L 1 U 870/07 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 516/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 870/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Dezember 2006 (Az.: S 2 U 516/05) wird bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz ausgesetzt (§ 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Außergerichtliche Kosten des Vollstreckungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Kläger hat den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2005, mit dem ihm vorläufig für die Zeit vom 13. August 2002 bis 28. Februar 2003 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. und ab 1. März 2003 nach einer MdE um 20 v.H. bewilligt wurde, mit Klage angefochten. Dem Rechtsstreit liegt der Arbeitsunfall vom 7. Juni 1988 (vorläufige Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. bis zur Entziehung mit Bescheid vom 9. Februar 1990 ab März 1990) bzw. die Wiedererkrankung vom 18. Mai 2000 zugrunde. Nachdem der den Kläger behandelnde Dr. G. mit der Erstellung des Rentengutachtens beauftragt worden war und in seinem Gutachten vom 27. Juli 2001 nach einer Untersuchung im März 2001 eine MdE um 30 v.H. vorgeschlagen hatte, gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2001 dem Kläger wegen der Wiedererkrankung Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE um 20 v.H.

Der Kläger ließ am 5. Juni 2002 eine Arthroskopie des linken Knies durchführen.

Der mit der Gutachtenserstellung im Rahmen des im März 2003 von Amts wegen eingeleiteten Überprüfungsverfahrens beauftragte Prof. Dr. D. führte in seinem Gutachten vom 1. Juli 2003 aus, es habe sich keine wesentliche Änderung zum Vorbefund ergeben, die MdE belaufe sich weiterhin auf 30 v.H. Der Kläger beantragte im laufenden Verfahren zusätzlich, gestützt auf die Gutachten Dr. G./Prof. Dr. D., ihm bereits ab Mai 2000 Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren.

Der Beratungsarzt der Beklagten nahm eine nur vorübergehende Erhöhung der MdE nach dem operativen Eingriff vom 5. Juni 2002 an. Daraufhin ergingen die streitgegenständlichen Bescheide.

Daraufhin erhob der Kläger am 21. Februar 2005 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG), das ohne weitere Sachverhaltsermittlungen die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide mit Gerichtsbescheid vom 19. Dezember 2006 zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. ab 18. Mai 2000 verurteilte. Zur Begründung führte das SG aus, der beratungsärztlichen Stellungnahme komme kein Beweiswert zu, da es sich nur um die schriftliche Wiedergabe einer mündlichen Äußerung des Beratungsarztes handle. Den Gutachten Dr. G. und Prof. Dr. D. sei deshalb zu folgen.

Dagegen richtet sich die am 17. Januar 2007 erhobene Berufung der Beklagten, die zugleich die Aussetzung der Vollstreckung des Urteils des SG beantragt hat.

Das auf Anfechtungsklage ergangene Urteil des SG ist vollstreckbar, denn die Berufung der Beklagten hat keine aufschiebende Wirkung (§ 154 Abs. 1 SGG), weil auch die Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen, keine aufschiebende Wirkung hat (§ 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG). Ein Verwaltungsakt, der wie hier, eine laufende Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum in erhöhtem Umfang gewährt, die Leistung nach Ablauf dieses Zeitraums aber wieder herabsetzt, ist ebenfalls von § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG erfasst bzw. diesen Fällen gleichzustellen. Soweit zugleich der Antrag nach § 44 SGB X abgelehnt worden ist (erhöhte Rente schon ab Mai 2000) handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, der eine laufende Leistung herabsetzt oder entzieht, so dass insoweit die Klage nach § 86 a Abs. 1 SGG schon aufschiebende Wirkung besitzt und es einer Aussetzung der Vollziehung nicht bedarf. Die Vorschriften über die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit sind nicht anzuwenden (§ 198 Abs. 2 SGG).

Nach § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG kann durch den Vorsitzenden des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung aus dem Urteil durch einstweilige Anordnung ausgesetzt werden. Danach ist im Rahmen einer Interessenabwägung erforderlich das Interesse an der Vollziehung einerseits und andererseits das Interesse des Schuldners daran, nicht vor einer endgültigen Klärung der Rechtslage leisten zu müssen, zu würdigen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 199 Rdnr. 8). Nach diesen Grundsätzen war die Aussetzung der Vollstreckung anzuordnen, denn die Rückabwicklung von zu Unrecht geleisteten Rentenzahlungen im Falle eines Obsiegens der Beklagten ist mit einer größeren Gefahr des Rechtsverlustes der Beklagten verbunden als die Nachzahlung von zu Unrecht vorenthaltenen Rentenbeträgen im Falle des Obsiegens des Klägers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog (Meyer-Ladewig u.a., a. a. O. Rdnr. 7c).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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