99 770,58 EUR Quartal 2/99 1.756,14EUR Quartal 3/99 1.207,80 EUR Quartal 4/99 736,39 EUR Quartal 1/00 789,38 EUR Quartal 2/00 1.511,17 EUR Quartal 3/00 1.404,60 EUR Quartal 4/00 491,61 EUR Quartal 1/01 745,85 EUR (abzüglich nach Vergütung aus 1999 206,74 EUR) Quartal 2/01 1.042,97 EUR Quartal 3/01 303,35 EUR Quartal 4/01 221,41EUR Quartal 1/02 599,67 EUR (abzüglich nach Vergütung aus 1998 308,55 EUR) Quartal 2/02 294,28 EUR (13.965,34 EUR abzüglich nach Vergütung aus 1997 13.671,06 EUR) Quartal 3/02 1.878,25 EUR (28.324,51 EUR abzüglich nach Vergütung aus 1996 26.446,26 EUR) Quartal 4/02 433,01 EUR (8.774,74 EUR abzüglich nach Vergütung aus 1995 8.341,73 EUR) Quartal 1/03 201,08 EUR

Seit seiner Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit (21. April 1999) hat der Kläger daraus einen durchschnittlichen Umsatz von etwa 850 EUR im Quartal erzielt. Demgegenüber liegt der durchschnittliche Umsatz eines voll an der Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung der gesetzlich Versicherten mitwirkenden Vertragspsychotherapeuten nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten bei etwa 15.000 EUR. Davon hat der Kläger lediglich einen Bruchteil von etwa 5,6 % erreicht.

Der Kläger hat somit nicht nur sehr wenige Patienten behandelt, er hat diesen wenigen Patienten auch jeweils nur eine sehr geringe Zahl an Behandlungsstunden zukommen lassen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht voraussetzt, eine bestimmte Anzahl von Behandlungsfällen abzurechnen. Mit Blick darauf hat der Senat zu § 103 Abs. 4 SGB V auch entschieden, eine geringe Fallzahl für sich allein lasse nicht ohne weiteres den Schluss zu, es liege eine fortführungsfähige Praxis nicht mehr vor (Senatsurteil vom 8. Mai 2002, - L 5 KA 382/02 -). Wenn ein Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut deutlich weniger Fälle als seine Fachgruppe behandelt, kann das auf unterschiedlichen Gründen beruhen, etwa auch darauf, dass er für sich keine Patienten gewinnen kann. Im Falle des Klägers liegen die Indikatoren für den Umfang der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit (wie Fallzahlen, Zeitaufwand und Umsatz) aber in einem Bereich, bei dem die Durchschnittswerte der Fachgruppe so deutlich unterschritten sind, dass dies nur durch die nicht mehr ausreichende Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu erklären ist. Das eigene Vorbringen des Klägers unterstreicht das. So macht er keineswegs geltend, er habe nur wenige Patienten gewinnen können, sondern beruft sich im Gegenteil auf Erfolg und Attraktivität seiner Behandlung, zumal er durch seinen Internet-Auftritt offenbar einen großen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Gegenüber dem Beklagten hat der Kläger noch darauf hingewiesen, er sei sehr gefragt (Bl. 391 Verwaltungsakten) und arbeite täglich 12 Stunden (Bl. 287 Verwaltungsakte). Wenn er gleichwohl nur in geringem und damit nicht ausreichendem Maße an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnimmt, so beruht das ersichtlich nicht zuletzt darauf, dass er sich auf die Behandlung privat Versicherter konzentriert. Das zeigt, dass dem Kläger auch subjektiv der Wille gefehlt hat, an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter teilzunehmen.

Die Einwendungen des Klägers ändern nichts. Soweit er behauptet, er behandele außer Privatpatienten und gesetzlich Versicherten (von ihm als "Sachleistungspatienten" bezeichnet ) zusätzlich gem. § 13 Abs. 2 SGB V zur Kostenerstattung berechtigte Versicherte, fällt - nicht anders als auch bei den Sachleistungspatienten - schon ins Gewicht, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen die Behandlung nicht den Psychotherapierichtlinien gemäß durchführt, weshalb er sie bei den Krankenkassen auch nicht abrechnen könne; das sage er den Versicherten auch vor Behandlungsbeginn. Richtlinienwidrige Leistungen dieser Art füllen die Voraussetzungen für die Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung bzw. für die Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit im Sinne des § 95 Abs. 6 SGB V aber nicht aus. Denn mit der Zulassung ist der in den der Kassenärztlichen Vereinigung obliegenden Sicherstellungsauftrag eingegliederte Vertragspsychotherapeut gem. § 95 Abs. 3 SGB V verpflichtet, im Rahmen seiner Zulassung sozialversicherte Patienten nach Maßgabe der Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu behandeln. Hierfür kommen nur Leistungen in Betracht, die gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben erbracht werden. Dabei spielt es rechtlich keine Rolle, ob die Behandlungsmethode des Klägers, wie er behauptet, besonders erfolgreich ist oder nicht.

Auch das Vorbringen des Klägers zur Fallzahlzuwachsbegrenzung führt angesichts seines Quartalsdurchschnittes von nur 6 Fällen nicht weiter. Zwar erfasste die Anlage 2 zum ab 1. Juli 1999 gültigen Honorarverteilungsmaßstab der Beigeladenen Nr. 1 auch Psychotherapeuten, kam für diese aber nicht zum Tragen, wie der Bevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt hat. Davon abgesehen hat er die Behandlung gesetzlich Krankenversicherter (entgegen entsprechender Behauptungen) ersichtlich nicht mit Blick auf eine Regelung über die Fallzahlzuwachsbegrenzung auf das festgestellte niedrige Niveau gesenkt, sondern deshalb, weil er eine nicht den Psychotherapierichtlinien entsprechende Behandlung anbieten und privat bzw. über Kostenerstattung nach Maßgabe des § 13 SGB V abrechnen wollte. Der Kläger hat, wie aus der Auflistung Bl. 84 Verwaltungsakten hervorgeht, schon lange vor dem Schreiben vom 12. Oktober 1998 (Bl. 83 Verwaltungsakten) die Zahl seiner Behandlungsstunden drastisch abgesenkt und hat auch in der Zeit danach keine Anstalten gemacht, wenigstens die (rechtsirrtümlich) eingeräumte Fallzahl von 16 Fällen im Quartal zu erreichen und durch entsprechende Behandlungsstunden zumindest diesen Rahmen auszuschöpfen.

Der Kläger hat nach alledem gesetzlich Krankenversicherte nicht in ausreichendem Maße behandelt und damit im Sinne von § 95 Abs. 6 SGB V nicht mehr eine vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt. Die Zulassungsentziehung ist bereits aus diesem Grund gerechtfertigt. Deshalb mag dahinstehen, aus welchen Gründen er im Dezember 2002 bei der Beigeladenen Nr. 1 beantragt hatte, seinen Vertragspsychotherapeutensitz auszuschreiben. Ebenso kann offen bleiben, ob der Kläger schon wegen der Tätigkeit im Zusammenhang mit seinem A.-Institut bzw. der Herausgabe einer Zeitschrift für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichen Maße zur Verfügung steht und deshalb nach Maßgabe des §§ 1, Abs. 3, 20 Abs. 1 Ärzte-ZV für die Ausübung der vertragspsychotherapeutische Tätigkeit nicht geeignet ist. Gleiches gilt hinsichtlich des Vorbringens des Klägers zur Tätigkeit bei der Behandlung privat Versicherter. Ob der Kläger außerdem seine vertragspsychotherapeutischen Pflichten gröblich verletzt hat, bedarf ebenfalls keiner weiteren Abklärung. Der Senat brauchte daher auch nicht die vom Beklagten bereits gehörten Zeugen nochmals zu vernehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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