Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 3527/06 KO-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 93/07 KO-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit seiner Klage gegen die W. B.-Berufsgenossenschaft, jetzt Berufsgenossenschaft der B. (Beklagte), begehrte der Beschwerdeführer (Bf.) die Anerkennung von weiteren Unfallfolgen sowie die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. ab 1. Mai 2001 wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 11. September 1999. Die Beklagte hatte zunächst ab 1. Mai 2001 die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt und ab 16. März 2004 (wegen eines weiteren Arbeitsunfalles) eine gestützte Rente nach einer MdE um 15 v. H. bewilligt (Bescheid vom 6. Oktober 2004).
Das Sozialgericht Reutlingen (SG) hat die Klage nach Vorlage von Gutachten des HNO-Arztes Ne., des Nervenarztes Dr. N. und gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. Sch. sowie nach Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. G. von Amts wegen und Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. R. (mit ergänzender Stellungnahme) nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Urteil vom 8. März 2005 abgewiesen. Im nachfolgenden Berufungsverfahren hat der Senat von Amts wegen ein radiologisches Sachverständigengutachten der Dr. P.-S. eingeholt. Die Beklagte hat dann unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. K. ein Vergleichsangebot unterbreitet (Abänderung der angefochtenen Bescheide und Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. über den 30. April 2001 hinaus). Dieses hat der Bf. angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Auf Antrag des Bf., die Kosten der Begutachtung des Dr. R. auf die Staatskasse zu übernehmen, weil es letztlich mit zur Erledigung des Rechtsstreits geführt habe, hat das SG mit Beschluss vom 9. November 2006 entschieden, die Kosten seien vom Bf. zu tragen.
Gegen den am 16. November 2006 zugestellten Beschluss hat der Bf. im selben Monat Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
Der Bf. macht geltend, das Gutachten von Dr. R. sei Anlass und Ausgangspunkt für die Einholung eines weiteren radiologischen Gutachtens des Berufungsgerichts bei Dr. P.-S. gewesen und Dr. R. sei der erste und einzige gewesen, der vorher eine mehrere Wirbelbereiche übergreifende Bogenfraktur im HWK- und BWK-Bereich festgestellt habe. Damit sei das Gutachten Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen des Berufungsgerichts und für die Entscheidungsfindung sinnvoll und notwendig gewesen.
Der Bf. beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. November 2006 aufzuheben und die anlässlich der Begutachtung durch Dr. R. entstandenen Kosten sowie seine notwendigen Auslagen auf die Staatskasse zu übernehmen.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bf. hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Gutachten von Dr. R. und seiner Auslagen auf die Staatskasse.
Nach § 109 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden, wobei die Anhörung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über diese endgültige Kostentragungspflicht entscheidet das Gericht nach Ermessen, wobei im Beschwerdeverfahren dieses Ermessen durch den Senat ausgeübt wird.
Bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt der Senat, ob das Gutachten für die verfahrensbeendende gerichtliche Entscheidung bzw. - erging keine solche Entscheidung - im Falle eines Klageerfolges für die verfahrensbeendenden Erklärungen wesentliche Bedeutung gewann. Dies bejaht der Senat insbesondere dann, wenn das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts objektiv förderte, auch dadurch, dass es durch Aufdeckung weiterer entscheidungsrelevanter Tatsachen weitere (weiterführende) Beweiserhebungen von Amts wegen erforderlich machte. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am Prozessziel und angesichts des Verfahrensausgangs, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Nicht jedes positive Gutachten, das weitere Ermittlungen nach sich zieht, führt also zu einer Übernahme der Kosten auf die Staatskasse. Insbesondere dann, wenn die weiteren Ermittlungen die Schlussfolgerungen des Gutachtens widerlegen, hält der Senat eine Kostenübernahme nicht für sachgerecht. Denn in diesen Fällen führte das Gutachten eher zu Unklarheiten, die durch die weitere Sachaufklärung von Amts wegen erst wieder bereinigt wurden.
Hier verneint der Senat eine zur Übernahme der Gutachtenskosten führende Relevanz des Gutachtens für die gerichtliche Sachaufklärung und die Prozessbeendigung durch Vergleich.
Dr. R. hat in seinem Gutachten Gesundheitsstörungen als unfallbedingt erachtet, deren Feststellung das SG abgelehnt hat und die auch für den prozessbeendenden Vergleich und der diesem zu Grunde liegenden Stellungnahme des Prof. Dr. K. nicht maßgebend waren. Gleiches gilt für die Beurteilung der MdE durch Dr. R ... Anders als Dr. R. , der neben einer Bogenfraktur im Bereich HWK 5 und 6, BWK 1, eine Kompressionsfraktur BWK 7, eine Gelenkfehlstellung im HWK 5 und 6 sowie eine Gefügestörung im Segment HWK 4/5 angenommen hat, hat Prof. Dr. K. für die MdE-Bewertung maßgeblich auf die segmentale Versteifung HWK 6/7 nach - von Dr. R. ausdrücklich verneinter (Beantwortung Beweisfrage 1, Gliederungspunkt 4.2.) - Bogenfraktur in diesem Bereich abgestellt. Das Gutachten hat damit zur Sachaufklärung nicht wesentlich beigetragen.
Auch die Tatsache, dass sich das Berufungsgericht veranlasst gesehen hat, noch ein radiologisches Sachverständigengutachten einzuholen, rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht, die infolge der Begutachtung durch Dr. R. entstandenen Kosten auf die Staatskasse zu übernehmen. Allein die Tatsache, dass Dr. R. durch sein Gutachten und die dort vorgenommene Auswertung radiologischer Aufnahmen Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung dieser Aufnahmen durch die bisherigen Gutachter gesät hat, stellt keinen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung dar. Vielmehr sind seine Überlegungen im Ergebnis - wie dargelegt - gerade nicht bestätigt worden. Der Senat verneint daher einen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung.
Damit verbleibt es dabei, dass die Kosten des Gutachtens des Dr. R. endgültig vom Bf. zu tragen sind.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit seiner Klage gegen die W. B.-Berufsgenossenschaft, jetzt Berufsgenossenschaft der B. (Beklagte), begehrte der Beschwerdeführer (Bf.) die Anerkennung von weiteren Unfallfolgen sowie die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. ab 1. Mai 2001 wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 11. September 1999. Die Beklagte hatte zunächst ab 1. Mai 2001 die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt und ab 16. März 2004 (wegen eines weiteren Arbeitsunfalles) eine gestützte Rente nach einer MdE um 15 v. H. bewilligt (Bescheid vom 6. Oktober 2004).
Das Sozialgericht Reutlingen (SG) hat die Klage nach Vorlage von Gutachten des HNO-Arztes Ne., des Nervenarztes Dr. N. und gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. Sch. sowie nach Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. G. von Amts wegen und Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dr. R. (mit ergänzender Stellungnahme) nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Urteil vom 8. März 2005 abgewiesen. Im nachfolgenden Berufungsverfahren hat der Senat von Amts wegen ein radiologisches Sachverständigengutachten der Dr. P.-S. eingeholt. Die Beklagte hat dann unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. K. ein Vergleichsangebot unterbreitet (Abänderung der angefochtenen Bescheide und Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. über den 30. April 2001 hinaus). Dieses hat der Bf. angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Auf Antrag des Bf., die Kosten der Begutachtung des Dr. R. auf die Staatskasse zu übernehmen, weil es letztlich mit zur Erledigung des Rechtsstreits geführt habe, hat das SG mit Beschluss vom 9. November 2006 entschieden, die Kosten seien vom Bf. zu tragen.
Gegen den am 16. November 2006 zugestellten Beschluss hat der Bf. im selben Monat Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
Der Bf. macht geltend, das Gutachten von Dr. R. sei Anlass und Ausgangspunkt für die Einholung eines weiteren radiologischen Gutachtens des Berufungsgerichts bei Dr. P.-S. gewesen und Dr. R. sei der erste und einzige gewesen, der vorher eine mehrere Wirbelbereiche übergreifende Bogenfraktur im HWK- und BWK-Bereich festgestellt habe. Damit sei das Gutachten Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen des Berufungsgerichts und für die Entscheidungsfindung sinnvoll und notwendig gewesen.
Der Bf. beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. November 2006 aufzuheben und die anlässlich der Begutachtung durch Dr. R. entstandenen Kosten sowie seine notwendigen Auslagen auf die Staatskasse zu übernehmen.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bf. hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Gutachten von Dr. R. und seiner Auslagen auf die Staatskasse.
Nach § 109 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden, wobei die Anhörung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über diese endgültige Kostentragungspflicht entscheidet das Gericht nach Ermessen, wobei im Beschwerdeverfahren dieses Ermessen durch den Senat ausgeübt wird.
Bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt der Senat, ob das Gutachten für die verfahrensbeendende gerichtliche Entscheidung bzw. - erging keine solche Entscheidung - im Falle eines Klageerfolges für die verfahrensbeendenden Erklärungen wesentliche Bedeutung gewann. Dies bejaht der Senat insbesondere dann, wenn das Gutachten die Aufklärung des Sachverhalts objektiv förderte, auch dadurch, dass es durch Aufdeckung weiterer entscheidungsrelevanter Tatsachen weitere (weiterführende) Beweiserhebungen von Amts wegen erforderlich machte. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen am Prozessziel und angesichts des Verfahrensausgangs, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Nicht jedes positive Gutachten, das weitere Ermittlungen nach sich zieht, führt also zu einer Übernahme der Kosten auf die Staatskasse. Insbesondere dann, wenn die weiteren Ermittlungen die Schlussfolgerungen des Gutachtens widerlegen, hält der Senat eine Kostenübernahme nicht für sachgerecht. Denn in diesen Fällen führte das Gutachten eher zu Unklarheiten, die durch die weitere Sachaufklärung von Amts wegen erst wieder bereinigt wurden.
Hier verneint der Senat eine zur Übernahme der Gutachtenskosten führende Relevanz des Gutachtens für die gerichtliche Sachaufklärung und die Prozessbeendigung durch Vergleich.
Dr. R. hat in seinem Gutachten Gesundheitsstörungen als unfallbedingt erachtet, deren Feststellung das SG abgelehnt hat und die auch für den prozessbeendenden Vergleich und der diesem zu Grunde liegenden Stellungnahme des Prof. Dr. K. nicht maßgebend waren. Gleiches gilt für die Beurteilung der MdE durch Dr. R ... Anders als Dr. R. , der neben einer Bogenfraktur im Bereich HWK 5 und 6, BWK 1, eine Kompressionsfraktur BWK 7, eine Gelenkfehlstellung im HWK 5 und 6 sowie eine Gefügestörung im Segment HWK 4/5 angenommen hat, hat Prof. Dr. K. für die MdE-Bewertung maßgeblich auf die segmentale Versteifung HWK 6/7 nach - von Dr. R. ausdrücklich verneinter (Beantwortung Beweisfrage 1, Gliederungspunkt 4.2.) - Bogenfraktur in diesem Bereich abgestellt. Das Gutachten hat damit zur Sachaufklärung nicht wesentlich beigetragen.
Auch die Tatsache, dass sich das Berufungsgericht veranlasst gesehen hat, noch ein radiologisches Sachverständigengutachten einzuholen, rechtfertigt im vorliegenden Fall nicht, die infolge der Begutachtung durch Dr. R. entstandenen Kosten auf die Staatskasse zu übernehmen. Allein die Tatsache, dass Dr. R. durch sein Gutachten und die dort vorgenommene Auswertung radiologischer Aufnahmen Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung dieser Aufnahmen durch die bisherigen Gutachter gesät hat, stellt keinen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung dar. Vielmehr sind seine Überlegungen im Ergebnis - wie dargelegt - gerade nicht bestätigt worden. Der Senat verneint daher einen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung.
Damit verbleibt es dabei, dass die Kosten des Gutachtens des Dr. R. endgültig vom Bf. zu tragen sind.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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