Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 6284/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3093/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1945 geborene Kläger zog im Oktober 1969 aus dem damaligen Jugoslawien (Bosnien-Herzegowina) in die Bundesrepublik Deutschland zu. Er hat keinen Beruf erlernt und war bis Mai 1992 als Hilfsarbeiter in verschiedenen Metzgereien beschäftigt. Danach war er arbeitslos und bezog Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.
Erstmals am 26. September 1994 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 12. Januar 1995 (Bl. 19 Verwaltungsakte - VA -) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 1995 (Bl. 34 VA) lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart (S 2/18 J 4588/95) wurde mit Urteil vom 18. Februar 1997 abgewiesen, die dagegen erhobene Berufung mit Urteil vom 11. Mai 1999 (Az. L 9 RJ 973/97) zurückgewiesen, die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 11. Mai 1999 wurde im Übrigen als unzulässig verworfen (Beschluss des BSG vom 27. August 1999 - B 5 RJ 122/99 B).
Am 22. September 1999 (Bl. 95 VA) beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit, die die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 1999 (Bl. 102 VA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2000 (Bl. 110 VA) ablehnte.
Am 19. April 2000 beantragte der Kläger daraufhin erneut die Gewährung einer Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit (Bl. 113 VA). Mit Bescheid vom 4. Mai 2000 wies die Beklagte den Antrag ab (Bl. 117 VA), der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. August 2000 (Bl. 123 VA) zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger erneut Klage vor dem SG (Az. S 3 RJ 5053/00), die mit Urteil vom 17. Dezember 2001 abgewiesen wurde, die dagegen erhobene Berufung (Az. L 9 RJ 625/02) wurde mit Beschluss vom 16. Juli 2002 zurückgewiesen.
Am 19. Mai 2003 (Bl. 172 VA) beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen (nunmehr) Erwerbsminderung. In dem daraufhin bei dem Nervenarzt Dr. S. eingeholten Gutachten vom 6. August 2003 (Bl. M 47) sind folgende Diagnosen erhoben worden:
1. Derzeitig leichtgradig ausgeprägte depressive Symptomatik bei langfristig zurückreichender familiärer und sozialer Belastung. 2. Wirbelsäulenbezogene Beschwerden mit berichteten Cephalgien ohne Anhalt für organneurologische Erkrankungen. 3. Hinweise auf psychogene Zuflüsse bei körperlichen Beschwerden.
Dr. S. schätzte das Leistungsvermögen hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Metzgereihelfer auf noch unter drei Stunden täglich ein, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt schätzte er das Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung geistig/psychischer Leistungseinschränkungen auf sechs Stunden und mehr ein.
Mit Bescheid vom 12. August 2003 (Bl. 185 VA) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. S. ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch u. a. mit der Begründung, er sei Familienvater, habe zwei erwachsene Söhne und seine Frau sei auch schwer krank. Diese würden in einer kleinen Wohnung in Bosnien, in einem Gebiet, wo im Krieg schwere Kämpfe stattgefunden hätten, leben. Seine Ehefrau sei Hausfrau und bekomme keinerlei staatliche Hilfen, seine beiden Söhne würden nicht arbeiten, da es dort keine Fabriken mehr gebe, alles sei im Krieg zerstört worden, sie hätten daher keinerlei Einkünfte. Das Geld, das er monatlich vom Arbeitsamt bekomme (530 EUR), reiche jedoch nicht einmal dafür aus, seine Kosten hier zu bezahlen, geschweige denn seine Familie zu unterstützen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2003 (Bl. 190 VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 21. November 2003 Klage vor dem SG erhoben. Zur Begründung hat er dort geltend gemacht, dass sich sein Gesundheitszustand in den letzten Jahren sehr verschlechtert habe und daher die Entscheidung der Beklagten nicht nachvollziehbar sei. Er hat im Weiteren zahlreiche Unterlagen aus dem vorangegangenen Widerspruchsverfahren und Befundberichte sowie Atteste seiner behandelnden Ärzte vorgelegt.
Der vom SG u. a. befragte behandelnde Hausarzt Dr. W. teilte mit Schreiben vom 30. Januar 2004 mit, dass er den Kläger aufgrund des schweren depressiven Syndroms und der Parkinsonsymptomatik für erwerbsunfähig halte. Der Neurologe und Psychiater Dr. D. teilte mit Schreiben ebenfalls vom 30. Januar 2004 mit, dass der Kläger aufgrund der Fixierung seiner Gedanken auf die Berentung und mögliche Erkrankungen und Beschwerden zu überhaupt keiner Arbeit fähig sei. Des Weiteren teilte der Orthopäde Dr. P. mit Schreiben vom 3. Februar 2004 dem SG mit, dass er beim Kläger eine Lumboischialgie, venöse Umlaufstörungen beider Beine, eine Bandscheibenprotrusion C 5/6, C 6/7, C 7/Th 1, eine Periarthropathia humero scapularis beidseits, eine Kniegelenksarthrose beidseits, eine Foraminastenose, eine persistente Lumboischialgie, ein chronisches Wirbelsäulensyndrom, eine Arthrose beider Beine sowie eine Versteifung des linken oberen Sprunggelenkes diagnostiziert habe. Der Kläger sei nach Auffassung von Dr. P. nicht mehr in der Lage, körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über zwei Stunden täglich zu verrichten. Der Neurologe und Psychiater Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 24. März 2004 schließlich mit, dass eine berufliche Tätigkeit des Klägers auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur unter drei Stunden durchführbar sei.
In dem daraufhin im Auftrag des SG von Prof. Dr. F., Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., erstellten Gutachten vom 19. Juli 2005 ist aus psychiatrischer Sicht die Diagnose Dysthymia (ICD-10: F 34.1) gestellt worden. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörung sei der Kläger noch in der Lage leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. In dem weiteren orthopädischen Gutachten von Dr. A. vom 16. März 2006 sind folgende Diagnosen gestellt worden:
1. Chronisches Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom ohne neurologische Symptomatik. 2. Retropatellare Chondromalazie beider Kniegelenke ohne Bewegungseinschränkung. 3. Beginnende Arthrose beider Hüftgelenke mit leichter Einschränkung der Innenrotation. 4. Chronisches Impingementsyndrom beider Schultergelenke. 5. Beginnende Heberden- und Bouchardarthrosen beider Hände ohne Bewegungseinschränkung. 6. Zustand nach Arthrodesenoperation linkes Sprunggelenk.
Nach Einschätzung von Dr. A. ist der Kläger unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden noch in der Lage leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen auszuüben.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Mai 2006 hat das SG die Klage daraufhin abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten von Dr. S. aus dem Verwaltungsverfahren wie auch der Gerichtsgutachten von Prof. F. und Dr. Abel der Kläger noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung entsprechender qualitativer Einschränkungen vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Die sachverständigen Zeugenaussagen der Neurologen und Psychiater Dr. H. und Dr. D. seien nach Auffassung des SG hier nicht überzeugend, so führe Dr. D. u. a. aus, dass aufgrund der Unkorrigierbarkeit der Vorstellung des Klägers, dass er von Gesetzes wegen Anspruch auf Rente habe, es sich um eine beinahe wahnhafte Fixiertheit auf die Rentengewährung und eine absolute Uneinsichtigkeit handele und aus diesem Grund die Berentung inzwischen absolut notwendig sei. Allein aber die Tatsache dieser Fixierung auf eine Rente könne die Gewährung einer Rente sozialmedizinisch nicht rechtfertigen. Daher würden beim Kläger die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ebenso wenig wie die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliegen, da der Kläger als Ungelernter zumutbar auf alle Tätigkeiten eines ungelernten Arbeiters und auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Der Kläger hat gegen den seinem zwischenzeitlichen Bevollmächtigten am 18. Mai 2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 19. Juni 2006 (Montag) Berufung erhoben. Zur Begründung macht er geltend, soweit sich das SG insbesondere auf das Gutachten von Prof. F. stützt, wonach beim Kläger bei der Exploration ein ausgeprägtes Aggravationsverhalten zutage getreten sei, leide jedoch dieses Gutachten an dem Mangel, dass eine sachgerechte Exploration des Klägers nicht stattgefunden habe, da dieser der deutschen Sprache nicht mächtig sei, sie auch nicht richtig verstehe und bei der Exploration auch kein Dolmetscher anwesend gewesen sei. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits einen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 90 % inne habe (mit Hinweis auf den vorgelegten Schwerbehindertenausweis). Infolge dessen sei auch das Gutachten von Dr. A. nicht nachvollziehbar, wonach beim Kläger lediglich qualitative Leistungseinschränkungen bestehen sollten. Diese stünden auch im Widerspruch zu der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. P ... Soweit der Kläger auch gegenüber Ärzten über den Wunsch nach einer Erwerbsminderungsrente spreche, sei dies nur so zu verstehen, dass er sich, wenn er denn schon nicht mehr aufgrund multipler Behinderungen und Beeinträchtigungen arbeiten könne, Gedanken über seine finanzielle Absicherung mache. Da dies den Kläger beschäftige, rede er auch darüber. Dies sei allerdings nicht dahingehend zu werten, dass er auf dieses Thema fixiert sei und ihn dies absolut an einer Erwerbstätigkeit hindere. Im Übrigen werde auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt, da eine Stellungnahme des Klägers zu dem vom SG ihm gegenüber angekündigten Gerichtsbescheid nicht mehr seitens des SG berücksichtigt worden sei. Hierzu sei dem Kläger eine Frist bis 15. Mai 2006 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2006 sei eine solche Stellungnahme an das SG übersandt worden. Diese sei auch vorab am 13. Mai 2006 per Telefax übersandt worden. Das SG habe jedoch mitgeteilt, dass dieser Schriftsatz erst am 17. Mai 2006 vorgelegt worden sei und daher nicht mehr habe berücksichtigt werden können. Im Weiteren legt der Klägerbevollmächtigte noch umfangreiche ärztliche Bescheinigungen und Berichte insbesondere des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. D. als auch des Orthopäden Dr. P. aus den Jahren 1997 bis 2006 vor und macht geltend, dass sich hier unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen den körperlichen, insbesondere den Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet, und den vielfältigen psychischen Beeinträchtigungen ergebe, dass der Kläger auch nicht mehr in der Lage sei, nur leichte Tätigkeiten noch teilschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2003 aufzuheben und ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juni 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Im Hinblick auf die von Klägerseite noch vorgelegten verschiedenen Arztbriefe und Befundberichte hat Dr. H. für die Beklagte in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 2. Januar 2007 darauf verwiesen, dass auch die Durchsicht der vorgelegten Berichte keine Anhaltspunkte dafür ergebe, dass eine wesentliche Änderung des medizinischen Sachverhaltes bezüglich der fachorthopädischen Befunde seit der Begutachtung durch Dr. A. am 14. März 2006 eingetreten sei. Die Befunde in den vorliegenden Berichten von Dr. P. würden fast wortwörtlich denen von Dr. A. in den erhobenen Befunden entsprechen, wobei die von diesem erhobenen Untersuchungsergebnisse keineswegs für so gravierende Funktionsstörungen gesprochen hätten. So seien z. B. im Bereich der Halswirbelsäule nur leichte Funktionsstörungen festgestellt worden, in den Armen hätten sich überhaupt keine relevanten Funktionsstörungen gefunden, an den Beinen nur leichte Funktionsstörungen und bei Hinweisen auf eine Knorpelschädigung an beiden Kniegelenken sei die Funktion der Kniegelenke im Rahmen der Begutachtung im März 2006 nicht eingeschränkt gewesen. Hinsichtlich der Begutachtung durch Prof. F. und Dr. L. sei darauf hinzuweisen, dass die eingehende Untersuchung in Anwesenheit einer staatlich geprüften Dolmetscherin erfolgt sei und bei dieser Begutachtung eine detaillierte Erhebung der Krankheitsanamnese, der speziellen Schmerzanamnese und der Angaben zu den Aktivitäten des täglichen Lebens erfolgt sei. Die Gutachter hätten sich auch nicht nur eingehend mit den diskrepanten Untersuchungsergebnissen auseinander gesetzt, sondern auch eingehend mit den Vorgutachten und Vorbefunden. Soweit der Arzt für Allgemeinmedizin W. in dem noch vorgelegten ärztlichen Attest vom 19. September 2006 eine Verschlechterung der beim Kläger vorliegenden Störungen auf nervenärztlichem Gebiet geltend macht, seien jedoch Befunde, die dies belegten, in den Attesten nicht genannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (zwei Bände), die Gerichtsakten des SG (S 18 J 4588/95, S 3 RJ 5053/00 und S 9 R 6284/03) sowie die Senatsakte und die beigezogenen Akten L 9 RJ 625/02 und L 9 RJ 973/97 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Der Kläger begehrt die dauerhafte Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen (voller bzw. teilweiser) Erwerbsminderung nicht vorliegen.
1. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).
Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten beim Kläger vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Der Kläger ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.
Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen des Klägers liegt zum einen auf nervenärztlichem und zum anderen auf orthopädischem Gebiet. Dazu ist zunächst zu den nervenärztlichen Gesundheitsstörungen festzuhalten, dass auf der Grundlage des zuletzt erstellten Gutachtens von Prof. Dr. F./Dr. L. vom 19. Juli 2005 beim Kläger eine Dysthymia (ICD-10 F 34.1) als Diagnose festgestellt wurde. D. h. eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen (siehe ICD-10-GM 2007, Systematisches Verzeichnis, Stand 9. Oktober 2006 zu F 34.1). In dem Zusammenhang weist Prof. Dr. F. auch darauf hin, dass eine solche Erkrankung typischerweise früh im Erwachsenenleben beginnt und mindestens mehrere Jahre dauert, manchmal lebenslang. Für Patienten, die an dieser Störung leiden, ist alles eine Anstrengung und sie können nichts genießen. Sie grübeln, beklagen sich und schlafen schlecht, sind aber in der Regel fähig, mit den Anforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Prof. F./Dr. L. kommen hinsichtlich der Diagnose im Vergleich zu den bereits erfolgten nervenärztlichen Gutachten zu einer anderen Einschätzung. In den Vorgutachten wurde bislang entweder von keiner psychiatrischen Diagnose oder von einer "Anpassungsstörung" ausgegangen. Nach Auffassung der Gutachter kann dies nicht bestätigt werden. Beim Kläger könnte zwar die Emigration aus Bosnien als belastendes Ereignis interpretiert werden, der Umstand, dass die Beschwerden länger als zwei Jahre andauern, spricht jedoch gegen eine Anpassungsstörung auch mit "längerer depressiver Reaktion". Das belastende Ereignis sollte eindeutig nachgewiesen sein und bis zum Auftreten der Störung weniger als drei Monate vergehen. Nach der Emigration sei der Kläger aber über mehrere Jahre hinweg ohne Beschwerden gewesen, die depressive Verstimmung liege nach Aktenlage durchgehend dann ab 1989 vor. Aus Sicht der Gutachter seien damit am ehesten die diagnostischen Kriterien für eine Dysthymie erfüllt. Hinsichtlich des noch in den früheren Gutachten von Dr. K. vom 16. Dezember 1994 und Dr. T. vom 5. Oktober 1998 beschriebenen vermehrten Alkoholkonsums haben die Gutachter Prof. F./Dr. L. keinen Anhalt gefunden.
Im Weiteren haben Prof. F./Dr. L. darauf verwiesen, dass die Mitarbeit bei der körperlichen Untersuchung beim Kläger nur zeitweise gegeben war, Aggravations- und Simulationstendenzen deutlich wurden. Der Kläger sei voll auf die Erwerbsunfähigkeitsrente fixiert, sein Wohlergehen scheine direkt an den Erhalt der Rente gekoppelt zu sein. Er habe in der Vergangenheit nach jedem abgelehnten Rentenantrag immer wieder neue Symptome entwickelt. Die therapeutischen Bemühungen seiner behandelnden Ärzte (Hausarzt, Psychiater/Neurologe, Orthopäde) würden sich mit Sicherheit frustran gestalten, da der Kläger, wenn auch unbewusst im Sinne seines Interesses (Erhalt der Erwerbsunfähigkeitsrente), seine Beschwerden aufrecht erhalten müsse. Seine behandelnden Ärzte bestärken ihn nach Auffassung der Gutachter in seinem Begehren auf die Rente und bescheinigen ihm das Vorliegen eines schweren depressiven Syndroms. In der Vergangenheit hat sich nach den Gutachtern auch gezeigt, dass der Kläger gezielt seine Ärzte wechselt, je nach dem, ob diese ihn in seinem Vorhaben unterstützen. Die momentan behandelnden Ärzte gehen - genau wie er - davon aus, dass sich durch die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente sein Gesundheitszustand erheblich verbessern würde. Prof. F. weist in dem Zusammenhang weiter darauf hin, dass aber gerade die Gewährung bzw. Versagung einer Rente kaum Einfluss auf das Weiterbestehen einer Symptomatik hat, was in empirischen Studien habe auch gezeigt werden können.
Soweit der behandelnde Hausarzt Dr. W. die Auffassung vertritt, aufgrund des schweren depressiven Syndroms und der Parkinsonsymptomatik halte er den Kläger aus hausärztlicher Sicht für erwerbsunfähig ist bereits zu berücksichtigen, dass Dr. W. selbst ausdrücklich auf den Nervenarzt und darauf verweist, dass die hier maßgeblichen Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet liegen. Dr. D., Neurologe und Psychiater, vertritt zwar in seiner Auskunft vom 30. Januar 2004 die Auffassung, aufgrund der Unkorrigierbarkeit der Vorstellungen des Klägers handele es sich um eine beinahe wahnhafte Fixiertheit auf die Rentengewährung und aus der vorhandenen Uneinsichtigkeit sei die Berentung inzwischen absolut notwendig. Konkret als Befunde beschreibt Dr. D. jedoch lediglich immer wieder vom Kläger geklagte Schlafstörungen und eine depressive Verstimmung sowie den Umstand, dass es beim Kläger immer wieder zu Erregungszuständen komme und multiplen, somatisierten Beschwerden, die immer damit zusammenhingen, dass er sich ungerecht beurteilt fühle. Relevante krankhafte Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem bzw. psychiatrischem Fachgebiet, die es dem Kläger allerdings unmöglich machen würden auch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne entsprechende besondere psychische Belastungen nicht mehr ausüben zu können, beschreibt Dr. D. hier gerade nicht. Allein der Umstand, dass der Kläger auf die Gewährung einer Rente fixiert ist, macht ihn keineswegs erwerbsunfähig. In dem Zusammenhang hat auch Dr. H. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 2. Januar 2007 hinsichtlich des nervenärztlich-psychiatrischen Fachgebietes darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. F. und Dr. L. eine eingehende Untersuchung des Klägers, und zwar in Anwesenheit einer staatlich geprüften Dolmetscherin, mit einer detaillierten Erhebung der Krankheitsanamnese, der speziellen Schmerzanamnese und der Angaben zu den Aktivitäten des täglichen Lebens erfolgte. Im Weiteren haben Prof. F. und Dr. L. einen detaillierten psychopathologischen Befund erhoben und neben einer allgemeinen körperlichen Untersuchung auch eine eingehende organneurologische Untersuchung vorgenommen. Dabei wurden deutlich ersichtlich diskrepante Befunde festgestellt innerhalb der Untersuchungssituation einerseits zu Beobachtungen außerhalb der Untersuchungssituation andererseits. Prof. Dr. F./Dr. L. haben sich des Weiteren nicht nur eingehend mit diesen diskrepanten Untersuchungsergebnissen auseinandergesetzt, sondern auch mit den Vorgutachten und Vorbefunden. So ist z. B. auch auf das nervenärztliche Gutachten von Prof. M. vom 27. Februar 1998 (M11 VA) hingewiesen worden, im Rahmen dessen ebenso wie den Gutachtern Prof. Dr. F./Dr. L. aufgefallen ist, dass der Kläger (unbeobachtet) keine Hilfe in Anspruch genommen hat, sich dies auch mit der Anamnese des täglichen Lebens des Klägers deckt und zeigt, wie wenig er tatsächlich durch seine angegebenen Beschwerden beeinträchtigt ist. In dem Zusammenhang ist auch nach Auffassung der Gutachter interessant, dass trotz der aufwändigen apparativen diagnostischen Bemühungen (Kernspintomografie, EEG, Doppler-Sonografie, Elektroneurografie und akustisch evozierte Potenziale) kein gravierender pathologischer Befund erhoben werden konnte. Die Gutachter haben ferner darauf hingewiesen, dass bereits Dr. T. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 5. Oktober 1998 "leichte" Aggravationstendenzen feststellte, die nach Einschätzung von Prof. Dr. F./Dr. L. schon sehr deutlich ausgeprägt waren. Konkret wirkt sich nach Auffassung der Gutachter die auf psychiatrischem Fachgebiet festgestellte Gesundheitsstörung nicht auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus. Vielmehr kann im Falle des Klägers sogar von einem therapeutischen und tagesstrukturierenden Effekt der Arbeit ausgegangen werden. Eine qualitative Einschränkung des Leistungsvermögens ergebe sich nach Einschätzung der Gutachter durch die schlichte Persönlichkeitsstruktur, die schlechten Deutschkenntnisse und das geringe Bildungsniveau des Klägers. Ihm sind daher keine Tätigkeit mit besonderer Verantwortung, hoher geistiger Beanspruchung oder unter starkem Zeitdruck zuzumuten.
Schließlich ergibt sich auch aus dem zuletzt noch vorgelegten Attest des Hausarztes W. vom 19. September 2006 nichts Neues, denn irgendwelche Befunde, die die behauptete Verschlechterung auf nervenärztlichen Gebiet belegen, sind nicht dargetan.
Auch unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger in seiner Leistungsfähigkeit so eingeschränkt ist, als dass ihm nicht noch leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar wären. Danach liegen beim Kläger ein chronisches Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom vor, allerdings ohne neurologische Symptomatik, eine retropatellare Chondromalazie beider Kniegelenke, allerdings auch ohne Bewegungseinschränkung, eine beginnende Arthrose beider Kniegelenke mit lediglich leichter Einschränkung der Innenrotation sowie ein chronisches Impingementsyndrom beider Schultergelenke. Des Weiteren bestehen noch beginnende Heberden- und Bouchardarthrosen beider Hände, allerdings ebenfalls ohne Bewegungseinschränkung. Unter Berücksichtigung dieser orthopädischen Erkrankungen gelangt der orthopädische Gutachter Dr. A. in dem vom SG eingeholten Gutachten zu der Auffassung, dass beim Kläger zwar bestimmte qualitative Einschränkungen hinsichtlich dieser orthopädischen Leiden bezüglich schwerer und mittelschwerer körperlicher Arbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule bzw. in der Hocke oder auf Knien oder auch rein stehende oder gehende Tätigkeiten ebenso wie Überkopfarbeiten vermieden werden sollten, im Übrigen der Kläger aber sehr wohl noch in der Lage ist, sechs Stunden und mehr leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Nichts anderes ergibt sich hier auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Berichte, einschließlich der Auskunft von Dr. P ... In dem Zusammenhang weist Dr. H. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme zutreffend darauf hin, dass die Befunde in den vorliegenden Berichten von Dr. P. fast wortwörtlich den von Dr. A. erhobenen Befunde entsprechen. Wie bereits angesprochen hat im Übrigen Dr. A. keine nennenswerten Funktionseinschränkungen festgestellt, auch nicht hinsichtlich der operativen Versteifung des linken Sprunggelenkes im Februar 1993 nach einer Verletzung des Sprunggelenkes im November 1992. Danach war zwar die Beweglichkeit am linken Sprunggelenk aufgehoben, allerdings ergaben sich nach den Untersuchungsergebnissen von Dr. A. keine Hinweise für eine relevante Schonung des linken Beines bei seitengleichen Umfangmaßen an den Beinen. Auffälligerweise zeigt auch etwa ein Vergleich der fachärztlichen Bescheinigung von Dr. P. vom 22. August 2003 (Bl. 46 Senatsakte) und der für den Klägerbevollmächtigten erstellten Auskunft vom 10. Oktober 2006 (Bl. 52 Senatsakte), dass die dort jeweils unter "Befund" aufgeführten orthopädischen Leiden einschließlich der jeweiligen dort aufgeführten Bewegungsmaße identisch und unverändert sind, hier also überhaupt keine Verschlechterung in irgend einer Form feststellbar ist. Damit aber ergeben sich gerade auch aus dieser noch vorgelegten neuen Bescheinigung vom 10. Oktober 2006, die nach der Erstellung des orthopädischen Gutachtens von Dr. A. vom 16. März 2006 datiert, keine neuen Anhaltspunkte, weshalb die von Dr. A. getroffenen Feststellungen zum orthopädischen Befund einschließlich der jeweiligen Bewegungsmaße und Funktionseinschränkungen hier etwa aufgrund einer Verschlechterung neu zu bewerten wären.
Insgesamt ist damit nach Überzeugung des Senats auf der Grundlage der einerseits vorliegenden Auskünfte und Gutachten, insbesondere aber der zuletzt im Verfahren vor dem SG eingeholten nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. F./Dr. L. und dem orthopädischen Gutachten von Dr. A. festzuhalten, dass der Kläger - unter Berücksichtigung entsprechender qualitativer Einschränkungen - leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr ausüben kann. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit des Klägers noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in Juris, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
2. Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie berufsunfähig und vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt des Leistungsfalles die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 240 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Der Kläger genießt jedoch keinen Berufsschutz, da seine letzte Tätigkeit als Hilfsarbeiter in verschiedenen Metzgereien als ungelernte Tätigkeit oder angelernte Tätigkeit im unteren Bereich anzusehen ist und er damit generell verweisbar ist auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss.
Aus all diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1945 geborene Kläger zog im Oktober 1969 aus dem damaligen Jugoslawien (Bosnien-Herzegowina) in die Bundesrepublik Deutschland zu. Er hat keinen Beruf erlernt und war bis Mai 1992 als Hilfsarbeiter in verschiedenen Metzgereien beschäftigt. Danach war er arbeitslos und bezog Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.
Erstmals am 26. September 1994 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 12. Januar 1995 (Bl. 19 Verwaltungsakte - VA -) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 1995 (Bl. 34 VA) lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart (S 2/18 J 4588/95) wurde mit Urteil vom 18. Februar 1997 abgewiesen, die dagegen erhobene Berufung mit Urteil vom 11. Mai 1999 (Az. L 9 RJ 973/97) zurückgewiesen, die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG vom 11. Mai 1999 wurde im Übrigen als unzulässig verworfen (Beschluss des BSG vom 27. August 1999 - B 5 RJ 122/99 B).
Am 22. September 1999 (Bl. 95 VA) beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit, die die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 1999 (Bl. 102 VA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2000 (Bl. 110 VA) ablehnte.
Am 19. April 2000 beantragte der Kläger daraufhin erneut die Gewährung einer Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit (Bl. 113 VA). Mit Bescheid vom 4. Mai 2000 wies die Beklagte den Antrag ab (Bl. 117 VA), der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. August 2000 (Bl. 123 VA) zurückgewiesen. Hiergegen erhob der Kläger erneut Klage vor dem SG (Az. S 3 RJ 5053/00), die mit Urteil vom 17. Dezember 2001 abgewiesen wurde, die dagegen erhobene Berufung (Az. L 9 RJ 625/02) wurde mit Beschluss vom 16. Juli 2002 zurückgewiesen.
Am 19. Mai 2003 (Bl. 172 VA) beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen (nunmehr) Erwerbsminderung. In dem daraufhin bei dem Nervenarzt Dr. S. eingeholten Gutachten vom 6. August 2003 (Bl. M 47) sind folgende Diagnosen erhoben worden:
1. Derzeitig leichtgradig ausgeprägte depressive Symptomatik bei langfristig zurückreichender familiärer und sozialer Belastung. 2. Wirbelsäulenbezogene Beschwerden mit berichteten Cephalgien ohne Anhalt für organneurologische Erkrankungen. 3. Hinweise auf psychogene Zuflüsse bei körperlichen Beschwerden.
Dr. S. schätzte das Leistungsvermögen hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Metzgereihelfer auf noch unter drei Stunden täglich ein, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt schätzte er das Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung geistig/psychischer Leistungseinschränkungen auf sechs Stunden und mehr ein.
Mit Bescheid vom 12. August 2003 (Bl. 185 VA) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. S. ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch u. a. mit der Begründung, er sei Familienvater, habe zwei erwachsene Söhne und seine Frau sei auch schwer krank. Diese würden in einer kleinen Wohnung in Bosnien, in einem Gebiet, wo im Krieg schwere Kämpfe stattgefunden hätten, leben. Seine Ehefrau sei Hausfrau und bekomme keinerlei staatliche Hilfen, seine beiden Söhne würden nicht arbeiten, da es dort keine Fabriken mehr gebe, alles sei im Krieg zerstört worden, sie hätten daher keinerlei Einkünfte. Das Geld, das er monatlich vom Arbeitsamt bekomme (530 EUR), reiche jedoch nicht einmal dafür aus, seine Kosten hier zu bezahlen, geschweige denn seine Familie zu unterstützen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2003 (Bl. 190 VA) wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 21. November 2003 Klage vor dem SG erhoben. Zur Begründung hat er dort geltend gemacht, dass sich sein Gesundheitszustand in den letzten Jahren sehr verschlechtert habe und daher die Entscheidung der Beklagten nicht nachvollziehbar sei. Er hat im Weiteren zahlreiche Unterlagen aus dem vorangegangenen Widerspruchsverfahren und Befundberichte sowie Atteste seiner behandelnden Ärzte vorgelegt.
Der vom SG u. a. befragte behandelnde Hausarzt Dr. W. teilte mit Schreiben vom 30. Januar 2004 mit, dass er den Kläger aufgrund des schweren depressiven Syndroms und der Parkinsonsymptomatik für erwerbsunfähig halte. Der Neurologe und Psychiater Dr. D. teilte mit Schreiben ebenfalls vom 30. Januar 2004 mit, dass der Kläger aufgrund der Fixierung seiner Gedanken auf die Berentung und mögliche Erkrankungen und Beschwerden zu überhaupt keiner Arbeit fähig sei. Des Weiteren teilte der Orthopäde Dr. P. mit Schreiben vom 3. Februar 2004 dem SG mit, dass er beim Kläger eine Lumboischialgie, venöse Umlaufstörungen beider Beine, eine Bandscheibenprotrusion C 5/6, C 6/7, C 7/Th 1, eine Periarthropathia humero scapularis beidseits, eine Kniegelenksarthrose beidseits, eine Foraminastenose, eine persistente Lumboischialgie, ein chronisches Wirbelsäulensyndrom, eine Arthrose beider Beine sowie eine Versteifung des linken oberen Sprunggelenkes diagnostiziert habe. Der Kläger sei nach Auffassung von Dr. P. nicht mehr in der Lage, körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über zwei Stunden täglich zu verrichten. Der Neurologe und Psychiater Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 24. März 2004 schließlich mit, dass eine berufliche Tätigkeit des Klägers auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur unter drei Stunden durchführbar sei.
In dem daraufhin im Auftrag des SG von Prof. Dr. F., Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., erstellten Gutachten vom 19. Juli 2005 ist aus psychiatrischer Sicht die Diagnose Dysthymia (ICD-10: F 34.1) gestellt worden. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörung sei der Kläger noch in der Lage leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. In dem weiteren orthopädischen Gutachten von Dr. A. vom 16. März 2006 sind folgende Diagnosen gestellt worden:
1. Chronisches Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom ohne neurologische Symptomatik. 2. Retropatellare Chondromalazie beider Kniegelenke ohne Bewegungseinschränkung. 3. Beginnende Arthrose beider Hüftgelenke mit leichter Einschränkung der Innenrotation. 4. Chronisches Impingementsyndrom beider Schultergelenke. 5. Beginnende Heberden- und Bouchardarthrosen beider Hände ohne Bewegungseinschränkung. 6. Zustand nach Arthrodesenoperation linkes Sprunggelenk.
Nach Einschätzung von Dr. A. ist der Kläger unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden noch in der Lage leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen auszuüben.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Mai 2006 hat das SG die Klage daraufhin abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten von Dr. S. aus dem Verwaltungsverfahren wie auch der Gerichtsgutachten von Prof. F. und Dr. Abel der Kläger noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung entsprechender qualitativer Einschränkungen vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Die sachverständigen Zeugenaussagen der Neurologen und Psychiater Dr. H. und Dr. D. seien nach Auffassung des SG hier nicht überzeugend, so führe Dr. D. u. a. aus, dass aufgrund der Unkorrigierbarkeit der Vorstellung des Klägers, dass er von Gesetzes wegen Anspruch auf Rente habe, es sich um eine beinahe wahnhafte Fixiertheit auf die Rentengewährung und eine absolute Uneinsichtigkeit handele und aus diesem Grund die Berentung inzwischen absolut notwendig sei. Allein aber die Tatsache dieser Fixierung auf eine Rente könne die Gewährung einer Rente sozialmedizinisch nicht rechtfertigen. Daher würden beim Kläger die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ebenso wenig wie die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliegen, da der Kläger als Ungelernter zumutbar auf alle Tätigkeiten eines ungelernten Arbeiters und auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Der Kläger hat gegen den seinem zwischenzeitlichen Bevollmächtigten am 18. Mai 2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 19. Juni 2006 (Montag) Berufung erhoben. Zur Begründung macht er geltend, soweit sich das SG insbesondere auf das Gutachten von Prof. F. stützt, wonach beim Kläger bei der Exploration ein ausgeprägtes Aggravationsverhalten zutage getreten sei, leide jedoch dieses Gutachten an dem Mangel, dass eine sachgerechte Exploration des Klägers nicht stattgefunden habe, da dieser der deutschen Sprache nicht mächtig sei, sie auch nicht richtig verstehe und bei der Exploration auch kein Dolmetscher anwesend gewesen sei. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits einen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 90 % inne habe (mit Hinweis auf den vorgelegten Schwerbehindertenausweis). Infolge dessen sei auch das Gutachten von Dr. A. nicht nachvollziehbar, wonach beim Kläger lediglich qualitative Leistungseinschränkungen bestehen sollten. Diese stünden auch im Widerspruch zu der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. P ... Soweit der Kläger auch gegenüber Ärzten über den Wunsch nach einer Erwerbsminderungsrente spreche, sei dies nur so zu verstehen, dass er sich, wenn er denn schon nicht mehr aufgrund multipler Behinderungen und Beeinträchtigungen arbeiten könne, Gedanken über seine finanzielle Absicherung mache. Da dies den Kläger beschäftige, rede er auch darüber. Dies sei allerdings nicht dahingehend zu werten, dass er auf dieses Thema fixiert sei und ihn dies absolut an einer Erwerbstätigkeit hindere. Im Übrigen werde auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt, da eine Stellungnahme des Klägers zu dem vom SG ihm gegenüber angekündigten Gerichtsbescheid nicht mehr seitens des SG berücksichtigt worden sei. Hierzu sei dem Kläger eine Frist bis 15. Mai 2006 gesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2006 sei eine solche Stellungnahme an das SG übersandt worden. Diese sei auch vorab am 13. Mai 2006 per Telefax übersandt worden. Das SG habe jedoch mitgeteilt, dass dieser Schriftsatz erst am 17. Mai 2006 vorgelegt worden sei und daher nicht mehr habe berücksichtigt werden können. Im Weiteren legt der Klägerbevollmächtigte noch umfangreiche ärztliche Bescheinigungen und Berichte insbesondere des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. D. als auch des Orthopäden Dr. P. aus den Jahren 1997 bis 2006 vor und macht geltend, dass sich hier unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen den körperlichen, insbesondere den Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet, und den vielfältigen psychischen Beeinträchtigungen ergebe, dass der Kläger auch nicht mehr in der Lage sei, nur leichte Tätigkeiten noch teilschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2003 aufzuheben und ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Juni 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Im Hinblick auf die von Klägerseite noch vorgelegten verschiedenen Arztbriefe und Befundberichte hat Dr. H. für die Beklagte in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 2. Januar 2007 darauf verwiesen, dass auch die Durchsicht der vorgelegten Berichte keine Anhaltspunkte dafür ergebe, dass eine wesentliche Änderung des medizinischen Sachverhaltes bezüglich der fachorthopädischen Befunde seit der Begutachtung durch Dr. A. am 14. März 2006 eingetreten sei. Die Befunde in den vorliegenden Berichten von Dr. P. würden fast wortwörtlich denen von Dr. A. in den erhobenen Befunden entsprechen, wobei die von diesem erhobenen Untersuchungsergebnisse keineswegs für so gravierende Funktionsstörungen gesprochen hätten. So seien z. B. im Bereich der Halswirbelsäule nur leichte Funktionsstörungen festgestellt worden, in den Armen hätten sich überhaupt keine relevanten Funktionsstörungen gefunden, an den Beinen nur leichte Funktionsstörungen und bei Hinweisen auf eine Knorpelschädigung an beiden Kniegelenken sei die Funktion der Kniegelenke im Rahmen der Begutachtung im März 2006 nicht eingeschränkt gewesen. Hinsichtlich der Begutachtung durch Prof. F. und Dr. L. sei darauf hinzuweisen, dass die eingehende Untersuchung in Anwesenheit einer staatlich geprüften Dolmetscherin erfolgt sei und bei dieser Begutachtung eine detaillierte Erhebung der Krankheitsanamnese, der speziellen Schmerzanamnese und der Angaben zu den Aktivitäten des täglichen Lebens erfolgt sei. Die Gutachter hätten sich auch nicht nur eingehend mit den diskrepanten Untersuchungsergebnissen auseinander gesetzt, sondern auch eingehend mit den Vorgutachten und Vorbefunden. Soweit der Arzt für Allgemeinmedizin W. in dem noch vorgelegten ärztlichen Attest vom 19. September 2006 eine Verschlechterung der beim Kläger vorliegenden Störungen auf nervenärztlichem Gebiet geltend macht, seien jedoch Befunde, die dies belegten, in den Attesten nicht genannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (zwei Bände), die Gerichtsakten des SG (S 18 J 4588/95, S 3 RJ 5053/00 und S 9 R 6284/03) sowie die Senatsakte und die beigezogenen Akten L 9 RJ 625/02 und L 9 RJ 973/97 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegt nicht vor. Der Kläger begehrt die dauerhafte Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen (voller bzw. teilweiser) Erwerbsminderung nicht vorliegen.
1. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).
Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten beim Kläger vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Der Kläger ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.
Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen des Klägers liegt zum einen auf nervenärztlichem und zum anderen auf orthopädischem Gebiet. Dazu ist zunächst zu den nervenärztlichen Gesundheitsstörungen festzuhalten, dass auf der Grundlage des zuletzt erstellten Gutachtens von Prof. Dr. F./Dr. L. vom 19. Juli 2005 beim Kläger eine Dysthymia (ICD-10 F 34.1) als Diagnose festgestellt wurde. D. h. eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen (siehe ICD-10-GM 2007, Systematisches Verzeichnis, Stand 9. Oktober 2006 zu F 34.1). In dem Zusammenhang weist Prof. Dr. F. auch darauf hin, dass eine solche Erkrankung typischerweise früh im Erwachsenenleben beginnt und mindestens mehrere Jahre dauert, manchmal lebenslang. Für Patienten, die an dieser Störung leiden, ist alles eine Anstrengung und sie können nichts genießen. Sie grübeln, beklagen sich und schlafen schlecht, sind aber in der Regel fähig, mit den Anforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Prof. F./Dr. L. kommen hinsichtlich der Diagnose im Vergleich zu den bereits erfolgten nervenärztlichen Gutachten zu einer anderen Einschätzung. In den Vorgutachten wurde bislang entweder von keiner psychiatrischen Diagnose oder von einer "Anpassungsstörung" ausgegangen. Nach Auffassung der Gutachter kann dies nicht bestätigt werden. Beim Kläger könnte zwar die Emigration aus Bosnien als belastendes Ereignis interpretiert werden, der Umstand, dass die Beschwerden länger als zwei Jahre andauern, spricht jedoch gegen eine Anpassungsstörung auch mit "längerer depressiver Reaktion". Das belastende Ereignis sollte eindeutig nachgewiesen sein und bis zum Auftreten der Störung weniger als drei Monate vergehen. Nach der Emigration sei der Kläger aber über mehrere Jahre hinweg ohne Beschwerden gewesen, die depressive Verstimmung liege nach Aktenlage durchgehend dann ab 1989 vor. Aus Sicht der Gutachter seien damit am ehesten die diagnostischen Kriterien für eine Dysthymie erfüllt. Hinsichtlich des noch in den früheren Gutachten von Dr. K. vom 16. Dezember 1994 und Dr. T. vom 5. Oktober 1998 beschriebenen vermehrten Alkoholkonsums haben die Gutachter Prof. F./Dr. L. keinen Anhalt gefunden.
Im Weiteren haben Prof. F./Dr. L. darauf verwiesen, dass die Mitarbeit bei der körperlichen Untersuchung beim Kläger nur zeitweise gegeben war, Aggravations- und Simulationstendenzen deutlich wurden. Der Kläger sei voll auf die Erwerbsunfähigkeitsrente fixiert, sein Wohlergehen scheine direkt an den Erhalt der Rente gekoppelt zu sein. Er habe in der Vergangenheit nach jedem abgelehnten Rentenantrag immer wieder neue Symptome entwickelt. Die therapeutischen Bemühungen seiner behandelnden Ärzte (Hausarzt, Psychiater/Neurologe, Orthopäde) würden sich mit Sicherheit frustran gestalten, da der Kläger, wenn auch unbewusst im Sinne seines Interesses (Erhalt der Erwerbsunfähigkeitsrente), seine Beschwerden aufrecht erhalten müsse. Seine behandelnden Ärzte bestärken ihn nach Auffassung der Gutachter in seinem Begehren auf die Rente und bescheinigen ihm das Vorliegen eines schweren depressiven Syndroms. In der Vergangenheit hat sich nach den Gutachtern auch gezeigt, dass der Kläger gezielt seine Ärzte wechselt, je nach dem, ob diese ihn in seinem Vorhaben unterstützen. Die momentan behandelnden Ärzte gehen - genau wie er - davon aus, dass sich durch die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente sein Gesundheitszustand erheblich verbessern würde. Prof. F. weist in dem Zusammenhang weiter darauf hin, dass aber gerade die Gewährung bzw. Versagung einer Rente kaum Einfluss auf das Weiterbestehen einer Symptomatik hat, was in empirischen Studien habe auch gezeigt werden können.
Soweit der behandelnde Hausarzt Dr. W. die Auffassung vertritt, aufgrund des schweren depressiven Syndroms und der Parkinsonsymptomatik halte er den Kläger aus hausärztlicher Sicht für erwerbsunfähig ist bereits zu berücksichtigen, dass Dr. W. selbst ausdrücklich auf den Nervenarzt und darauf verweist, dass die hier maßgeblichen Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet liegen. Dr. D., Neurologe und Psychiater, vertritt zwar in seiner Auskunft vom 30. Januar 2004 die Auffassung, aufgrund der Unkorrigierbarkeit der Vorstellungen des Klägers handele es sich um eine beinahe wahnhafte Fixiertheit auf die Rentengewährung und aus der vorhandenen Uneinsichtigkeit sei die Berentung inzwischen absolut notwendig. Konkret als Befunde beschreibt Dr. D. jedoch lediglich immer wieder vom Kläger geklagte Schlafstörungen und eine depressive Verstimmung sowie den Umstand, dass es beim Kläger immer wieder zu Erregungszuständen komme und multiplen, somatisierten Beschwerden, die immer damit zusammenhingen, dass er sich ungerecht beurteilt fühle. Relevante krankhafte Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem bzw. psychiatrischem Fachgebiet, die es dem Kläger allerdings unmöglich machen würden auch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne entsprechende besondere psychische Belastungen nicht mehr ausüben zu können, beschreibt Dr. D. hier gerade nicht. Allein der Umstand, dass der Kläger auf die Gewährung einer Rente fixiert ist, macht ihn keineswegs erwerbsunfähig. In dem Zusammenhang hat auch Dr. H. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 2. Januar 2007 hinsichtlich des nervenärztlich-psychiatrischen Fachgebietes darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. F. und Dr. L. eine eingehende Untersuchung des Klägers, und zwar in Anwesenheit einer staatlich geprüften Dolmetscherin, mit einer detaillierten Erhebung der Krankheitsanamnese, der speziellen Schmerzanamnese und der Angaben zu den Aktivitäten des täglichen Lebens erfolgte. Im Weiteren haben Prof. F. und Dr. L. einen detaillierten psychopathologischen Befund erhoben und neben einer allgemeinen körperlichen Untersuchung auch eine eingehende organneurologische Untersuchung vorgenommen. Dabei wurden deutlich ersichtlich diskrepante Befunde festgestellt innerhalb der Untersuchungssituation einerseits zu Beobachtungen außerhalb der Untersuchungssituation andererseits. Prof. Dr. F./Dr. L. haben sich des Weiteren nicht nur eingehend mit diesen diskrepanten Untersuchungsergebnissen auseinandergesetzt, sondern auch mit den Vorgutachten und Vorbefunden. So ist z. B. auch auf das nervenärztliche Gutachten von Prof. M. vom 27. Februar 1998 (M11 VA) hingewiesen worden, im Rahmen dessen ebenso wie den Gutachtern Prof. Dr. F./Dr. L. aufgefallen ist, dass der Kläger (unbeobachtet) keine Hilfe in Anspruch genommen hat, sich dies auch mit der Anamnese des täglichen Lebens des Klägers deckt und zeigt, wie wenig er tatsächlich durch seine angegebenen Beschwerden beeinträchtigt ist. In dem Zusammenhang ist auch nach Auffassung der Gutachter interessant, dass trotz der aufwändigen apparativen diagnostischen Bemühungen (Kernspintomografie, EEG, Doppler-Sonografie, Elektroneurografie und akustisch evozierte Potenziale) kein gravierender pathologischer Befund erhoben werden konnte. Die Gutachter haben ferner darauf hingewiesen, dass bereits Dr. T. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 5. Oktober 1998 "leichte" Aggravationstendenzen feststellte, die nach Einschätzung von Prof. Dr. F./Dr. L. schon sehr deutlich ausgeprägt waren. Konkret wirkt sich nach Auffassung der Gutachter die auf psychiatrischem Fachgebiet festgestellte Gesundheitsstörung nicht auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus. Vielmehr kann im Falle des Klägers sogar von einem therapeutischen und tagesstrukturierenden Effekt der Arbeit ausgegangen werden. Eine qualitative Einschränkung des Leistungsvermögens ergebe sich nach Einschätzung der Gutachter durch die schlichte Persönlichkeitsstruktur, die schlechten Deutschkenntnisse und das geringe Bildungsniveau des Klägers. Ihm sind daher keine Tätigkeit mit besonderer Verantwortung, hoher geistiger Beanspruchung oder unter starkem Zeitdruck zuzumuten.
Schließlich ergibt sich auch aus dem zuletzt noch vorgelegten Attest des Hausarztes W. vom 19. September 2006 nichts Neues, denn irgendwelche Befunde, die die behauptete Verschlechterung auf nervenärztlichen Gebiet belegen, sind nicht dargetan.
Auch unter Berücksichtigung der orthopädischen Leiden kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger in seiner Leistungsfähigkeit so eingeschränkt ist, als dass ihm nicht noch leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar wären. Danach liegen beim Kläger ein chronisches Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom vor, allerdings ohne neurologische Symptomatik, eine retropatellare Chondromalazie beider Kniegelenke, allerdings auch ohne Bewegungseinschränkung, eine beginnende Arthrose beider Kniegelenke mit lediglich leichter Einschränkung der Innenrotation sowie ein chronisches Impingementsyndrom beider Schultergelenke. Des Weiteren bestehen noch beginnende Heberden- und Bouchardarthrosen beider Hände, allerdings ebenfalls ohne Bewegungseinschränkung. Unter Berücksichtigung dieser orthopädischen Erkrankungen gelangt der orthopädische Gutachter Dr. A. in dem vom SG eingeholten Gutachten zu der Auffassung, dass beim Kläger zwar bestimmte qualitative Einschränkungen hinsichtlich dieser orthopädischen Leiden bezüglich schwerer und mittelschwerer körperlicher Arbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule bzw. in der Hocke oder auf Knien oder auch rein stehende oder gehende Tätigkeiten ebenso wie Überkopfarbeiten vermieden werden sollten, im Übrigen der Kläger aber sehr wohl noch in der Lage ist, sechs Stunden und mehr leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Nichts anderes ergibt sich hier auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Berichte, einschließlich der Auskunft von Dr. P ... In dem Zusammenhang weist Dr. H. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme zutreffend darauf hin, dass die Befunde in den vorliegenden Berichten von Dr. P. fast wortwörtlich den von Dr. A. erhobenen Befunde entsprechen. Wie bereits angesprochen hat im Übrigen Dr. A. keine nennenswerten Funktionseinschränkungen festgestellt, auch nicht hinsichtlich der operativen Versteifung des linken Sprunggelenkes im Februar 1993 nach einer Verletzung des Sprunggelenkes im November 1992. Danach war zwar die Beweglichkeit am linken Sprunggelenk aufgehoben, allerdings ergaben sich nach den Untersuchungsergebnissen von Dr. A. keine Hinweise für eine relevante Schonung des linken Beines bei seitengleichen Umfangmaßen an den Beinen. Auffälligerweise zeigt auch etwa ein Vergleich der fachärztlichen Bescheinigung von Dr. P. vom 22. August 2003 (Bl. 46 Senatsakte) und der für den Klägerbevollmächtigten erstellten Auskunft vom 10. Oktober 2006 (Bl. 52 Senatsakte), dass die dort jeweils unter "Befund" aufgeführten orthopädischen Leiden einschließlich der jeweiligen dort aufgeführten Bewegungsmaße identisch und unverändert sind, hier also überhaupt keine Verschlechterung in irgend einer Form feststellbar ist. Damit aber ergeben sich gerade auch aus dieser noch vorgelegten neuen Bescheinigung vom 10. Oktober 2006, die nach der Erstellung des orthopädischen Gutachtens von Dr. A. vom 16. März 2006 datiert, keine neuen Anhaltspunkte, weshalb die von Dr. A. getroffenen Feststellungen zum orthopädischen Befund einschließlich der jeweiligen Bewegungsmaße und Funktionseinschränkungen hier etwa aufgrund einer Verschlechterung neu zu bewerten wären.
Insgesamt ist damit nach Überzeugung des Senats auf der Grundlage der einerseits vorliegenden Auskünfte und Gutachten, insbesondere aber der zuletzt im Verfahren vor dem SG eingeholten nervenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. F./Dr. L. und dem orthopädischen Gutachten von Dr. A. festzuhalten, dass der Kläger - unter Berücksichtigung entsprechender qualitativer Einschränkungen - leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr ausüben kann. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit des Klägers noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in Juris, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
2. Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie berufsunfähig und vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt des Leistungsfalles die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 240 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Der Kläger genießt jedoch keinen Berufsschutz, da seine letzte Tätigkeit als Hilfsarbeiter in verschiedenen Metzgereien als ungelernte Tätigkeit oder angelernte Tätigkeit im unteren Bereich anzusehen ist und er damit generell verweisbar ist auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss.
Aus all diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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