Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1953/06 PKH-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4467/06 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. Juli 2006 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Klageverfahren S 13 AS 1952/06 unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. ab 29. Mai 2006 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers, welcher das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (vgl. im Einzelnen §§ 172ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) ist zulässig, obwohl in der Hauptsache der Beschwerdewert von 500 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG) nicht erricht wird (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Januar 2007 - L 13 AL 4100/06 PKH-B m.w.N.). Sie hat auch in der Sache Erfolg; dem Kläger ist unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren vor dem SG (S 13 AS 1952/06) zu bewilligen.
Nach § 73 a SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Am 29. Mai 2006 hat der Kläger erstmals glaubhaft gemacht, dass er die Kosten der Prozessführung (Kosten des ihn vertretenden Rechtsanwalts mit ausgehend von der Mittelgebühr einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer rund 400 EUR) nicht aufbringen kann. Die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27. April 2006 ist beim SG zwar bereits am 10. Mai 2006 eingegangen, dieser waren jedoch keine Belege zur Glaubhaftmachung der in der Erklärung enthaltenen Angaben beigefügt; den aktuellen Bescheid vom 26. April 2006 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat der Kläger dem Gericht nicht vorgelegt, dieser ist erst durch Beiziehung der Verwaltungsakten der Beklagten (Eingang bei Gericht am 29. Mai 2006) zur Kenntnis des Gerichts gelangt. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 726,27 EUR monatlich (Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 2006). Nach Abzug des Freibetrages für ihn (380 EUR; vgl. Bekanntmachung zu § 115 ZPO - Prozesskostenhilfebekanntmachung 2006 vom 6. Juni 2006 (BGBl. I, 1292)) und der Kosten für Unterkunft und Heizung (381,27 EUR) verbleibt kein einzusetzendes Einkommen mehr.
Zu bejahen ist auch die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage. Insoweit genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit; Erfolgsgewissheit ist hingegen nicht zu fordern (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Auflage, § 114 Rdnr. 3). Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (Philippi in Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 114 Rdnr. 19). Sind weitere Ermittlungen erforderlich, genügt es, wenn das Gericht in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist, die das Obsiegen ebenso wahrscheinlich erscheinen lässt wie ein Unterliegen (vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Mai 1998 - 7 S 3090/97 - in NVwZ 1998, 1098 m.w.N., veröffentlicht auch in Juris). Auch ein möglicher Teilerfolg genügt, um die für die Gewährung von PKH erforderliche Erfolgsaussicht zu bejahen (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Februar 2006 - L 29 (9) B 30/05 SO - veröffentlicht in Juris); dies gilt jedenfalls dann, wenn sich dieser kostenmäßig auswirken würde.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das SG die Erfolgsaussicht zu Unrecht verneint. Gegenstand der Anfechtungsklage ist zunächst der den Bewilligungsbescheid vom 10. Januar 2006 für die Zeit vom 1. März bis 31. Juli 2006 teilweise zurücknehmende Bescheid vom 25. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2006. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Dementsprechend führt die ab 1. Januar 2006 vom Kläger durchgeführte Minderung des Mietzinses auch zu einer Minderung seines Anspruchs gegen die Beklagte. Hierbei kann offen bleiben, ob anderes gelten würde, wenn der Kläger tatsächlich Aufwendungen für die Mängelbeseitigung am Mietobjekt erbracht hätte; denn solche Aufwendungen hat er nicht substantiiert dargelegt und erst recht nicht nachgewiesen. Angesichts der bereits am 3. Januar 2006 erfolgten Zahlung des um 78,00 EUR geminderten Mietzinses erweist sich der den vollen Mietzins berücksichtigende Bescheid vom 25. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2006 als von Anfang an (teilweise) rechtswidrig.
Offen ist hingegen, ob die Beklagte auch berechtigt gewesen ist, diesen auch im Widerspruchsbescheid keine Ermessensausübung enthaltenden Bescheid mit Wirkung ab 1. März 2006 teilweise zurückzunehmen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 45 SGB X in Verbindung mit §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 SGB III. Insoweit wird das SG prüfen müssen, ob der Kläger auf den Bestand des Bescheids vom 10. Januar 2006 vertraut hat, sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist bzw. ob, was auch eine Rücknahme für die Zukunft rechtfertigen würde, ein Ausnahmetatbestand nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X Anwendung findet. Letzteres erscheint - aufgrund des bislang bekannten Sachverhalts - als offen, nachdem der Kläger bei Antragstellung am 22. Dezember 2005 noch zutreffende Angaben gemacht und der Beklagten die Mietminderung bereits am 19. Januar 2006 mitgeteilt hat. Darüber hinaus dürfte auch der erst nach Klageerhebung (28. April 2006) bekannt gegebene Bescheid vom 26. April 2006 Gegenstand des Klageverfahrens geworden sein, denn dieser hat den Bescheid vom 25. Januar 2006 ersetzt und die teilweise Zurücknahme des Bescheids vom 10. Januar 2006 offenbar auch auf den Monat Februar 2006 erstreckt. Welche Berechnungen dem Bescheid vom 26. April 2006 im Einzelnen zugrunde liegen, lässt sich den dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten nicht abschließend entnehmen; das SG wird den Sachverhalt insoweit weiter aufklären müssen. Auch die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids setzt aber das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X in Verbindung mit §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 SGB III voraus. Dies erscheint hier zumindest zweifelhaft, da die Beklagte durch Erlass des Bescheids vom 25. Januar 2006 einen Vertrauensschutztatbestand dahingehend geschaffen haben könnte, die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung werde wegen der erfolgten Minderung des Mietzinses lediglich für die Zeit ab 1. März 2006 (teilweise) zurückgenommen. Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts ist ebenfalls zu bejahen.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers, welcher das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (vgl. im Einzelnen §§ 172ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) ist zulässig, obwohl in der Hauptsache der Beschwerdewert von 500 EUR (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG) nicht erricht wird (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Januar 2007 - L 13 AL 4100/06 PKH-B m.w.N.). Sie hat auch in der Sache Erfolg; dem Kläger ist unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren vor dem SG (S 13 AS 1952/06) zu bewilligen.
Nach § 73 a SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Am 29. Mai 2006 hat der Kläger erstmals glaubhaft gemacht, dass er die Kosten der Prozessführung (Kosten des ihn vertretenden Rechtsanwalts mit ausgehend von der Mittelgebühr einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer rund 400 EUR) nicht aufbringen kann. Die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27. April 2006 ist beim SG zwar bereits am 10. Mai 2006 eingegangen, dieser waren jedoch keine Belege zur Glaubhaftmachung der in der Erklärung enthaltenen Angaben beigefügt; den aktuellen Bescheid vom 26. April 2006 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat der Kläger dem Gericht nicht vorgelegt, dieser ist erst durch Beiziehung der Verwaltungsakten der Beklagten (Eingang bei Gericht am 29. Mai 2006) zur Kenntnis des Gerichts gelangt. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 726,27 EUR monatlich (Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 2006). Nach Abzug des Freibetrages für ihn (380 EUR; vgl. Bekanntmachung zu § 115 ZPO - Prozesskostenhilfebekanntmachung 2006 vom 6. Juni 2006 (BGBl. I, 1292)) und der Kosten für Unterkunft und Heizung (381,27 EUR) verbleibt kein einzusetzendes Einkommen mehr.
Zu bejahen ist auch die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage. Insoweit genügt eine Erfolgswahrscheinlichkeit; Erfolgsgewissheit ist hingegen nicht zu fordern (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Auflage, § 114 Rdnr. 3). Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden (Philippi in Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 114 Rdnr. 19). Sind weitere Ermittlungen erforderlich, genügt es, wenn das Gericht in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist, die das Obsiegen ebenso wahrscheinlich erscheinen lässt wie ein Unterliegen (vgl. Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Mai 1998 - 7 S 3090/97 - in NVwZ 1998, 1098 m.w.N., veröffentlicht auch in Juris). Auch ein möglicher Teilerfolg genügt, um die für die Gewährung von PKH erforderliche Erfolgsaussicht zu bejahen (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Februar 2006 - L 29 (9) B 30/05 SO - veröffentlicht in Juris); dies gilt jedenfalls dann, wenn sich dieser kostenmäßig auswirken würde.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das SG die Erfolgsaussicht zu Unrecht verneint. Gegenstand der Anfechtungsklage ist zunächst der den Bewilligungsbescheid vom 10. Januar 2006 für die Zeit vom 1. März bis 31. Juli 2006 teilweise zurücknehmende Bescheid vom 25. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2006. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Dementsprechend führt die ab 1. Januar 2006 vom Kläger durchgeführte Minderung des Mietzinses auch zu einer Minderung seines Anspruchs gegen die Beklagte. Hierbei kann offen bleiben, ob anderes gelten würde, wenn der Kläger tatsächlich Aufwendungen für die Mängelbeseitigung am Mietobjekt erbracht hätte; denn solche Aufwendungen hat er nicht substantiiert dargelegt und erst recht nicht nachgewiesen. Angesichts der bereits am 3. Januar 2006 erfolgten Zahlung des um 78,00 EUR geminderten Mietzinses erweist sich der den vollen Mietzins berücksichtigende Bescheid vom 25. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2006 als von Anfang an (teilweise) rechtswidrig.
Offen ist hingegen, ob die Beklagte auch berechtigt gewesen ist, diesen auch im Widerspruchsbescheid keine Ermessensausübung enthaltenden Bescheid mit Wirkung ab 1. März 2006 teilweise zurückzunehmen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 45 SGB X in Verbindung mit §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 SGB III. Insoweit wird das SG prüfen müssen, ob der Kläger auf den Bestand des Bescheids vom 10. Januar 2006 vertraut hat, sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist bzw. ob, was auch eine Rücknahme für die Zukunft rechtfertigen würde, ein Ausnahmetatbestand nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X Anwendung findet. Letzteres erscheint - aufgrund des bislang bekannten Sachverhalts - als offen, nachdem der Kläger bei Antragstellung am 22. Dezember 2005 noch zutreffende Angaben gemacht und der Beklagten die Mietminderung bereits am 19. Januar 2006 mitgeteilt hat. Darüber hinaus dürfte auch der erst nach Klageerhebung (28. April 2006) bekannt gegebene Bescheid vom 26. April 2006 Gegenstand des Klageverfahrens geworden sein, denn dieser hat den Bescheid vom 25. Januar 2006 ersetzt und die teilweise Zurücknahme des Bescheids vom 10. Januar 2006 offenbar auch auf den Monat Februar 2006 erstreckt. Welche Berechnungen dem Bescheid vom 26. April 2006 im Einzelnen zugrunde liegen, lässt sich den dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten nicht abschließend entnehmen; das SG wird den Sachverhalt insoweit weiter aufklären müssen. Auch die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids setzt aber das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X in Verbindung mit §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 2 SGB III voraus. Dies erscheint hier zumindest zweifelhaft, da die Beklagte durch Erlass des Bescheids vom 25. Januar 2006 einen Vertrauensschutztatbestand dahingehend geschaffen haben könnte, die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung werde wegen der erfolgten Minderung des Mietzinses lediglich für die Zeit ab 1. März 2006 (teilweise) zurückgenommen. Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts ist ebenfalls zu bejahen.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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