L 11 R 2512/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1839/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2512/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Februar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen in der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 und die Erstattung der Leistung in Höhe von 7.889,08 DM (= 4033,62 EUR) streitig.

Der 1942 geborene Kläger, gelernter Maurer, war ab August 1969 als Maurerpolier beschäftigt. Auf seinen Rentenantrag vom Februar 1994 gewährte ihm die Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung mit Bescheid vom 18.08.1994 Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.03.1994. Dem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stehe das Beschäftigungsverhältnis entgegen. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass sich der Bezug von Arbeitsentgelt und bestimmter Sozialleistungen auf die Rentenhöhe auswirken könne, so dass er verpflichtet sei, den Erhalt solcher Leistungen unverzüglich mitzuteilen.

Dieser Entscheidung lagen ein augenärztliches und ein internistisches Gutachten zugrunde, wonach der Kläger wegen praktischer Blindheit des linken Auges und erheblichen Gesichtsfeldausfällen des rechten Auges sowie Gewebsschwund beider Sehnerven eine Tätigkeit als Maurerpolier nicht mehr verrichten könne. Bürotätigkeiten auch unter Einsatz von Bildschirmgeräten sowie Verwaltungs- und Planungstätigkeiten im Baugewerbe seien ihm weiterhin vollschichtig zumutbar.

Im Rahmen der Nachprüfung gab der Kläger im Mai 1996 an, dass er weiterhin in Vollzeit (7,5 Stunden täglich) als Maurerpolier beschäftigt sei. Sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Die Beklagte holte Befundberichte der Allgemeinärztin Dr. K. und der U.augenklinik T. sowie dazu eine beratungsärztliche Stellungnahme ein, derzufolge der Kläger nicht auf Kosten der Gesundheit arbeite. Die Beklagte vermerkte sodann, dass von Anfang an keine Berufsunfähigkeit vorgelegen habe, jedoch wegen der abgelaufenen Zwei-Jahres-Frist keine Rücknahmemöglichkeit bestehe.

Mit Bescheid vom 10.04.1997 berechnete die Beklagte die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.05.1997 neu: Die Überprüfung habe ergeben, dass beim Kläger bereits ab 01.03.1994 Berufsunfähigkeit nicht vorliege. Der Kläger sei noch ständig als Maurerpolier in Vollzeit beschäftigt und erziele Einkünfte, die die sog. Lohnhälfte überschritten. Der Rentenbescheid vom 18.08.1994 sei zwar rechtswidrig, eine Rücknahme sei jedoch nach § 45 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) nicht zulässig. § 48 Abs. 3 SGB X schreibe in diesen Fällen zwingend vor, dass die Rente auszusparen sei. Die Rente werde deshalb künftig nicht oder nicht in voller Höhe angepasst.

Anlässlich einer Nachprüfung im Juli 1998 teilte der Kläger mit, dass er seit 1998 in der Bauaufsicht beschäftigt sei und das Gehalt eines Poliers in Höhe von 6.138,- DM erhalte. Das Sehvermögen habe sich verschlechtert. Die Beklagte unterrichtete den Kläger, dass es bei dem Bescheid vom 10.04.1997 verbleibe.

Eine weitere Überprüfung im September 1999 ergab keine Änderung der Beschäftigung und weiterhin ein Entgelt als Polier von 6.200,- DM zuzüglich Zuschläge. Der Kläger gab an, da er aufgrund seines Augenleidens nicht mehr in der Lage sei, körperlich mitzuarbeiten, werde das ihm zustehende höhere Arbeitsentgelt (7.200,- DM) nicht mehr gewährt.

Im Oktober 2000 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Aufklärung über die individuellen Hinzuverdienstgrenzen ab 01.01.2001 und überprüfte das Einkommen des Klägers, welches dieser in seiner Erklärung vom 16.10.2000 mit 6.442,- DM monatlich (Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit) angab. Unter dem 11.11.2000 teilte er ferner mit, dass er weiterhin als Maurerpolier (Aufsicht) 6 bis 8 Stunden täglich arbeite und wegen verminderter Arbeitsleistung ein geringeres Arbeitsentgelt erhalte.

Mit Rentenbescheid vom 07.03.2001 stellte die Beklagte die bisherige Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.05.2001 neu fest mit einem monatlichen Zahlbetrag von 657,26 DM. Es wurde ausgeführt, bisher sei aufgrund eines Verschlüsselungsfehlers die Rente nicht ausgespart, sondern jährlich angepasst worden. Bei künftigen Neuberechnungen und Rentenanpassungen würden die sich aus den beiliegenden Berechnungen ergebenden Merkmale zugrunde gelegt. Die Rente werde daher künftig nicht angepasst, da der Rentenanspruch zu Unrecht anerkannt worden sei. Der Rentenbescheid vom 10.04.1997 werde mit Wirkung ab 01.05.2001 nach § 48 SGB X aufgehoben. Ab 01.01.2001 habe der Kläger die Hinzuverdienstgrenze nach § 96 a SGB VI überschritten, so dass ihm ab 01.01.2001 nur eine 1/3 Berufsunfähigkeitsrente zustehe. Zur Zeit werde noch geprüft, ob die Voraussetzungen auch für eine rückwirkende Bescheidaufhebung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gegeben seien.

Im Rahmen der Anhörung wies die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 06.04.2001 darauf hin, dass ihm ab 01.01.2001 nur eine 1/3 Berufsunfähigkeitsrente (Grenzwert 6.712,78 DM) zustehe, weshalb beabsichtigt sei, den Bescheid vom 18.08.1994 bereits ab Änderung der Verhältnisse, also mit Wirkung ab 01.01.2001 nach § 48 SGB X aufzuheben und die Überzahlung für die Zeit vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 in Höhe von 5.260,04 DM gemäß § 50 SGB X zurückzufordern.

Zur Begründung seines gegen den Bescheid vom 07.03.2001 erhobenen Widerspruchs teilte der Kläger unter Beifügung einer Bescheinigung über den Krankengeldanspruch und eines Schreibens der IKK H. mit, er beziehe seit 23.02.2001 Krankengeld in Höhe von 152,25 DM kalendertäglich, was einem monatlichen Bruttoanspruch von DM 4.567,50 entspreche. Die Hinzuverdienstgrenze nach § 96 a SGB VI betrage bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von zwei Drittel DM 5.370,23. Er habe daher Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von zwei Dritteln.

Die IKK H. bescheinigte auf Anfrage der Beklagten ein der Höhe der Leistung zugrunde liegendes Arbeitsentgelt von monatlich 7.046,- DM bzw. täglich 234,87 DM. Diesen Sachverhalt teilte die Beklagte dem Kläger mit, worauf dieser seinen Widerspruch zurücknahm.

Nach der Bescheinigung des Arbeitgebers über das Beschäftigungsverhältnis vom 24.01.2002 betrug das Bruttoarbeitsentgelt des Klägers ab Januar 2001 DM 7.394,50.

Den Antrag des Klägers auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation vom 29.08.2001 lehnte die Beklagte ab, da Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit vorliege. Der Reha-Antrag gelte daher als Rentenantrag.

Am 04.04.2002 beantragte der Kläger Altersrente ab 01.07.2002, welche mit Bescheid vom 27.06.2002 gewährt wurde.

Mit Anhörungsschreiben vom 01.07.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Prüfung der Rentenangelegenheit habe ergeben, dass für die Zeit ab 01.01.2001 Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zu zahlen sei, weil der Kläger mit dem erzielten Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschritten habe. Das im Oktober 2000 angegebene Einkommen (6.442,- DM) entspreche nicht dem ab 01.01.2001 tatsächlich erzielten Einkommen (7.394,50 DM). Ab 23.02.2001 habe der Kläger Krankengeld erhalten. Für die Höhe des Hinzuverdienstes sei hier nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt von 7.046,- DM maßgebend. Es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 18.08.1994 bereits ab Änderung der Verhältnisse, also mit Wirkung ab 01.01.2001 bis 30.04.2001 gemäß § 48 SGB X aufzuheben und die Überzahlung für die Zeit vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 in Höhe von 7.889,08 DM bzw. 4.033,62 EUR nach § 50 Abs. 1 SGB 10 zurückzufordern.

Gegen den Altersrentenbescheid vom 27.06.2002 erhob der Kläger Widerspruch ohne nähere Begründung.

Mit Rentenbescheid vom 09.12.2002 stellte die Beklagte die bisherige Rente wegen Berufsunfähigkeit neu fest. Die Rente werde ab 01.01.2001 nicht mehr gezahlt, sie falle mit dem 30.04.2001 weg. Der Rentenbescheid vom 18.08.1994 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 nach § 48 SGB X aufgehoben. Die entstandene Überzahlung betrage 7.889,08 DM. Eine Rückforderung der für die Zeit vom 01.05.2001 bis 31.07.2001 überzahlten Beträge erfolge nicht, weil die Rücknahme des Bescheides vom 07.03.2001 gemäß § 45 SGB X nicht zulässig sei.

Den nicht begründeten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2003 zurück.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) mit der Begründung, die rückwirkende Aufhebung des ursprünglichen Rentenbescheides sei unzulässig. Die Beklagte habe seinen Hinzuverdienst gekannt, da die entsprechenden Sozialversicherungsmeldungen vom Arbeitgeber an die Behörde gegeben worden seien. Er habe zudem alle Anfragen der Beklagten unverzüglich und wahrheitsgemäß beantwortet. Die Hinzuverdienstgrenzen seien im Gesetz in einer Art und Weise festgelegt, die dem juristischen Laien ohnehin nicht nachvollziehbar sei. Besonders gelte dies für den Bezug von Krankengeld. Er habe sich schon während der Zeit, für die er Rente zurückzahlen solle, um Aufklärung bemüht. So habe er schon im Januar mit Mitarbeitern der Beklagten telefoniert und nachfolgenden juristischen Beistand eingeholt. Es stelle sich damit die Frage, inwieweit unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten derartige Rechtsnormen überhaupt zulässigerweise zur Begründung negativer Rechtsfolgen herangezogen werden dürften.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe nach den Hinweisen im Rentenbescheid gewusst, dass durch den Hinzuverdienst die Rente in der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 in der bisher gezahlten Höhe nicht mehr zugestanden habe.

Mit Urteil vom 22.02.2005, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 21.05.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, die Beklagte habe zu Recht den Rentenbescheid vom 18.08.1994 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01.01. bis 30.04.2001 nach § 48 SGB X aufgehoben. Der Kläger habe mit seinem erzielten Einkommen die Hinzuverdienstgrenze überschritten. Das angegebene Einkommen in Höhe von 6.442,- DM habe nicht dem ab 01.01.2001 erzielten tatsächlichen Einkommen in Höhe von 7.394,50 DM entsprochen. Weiter habe der Kläger ab 23.02.2001 Krankengeld erhalten aus einem zugrunde liegenden monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 7.046,00 DM, welches für die Höhe des Hinzuverdienstes maßgebend sei. Der Kläger habe damit Einkommen erzielt, das zum Wegfall des Rentenanspruchs geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 3 SGB X). Die Aufhebung nach § 48 SGB X sei auch zulässig, da der Kläger nach Hinweisen im Rentenbescheid gewusst habe, dass durch den Hinzuverdienst die Rente in der Zeit vom 01.01. bis 30.04.2001 in der gezahlten Höhe ihm nicht mehr zugestanden habe. Im übrigen habe er gewusst, dass ihm generell eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zugestanden habe, da Berufsunfähigkeit schon nicht gegeben gewesen sei. Wenn der Kläger entsprechende Hinweise im Rentenbescheid ignoriert habe, handle er grob fahrlässig mit der Folge, dass der überzahlte Rentenzahlbetrag zurückzufordern und vom Kläger auch zu erstatten sei.

Hiergegen richtet sich die am 21.06.2005 eingelegte Berufung des Klägers, die nicht näher begründet worden ist.

Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschriften vom 13.12.2006 und vom 01.02.2007 wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Februar 2005 sowie den Bescheid vom 9. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Positive Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen habe erst nach Abschluss der Ermittlungen zur ersten Anhörung vorgelegen, die in einer weiteren Anhörung gemündet hätten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, da der Erstattungsbetrag die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR übersteigt.

Die zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat den überzahlten Betrag in Höhe von 7.889,08 DM (= 4.033,62 EUR) zu erstatten.

Rechtsgrundlage für die streitige Neufeststellung der Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.01.2001 und Aufhebung des Bescheides vom 18.08.1994 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Satz 1). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit u.a. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Satz 2 Ziffer 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Satz 2 Ziffer 4).

Diese Voraussetzungen sind beim Kläger auch zur Überzeugung des Senats erfüllt. Der Bescheid über die Bewilligung der BU-Rente vom 18.08.1994 ist solch ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. In den rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, ist ab 01.01.2001 eine wesentliche Änderung eingetreten. Wesentlich im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X ist jede für die bewilligte Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse. Die Feststellung einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen richtet sich nach dem für die Leistung maßgeblichen Recht (BSG SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 48 m.w.N.). Der Kläger hat zwar bereits seit dem Bezug der Berufsunfähigkeitsrente ab 01.03.1994 Einkommen in seinem bisherigen Beruf erzielt, Hinzuverdienstgrenzen wurden indes erst ab 01.01.1996 eingeführt. Nach § 302 b Abs. 1 SGB VI in der bis 31.12.2000 gültigen Fassung galt jedoch für Versicherte, deren Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor dem 01.01.1996 - wie im Falle des Klägers - begonnen hat, für diese Rente die Hinzuverdienstgrenze (§ 96 a) bis 31.12.2000 nicht. Aufgrund des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I Seite 1827) sind mit Wirkung ab 01.01.2001 die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aber neu geregelt worden. Nach § 302 b Abs. 1 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung besteht ein Anspruch auf eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, die vor dem 01.01.2001 begonnen hat, auch über den 31.12.2000 hinaus weiter. Für diese Renten enthält § 313 SGB VI für die Zeit ab 01.01.2001 die Hinzuverdienstregelungen. Bestand am 31.12.2000 Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder für Bergleute, ist § 96 a (SGB VI) unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des Absatzes 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Regelungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Rente wegen Berufsunfähigkeit und die Regelungen zur Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entsprechend gelten (§ 313 Abs. 1 SGB VI). Die Hinzuverdienstgrenze beträgt bei einer Rente wegen Berufsunfähigkeit a) in voller Höhe das 52,5 fache, b) in Höhe von 2/3 das 70 fache, c) in Höhe von 1/3 das 87,5 fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68), vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 - 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, mindestens jedoch mit 0,5 Entgeltpunkten.

Der Kläger hat ab 01.01.2001 die monatliche Hinzuverdienstgrenze für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von einem Drittel überschritten, denn diese betrug ab 01.01.2001 DM 6.712,78 (aktueller Rentenwert: 48,58 x 87,5 x Entgeltpunkte 1993 (1,5466) = 6.712,78 DM). Ausweislich des von der Firma M. D. GmbH bescheinigten Verdienstes vom 24.01.2002 lag das Bruttoarbeitsentgelt ab Januar 2001 bei 7.394,50 DM und im Februar bei 6.122,82 DM. Ab 23.02.2001 bezog der Kläger Krankengeld in Höhe von 152,25 DM Brutto kalendertäglich. Dem Krankengeld lag laut Auskunft der IKK ein monatliches Arbeitsentgelt von 7.046,- DM zugrunde).

Die Beklagte hat daher zu Recht ein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze für den hier streitbefangenen Zeitraum vom 01.01. bis 30.04.2001 festgestellt. Dieses Überschreiten führt dazu, dass die Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr gezahlt wird, ohne dass damit der Anspruch dem Grunde nach entfiele. Nur der Zahlungsanspruch entfällt, was die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 09.12.2002 zutreffend ausgeführt hat.

Die Beklagte durfte auch rückwirkend den Rentenbescheid vom 18.08.1994 ab Änderung der Verhältnisse, d.h. ab 01.01.2001 bis 30.04.2001, hinsichtlich der Rentenhöhe aufheben, da der Kläger Einkommen erzielt hat, das wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze zum Wegfall des Zahlungsanspruchs geführt hat. Insofern kommt es auf Bösgläubigkeit oder Verschulden des Leistungsberechtigten nicht an (vgl. Steinwedel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht § 48 SGB X Rdnr. 51).

Ungeachtet dessen hält der Senat auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X für gegeben. Denn der Kläger hätte nach der ihm im Oktober 2000 von der Beklagten übersandten Aufklärung über die individuellen Hinzuverdienstgrenzen aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher erkennen (wissen) können, dass ihm die ab 01.01.2001 ausgezahlten Rentenbeträge nicht mehr zustehen.

Ein Aufhebungsrecht der Beklagten lag hiernach vor. Eine Ermessensentscheidung muss die Beklagte insoweit nicht treffen, denn eine solche Entscheidung ist nur in atypischen Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X erforderlich und möglich (vgl. BSGE 59, 111, 114 ff. = SozR 1300 § 48 Nr. 19; SozR 1300 § 48 Nr. 22; BSG, Urteil vom 03.03.1993 - 11 R AR 43/91 -). Ob ein solcher vorliegt, ist stets nach dem Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X und nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Es müssen im Einzelfall Umstände vorliegen, die ergeben, dass der Leistungsempfänger im Hinblick auf mit der Aufhebung einhergehende Nachteile, insbesondere im Hinblick auf die aus § 50 Abs. 1 SGB X folgende Pflicht zur Erstattung erbrachter Leistungen, deutlich schlechter dasteht, als es beim Vorliegen eines Normalfalles der Nr. 3 bzw. 4 des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X der Fall wäre. Dass nach erfolgter rückwirkender Aufhebung die Überzahlung zurückzuerstatten ist, genügt dafür nicht, denn die mit einer Erstattung verbundene Härte mutet das Gesetz jedem Betroffenen zu (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 44). Umstände, die im Falle des Klägers eine signifikante Abweichung vom Regelfall begründen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Ein atypischer Fall wird insbesondere nicht dadurch begründet, dass der Kläger die Leistung gutgläubig verbraucht hat (so auch Steinwedel a.a.O. § 48 Rdnrn. 45 und 52). Die mit der rückwirkenden Aufhebung verbundene Rückzahlungspflicht begründet auch angesichts schlechter Einkommens- und Vermögensverhältnisse - für die hier keine konkreten Hinweise vorliegen - keine Atypik (so auch Steinwedel a.a.O. § 48 Rdnr. 37). Der Kläger wusste aufgrund der mitgeteilten Hinzuverdienstgrenzen, dass sein Verdienst darüber liegt und er keinen Anspruch mehr auf Auszahlung der BU-Rente hatte.

Schließlich hat die Beklagte auch die für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung hinsichtlich der Rentenhöhe für die Vergangenheit maßgebliche Frist eingehalten. Gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 gilt § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend, d.h. die Beklagte muss auch bei einer Aufhebung eines Verwaltungsaktes wegen Änderung der Verhältnisse dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Aufhebung für die Vergangenheit rechtfertigen. Dabei beginnt die Jahresfrist für die rückwirkende Aufhebung nicht eher zu laufen, als die für die Entscheidung über die Aufhebung zuständige Behörde die erforderliche Kenntnis erlangt hat (BSG SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 32). Zu den Tatsachen, die die Aufhebung eines Verwaltungsakts für die Vergangenheit rechtfertigen, gehören die Umstände, die die wesentliche Änderung betreffen. Erforderlich ist zunächst aber die Kenntnis der Tatsachen, die die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit rechtfertigen. Die zeitliche Begrenzung der Rücknahmebefugnis für die Vergangenheit dient der Rechtssicherheit. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes ist die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis dann anzunehmen, wenn mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen besteht (BSG, Urteil vom 06.03.1997 - 7 R AR 40/96 -; BSG SozR 3 - 1300 § 48 Nr. 32). Eine derartige sichere Informationsgrundlage besteht allerdings erst nach einer erfolgten Anhörung gemäß § 24 SGB X, die auch in einem Fall des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht entbehrlich ist. Durch § 24 Abs. 1 SGB X soll der Betroffene Gelegenheit erhalten, durch sein Vorbringen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt die vorgesehene Entscheidung zu beeinflussen. Die Jahresfrist beginnt mithin erst nach erfolgter Anhörung des Betreffenden (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 27.07.2000 - B 7 AL 88/99 R = SozR 3 - 1300 § 45 Nr. 42 m.w.N.).

Hier kann von einer sicheren Kenntnis der Beklagten von der Höhe des Arbeitsentgelts des Klägers ab 01.01.2001 erst durch die vom Arbeitgeber im Januar 2002 mitgeteilte Höhe des Verdienstes ab 01.01.2001 ausgegangen werden. Die Angaben des Klägers im Oktober 2000 waren ungenau und entsprachen nicht dem vom Arbeitgeber bestätigten Arbeitsentgelt. Auch die Mitteilung der IKK war insoweit nicht ausreichend. Der Kläger hatte gegen den Bescheid vom 07.03.2001 im Hinblick auf die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze Widerspruch erhoben. Die Beklagte ermittelte daraufhin bei der IKK und veranlasste den Kläger, da bisher nur eigene Angaben zum Arbeitsentgelt vorlagen, eine Bescheinigung des Arbeitgebers zur Höhe des Entgeltes vorzulegen, die im Januar 2002 bei der Beklagten einging. Die Beklagte hörte hierauf den Kläger mit Schreiben vom 01.07.2002 an. Beginn der Jahresfrist ist dann der Zeitpunkt, zu dem sich der Betroffene auf das Anhörungsschreiben hin äußert und - sofern keine Äußerung hierzu erfolgt - frühestens der Zeitpunkt des Anhörungsschreibens (hier vom 01.07.2002). Somit ist der Bescheid vom 09.12.2002 mit der Aufhebung des Bescheides vom 18.08.1994 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01.01.2001 bis 30.04.2001 innerhalb der Jahresfrist ergangen.

Soweit ein Verwaltungsakt nach § 48 SGB X aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Eine fehlerhafte Berechnung des Erstattungsbetrages ist nicht erkennbar und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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