L 13 R 5271/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 615/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 5271/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. September 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der 1956 geboren Kläger ist türkischer Staatsangehörigkeit und zog am 15. März 1971 in die Bundesrepublik Deutschland zu. Im Herkunftsland hatte er eine Ausbildung zum Gipser durchlaufen, diese aber nicht erfolgreich abgeschlossen. Nach seinem Zuzug arbeitete er zunächst bis 1974 als Schuhmacher, anschließend als Landschaftsgärtner, Fabrikarbeiter und als Bauschlosser. Vom 8. September 1986 bis 14. September 1992, vom 26. September 1994 bis 13. Juni 1997 und zuletzt vom 18. Mai 1998 bis 29. Oktober 1999 war er als Stuckateur beschäftigt, wobei er wie ein Facharbeiter eingesetzt und entlohnt wurde. Am 8. Dezember 1998 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Nach Einholung eines Gutachtens von Internist Dr. B. lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28. Juli 1999 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 1999 zurück. Im Verlauf des anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Ulm (SG; S 5 RJ 2924/99) verpflichtete sich die Beklagte mit gerichtlichem Vergleich vom 16. Juni 2000, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 7. Juli 1999 zu gewähren und führte diesen Vergleich mit Rentenbescheid vom 13. Juli 2000 aus.

Am 4. Juli 2001 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der bisher gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ließ die Beklagte den Kläger von Internist Dr. L. begutachten. Dieser führte in seinem Gutachten vom 29. Januar 2002 aus, der Kläger leide unter einer koronaren Herzkrankheit mit rezidivierender absoluter Arrhythmie, an Bluthochdruck, an einem Zustand nach Hirninfarkt bei A. carotis interna-Verschluss rechts mit vorübergehender Hemiparese links (TIA) sowie an einem gutartigen Hirnhauttumor (Meningiom im Hirnstammbereich). Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien trotz dieser Erkrankungen noch für arbeitstäglich sechs Stunden und mehr möglich. Gestützt auf diese sozialmedizinische Beurteilung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Februar 2002 den Rentenantrag ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 27. Februar 2002 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, insbesondere aufgrund der Erkrankungen auf kardiologischem und neurologischem Fachgebiet sei er nicht einmal mehr halbschichtig einsetzbar. Die Beklagte bewilligte dem Kläger darauf hin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in den Kliniken Sch. in G ... Der Kläger absolvierte dort in der Zeit vom 19. März bis 23. April 2002 ein stationäres Heilverfahren. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 23. April 2002 hielten Dr. B. und Dr. F. den Kläger ebenfalls für fähig, leichte Arbeiten über eine Zeitdauer von sechs Stunden und mehr zu verrichten. In der Folge beauftragte die Beklagte Dr. S. und Dr. B. mit der Erstattung weiterer Gutachten über den Kläger. Nervenärztin Dr. S. führte in ihrem Gutachten vom 27. November 2002 aus, auch ihres Erachtens bestehe noch ein über sechsstündiges Leistungsvermögen. Nachdem Internist Dr. B. in seinem Gutachten vom 29. November 2002 zum selben Ergebnis gelangt war, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2003 zurück.

Mit seiner am 19. März 2003 beim SG erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Dr. H., Dr. E., Dr. M., Dr. Sch. und Dr. Sch. eingeholt. Internist Dr. H. (Aussage vom 27. November 2003) und Nervenärztin Dr. M. (Aussage vom 29. November 2003) haben den Kläger nicht mehr für fähig erachtet, selbst leichte körperliche Arbeiten vollschichtig auszuführen. Dr. H. hat dies auf die neurologischen Erkrankungen, Dr. M. zusätzlich auf die internistisch-kardiologischen Leiden zurückgeführt. Demgegenüber haben Augenarzt Dr. E. (Aussage vom 27. November 2003), Chirurg Dr. Sch. (Aussage vom 1. Dezember 2003) und Orthopäde Dr. Sch. (Aussage vom 16. Dezember 2003) ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejaht. Das SG hat daraufhin den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. April 2004 eine sensible Hemisymptomatik mit Beeinträchtigung der Feinmotorik der linken Hand bei Carotis-Interna-Verschluss rechts und ein chronisches Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Ausfälle diagnostiziert. Leichte körperliche Arbeiten ohne stärkere Konzentrationsleistungen, ohne Arbeiten in monotonen Körperhaltungen und ohne erhöhte Ansprüche an die Fingergeschicklichkeit links könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit Urteil vom 10. September 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht voll erwerbsgemindert; die Aussage von Dr. M. sei durch das Sachverständigengutachten von Dr. K. widerlegt.

Gegen das ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 21. Oktober 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. November 2004 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung auf die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. hingewiesen. Im übrigen sei für ihn der Arbeitsmarkt verschlossen. Aus den vorliegenden Beweisergebnissen ergebe sich, dass sein Gesundheitszustand sich nicht verschlechtert habe. Dies beruhe nur darauf, dass er in der Vergangenheit keine körperliche Arbeit mehr verrichtet habe. Ergänzend hierzu legt der Kläger das Schreiben des Internisten Dr. F. vom 21. Dezember 2006 vor. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 103 der Berufungsakte Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. September 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2003 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestehe beim Kläger noch ein sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten.

Der Senat hat eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. H. eingeholt (Bl. 47/78 der Berufungsakte) sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Dr. F. und von Amts wegen Dr. F. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 19. Juli 2005 dargelegt, der Kläger leide an einem cerebralen Gefäßprozess, an einem Zustand nach Insult mit leichter Hemisymptomatik links (Mai 2001 und Februar 2002), an einem infratentoriellen Meningeom, an vertebragenen Beschwerden (HWS- und LWS-Syndrom), an einem beginnenden Carpaltunnelsyndrom beidseits und an einer leichten Polyneuropathie. Er sei trotz dieser Erkrankungen in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu verrichten. Facharzt für Orthopädie Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 12. Oktober 2006 ein vertebragenes cervicobrachiales Schmerzsyndrom bei leichten degenerativen Veränderungen, ein vertebragenes lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen und eine Fingergelenkspolyarthrose diagnostiziert. Auch er halte den Kläger für fähig, leichte Arbeiten sechsstündig und länger an fünf Tagen in der Woche auszuführen.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakten des SG (S 5 RJ 2924/99 und S 5 RJ 615/03) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 5271/04) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 4. Juli 2001 ablehnende Bescheid vom 7. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2003. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der von der Beklagten seit 7. Juli 1999 gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.

Gemäß § 302b Abs. 1 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der bereits am 31. Dezember 2000 bestanden hat, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Gewährung dieser Leistungen maßgebend waren. Dementsprechend bleiben §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) anwendbar, wenn sich bei Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 ergibt (vgl. §§ 99 ff. SGB VI). Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Rentenanspruch anerkannt wurde. Ergibt sich hingegen ein späterer Rentenbeginn, findet das neue Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung) Anwendung (vgl. hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rdnr. 3). Im Falle des Klägers richtet sich der Rentenanspruch nach neuem Recht. Angesichts der erst am 4. Juli 2001 erfolgten Antragstellung könnte sich ein vor dem 1. Januar 2001 liegender Rentenbeginn nicht ergeben.

Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist auch zur vollen Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Er ist deshalb nicht erwerbsgemindert und hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Auf orthopädischem Fachgebiet steht im Mittelpunkt der für das berufliche Leistungsvermögen relevanten Leiden ein LWS- und HWS-Syndrom. Dr. F. hat dieses Krankheitsbild in seinem Gutachten vom 12. Oktober 2006 diagnostisch als vertebragenes cervicobrachiales Schmerzsyndrom bei leichten degenerativen Veränderungen und als vertebragenes lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen eingeordnet und daneben eine Fingergelenkspolyarthrose diagnostiziert. Wie der Sachverständige aus den von ihm erhobenen Befunden überzeugend gefolgert hat, stehen die orthopädischen Erkrankungen einem mindestens sechsstündigen Einsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht im Wege. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die vom SG als sachverständigen Zeugen gehörten behandelnden Ärzte Dr. Sch. und Sch. (Aussagen vom 1. bzw. 16. Dezember 2003). Damit steht fest, dass die auf orthopädischem Fachgebiet liegenden Leiden eine den Einsatz im Berufsleben limitierende Einschränkung der Leistungsfähigkeit in rentenberechtigendem Umfang nicht bedingen.

Das Gleiche gilt für die Erkrankungen auf neurologisch/psychiatrische Fachgebiet. Entgegen den Beurteilungen der behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. M. ist der Kläger nicht an nervenärztlichen Leiden erkrankt, die einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit des Klägers entgegenstehen würden. Zur Überzeugung des Senats steht dies fest aufgrund des von der Beklagten eingeholten Gutachtens von Dr. S. und des vom SG eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachtens von Dr. K ... Letzterer hat in seinem Gutachten vom 18. April 2004 ausgeführt, die von ihm erhobenen objektiven Befunde (sensible Hemisymptomatik mit Beeinträchtigung der Feinmotorik der linken Hand bei Carotis-Interna-Verschluss rechts) seien eher als geringgradig einzustufen. Vor diesem Hintergrund überzeugt seine Einschätzung, dass der Kläger leichte Arbeiten noch mindestens sechsstündig ausführen kann. Dies gilt umso mehr, als beim Kläger auch nach Ansicht des auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG zum Sachverständigen ernannten Dr. F., der zusätzlich ein Carpaltunnelsyndrom beidseits und eine leichte Polyneuropathie diagnostiziert hat, nur eine leichte Beeinträchtigung des beruflichen Leistungsvermögens besteht und nach dessen Beurteilung ebenfalls ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen vorhanden ist.

Letztlich begründen auch die internistischen und augenärztlichen Erkrankungen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf ein unter sechsstündiges und damit rentenberechtigendes Maß. Das Fachgebiet der inneren Medizin betreffend hat bereits Dr. L. in seinem im Auftrag der Beklagten erstatteten Gutachten vom 29. Januar 2002, das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten kann, nachvollziehbar begründet, dass die vorliegende koronare Herzkrankheit mit rezidivierender absoluter Arrythmie sowie der Bluthochdruck kein Absinken des Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nach sich ziehen. Dies ist durch das weitere von der Beklagten eingeholte Gutachten von Dr. B. nochmals schlüssig bestätigt worden. Die von Dr. H. mitgeteilte chronisch-obstruktive Lungenerkrankung bei fortgesetztem Nikotinabusus schränkt das berufliche Leistungsvermögen, nachdem Dr. H. den Schwerpunkt der Leiden auf neurologischem und orthopädischem Fachgebiet gesehen hat, ebenso wenig ein, wie die Prostatabeschwerden. Nachdem der Kläger selbst vorgetragen hat, eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands sei nicht eingetreten und eine solche auch in dem vom Kläger vorgelegten Attest des Internisten Dr. F. vom 21. Dezember 2006 nicht beschrieben worden ist, besteht für den Senat kein Anlass, an der Richtigkeit der sozialmedizinischen Beurteilungen von Dr. L. und Dr. B. zu zweifeln. Hinsichtlich des augenärztlichen Fachgebiets hat Dr. E. in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 27. November 2003 (Befund: Sehschärfe links 0,8; Hemianopie nach links; fundus hypertonicus II) ein vollschichtiges und damit über sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers angenommen. Auch deren Beurteilung ist zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar; eine relevante Verschlechterung des augenärztlichen Befundes wurde weder vorgetragen noch ergeben sich hierfür Hinweise nach Aktenlage.

Der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) ist nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor. In qualitativer Hinsicht muss dieser Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilopond, Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, gebückte Tätigkeiten, Nässe- oder Kälteeinfluss, Zugluft und Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten vermeiden. Darüber hinaus dürfen keine erhöhten Anforderungen an die Fingergeschicklichkeit links gestellt werden. Wegen der von Augenärztin Dr. E. diagnostizierten Gesichtsfeldausfälle muss der Kläger zudem Arbeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr vermeiden. Diese Einschränkungen können zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich. Soweit Dr. F. in seinem Gutachten vom 19. Juli 2005 angenommen hat, der Kläger benötige "voraussichtlich besondere Pausen" vermag sich der Senat dieser Einschätzung nicht anzuschließen. Dr. F. hat seine Annahme nicht begründet; sein Gutachten ist damit nicht geeignet, die Beurteilungen von Dr. K. und Dr. F., die betriebsunübliche Pausen nicht für erforderlich gehalten haben, zu widerlegen. Letztlich ist auch eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit nicht gegeben; der Kläger ist in der Lage, vier mal täglich eine Wegstrecke von über 500 Metern in zumutbarem Zeitaufwand zurückzulegen und zwei mal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - B 5 RJ 36/01 R - veröffentlicht in Juris). Nachdem Dr. F. in seinem Gutachten vom 12. Oktober 2006 eine relevante Einschränkung des Gehvermögens nicht angenommen hat, schließt sich der Senat auch insoweit der überzeugenden Beurteilung des vom SG beauftragten und zur Wegefähigkeit ausdrücklich befragten Sachverständigen Dr. K. an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Rechtskraft
Aus
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