L 7 R 3056/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 171/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 3056/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am 1948 in Kasachstan geborene Klägerin absolvierte von 1964 bis 1968 eine Ausbildung zur Dirigentin und Gesangslehrerin. Im Dezember 1990 übersiedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland. Hier war sie als Fabrikarbeiterin und nach längerer Arbeitslosigkeit zuletzt von September 1999 bis September 2000 als Wäschereiarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist die Klägerin arbeitslos bzw. arbeitsunfähig krank.

Am 29. April 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog Befundberichte behandelnder Ärzte der Klägerin bei. In einer prüfärztlichen Stellungnahme stellte Dr. W. nach Aktenlage bei der Klägerin beidseitige Kniearthrose, chronische Kreuzschmerzen bei zum Teil fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, deutliche Funktionseinbußen der Hände bei Polyarthrose sowie Fußwurzelarthrose beidseits fest. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten nur noch drei bis sechs Stunden täglich verrichten. Mit Bescheid vom 9. September 2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt seien. Im maßgeblichen Zeitraum vom 29. April 1997 bis 28. April 2002 lägen statt mindestens drei Jahren nur zwei Jahre und sieben Monate mit Pflichtbeiträgen vor. Die Klägerin erhob Widerspruch und verwies u.a. darauf, dass sie krank geschrieben sei und diese Zeit bei der Versicherung angerechnet werden müsse. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 16. Dezember 2002 hat die Klägerin beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und auf ihren schlechten Gesundheitszustand verwiesen. Im Dezember 2003 hat sie ergänzt, dass bei ihr Dickdarmkrebs festgestellt worden sei und sie nach Operation mit Chemotherapie behandelt werde. Die Klägerin hat zusätzlich Atteste ihrer behandelnden Ärzte Dres. A. und R. vom 15. Januar 2004 sowie vom 30. November 2004 vorgelegt. Das SG hat die behandelnden Orthopäden Dr. K. und Dr. L. als sachverständige Zeugen befragt und über den Hausarzt Dr. B. ärztliche Unterlagen über die Klägerin beigezogen. Zusätzlich hat das Gericht ein orthopädisches Gutachten bei Dr. Kn. eingeholt. In dem Gutachten vom 29. Dezember 2003 werden folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Degeneratives BWS-/LWS-Syndrom, Polyarthrose der Hände und durchgetretener Plattfuß mit aktivierter Mittelfußarthrose. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung könnten vollschichtig ausgeübt werden. Zu vermeiden seien Arbeiten in gebückter Haltung, unter Einfluss von Nässe, Kälte oder Zugluft sowie mit besonderen Anforderungen an die grobe Kraft der Hände und schweres Heben. Zusätzlich hat das SG ein internistisches Gutachten bei Dr. Ko. eingeholt. In dem Gutachten vom 1. März 2005 hat dieser bei der Klägerin Adipositas per magna mit Dyslipoproteinämie, Verdacht auf Belastungshypertonie, Zustand nach Ascendo-Descendostomie ohne Hinweis für ein Rezidiv oder Metastasierung, Gonarthrose rechts, Knick-Spreizfuß beidseits, Polyarthrose beider Hände, chronisches Lumbalsyndrom, reaktive Depression, euthyreote Stoffwechsellage und Cholezystholithiasis (Gallensteine) diagnostiziert. Aus rein internistischer Sicht könne die Klägerin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig ausführen. Die Beklagte hat den Entlassungsbericht über die vom 7. bis 28. Oktober 2004 in der Rehaklinik I. durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme vorgelegt. In dem Entlassungsbericht wird eingeschätzt, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten nur noch drei bis unter sechs Stunden verrichten könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 23. Juni 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente vorlägen, da die Klägerin weder vollständig noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei. Das SG hat sich insoweit im Wesentlichen auf die gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. Kn. und Dr. Ko. gestützt. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig. Sie sei zuletzt als Arbeiterin beschäftigt gewesen, sodass von einer breiten Verweisbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen sei. Von ihrem früheren Beruf als Gesangslehrerin und Dirigentin habe sie sich gelöst.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 25. Juli 2005 zum Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung. Sie verweist weiter auf ihren schlechten Gesundheitszustand. Sie habe im November 2005 eine Knieprothese rechts erhalten, das linke Knie verschlechtere sich, sodass auch dort eine entsprechende Operation anstehe. Zudem leide sie seit 2004 an Depressionen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2002 zu verurteilen, ihr ab 1. Mai 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Facharztes für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin, Rehabilitationswesen Dr. G. vom 20. März 2006 und 8. August 2006. Zusätzlich hat sie den Entlassungsbericht des vom 23. November bis 14. Dezember 2005 in der F. klinik Bad B. durchgeführten Heilverfahrens vorgelegt. Die Klägerin wurde aus dem Heilverfahren mit den Diagnosen Gonarthrose, Knie-TEP rechts 11/05, degeneratives LWS-Syndrom mit Osteochondrose, anhaltende depressive Störung, Adipositas, Colonkarzinom mit Hemikolektomie 2003 arbeitsunfähig entlassen. Es wurde eingeschätzt, dass die Klägerin eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit sechs Stunden und mehr verrichten könne.

Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des Chefarztes der Unfallchirurgie am Kreiskrankenhaus S. Dr. Br. , des Allgemeinmediziners Dr. Bi. sowie des Orthopäden Dr. L. als sachverständige Zeugen. Dr. Br. berichtet, dass die Klägerin am 28. Dezember 2005 nur noch geringe Restbeschwerden im Knie angegeben habe (Schreiben vom 27. Juni 2006). Der Orthopäde Dr. L. hat die Klägerin wegen Polyarthrose beider Hände und Cervical-/Lumbalsyndrom mit rezidivierenden Reizzuständen behandelt (Schreiben vom 11. Juli 2006). Aus einem von der Klägerin vorgelegten Befundbericht von Dr. L. vom 12. Februar 2007 lässt sich entnehmen, dass die Klägerin dort zuletzt wegen HWS-Beschwerden mit Schmerzausstrahlung zum Kopf und Schwindel sowie BWS-Syndrom behandelt wurde. Zusätzlich hat der Senat einen Koloskopie-Bericht von PD Dr. S. vom Kreiskrankenhaus S. beigezogen. Dem Bericht vom 25. Januar 2007 ist zu entnehmen, dass die Koloskopie einen Normalbefund bei Zustand nach Transversumresektion ergeben hat.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Renten- und Reha-Akte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung trotz Abwesenheit der Klägerin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2007 entscheiden, da die Klägerin in der ordnungsgemäß zugestellten Terminsbestimmung hierauf hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat in der Streit befangenen Zeit keinen Anspruch auf die im Haupt- und Hilfsantrag begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Maßgeblich für die beanspruchten Renten ist vorliegend das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)), denn im Streit steht ein Anspruch der Klägerin erst ab 1. Mai 2002 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI). Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2 a.a.O.). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Versicherte, die, wie die Klägerin, vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, haben - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (vgl. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) - im Falle der Berufsunfähigkeit (BU) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 240 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB VI). Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2 a.a.O.). Gemäß § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist nicht berufsunfähig, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat die Klägerin erfüllt. Ferner wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGBVI) ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 8. Januar 2007 gegeben, wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit mit der Diagnose der Darmkrebserkrankung und anschließender Operation im September 2003 oder auch zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten wäre. Bei einem mit Rentenantragstellung eingetretenen Leistungsfall wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen allerdings noch nicht erfüllt, sondern frühestens bei Eintritt eines Leistungsfalls im August 2002. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU, weil sie in der Streit befangenen Zeit ab 1. Mai 2002 nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig gewesen ist.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin liegen vorwiegend auf orthopädischem, daneben auch auf internistischem und nervenärztlichem Gebiet, sie führen jedoch zu keinen die begehrten Renten begründenden Leistungseinschränkungen. Auf orthopädischem Gebiet besteht eine Gonarthrose, rechts versorgt mit endoprothetischem Gelenkersatz im November 2005, ein Cervical-, Thorakal- und Lumbal-Syndrom, Fingerpolyarthrose und Mittelfußarthrose mit Senk-/Spreizfuß. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ergibt sich aus dem vom SG eingeholten orthopädischen Sachverständigengutachten von Dr. Kn. , den Aussagen der behandelnden Orthopäden Dr. L. und Dr. K. , des Chirurgen Dr. Br. sowie den Entlassungsberichten zu den in der Klinik I. Bad D. sowie der F. klinik Bad B. durchgeführten Heilverfahren. Bezüglich der Gonarthrose hat Dr. Br. mitgeteilt, dass nach endoprothetischer Versorgung Ende Dezember 2005 nur noch geringe Restbeschwerden des rechten Kniegelenks geklagt worden seien. Im Mai 2006 habe die Klägerin keine Schmerzen mehr im Bereich des linken Kniegelenkes angegeben. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Arztbrief von Dr. L. vom 12. Februar 2007 stand ein Cervicalsyndrom mit Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen im Vordergrund, im Arztbrief von Dr. K. vom 7. März 2007 wird wiederum über ein Thorakalsyndrom berichtet. Dem ebenfalls von der Klägerin eingereichten Arztbrief von Dr. Sc. , Chefarzt des Kreiskrankenhauses Bad Sa. , vom 5. April 2007 lässt sich schließlich entnehmen, dass eine computertomographische Untersuchung des thorako-lumbalen Übergangs am 4. April 2007 degenerative Veränderungen ergab, jedoch keinen Hinweis auf Metastasen. Bezüglich der Fingerpolyarthrose hat der gerichtliche Sachverständige Dr. Kn. lediglich eine leichte funktionelle Einschränkung der Fingerendgelenke festgestellt. Auch derzeit steht die Fingerpolyarthrose nicht im Vordergrund. Auf internistischem Gebiet besteht eine Adipositas per magna, Verdacht auf Belastungshypertonie, Zustand nach Ascendo-Descendostomie bei Colonkarzinom ohne Hinweis auf ein Rezidiv oder Metastasierung, eine euthyreote Stoffwechsellage bei sonographisch nachweisbarem Schilddrüsenknoten und Cholezystolithiasis. Dies ergibt sich aus dem vom SG eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. Ko ... Hierbei hat Dr. Ko. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass das Vorhandensein eines Schilddrüsenknotens bei normalen Schilddrüsenhormonspiegeln das Leistungsvermögen in keiner Weise einschränkt, ebenso wenig wie die symptomlose Cholezystolithiasis. Körperliche Beschwerden aufgrund der rezidivfrei gebliebenen Krebserkrankung hat die Klägerin nicht. Daneben besteht eine reaktive Depression, welche erstmals nach Auftreten der Krebserkrankung in dem Attest der behandelnden Allgemeinärzte Dres. A. und R. vom 30. November 2004 erwähnt wird. Diesbezüglich erfolgt lediglich eine hausärztliche Behandlung mit einem Antidepressivum. Gravierende Beeinträchtigungen liegen insoweit nicht vor. Bei der Untersuchung durch Dr. Ko. war die Klägerin voll orientiert, freundlich zugewandt, affektiv schwingungsfähig und während des gesamten Gesprächs konzentriert. Auch die Tatsache, dass die Klägerin keine nervenärztliche Behandlung in Anspruch nehmen muss, spricht gegen einen erheblichen Leidensdruck.

Die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen bewirken keine Einschränkung ihres Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Beurteilung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Kn. und Dr. Ko. , der Ärzte der F. klinik sowie des Beratungsarztes Dr. G. an. Zeitliche Leistungseinschränkungen werden demgegenüber lediglich von der Beratungsärztin Dr. W. , den Ärzten der Klinik I. Bad D. sowie dem behandelnden Orthopäden Dr. K. gesehen. Dr. W. hat ihre Einschätzung lediglich anhand knapper orthopädischer Befundberichte getroffen. Die Arbeitsamtsärztin E. vertrat demgegenüber bereits in einem medizinischen Beratungsvermerk vom 13. März 2002 die Auffassung, eine zeitliche Einschränkung der Belastbarkeit sei nicht schlüssig zu folgern. Darüber hinaus wird die nur nach Aktenlage getroffene Einschätzung von Dr. W. durch das nachfolgende gerichtliche Sachverständigengutachten von Dr. Kn. widerlegt. Der Beurteilung durch Dr. K. kann ebenfalls nicht gefolgt werden, denn dieser geht aufgrund der von ihm erhobenen Befunde Lumbalsyndrom, SIG-Blockierung, Spreizfuß und Bindegewebsschwäche von einer vier- bis sechsstündigen Leistungsfähigkeit der Klägerin aus, ohne dies näher zu begründen. Allein die genannten Befunde rechtfertigen eine zeitliche Einschränkung nicht, entsprechende Funktionsbeeinträchtigungen hat Dr. K. jedoch nicht mitgeteilt. Schließlich überzeugt auch die Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht der Reha-Klinik I. anlässlich einer onkologischen Nachsorgemaßnahme wegen des operativ und teilweise chemotherapeutisch behandelten Colonkarzinoms nicht. In dem Entlassungsbericht wird einerseits ausgeführt, das Rehaziel einer Besserung der Gelenkbeschwerden und Bauchschmerzen sowie eine Stabilisierung der psychischen Situation habe zum größten Teil erreicht werden können. Andererseits wird ein Restleistungsvermögen mit drei- bis unter sechsstündig angenommen, ohne dass hierfür eine Begründung gegeben wird. Diese Leistungseinschätzung ist daher nicht schlüssig und wird zudem durch das nachfolgende gerichtliche Sachverständigengutachten von Dr. Ko. sowie das Ergebnis der Reha-Maßnahme in der F. klinik widerlegt.

Hinsichtlich des zu beachtenden positiven und negativen Leistungsbildes würdigt der Senat die schlüssigen ärztlichen Äußerungen dahingehend, dass die Klägerin jedenfalls körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen oder in wechselnder Körperhaltung noch mindestens sechs Stunden verrichten kann. Ausgeschlossen sind schwere und regelmäßig mittelschwere Tätigkeiten, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Arbeiten unter Einfluss von Hitze, Kälte, Nässe oder Zugluft, unter Zeitdruck oder in Nachtschicht sowie Arbeiten an gefährdenden Maschinen oder mit besonderen Anforderungen an die grobe Kraft der Hände. Die Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebsübliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 - (juris)) besteht unter Würdigung der ärztlichen Ausführungen ebenso wenig wie eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Gehfähigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Dr. Ko. hat im Rahmen der Untersuchung der Klägerin im Dezember 2004 eine Gehstreckenbestimmung vorgenommen. Dabei konnte die Klägerin mit Gehstock 440 m innerhalb von zehn Minuten zurücklegen. Die Einschätzung des Gutachters, dass die Klägerin insgesamt eine Gehstrecke von 500 m in einer Zeit von 20 Minuten hätte zurücklegen können, erscheint insoweit ohne Weiteres schlüssig und nachvollziehbar. Im Zusammenhang mit der Implantation der Kniegelenksendoprothese im November 2005 ist zwar davon auszugehen, dass die Klägerin vorübergehend nicht wegefähig war. Eine nur vorübergehende Einschränkung begründet jedoch keinen Rentenanspruch. Bereits bei der anschließenden Rehabilitationsmaßnahme in der F. klinik konnte die Klägerin soweit wieder mobilisiert werden, dass sie eine Gehstrecke von 600 m in 30 Minuten bewältigen konnte. Bei einer Untersuchung durch Dr. Br. am 28. Dezember 2005 klagte sie nur noch über geringe Restbeschwerden im Knie. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass sich die Gehfähigkeit der Klägerin in relativ kurzer Zeit weiter verbessert hat, so dass keine länger andauernde rentenrelevante Einschränkung vorlag.

Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und zwar auch nicht im Sinne einer BU. Bei der Prüfung, ob der Versicherte noch einen ihm zumutbaren Arbeitsplatz ausfüllen kann oder ihm eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss, ist von seinem bisherigen Beruf auszugehen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 75). Als bisheriger Beruf ist, sofern sich der Versicherte von seinem vorherigen Beruf nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat, grundsätzlich die letzte vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit anzusehen, welcher er sich auf Dauer zugewandt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Wenn gesundheitliche Gründe für die Aufgabe einer früheren Tätigkeit verantwortlich sind, bleibt der Berufsschutz erhalten, weil sich insoweit das versicherte Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung verwirklicht hat (ständige Rechtsprechung; vgl. BSGE 2, 182, 187; BSG, Urteil vom 20. Juni 2002 - B 13 RJ 13/02 R - (juris)). Vorliegend ist als bisheriger Beruf der Klägerin die bis September 2000 ausgeübte Tätigkeit als Wäschereiarbeiterin anzusehen. Denn von der erlernten Tätigkeit als Dirigentin und Gesanglehrerin hat sich die Klägerin nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst.

Zur Erleichterung der Einordnung der Berufe der Versicherten und der ggf. in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Mehrstufenschema entwickelt, das eine Untergliederung in Leitberufe vorsieht, nämlich denjenigen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannte Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstige Ausbildungsberufe mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (ständige Rechtsprechung; vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45 m.w.N.); zu beachten ist, dass die Gruppe der angelernten Arbeiter in einen oberen und unteren Bereich aufgeteilt wird, wobei in den unteren Bereich alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und in den oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- und Anlernzeit von über zwölf bis 24 Monaten fallen (BSG SozR a.a.O.). Grundsätzlich darf der Versicherte nur auf die nächst niedrige Stufe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5 m.w.N.). Eine Benennung von Verweisungsberufen ist grundsätzlich dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der untersten Stufe der ungelernten Angestellten angehört oder wenn ein so genannter Angelernter des unteren Bereichs auf ungelernte Berufe verwiesen wird. Die für die Arbeiterrentenversicherung zuständigen Senate des BSG gehen zur Beurteilung des qualitativen Werts des bisherigen Berufs nicht allein von der Dauer der Ausbildung aus; vielmehr stellen sie eine Gesamtschau unter Beachtung der Qualifikationsanforderungen der verrichteten Arbeit an, wobei in dieser Hinsicht regelmäßig - von qualitätsfremden Gesichtspunkten abgesehen - in der tarifvertraglichen Klassifizierung einer Tätigkeit eine Konkretisierung der von § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale zu sehen ist, während der tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber regelmäßig nur eine indizielle Bedeutung zukommt (vgl. etwa BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 21 und 22). Im Hinblick auf die von der Klägerin ausgeübte ungelernte Tätigkeit gehört sie zum Kreis der breit verweisbaren Versicherten, für die bei einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen grundsätzlich keine Verweisungstätigkeiten zu benennen sind (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10 S. 33) und die deshalb keinen Berufsschutz genießen. Darauf, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil des bisherigen Berufes nicht mehr entsprechen kann, kommt es demnach nicht an.

Die Klägerin ist erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Eine - u.U. eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rechtfertigende - Ausnahme von der bei ungelernten und angelernten Angestellten des unteren Bereichs grundsätzlich entbehrlichen Pflicht zur Benennung von Verweisungstätigkeiten ist allerdings dann gegeben, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Derartige letztgenannten beiden Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis - wie oben ausgeführt - nicht vor. Ebenso wenig stellt das bei der Klägerin zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 35/97 R - (juris)). Eine Vielzahl der bei der Klägerin zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist bereits vom Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" erfasst, z.B. Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 91/96 - und vom 24. März 1998 - 4 RA 44/96 - (beide juris)); regelmäßig stellen derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Nicht gedeckt sind die verbleibenden Einschränkungen; sie führen jedoch zu keiner wesentlichen zusätzlichen Einschränkung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes (vgl. hierzu BSGE 80, 24, 32). Körperlich leichte Arbeiten werden nicht typischerweise unter diesen Bedingungen ausgeübt. Etwaige häufigere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bewirken für sich allein im Übrigen noch keine verminderte Erwerbsfähigkeit (vgl. BSGE 9, 192, 194; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12 S. 23).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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