Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 3238/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2186/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21.4.2005 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit.
Der 1971 geborene Kläger stand seit 1994 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug bei der Beklagten. Zuletzt bezog er ab 31.1.2004 Alhi. Am 18.5.2004 nahm der Kläger eine Beschäftigung als Montagehelfer bei der Firma M. GmbH in P. auf. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch fristlose Kündigung des Arbeitgebers am 15.6.2004, weil der Kläger die Arbeit verweigert und die Arbeitsstelle entgegen der Anweisung des Arbeitgebers verlassen habe. Vom 15.6.2004 bis 9.7.2004 bezog der Kläger Krankengeld und meldete sich am 8.7.2004 erneut arbeitslos und beantragte Alhi ab 10.7.2004.
Mit Bescheid vom 12.7.2004 stellte die Beklagte das Ruhen des Alhi-Anspruchs wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 15.6. bis 6.9.2004 fest. Der Verstoß des Klägers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten sei Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewesen. Mit Bescheid vom 13.7.2004 bewilligte die Beklagte Alhi ab 7.9.2004.
Im Widerspruchsverfahren schilderte der Kläger wie schon in der Stellungnahme zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 246/248 der Verwaltungsakten verwiesen) den Arbeitgeber, Herrn M., als aggressiven, immer herumschreienden, ständig Zigarette rauchenden Arbeitgeber, dem man nichts habe recht machen können. Am 14.6.2004 habe Herr M. wieder ständig herumgeschrieen, er solle ein Werkzeug holen, was er auch getan habe, schließlich habe er sich gegen die Schreierei des Herrn M. zur Wehr gesetzt und ihn aufgefordert, das zu unterlassen. Daraufhin sei er "der Baustelle verwiesen" worden. Der Kläger legte dazu den vor dem Arbeitsgericht M. im Verfahren 3 Ca 392/04 geschlossenen Vergleich vom 26.7.2004 vor, wonach "die Parteien außer Streit stellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten fristgerecht am 30.6.2004 geendet hat". Der Arbeitgeber bestätigte dagegen, er habe "aus den im Kündigungsschreiben genannten Gründen gekündigt". Durch Widerspruchsbescheid vom 22.9.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus dem Vergleich mit dem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht M. gehe hervor, dass statt der fristlosen eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen worden sei. Der Kündigungsgrund sei laut Aussage des Arbeitgebers aufrechterhalten worden, nämlich dass der Kläger die Arbeit verweigert habe. Der Kläger habe damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten nicht hinnehmen, sondern das Beschäftigungsverhältnis beenden würde. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar, dem Kläger sei nach Abwägung der Interessen ein vertragsgemäßes Verhalten zumutbar gewesen. Damit seien die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, eine besondere Härte sei nicht ersichtlich.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 22.9.2004 beim Sozialgericht M. (SG) Klage erhoben. Aus dem vom Kläger vorgelegten und vom Arbeitgeber beigezogenen Unterlagen ergibt sich, dass der Arbeitgeber den Kläger (u.a. auf Grund des Vorfalls am 14.6.2004) wegen Bedrohung bzw. Nötigung angezeigt hat und das Strafverfahren durch Beschluss des Amtsgerichts M. vom 15.12.2004 gegen Zahlung einer Geldbuße von 240 EUR vorläufig eingestellt worden ist. Der Arbeitgeber hat seinerseits den Vorgang am 14.6.2004 in einer handschriftlichen Notiz (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 24/25 der SG-Akten verwiesen) dahingehend geschildert, dass er selbst vom Kläger angeschrieen, beleidigt und bedroht worden sei. Der Kläger selbst habe gesagt, dass er von der Baustelle gehe. Er habe geantwortet, der Kläger könne machen was er wolle, daraufhin sei er verschwunden. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.4.2005 den Kläger persönlich angehört und den Zeugen M. vernommen, wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Blatt 36/39 der SG-Akten verwiesen. Durch Urteil vom selben Tag hat das SG sodann den Bescheid vom 12.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.9.2004 aufgehoben. Es sei nicht feststellbar, ob die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit vorlägen. Dem Gericht sei es auch durch Vernehmung des Zeugen M. nicht möglich gewesen, den Sachverhalt aufzuklären. Es bleibe unklar, weshalb das Beschäftigungsverhältnis am 10.6.2004 beendet worden sei. Zu den Umständen, unter denen das Beschäftigungsverhältnis beendet worden sei, stehe Aussage gegen Aussage. Es sei nicht möglich zu erkennen, welche Schilderung zutreffe. Ebenso wenig hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, ob der Kläger oder der Zeuge glaubwürdig oder unglaubwürdig sei. Die Feststellungslast für die tatsächlichen Umstände, die den Eintritt einer Sperrzeit begründeten, liege bei der Beklagten, so dass insoweit die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts zu ihren Lasten gehe. Daraus folge, dass eine Sperrzeit nicht habe angeordnet werden dürfen.
Gegen dieses am 2.5.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.5.2005 Berufung eingelegt. Das SG habe seine Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, z. B. die Arbeitsgerichtsakte nicht beigezogen. Es hätte sich auch nicht der Aufgabe, die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit der Beteiligten zu beurteilen, entziehen dürfen, ohne, was möglich gewesen wäre, weitere Zeugen zu befragen. Schließlich habe auch nicht der Vorfall am 14.6.2004, sondern das Telefonat am 15.6.2004 zwischen dem Kläger und dem Zeugen M. zur Kündigung geführt. Der Zeuge sei selbst nach Angaben des Klägers um eine Aussöhnung bemüht gewesen, der Kläger sei hierauf aber nicht eingegangen und habe damit seine Kündigung provoziert. Hinzuweisen sei auch auf die beim Arbeitsgericht M. erhobene Kündigungsschutzklage. Diese sei nicht etwa auf die Rücknahme der Kündigung gerichtet gewesen, sondern lediglich auf eine Umwandlung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung zum 30.6.2004.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts M. vom 21.4.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat (durch die damalige Berichterstatterin) am 24.2.2006 nochmals den Kläger persönlich gehört und sodann mit dem Einverständnis des Klägers die Strafakten der Staatsanwaltschaft M. (313 Js 27633/04) beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird zum einen auf die Niederschrift Blatt 20/22 der Senatsakten und zum anderen auf Blatt 35/61 der Senatsakten Bezug genommen. Zu diesen Strafakten hat sich der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Bevollmächtigte des Klägers nicht geäußert, die Beklagte hat dazu darauf hingewiesen, das arbeitsvertragswidrige Verhalten des Klägers bestätige sich aus den Strafakten, vor allem aus den Aussagen der Zeugen A. und M. M ...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Das SG hat den hier anzuwendenden § 144 SGB III in den Entscheidungsgründen leider nicht ganz zutreffend zitiert. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der im Zeitpunkt des Sperrzeitereignisses geltenden Fassung lautet: "Hat der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und hat er dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, so tritt eine Sperrzeit ein".
Hier ist der Senat schon davon überzeugt, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis selbst gelöst hat. Erforderlich ist insoweit entweder die Erklärung des Arbeitnehmers, ein wirksam bestehendes Beschäftigungsverhältnis fristgemäß oder fristlos beenden zu wollen oder eine konkludentes Verhalten, aus dem sich ergibt, dass der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis nicht fortsetzen will. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Arbeitnehmer etwa nach einer Auseinandersetzung den Betrieb verlässt und am Arbeitsplatz mehr erscheint (Niesel, SGB III-Kommentar, 3. Aufl., Rdnr. 15 zu § 144). Hier hat der Arbeitgeber Herr M. sowohl in seiner am 14.6.2004 verfassten Niederschrift als auch bei seiner Zeugenvernehmung vor dem SG, auch in der Hauptverhandlung im Strafverfahren eindeutig ausgesagt, der Kläger habe am 14.6.2004 während der Auseinandersetzung die Baustelle verlassen und sei nicht wieder zurückgekommen. Der Kläger hat zwar mehrmals ausgesagt, er sei der Baustelle verwiesen worden. Allerdings hat der Kläger selbst eingeräumt, er habe sich während der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber weggedreht, um erst einmal eine Zigarette zu rauchen. Der Kläger hat auch, wie er selbst einräumt, weder am 14.6.2004 noch bei dem Telefongespräch einen Tag später zu erkennen gegeben, dass er die Arbeit oder das Arbeitsverhältnis fortzusetzen bereit sei. Dabei hat der Kläger in seiner ersten Anhörung zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 8.7.2004 eingeräumt, dass er am 15.6.2004 abends vom Arbeitgeber angerufen wurde "A., Entschuldigung wegen gestern, was soll ich machen?". Er selbst habe darauf erwidert, dass, wenn der Arbeitgeber gestern gewusst habe, was er machen solle, dann müsse er es ja auch heute wissen. Damit hat der Kläger selbst nach seinem eigenen zeitnahen Vortrag eingeräumt, die Arbeit niedergelegt zu haben und hinterher nicht bereit gewesen zu sein, die Arbeit fortzusetzen. Darin ist durchaus ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses zu sehen.
Selbst wenn man dem nicht folgt, so ist der Senat auch davon überzeugt, dass der Kläger durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat. Es ist zwar zutreffend, dass, wovon das SG ausgegangen ist, bezüglich des arbeits- vertragswidrigen Verhaltens bei der Auseinandersetzung am 14.6.2004 "Aussage gegen Aussage steht". Bei der Beweiswürdigung sind jedoch weitere Umstände zu berücksichtigen. Hier ist vor allem die Protokollnotiz des Arbeitgebers vom 14.6.2004 zu nennen. Diese unmittelbare zeitnahe Protokollierung des Geschehensablaufs mag zwar durchaus auch interessengeleitet und einseitig sein, für ihre Richtigkeit spricht jedoch, dass die in ihr festgehaltene Bedrohung dann auch mit der Strafanzeige weiterverfolgt worden ist. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht M. hat dann sowohl der Zeuge A. M. als auch seinen Sohn M. M. sowohl die Bedrohung durch den Kläger als auch dessen Verlassen der Baustelle bestätigt. Zwar hat auch im Strafverfahren der Kläger ausgesagt, er sei von der Baustelle verwiesen worden und eine Bedrohung sei nicht erfolgt. Auch im Strafverfahren hat der Kläger jedoch eingeräumt, der Arbeitgeber habe ihn am nächsten Tag angerufen, er sei darauf aber nicht eingegangen. Dass das Strafverfahren sodann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldbuße vorläufig eingestellt worden ist, spricht nicht für die Version des Klägers, denn er hätte danach freigesprochen werden müssen.
Für ein arbeitsvertragswidriges Verhalten spricht auch der Umstand, dass der Kläger mit der am 8.7.2004 erhobenen Kündigungsschutzklage nicht die Aufhebung der fristlosen Kündigung beantragt hat, sondern lediglich die Umwandlung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung zum 30.6.2004. Der Kläger ist also selbst davon ausgegangen, es liege ein die ordentliche Kündigung rechtfertigendes arbeitsvertragswidriges Verhalten vor (von einer betriebsbedingten Kündigung kann der Kläger ja schlechterdings nicht ausgegangen sein). Die Parteien des Arbeitsrechtsstreits haben dann auch in dem gerichtlichen Vergleich vom 26.7.2004 außer Streit gestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers fristgerecht am 30.6.2004 geändert habe. Auch dies spricht dafür, dass das arbeitsvertragswidriges Verhalten, nämlich die Arbeitsverweigerung bzw. das Verlassen der Baustelle, sich so zugetragen hat, wie es der Zeuge M. in der eigenen Niederschrift vom 14.6.2004 festgehalten und vor dem SG und im Strafverfahren geschildert hat und von seinem Sohn im Strafverfahren bestätigt worden ist.
Der Senat ist also in Würdigung dieser Gesamtumstände davon überzeugt, dass der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben hat. Er hat damit auch mindestens grobfahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Schließlich hatte der Kläger selbst nach eigenen Angaben am 15.6.2004 die Möglichkeit, bei dem Telefongespräch mit seinem Arbeitgeber sich auf eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses einzulassen. Er hat sich dagegen entschieden.
Einen wichtigen Grund vermag der Senat ebensowenig zu erkennen wie eine besondere Härte. Die von der Beklagten festgestellten Folgen einer zwölfwöchigen Sperrzeit sind damit nicht zu beanstanden.
Das angefochtene Urteil ist damit aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit.
Der 1971 geborene Kläger stand seit 1994 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug bei der Beklagten. Zuletzt bezog er ab 31.1.2004 Alhi. Am 18.5.2004 nahm der Kläger eine Beschäftigung als Montagehelfer bei der Firma M. GmbH in P. auf. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch fristlose Kündigung des Arbeitgebers am 15.6.2004, weil der Kläger die Arbeit verweigert und die Arbeitsstelle entgegen der Anweisung des Arbeitgebers verlassen habe. Vom 15.6.2004 bis 9.7.2004 bezog der Kläger Krankengeld und meldete sich am 8.7.2004 erneut arbeitslos und beantragte Alhi ab 10.7.2004.
Mit Bescheid vom 12.7.2004 stellte die Beklagte das Ruhen des Alhi-Anspruchs wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 15.6. bis 6.9.2004 fest. Der Verstoß des Klägers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten sei Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewesen. Mit Bescheid vom 13.7.2004 bewilligte die Beklagte Alhi ab 7.9.2004.
Im Widerspruchsverfahren schilderte der Kläger wie schon in der Stellungnahme zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 246/248 der Verwaltungsakten verwiesen) den Arbeitgeber, Herrn M., als aggressiven, immer herumschreienden, ständig Zigarette rauchenden Arbeitgeber, dem man nichts habe recht machen können. Am 14.6.2004 habe Herr M. wieder ständig herumgeschrieen, er solle ein Werkzeug holen, was er auch getan habe, schließlich habe er sich gegen die Schreierei des Herrn M. zur Wehr gesetzt und ihn aufgefordert, das zu unterlassen. Daraufhin sei er "der Baustelle verwiesen" worden. Der Kläger legte dazu den vor dem Arbeitsgericht M. im Verfahren 3 Ca 392/04 geschlossenen Vergleich vom 26.7.2004 vor, wonach "die Parteien außer Streit stellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten fristgerecht am 30.6.2004 geendet hat". Der Arbeitgeber bestätigte dagegen, er habe "aus den im Kündigungsschreiben genannten Gründen gekündigt". Durch Widerspruchsbescheid vom 22.9.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus dem Vergleich mit dem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht M. gehe hervor, dass statt der fristlosen eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen worden sei. Der Kündigungsgrund sei laut Aussage des Arbeitgebers aufrechterhalten worden, nämlich dass der Kläger die Arbeit verweigert habe. Der Kläger habe damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten nicht hinnehmen, sondern das Beschäftigungsverhältnis beenden würde. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar, dem Kläger sei nach Abwägung der Interessen ein vertragsgemäßes Verhalten zumutbar gewesen. Damit seien die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, eine besondere Härte sei nicht ersichtlich.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 22.9.2004 beim Sozialgericht M. (SG) Klage erhoben. Aus dem vom Kläger vorgelegten und vom Arbeitgeber beigezogenen Unterlagen ergibt sich, dass der Arbeitgeber den Kläger (u.a. auf Grund des Vorfalls am 14.6.2004) wegen Bedrohung bzw. Nötigung angezeigt hat und das Strafverfahren durch Beschluss des Amtsgerichts M. vom 15.12.2004 gegen Zahlung einer Geldbuße von 240 EUR vorläufig eingestellt worden ist. Der Arbeitgeber hat seinerseits den Vorgang am 14.6.2004 in einer handschriftlichen Notiz (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 24/25 der SG-Akten verwiesen) dahingehend geschildert, dass er selbst vom Kläger angeschrieen, beleidigt und bedroht worden sei. Der Kläger selbst habe gesagt, dass er von der Baustelle gehe. Er habe geantwortet, der Kläger könne machen was er wolle, daraufhin sei er verschwunden. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.4.2005 den Kläger persönlich angehört und den Zeugen M. vernommen, wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Blatt 36/39 der SG-Akten verwiesen. Durch Urteil vom selben Tag hat das SG sodann den Bescheid vom 12.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.9.2004 aufgehoben. Es sei nicht feststellbar, ob die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit vorlägen. Dem Gericht sei es auch durch Vernehmung des Zeugen M. nicht möglich gewesen, den Sachverhalt aufzuklären. Es bleibe unklar, weshalb das Beschäftigungsverhältnis am 10.6.2004 beendet worden sei. Zu den Umständen, unter denen das Beschäftigungsverhältnis beendet worden sei, stehe Aussage gegen Aussage. Es sei nicht möglich zu erkennen, welche Schilderung zutreffe. Ebenso wenig hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben, ob der Kläger oder der Zeuge glaubwürdig oder unglaubwürdig sei. Die Feststellungslast für die tatsächlichen Umstände, die den Eintritt einer Sperrzeit begründeten, liege bei der Beklagten, so dass insoweit die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts zu ihren Lasten gehe. Daraus folge, dass eine Sperrzeit nicht habe angeordnet werden dürfen.
Gegen dieses am 2.5.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.5.2005 Berufung eingelegt. Das SG habe seine Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, z. B. die Arbeitsgerichtsakte nicht beigezogen. Es hätte sich auch nicht der Aufgabe, die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit der Beteiligten zu beurteilen, entziehen dürfen, ohne, was möglich gewesen wäre, weitere Zeugen zu befragen. Schließlich habe auch nicht der Vorfall am 14.6.2004, sondern das Telefonat am 15.6.2004 zwischen dem Kläger und dem Zeugen M. zur Kündigung geführt. Der Zeuge sei selbst nach Angaben des Klägers um eine Aussöhnung bemüht gewesen, der Kläger sei hierauf aber nicht eingegangen und habe damit seine Kündigung provoziert. Hinzuweisen sei auch auf die beim Arbeitsgericht M. erhobene Kündigungsschutzklage. Diese sei nicht etwa auf die Rücknahme der Kündigung gerichtet gewesen, sondern lediglich auf eine Umwandlung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung zum 30.6.2004.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts M. vom 21.4.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat (durch die damalige Berichterstatterin) am 24.2.2006 nochmals den Kläger persönlich gehört und sodann mit dem Einverständnis des Klägers die Strafakten der Staatsanwaltschaft M. (313 Js 27633/04) beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird zum einen auf die Niederschrift Blatt 20/22 der Senatsakten und zum anderen auf Blatt 35/61 der Senatsakten Bezug genommen. Zu diesen Strafakten hat sich der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Bevollmächtigte des Klägers nicht geäußert, die Beklagte hat dazu darauf hingewiesen, das arbeitsvertragswidrige Verhalten des Klägers bestätige sich aus den Strafakten, vor allem aus den Aussagen der Zeugen A. und M. M ...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Das SG hat den hier anzuwendenden § 144 SGB III in den Entscheidungsgründen leider nicht ganz zutreffend zitiert. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der im Zeitpunkt des Sperrzeitereignisses geltenden Fassung lautet: "Hat der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und hat er dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, so tritt eine Sperrzeit ein".
Hier ist der Senat schon davon überzeugt, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis selbst gelöst hat. Erforderlich ist insoweit entweder die Erklärung des Arbeitnehmers, ein wirksam bestehendes Beschäftigungsverhältnis fristgemäß oder fristlos beenden zu wollen oder eine konkludentes Verhalten, aus dem sich ergibt, dass der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis nicht fortsetzen will. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Arbeitnehmer etwa nach einer Auseinandersetzung den Betrieb verlässt und am Arbeitsplatz mehr erscheint (Niesel, SGB III-Kommentar, 3. Aufl., Rdnr. 15 zu § 144). Hier hat der Arbeitgeber Herr M. sowohl in seiner am 14.6.2004 verfassten Niederschrift als auch bei seiner Zeugenvernehmung vor dem SG, auch in der Hauptverhandlung im Strafverfahren eindeutig ausgesagt, der Kläger habe am 14.6.2004 während der Auseinandersetzung die Baustelle verlassen und sei nicht wieder zurückgekommen. Der Kläger hat zwar mehrmals ausgesagt, er sei der Baustelle verwiesen worden. Allerdings hat der Kläger selbst eingeräumt, er habe sich während der Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber weggedreht, um erst einmal eine Zigarette zu rauchen. Der Kläger hat auch, wie er selbst einräumt, weder am 14.6.2004 noch bei dem Telefongespräch einen Tag später zu erkennen gegeben, dass er die Arbeit oder das Arbeitsverhältnis fortzusetzen bereit sei. Dabei hat der Kläger in seiner ersten Anhörung zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 8.7.2004 eingeräumt, dass er am 15.6.2004 abends vom Arbeitgeber angerufen wurde "A., Entschuldigung wegen gestern, was soll ich machen?". Er selbst habe darauf erwidert, dass, wenn der Arbeitgeber gestern gewusst habe, was er machen solle, dann müsse er es ja auch heute wissen. Damit hat der Kläger selbst nach seinem eigenen zeitnahen Vortrag eingeräumt, die Arbeit niedergelegt zu haben und hinterher nicht bereit gewesen zu sein, die Arbeit fortzusetzen. Darin ist durchaus ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses zu sehen.
Selbst wenn man dem nicht folgt, so ist der Senat auch davon überzeugt, dass der Kläger durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat. Es ist zwar zutreffend, dass, wovon das SG ausgegangen ist, bezüglich des arbeits- vertragswidrigen Verhaltens bei der Auseinandersetzung am 14.6.2004 "Aussage gegen Aussage steht". Bei der Beweiswürdigung sind jedoch weitere Umstände zu berücksichtigen. Hier ist vor allem die Protokollnotiz des Arbeitgebers vom 14.6.2004 zu nennen. Diese unmittelbare zeitnahe Protokollierung des Geschehensablaufs mag zwar durchaus auch interessengeleitet und einseitig sein, für ihre Richtigkeit spricht jedoch, dass die in ihr festgehaltene Bedrohung dann auch mit der Strafanzeige weiterverfolgt worden ist. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht M. hat dann sowohl der Zeuge A. M. als auch seinen Sohn M. M. sowohl die Bedrohung durch den Kläger als auch dessen Verlassen der Baustelle bestätigt. Zwar hat auch im Strafverfahren der Kläger ausgesagt, er sei von der Baustelle verwiesen worden und eine Bedrohung sei nicht erfolgt. Auch im Strafverfahren hat der Kläger jedoch eingeräumt, der Arbeitgeber habe ihn am nächsten Tag angerufen, er sei darauf aber nicht eingegangen. Dass das Strafverfahren sodann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung einer Geldbuße vorläufig eingestellt worden ist, spricht nicht für die Version des Klägers, denn er hätte danach freigesprochen werden müssen.
Für ein arbeitsvertragswidriges Verhalten spricht auch der Umstand, dass der Kläger mit der am 8.7.2004 erhobenen Kündigungsschutzklage nicht die Aufhebung der fristlosen Kündigung beantragt hat, sondern lediglich die Umwandlung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung zum 30.6.2004. Der Kläger ist also selbst davon ausgegangen, es liege ein die ordentliche Kündigung rechtfertigendes arbeitsvertragswidriges Verhalten vor (von einer betriebsbedingten Kündigung kann der Kläger ja schlechterdings nicht ausgegangen sein). Die Parteien des Arbeitsrechtsstreits haben dann auch in dem gerichtlichen Vergleich vom 26.7.2004 außer Streit gestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers fristgerecht am 30.6.2004 geändert habe. Auch dies spricht dafür, dass das arbeitsvertragswidriges Verhalten, nämlich die Arbeitsverweigerung bzw. das Verlassen der Baustelle, sich so zugetragen hat, wie es der Zeuge M. in der eigenen Niederschrift vom 14.6.2004 festgehalten und vor dem SG und im Strafverfahren geschildert hat und von seinem Sohn im Strafverfahren bestätigt worden ist.
Der Senat ist also in Würdigung dieser Gesamtumstände davon überzeugt, dass der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben hat. Er hat damit auch mindestens grobfahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Schließlich hatte der Kläger selbst nach eigenen Angaben am 15.6.2004 die Möglichkeit, bei dem Telefongespräch mit seinem Arbeitgeber sich auf eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses einzulassen. Er hat sich dagegen entschieden.
Einen wichtigen Grund vermag der Senat ebensowenig zu erkennen wie eine besondere Härte. Die von der Beklagten festgestellten Folgen einer zwölfwöchigen Sperrzeit sind damit nicht zu beanstanden.
Das angefochtene Urteil ist damit aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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