L 4 R 4007/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 213/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4007/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. September 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger vom 17. März 2000 bis 30. November 2006 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) zusteht.

Der am 1946 geborene Kläger durchlief vom 01. April 1962 bis 20. Mai 1966 eine Lehre als Kraftfahrzeugmechaniker (Gesellenbrief vom 20. Mai 1966); er war danach als Kraftfahrzeugmechaniker, Mechaniker, Hubschraubertriebwerksmechaniker und zuletzt als Stromerzeugungsanlagenmechaniker bei der Bundeswehr (Standort Verwaltung St.) tätig. Der Kläger war seit 15. Oktober 1999 arbeitsunfähig (au) krank und bezog seit 16. Oktober 1999 Krankengeld (Krg). Nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bestand beim Kläger ab Januar 1987 zunächst ein Grad der Behinderung (GdB) von 30, der ab 13. Dezember 1990 auf 40, ab 18. Mai 1999 auf 50 und zuletzt (Abhilfebescheid des Landratsamts (Versorgungsamt) T. vom 24. Januar 2006) ab 27. Juli 2005 auf 70 (zuzüglich des Merkzeichens G) angehoben wurde. Bei der früheren Landesversicherungsanstalt Baden (später Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg - DRVBW -, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) beantragte der Kläger, nachdem ihm die Beklagte auf seinen Antrag vom 15. Dezember 1999 zunächst eine vom 17. Februar bis 16. März 2000 in der Rehabilitationsklinik Höhenblick in B. durchgeführte stationäre Rehabilitationsleistung bewilligt hatte (vgl. dazu Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. M. vom 27. März 2000), am 23. März 2000 die Gewährung von Rente wegen EU, und zwar unter Hinweis auf eine Kompressionsfraktur des Lendenwirbelkörpers 1 und eine Bandscheibendegeneration. Die Beklagte erhob ein Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Stephan vom 27. April 2000, der auch ein Gutachten des Dr. Sch. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in T. vom 08. Dezember 1999 vorlag. Nach Erhebung einer Arbeitgeberauskunft der Standortverwaltung St. vom 23. Mai 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 05. Juni 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) ab 17. März 2000 mit einem monatlichen Zahlbetrag von DM 639,52 bis 31. März 2000, von DM 1.321,66 vom 01. April 2000 bis 30. Juni 2000 und von DM 1.326,00 ab 01. Juli 2000. Vom früheren Arbeitsamt R. bezog der Kläger vom 01. Januar bis 31. Dezember 2001 Arbeitslosengeld (Alg), das nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von DM 1.200,00 berechnet wurde sowie auch vom 01. Januar 2002 bis 19. Februar 2003, das nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von EUR 620,00 berechnet wurde. Ferner bezog er vom 20. Februar bis 13. März 2003 erneut Krg.

Mit dem gegen den Rentenbescheid eingelegten Widerspruch begehrte der Kläger die Gewährung von Rente wegen EU ab 17. März 2000. Er könne sich nicht vorstellen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund seiner schwerwiegenden Gesundheitsstörungen, vor allem auf orthopädischem Gebiet, noch vollschichtig, d.h. achtstündig am Tag arbeiten zu können. Er verwies auf das vorgelegte Attest des Arztes für Orthopädie - Sozialmedizin - Dr. K. vom 24. August 2000. Die Beklagte erhob daraufhin das Gutachten des Facharztes für Orthopädie - Chirotherapie - Dr. C. vom 31. Oktober 2000; der Gutachter gelangte zu dem Ergebnis, von Seiten des orthopädischen Fachgebiets sei der Kläger zumindest noch für körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne längere Anfahrtswege mit dem Auto sechsstündig einsatzfähig. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. H., Arzt für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin/Sportarzt empfahl in seiner Stellungnahme vom 08. November 2000 noch die Erhebung eines aktuellen nervenärztlichen Gutachtens. Dieses erstattete die Ärztin Stephan am 12. Dezember 2000, die zu dem Ergebnis gelangte, bei den Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, eines Syndroms des engen Spinalkanals mit Claudicatio intermitens-Symptomatik und Tinnitus sei der Kläger noch in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten, Arbeiten ohne Wechsel, ohne Nachtschicht, ohne besondere geistige Anspannung, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, zu ebener Erde, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten. Der Widerspruch des Klägers blieb danach erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 17. Januar 2001).

Am 24. Januar 2001 erhob der Kläger wegen der Ablehnung der Gewährung von Rente wegen EU Klage beim Sozialgericht (SG) Reutlingen. Er benannte die ihn behandelnden Ärzte und wiederholte, auch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vollschichtig verrichten zu können. Insbesondere wegen der auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen auf dem Boden einer Spinalkanalstenose bei Kompressionsfraktur im Lendenwirbelkörperbereich und einer Bandscheibendegeneration sei keine körperliche Belastbarkeit mehr gegeben. Trotz orthopädischer Behandlungen bei Dr. K. habe sich keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlechterung des Befunds ergeben. Auch der vom SG herangezogene Sachverständige Dr. M. habe in seinem Gutachten mit ergänzender Stellungnahme festgestellt, dass bei ihm eine vollschichtige Leistungsfähigkeit infolge der vorliegenden polymorphen psychophysischen Störung nicht mehr bestehe und auch nicht mehr erreicht werden könne.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Stellungnahmen des Dr. H. vom 06. Juli 2001 sowie vom 12. April und 28. August 2002 sowie einer weiteren Stellungnahme des Arztes für Chirurgie - Sozialmedizin - Dr. Sc. vom 19. Mai 2003 entgegen.

Das SG holte schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Dr. K. vom 30. Mai 2001 sowie des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. A. vom 06. Juni 2001 ein. Ferner erhob es von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Sportmedizin Dr. L. vom 06. September 2001 (aufgrund einer deutlichen Einschränkung der Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule sei das Leistungsvermögen insoweit eingeschränkt, als lediglich noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten und ohne häufiges Bücken vollschichtig zugemutet werden könnten) sowie das weitere Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 12. Juli 2002 (aufgrund der neuropsychiatrischen Befunde sei der Kläger in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, die keine Beanspruchung an die statische und motorische Funktion der Wirbelsäule stellten, zumindest halbschichtig zu verrichten) mit ergänzender Stellungnahme vom 11. Februar 2003, ferner auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Sachverständigengutachten des Arztes für Orthopädie Dr. St. vom 02. Februar 2002 (der Kläger könne noch kurzfristig, ein bis zwei Stunden am Stück, maximal dreieinhalb bis vier Stunden am Tag, leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung des sich aus der bestehenden erheblichen Einschränkung der Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule ergebenden Leistungsbilds durchführen). Auf diese Auskünfte und Sachverständigengutachten wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 18. September 2003, den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 06. Oktober 2003 zugestellt, wies das SG die Klage ab. Gestützt auf die Leistungsbeurteilung im Gutachten des Dr. L. kam es zu Ergebnis, dem Kläger seien noch leichte körperliche Tätigkeiten bei Beachtung von Einschränkungen vollschichtig bzw. seit 01. Januar 2001 mindestens sechsstündig zumutbar. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 07. Oktober 2003 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten teilweisen Aufhebung der Gewährung von Rente wegen BU für die Zeit vom 01. Januar 2001 bis 13. März 2003 angehört (Schreiben vom 18. November 2003). Im Hinblick auf den Bezug von Alg bzw. Krg habe dem Kläger keine Rente wegen BU in voller Höhe, sondern lediglich nur in Höhe von einem Drittel zugestanden, woraus sich eine Überzahlung von EUR 12.186,33 ergebe, die zu erstatten sei. Dementsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom 02. Januar 2004 eine Neuberechnung der Rente wegen BU vom 01. Januar 2001 bis 13. März 2003 vorgenommen und die Erstattung von EUR 12.186,33 verlangt. Nach Anhörung mit Schreiben vom 25. März 2004 hat die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2004 den Erstattungsbetrag dann auf die Hälfte, d.h. auf EUR 6.093,16, reduziert. Ferner hat sie dem Kläger antragsgemäß ab 01. Dezember 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Rentenbescheid vom 26. Oktober 2006, monatlicher Rentenzahlbetrag EUR 1.047,21) bewilligt.

Der Kläger vertritt weiterhin die Ansicht, dass ihm die vollschichtige Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten des Dr. St. sowie der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dr. M ... Zu Unrecht habe sich das SG über deren Stellungnahmen hinweggesetzt. Bei ihm sei auch die Benennung zumutbarer Verweisungstätigkeiten zwingend erforderlich. Aus psychischen Gründen und wegen der entsprechenden Risiken habe er sich zu der von den Ärzten der Neurochirurgischen Universitätsklinik Freiburg vorgeschlagenen Operation bisher nicht entschließen können. Es fänden weiterhin ambulante Behandlungen durch den Hausarzt statt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 06. Januar 2005 zu seinen Beschwerden Stellung genommen. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass das Landratsamt T. (Versorgungsamt) bei ihm seit 27. Juli 2005 einen GdB von 70 festgestellt habe, was sich aus dem Abhilfebescheid vom 24. Januar 2006 ergebe. Entgegen der Ansicht der Beklagten seien die Bescheide vom 02. Januar und 20. April 2004, die die Rente wegen BU beträfen, nicht nach § 96 SGG kraft Klage im Berufungsverfahren zu überprüfen. Insoweit sei vielmehr zunächst das Widerspruchsverfahren durchzuführen. Der Kläger hat weitere Unterlagen eingereicht, nämlich einen Arztbrief des Facharztes für Radiologie Dr. K. vom 20. Oktober 2003 sowie Arztbriefe der Neurochirurgischen Universitätsklinik Freiburg vom 06. November 2003 und 20. Januar 2004.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. September 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 05. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2001 zu verurteilen, ihm anstelle der Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 17. März 2000 bis 30. November 2006 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise vom 01. Januar 2001 bis 30. November 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheids vom 02. Januar 2004 in der Gestalt des weiteren Bescheids vom 20. April 2004 abzuweisen.

Hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs wegen EU habe das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehe auch keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Dr. Schlich vom 19. November 2004 vorgelegt. Kraft Klage nach § 96 SGG seien auch die Bescheide vom 02. Januar und 20. April 2004 zu überprüfen. Denn durch diese Bescheide sei der ursprünglich angegriffene Bescheid vom 05. Juni 2000 hinsichtlich der Höhe der Rente abgeändert worden. Die Bindungswirkung eines Rentenbescheids umfasse den Verfügungssatz, also Art, Beginn, Dauer und Höhe der Rente. Aufgrund der genannten Bescheide von 2004 sei die Rentenhöhe ab 01. Januar 2001 vom Zahlbetrag in Höhe von DM 1.326,00 auf DM 442,01 herabgesetzt worden. Unerheblich sei, dass von Anfang an nur die weitergehende Rente wegen EU im Streit gewesen sei. Ein typischer Anwendungsfall des § 96 SGG sei der, dass die Leistungen neu festgestellt würden. Im Übrigen sei § 96 SGG im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Prozessökonomie weit auszulegen.

Der Berichterstatter des Senats hat die SchwbG-Akten des Landratsamts T. (Versorgungsamt) beigezogen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Renten- und Reha-Akten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 05. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2001 ist, soweit darin die Gewährung von Rente wegen EU abgelehnt worden ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ab 17. März 2000 noch ab einem späteren, vor dem 01. Januar 2001 liegenden Zeitpunkt Rente wegen EU nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Recht, noch, was hier ebenfalls zu prüfen war, unabhängig davon, dass die Beklagte sich in dem angegriffenen Bescheid insoweit nicht mit dem neuen Recht befasst hat (vgl. BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 3), ab 01. Januar 2001 oder ab einem späteren, vor dem 01. Dezember 2006 liegenden Zeitpunkt Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem ab 01. Januar 2001 geltenden Recht zu.

Streitgegenstand ist in diesem Verfahren nur der Anspruch auf Rente wegen EU bzw. wegen voller Erwerbsminderung, und zwar für die Zeit bis zum 30. November 2006, nachdem die Beklagte dem Kläger ab 01. Dezember 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen gewährt. Nicht Streitgegenstand ist der Anspruch auf Rente wegen BU, den die Beklagte dem Kläger ab 17. März 2000 zugesprochen hatte und die ab 01. Januar 2001 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU ist. Insoweit war der Bescheid vom 05. Juni 2000, auch soweit es um die Berechnung der Rente wegen BU geht, bestandskräftig geworden. Diese (teilweise) Bestandskraft des Bescheids vom 05. Juni 2001 bezog sich insoweit auf die gewährte Rentenart, d.h. auf die Rente wegen BU. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind daher die Bescheide vom 02. Januar und 20. April 2004 keine solchen nach §§ 153 Abs. 1, 96 SGG. Durch diese Bescheide wird jeweils der Bescheid über die Bewilligung der Rente wegen BU ab 01. Januar 2001 abgeändert. Da hier jedoch die Bewilligung der Rente wegen BU von Anfang an, auch wegen der Höhe nicht Streitgegenstand des Klageverfahrens war, sind diese Bescheide, die nur die Rente wegen BU betreffen, nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens geworden und auch nicht kraft Klage vom Senat zu überprüfen. Wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände entspräche eine Anwendung des § 96 SGG hier auch nicht dem Grundsatz der Prozessökonomie. Dieser Grundsatz ist nur dann gewahrt, wenn der ergangene spätere Bescheid "im Kern dieselbe Rechtsfrage" betrifft, die sich auch bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des früheren Bescheides stellt (vgl. BSG SozR 3-4100 § 136 Nr. 6; Beschluss vom 26. März 1998 - B 11 AL 11/98 B -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2003 - L 5 AL 753/02 -, veröffentlicht in juris). Eine kraft Gesetzes eingetretene Klage wegen der Bescheide vom 02. Januar und 20. April 2004 ist nicht anhängig, weshalb der Klageabweisungsantrag der Beklagten insoweit ins Leere geht.

Das SG hat die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen EU ab 17. März 2000 bzw. auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01. Januar 2001 zutreffend dargelegt. Insoweit verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen zu den Rechtsgrundlagen im angegriffenen Urteil.

Auch der Senat vermag, ebenso wie das SG, nicht festzustellen, dass der Kläger aufgrund der bei ihm objektivierten Funktionseinschränkungen ab 17. März 2000 nicht mehr vollschichtig bzw. ab 01. Januar 2001 nicht mehr mindestens sechs Stunden pro Tag noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten konnte. Dieses vollschichtige Leistungsvermögen hat zuletzt im Gerichtsverfahren der Sachverständige Dr. L. im Gutachten vom 06. September 2001 bestätigt. Zwar entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. L., dass der Kläger insoweit nur noch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Heben und Tragen von Lasten und ohne häufiges Bücken vollschichtig jedenfalls bis zum Ende 2000 verrichten konnte. Insoweit hat auch der Sachverständige Dr. M., der beim Kläger ein chronisches Lumbalsyndrom bei fixierter Lendenwirbelsäulen-Fehlstellung, jedoch ohne radikuläre Defizite und auch ohne eine Claudicatio intermittens zu bestätigen, festgestellt hat, im Gutachten vom 12. Juli 2002 (Untersuchung am 04. Juni 2002) dargelegt, dass dem Kläger Tätigkeiten, die mit außergewöhnlicher Beanspruchung der Wirbelsäule verbunden waren, nicht mehr zugemutet werden konnten, also Tätigkeiten, die statische und fixierte Körperhaltungen bedingten. Danach waren aufgrund der Rückensituation beim Kläger Bück- und Drehbewegungen im Rücken, Arbeiten in gebückter oder kniender Stellung, das Heben schwerer Lasten sowie das Besteigen von Gerüsten oder Leitern ausgeschlossen. Soweit der Sachverständige Dr. M. im Gutachten vom 12. Juli 2002 dann nur noch eine mindestens sechsstündige Tätigkeit für möglich hält, vermag der Senat diese Beurteilung nicht auf die Zeit vor dem 01. Januar 2001 beziehen, zumal der Sachverständige Dr. M. den Ausschluss einer achtstündigen täglichen Arbeitsleistung nur damit begründet hat, "dass nach einer nunmehr zweijährigen Arbeitsunfähigkeit sich die Beschwerden auch supraspinal (psychogen) so fixiert haben, dass ohne die Vorgaben und die Möglichkeiten Ruhepausen einzulegen, eine berufliche Wiedereingliederung von vornherein nicht gelingen wird". Die Arbeitsunfähigkeit war insoweit am 15. Oktober 1999 aufgetreten. Soweit weiter Dr. M. dann in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. Februar 2003 auch die Beurteilung eines noch sechsstündigen Leistungsvermögens wegen einer beim Kläger vorliegenden polymorphen psychophysischen Störung nicht mehr aufrechterhalten will, überzeugt diese Beurteilung nicht. Zwar hat der Sachverständige Dr. St. die maximale tägliche Arbeitszeit des Klägers auf dreieinhalb bis vier Stunden im Hinblick auf eine erhebliche Einschränkung der Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule sowie für das Heben von Gegenständen über fünf kg, aber auch für einseitige Körperhaltungen und auch für längeres Sitzen oder Stehen begrenzt sehen wollen. Diese Einschätzung überzeugt den Senat schon deswegen nicht, weil der Sachverständige Dr. M. insofern ausgeführt hat, dass weder anamnestisch noch klinisch bzw. elektrophysiologisch Hinweise für eine akute oder chronische linksseitige Wurzelreizsymptomatik vorlagen und sich auch neurologisch und anamnestisch keine Hinweise für eine cervicale Wurzelreizsymptomatik links fanden. Insoweit lagen weder bis zum 31. Dezember 2000 noch danach objektivierbare körperliche Befunde vor, die die Leistungseinschätzung des Dr. St. hätten stützen können, worauf auch der Sachverständige Dr. M. hingewiesen hat.

Dass der Kläger bei einer vollschichtigen Tätigkeit bis 31. Dezember 2000 bzw. bei einer sechsstündigen Tätigkeit pro Tag ab 01. Januar 2001 betriebsunübliche Pausen hätte einlegen müssen, ist ebenfalls nicht nachgewiesen. Ferner vermag der Senat für die Zeit ab 17. März 2000 auch keine durchgehende Einschränkung der Wegefähigkeit dahin festzustellen, dass der Kläger nicht mehr in der Lage war, eine Wegstrecke von mehr als 500 m zu Fuß zurückzulegen. Den Sachverständigengutachten des Dr. L. und des Dr. St. entnimmt der Senat insoweit, dass dem Kläger noch eine Wegstrecke von 1.000 m möglich war. Eine rentenbegründende Einschränkung der Wegefähigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger bei der Untersuchung in der Neurochirurgischen Universitätsklinik Freiburg am 03. November 2003 die schmerzfreie Gehstrecke bei ihm mit 300 bis 400 m angegeben hatte und der Kläger bei dieser Untersuchung als schwer schmerzgeplagt bezeichnet wurde. Denn nach den Angaben des Klägers bei der stationären Aufnahme am 15. Januar 2004 hatte der Kläger die belastungsabhängig schmerzfreie Gehstrecke im Vergleich zur Voruntersuchung vom November 2003 auf bis zu einem km verlängert angegeben. Darauf, ob die in der Neurochirurgischen Universitätsklinik Freiburg nach dem Arztbrief vom 20. Januar 2004 empfohlene operative Dekompression der Höhe des Lendenwirbelsäulenkörpers 3/4 von links beidseits sowie der Höhe des Lendenwirbelkörpers 4/5 links beim Kläger zu einer Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit bzw. der Wegefähigkeit hätte führen können, kommt es nicht an.

Der Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ergibt sich auch nicht daraus, dass beim Kläger seit dem 27. Juli 2005 im Hinblick auf den Klinikbericht vom 06. November 2003 der GdB von 50 auf 70 erhöht und zusätzlich das Merkzeichen G festgestellt wurde. Im Hinblick auf die oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen war es, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, auch nicht geboten, hier für den Kläger eine konkrete Verweisungstätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes zu benennen.

Die Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens, die sich nur auf die Zeit bis zum 30. November 2006 hätte beziehen können, war nicht geboten.

Danach war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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